Aktenzeichen W 6 K 21.25
StVG § 3 Abs. 1
FeV § 11 Abs. 8
FeV § 14 Abs. 1 S. 3
FeV Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur
Leitsatz
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Gründe
Über die Klage konnte ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, da die Beteiligten auf deren Durchführung verzichtet haben, § 101 Abs. 2 VwGO.
Die Klage ist zulässig, jedoch unbegründet und bleibt daher ohne Erfolg.
Die Klage ist gemäß § 88 VwGO dahingehend auszulegen, dass sie sich gegen die Entziehung der Fahrerlaubnis (Nr. 1 des Bescheides vom 3. Juni 2020) sowie die Ablieferung des Führerscheins (Nr. 2 des Bescheides) richtet. Denn mit Abgabe des Führerscheins hat sich die Zwangsgeldandrohung in Ziffer 4 des Bescheides erledigt, Art. 43 Abs. 2 BayVwVfG.
1. Die Klage ist als Anfechtungsklage zulässig, obwohl über den vom Kläger am 20. Juni 2020 erhobenen Widerspruch bislang nicht entschieden wurde.
Grundsätzlich ist während eines – wie hier – statthaften und noch offenen Widerspruchsverfahrens die Erhebung einer Klage unstatthaft, vgl. § 68 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Dies gilt jedoch dann nicht, wenn die Widerspruchsbehörde über den Widerspruch ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat, § 75 Satz 1 VwGO. Dann ist die Erhebung einer Anfechtungsklage zulässig, ohne dass es einer Entscheidung über den Anfechtungswiderspruch bedürfte, da das Klagebegehren auf die Aufhebung der behördlichen Entscheidung gerichtet ist. Gleiches gilt, wenn die Behörde zu erkennen gibt, dass sie in der Sache keine Entscheidung treffen wird. Für die Beurteilung des Gerichts, ob die Klage (schon) zulässig ist, kommt es auf den Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung an (Kopp/Schenke, VwGO, 25. Aufl. 2019, § 75 Rn. 11). In der Sache handelt es sich bei § 75 VwGO um eine zusätzliche Prozessvoraussetzung (Kopp/Schenke, a.a.O., Rn. 1).
Vorliegend hat die Regierung von Unterfranken ausweislich ihres Schreibens vom 22. Oktober 2020 die Sachprüfung abgeschlossen und unter Verweis auf ihre Rechtsauffassung das Verfahren zur Abhilfe an das Landratsamt zurückgegeben. Diese Behördenpraxis ist nicht unüblich, gerade angesichts der Tatsache, dass eine Befugnis zur Abhilfe im gesamten Widerspruchsverfahren besteht, da die Verwaltung eine Einheit bildet. Die Abgabe der Ausgangsbehörde an die Widerspruchsbehörde führt im Rahmen des Devolutiveffekts nur zu einer konkurrierenden Zuständigkeit von Ausgangs- und Widerspruchsbehörde, ein Entscheidungsmonopol der Widerspruchsbehörde gibt es nicht (vgl. Dolde/Porsch in Schoch/Schneider, VwGO, 40. EL Feb. 2021, § 72 Rn. 7). Jedoch ist zu beachten, dass es sich bei der Rückgabe an die Ausgangsbehörde um ein Verwaltungsinternum handelt, das nicht nach außen erkennbar wird. Folglich bleibt aus Sicht des Widerspruchsführers die ihm gegenüber als eine Gesamtheit auftretende Verwaltung untätig, sollte über einen längeren Zeitraum auf seinen Widerspruch hin und der Abgabe an die Widerspruchsbehörde – wie hier – nichts weiter geschehen. Es ist zu betonen, dass das Gericht nicht die behördliche Praxis kritisiert, dass die Widerspruchsbehörde das Verfahren an die Ausgangsbehörde zurückgibt. Jedoch ist diese Praxis vor dem Hintergrund des Art. 19 Abs. 4 GG zu sehen und darf nicht zu einer faktischen Aussetzung des Rechtsschutzes führen, indem der Betroffene rechtlos gestellt wird, während er auf eine Entscheidung der Verwaltung als Einheit über seinen Rechtsbehelf wartet. Denn aufgrund § 75 VwGO darf der Widerspruchsführer die bloße Untätigkeit der Behörde nicht als stillschweigenden negativen Widerspruchsbescheid auslegen (Kopp/Schenke, a.a.O., Rn. 1a). Folglich muss die Widerspruchsbehörde, will sie das Hineinwachsen in die Untätigkeit i.S.v. § 75 VwGO vermeiden, den Fortgang des zurückgegebenen Verfahrens engermaschig überwachen als im vorliegenden Fall, wo eine Wiedervorlage erst drei Monate nach Rückgabe an die Ausgangsbehörde verfügt wurde.
