Strafrecht

Entziehung der Fahrerlaubnis ohne vorherige Anordnung zur Beibringung eines medizinisch-​psychologischen Gutachtens

Aktenzeichen  Au 7 S 17.839

Datum:
24.8.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Augsburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO VwGO § 80 Abs. 5
StVG StVG § 3
FeV FeV §§ 46, 47
FeV FeV § 11 Abs. 7
Anlage 4 Nr. 9.2.2 FeV

 

Leitsatz

1 Die Entscheidung des BayVGH (BeckRS 2017, 108147), nach der die Fahrerlaubnisbehörde bei einem gelegentlichen Cannabiskonsumenten nach einer erstmaligen, als Ordnungswidrigkeit geahndeten Fahrt mit einem Kraftfahrzeug unter der Wirkung von Cannabis grundsätzlich nicht gemäß § 11 Abs. 7 FeV ohne weitere Aufklärungsmaßnahmen von der Nichteignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgehen könne, zwingt angesichts dessen, dass sie nicht rechtskräftig ist, nicht dazu, einen Erfolg im Eilrechtsschutz anzunehmen. (redaktioneller Leitsatz)
2 Wer wenige Stunden nach dem (offensichtlich erheblichen) Konsum von Cannabis ein Kraftfahrzeug im öffentlichen Straßenverkehr führt, zeigt eine gewisse Verantwortungslosigkeit, zumindest aber eine Sorglosigkeit für das Leben und die Gesundheit anderer Verkehrsteilnehmer, weil davon auszugehen ist, dass ihm bewusst ist, dass er noch unter der Wirkung der Droge steht, zumindest stehen kann; eine Interessenabwägung bei offener Rechtslage geht daher zu seinen Lasten. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Der 1997 geborene Antragsteller wendet sich gegen die sofortige Vollziehbarkeit des Entzugs seiner Fahrerlaubnis der Klassen B, AM und L.
1. Am 29. Januar 2015 wurde dem Antragsteller vom Landratsamt … die Fahrerlaubnis der benannten Klassen im Rahmen des „Begleiteten Fahrens ab 17 Jahren“ erteilt. Am 2. April 2015 wurde ihm der EU-Kartenführerschein (Nr. …) ausgehändigt.
Am 27. Dezember 2016 führte der Antragsteller gegen 15:35 Uhr ein Kraftfahrzeug (amtliches Kennzeichen: …) in … auf der …-Straße Richtung …. Auf der Auffahrt zur B… Richtung Osten wurde er einer Verkehrskontrolle unterzogen. Hierbei gab er an, vor etwa ein bis zwei Wochen „Gras“ konsumiert zu haben. Die anschließend um 16:02 Uhr durchgeführte Blutentnahme ergab laut dem Gutachten des Instituts für Rechtsmedizin des Universitätsklinikums … vom 12. Januar 2017 die folgenden