Damit wurde nicht in angemessener Zeit und ohne sachlichen Grund nicht in der Sache entschieden. Ungeachtet dessen hat die Regierung von Unterfranken in ihrem Schriftsatz vom 5. März 2021 erkennen lassen, dass eine Entscheidung der Widerspruchsbehörde nicht zu erwarten ist, sodass die Erhebung einer Untätigkeitsklage in jedem Falle zulässig ist.
2. Die Klage ist jedoch unbegründet, denn die angefochtene Entziehung der Fahrerlaubnis und damit zusammenhängend die Anordnung der Herausgabe des Führerscheins rechtmäßig sind und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzen, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Denn die Anordnung zur Beibringung eines ärztlichen Gutachtens auf Grundlage der § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV war rechtmäßig, sodass der Schluss auf die Nichteignung gemäß § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV gezogen werden durfte. Das Landratsamt A. durfte mit Zustimmung der zwischenzeitlich zuständig gewordenen Stadt Augsburg das Verwaltungsverfahren fortsetzen, Art. 3 Abs. 3 BayVwVfG.
2.1. Das Landratsamt A. war zum Zeitpunkt des Bescheidserlasses zwar nicht mehr nach § 73 Abs. 2 Satz 1 FeV, Art. 3 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a) BayVwVfG zuständig, da der Kläger seinen Hauptwohnsitz zum 1. März 2020 nach Augsburg verlegt hatte. Die zuständige Stadt Augsburg hat jedoch ausdrücklich der Fortführung des Verwaltungsverfahrens durch das Landratsamt A. zugestimmt, sodass die Abweichung von der örtlichen Zuständigkeit nach Art. 3 Abs. 3 BayVwVfG legitimiert war (vgl. zum Ganzen und zum Verhältnis zu § 73 Abs. 2 FeV BayVGH, B.v. 20.2.2007 – 11 CS 06.2029, sowie B.v. 23.7.2021 – 11 CS 21.515). Es ist unschädlich, dass die Legitimierung erst nach Erlass des Bescheids vom 3. Juni 2020 erfolgte. Da sich die örtliche Zuständigkeit nicht in der Sache ausgewirkt hat (Art. 46 BayVwVfG), konnte die Zustimmung gemäß Art. 3 Abs. 3 BayVwVfG nach Art. 45 Abs. 1 Nr. 5, Art. 44 Abs. 3 Nr. 1 BayVwVfG nachgeholt werden. Selbst wenn man dies nicht als eine Mitwirkungshandlung im Sinne von Art. 45 Abs. 1 Nr. 5 BayVwVfG sehen wollte, wurde vorliegend das Verfahren durch Erhebung des Widerspruchs i.S.d. Art. 3 Abs. 3 BayVwVfG fortgeführt, sodass die örtlich zuständige Behörde ihre Zustimmung zur Verfahrensfortführung erklären konnte (vgl. im Einzelnen BayVGH, B.v. 23.7.2021 – 11 CS 21.515, Rn. 18).
2.2. Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG i.V.m. § 46 Abs. 1 Satz 1 FeV hat die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich deren Inhaber als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn Erkrankungen oder Mängel nach den Anlagen 4, 5 oder 6 zur FeV vorliegen und dadurch die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen ist. Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken gegen die Eignung des Fahrerlaubnisinhabers zum Führen von Kraftfahrzeugen begründen, finden gemäß § 46 Abs. 3 FeV die §§ 11 bis 14 FeV entsprechend Anwendung. Weigert sich der Betroffene, sich untersuchen zu lassen oder bringt er der Fahrerlaubnisbehörde das von ihr geforderte Gutachten nicht fristgerecht bei, so darf sie bei ihrer Entscheidung gemäß § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV auf die Nichteignung des Betroffenen schließen. Voraussetzung ist allerdings insoweit, dass die Untersuchungsanordnung rechtmäßig ist und die Weigerung ohne ausreichenden Grund erfolgt (BVerwG, U.v. 9.6.2005 – 3 C 25/04 – DAR 2005, 581; BayVGH, B.v. 25.6.2008 – 11 ZB 08.1123 – juris). Im Hinblick darauf, dass eine Gutachtensanordnung mit erheblichen Eingriffen in das Persönlichkeitsrecht und/oder das Recht auf körperliche Unversehrtheit verbunden ist, aber nicht isoliert mit Rechtsmitteln angegriffen werden kann, kann auf die strikte Einhaltung der vom Verordnungsgeber für die Rechtmäßigkeit einer solchen Anordnung aufgestellten formalen Voraussetzungen nicht verzichtet werden (vgl. BayVGH, B.v. 27.11.2012 – 11 ZB 12.1596 – ZfSch 2013, 177). In materieller Hinsicht setzt die Rechtmäßigkeit der Anordnung der Untersuchung vor allem voraus, dass sie den Grundsätzen der Anlassbezogenheit und Verhältnismäßigkeit genügt (vgl. BayVGH, B.v. 11.2.2008 – 11 C 08.1030 – juris).
2.2.1.
Gemäß § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV kann die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens gefordert werden, wenn gelegentliche Einnahme von Cannabis vorliegt und weitere Tatsachen Zweifel an der Fahreignung begründen. Der Kläger ist nach eigener Angabe gegenüber der Polizei am 3. Januar 2018 gelegentlicher Konsument von Cannabis und hat mit seiner Fahrt unter Cannabiseinfluss gegen das Trennungsgebot der Nr. 9.2.2 der Anlage 4 verstoßen, was Zweifel an seiner Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen begründet (vgl. BayVGH, U.v. 21.9.2017 – 11 BV 17.685 – juris Rn. 26; BVerwG, U.v. 11.4.2019 – 3 C 25.17 – juris Rn. 15 f.). Gelegentlicher Konsum von Cannabis i.S.d. § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV i.V.m. Nr. 9.2.2 der Anlage 4 liegt vor, wenn der Betroffene in zwei oder mehr selbstständigen Konsumvorgängen Cannabis zu sich genommen hat und diese Konsumvorgänge einen gewissen, auch zeitlichen Zusammenhang aufweisen (stRspr, vgl. BVerwG, U.v. 23.10.2014 – 3 C 3.13 – NJW 2015, 2439 = juris Rn. 20 ff.; BayVGH, U.v. 21.9.2017 – 11 BV 17.685 – juris Rn. 20). Der Kläger hat bei der Fahrt am 3. Januar 2018 unstreitig THC und dessen Metaboliten im Blut gehabt, was eine Einnahme kurz vor der Fahrt nachweist. Denn die Nachweisbarkeit von THC im Serum nach Einzelkonsum beträgt lediglich sechs bis zwölf Stunden, ebenso wie beim Metabolit 11-OH-THC (Schubert/Huetten/Reimann/Graw, Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung – Kommentar, 3. Aufl. 2018, S. 322). Darüber hinaus muss sich der Kläger an seinem Aussageverhalten gegenüber den Polizeibeamten festhalten lassen, er habe zuletzt eine Woche zuvor konsumiert und sei gelegentlicher Konsument. Darauf hat sich das Landratsamt gestützt, sodass es nicht zutrifft, es würden jegliche Ausführungen zu einem gelegentlichen Konsum fehlen.
Überdies wurde zu keinem Zeitpunkt im Verwaltungsverfahren oder im gerichtlichen Klageverfahren vom Kläger bestritten, diese Aussage getätigt zu haben. Soweit sich dem Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (BayVGH) im Beschwerdeverfahren 11 CS 21.515 entnehmen lässt, dass diese Aussagen im Beschwerdeverfahren widerrufen worden sein sollten, schließt sich das Gericht jedenfalls der Auffassung des BayVGH an. Soweit der Bevollmächtigte also darauf verweist, der Kläger habe zum Zeitpunkt seiner Angaben am 3. Januar 2018 unter THC-Einfluss gestanden, sodass die Angaben zweifelhaften Erkenntniswert hätten, ist dies unerheblich. Denn der THC-Wert lag ausweislich der Blutprobe bei 1,4 ng/ml, die damit keine außergewöhnlich hohen Werte vorwies und der Kläger offenbar leistungsfähig genug war, um am Straßenverkehr teilzunehmen und sogar auf der Bundesautobahn unterwegs zu sein. Das spätere Aussageverhalten des Klägers im Ordnungswidrigkeitenverfahren, er habe in der Woche vor dem Vorfall unwissentlich in Backwaren eingebrachte Betäubungsmittel konsumiert, und das Untermauern mit einer unauffälligen Urinprobe mehr als ein Jahr (März 2019) später, erachtet das Gericht für eine Schutzbehauptung, insbesondere weil es nicht mit den im Blut des Klägers nachgewiesenen Cannabinoiden sowie dessen drogentypischen Auffälligkeiten zum Zeitpunkt der Polizeikontrolle zu vereinbaren ist. Entgegen der Auffassung des Bevollmächtigten schafft der bloße Zeitablauf keinen Vertrauenstatbestand. Dies gilt umso mehr, als das Urteil gegen den Antragteller erst im April 2019 rechtskräftig geworden ist. Dass im Urteil des Amtsgerichts Linz am Rhein vom 21. März 2019 kein Fahrverbot verhängt worden ist, spielt für die hier verfahrensgegenständliche Frage der Fahreignung keine Rolle.
Diese Umstände in Zusammenhang mit dem Vorfall vom 3. Januar 2018 hat das Landratsamt bei der Gutachtensanordnung vom 2. Dezember 2019 vollumfänglich wiedergegeben, als Anknüpfungspunkt herangezogen und die sich daraus ergebenden Zweifel ausgeführt. Damit ist die Anlassbezogenheit gewahrt, denn es ist für den Kläger eindeutig erkennbar, an welche Umstände bzw. Tatsachen die Behörde ihre Fahreignungszweifel anknüpft. Dass die spätere Einlassung des Klägers, er habe unwissentlich in Lebensmittel eingebackene Betäubungsmittel zu sich genommen, für eine Schutzbehauptung und damit nicht für relevant gehalten wird, ergibt sich bereits indirekt aus der Anordnung. Es ist nicht erforderlich, dass die Behörde sich bereits im Rahmen der Anordnung eines Gutachtens mit jedem Vorbringen des Betroffenen dezidiert auseinandersetzt. Im Übrigen ist im Rahmen der Beweiswürdigung, ob der Betroffene mehr als einmal und damit gelegentlich Cannabis konsumiert hat, vor dem Hintergrund des äußerst seltenen Falles, dass ein mit den Wirkungen der Droge noch völlig unerfahrener Erstkonsument bereits wenige Stunden nach dem Konsum ein Kraftfahrzeug führt und dann auch noch von der Polizei kontrolliert wird, die Annahme gerechtfertigt, dass ohne substantiierte und plausible Darlegung des Gegenteils nicht von einem einmaligen Konsum ausgegangen werden muss. Dabei ermöglichen die Erkenntnisse über das Abbauverhalten von THC die Beurteilung, ob ein für einen bestimmten Zeitraum eingeräumter Konsum von Cannabis für die Konzentration ursächlich gewesen sein kann, die in einer später gewonnenen Blutprobe vorhanden war, oder ob entweder kurz vor der Fahrt nochmals oder aber häufig Cannabis konsumiert worden ist (BayVGH, B.v. 23.3.2021 – 11 CS 20.2643, BeckRS 2021, 7419, m.w.N.).
2.2.2.
Die Fragestellung war aus Sicht des Gerichts anlassbezogen, verhältnismäßig und insbesondere zutreffend formuliert. Insoweit teilt das Gericht nicht die Bedenken der Widerspruchsbehörde hinsichtlich des Hinweises in der Gutachtensanordnung, demnach die Wiedererlangung der Fahreignung des Klägers vorliegend nicht zu prüfen sei. Zwar hat die Behörde im Entziehungsverfahren grundsätzlich auch immer zu berücksichtigen und ggf. zu prüfen, ob ein Fahrerlaubnisinhaber seine Fahreignung möglicherweise wiedererlangt hat. Dies setzt aber denknotwendig voraus, dass es zumindest möglich erscheint, dass er seine Fahreignung verloren haben könnte. Hierfür bestehen vorliegend – im Gegensatz zur der von der Widerspruchsbehörde herangezogenen Entscheidung des Verwaltungsgerichts Augsburg (B.v. 21.9.2018 – Au 7 S 18.1338) zugrundeliegenden Konstellation – keine Anhaltspunkte. Es ist lediglich bekannt, dass der Kläger als gelegentlicher Konsument einmal gegen das Trennungsgebot verstoßen hat. Hieraus lässt sich nicht in feststehender Weise ableiten, dass der Kläger seine Fahreignung in der Vergangenheit verloren haben könnte, denn weder bestehen Anhaltspunkte für einen regelmäßigen (Nr. 9.2.1 der Anlage 4 zur FeV) oder einen Mischkonsum von Cannabis (Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV) oder Konsum von sonstigen Drogen (Nr. 9.1 der Anlage 4 zur FeV). Der ergänzende Hinweis des Landratsamts in der Anordnung soll offenkundig zur Klarstellung dienen, dass es ausschließlich auf die Frage des Trennvermögens ankommt, und dient damit der Eingrenzung des Untersuchungsumfangs der Begutachtungsstelle. Dies ist nicht zu beanstanden.
2.2.3.
Die Begutachtungsanordnung leidet schon deshalb nicht an einem formalen Mangel nach § 11 Abs. 6 Satz 2 FeV, da das Landratsamt in der Begutachtungsanordnung vom 2. Dezember 2019 lediglich eine konkrete Begutachtungsstelle in A. benannt hat. Zu den Anforderungen an die Beibringungsaufforderung gehört unter anderem, dass die Behörde dem Betroffenen nach § 11 Abs. 6 Satz 2 FeV die für die Untersuchung in Betracht kommende Stelle oder Stellen angibt. Aus dieser Formulierung folgt nicht, dass die Behörde sämtliche in näherer Umgebung des Betroffenen liegenden und in Betracht kommenden Stellen angeben muss, ebenso wenig lässt sich dem Wortlaut entnehmen, wie viele einzelne Stellen ausreichend sein sollen oder nicht. Das Gericht teilt ausdrücklich nicht die Auffassung des VG Oldenburg (B.v. 10.8.2010 – 7 A 1458/10 – juris), dass alle für den Betroffenen in einer zweistündigen Autofahrt erreichbaren Begutachtungsstellen ausdrücklich in der Begutachtungsanordnung genannt werden müssten (so auch BayVGH, B.v. 8.8.2018 – 11 CS 18.1494). In der heutigen Zeit, in der so gut wie ein jeder Bürger über das Internet Zugang zu einer unbegrenzten Anzahl an Informationen hat, erscheint es nicht erforderlich, eine Vielzahl der in Betracht kommenden, ggf. um den Hauptwohnort des Betroffenen liegende Stellen aufzählen zu müssen. So ist es nicht selten, dass der Betroffene aus in seiner Privat- oder beruflichen Sphäre liegenden Gründen eine Begutachtungsstelle fernab seines gemeldeten Hauptwohnsitzes bevorzugt. Darüber hinaus können im Internet, z.B. unter www.bast.de, die aktuellen Listen abgerufen werden, aus denen sich der Betroffene eine Begutachtungsstelle heraussuchen kann. Die Google-Suche mit dem Begriff „amtlich anerkannte Begutachtungsstelle für Fahreignung“ ergibt knapp 20.000 Treffer und gleich auf der ersten Seite der Suchergebnisse taucht die Webseite der Bundesanstalt für Straßenwesen auf, auf der die Begutachtungsstellen nach PLZ sortiert eingesehen werden können. Sollte ein Kraftfahrer tatsächlich über keinen Internetzugang verfügen, kann er sich an die Behörde wenden, die ihm dann eine aktuelle Liste oder einen Auszug daraus ausdrucken kann. Durch die Nennung zumindest einer konkreten Begutachtungsstelle als Beispiel wird für den Betroffenen erkennbar, welche Art von Stelle verlangt wird. Der Kläger hat zu keinem Zeitpunkt im Verfahren vorgetragen, dass es ihm nicht möglich gewesen sei, eine amtlich anerkannte Begutachtungsstelle zu finden. Vielmehr hat er den TÜV Hessen als amtlich anerkannte Begutachtungsstelle ausfindig gemacht und beauftragt.
Entscheidend ist, dass aus der Begutachtungsanordnung klar hervorgeht, dass der Betroffene gerade nicht an die von der Behörde genannte Stelle gebunden ist. Dies ist hier erfüllt.
2.2.4.
Sonstige Mängel der Gutachtensanordnung sind weder dargelegt noch ersichtlich. Nachdem der Kläger das zu Recht geforderte Gutachten nicht innerhalb der (verlängerten) Frist vorgelegt hat, durfte die Behörde in rechtmäßiger Weise auf seine Nichteignung gemäß § 11 Abs. 8 FeV schließen. Die Entziehung der Fahrerlaubnis war daher genauso wie die geforderte Abgabe des Führerscheins rechtmäßig.
3. Nach alldem war die Klage mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Die Entscheidung der vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO, §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.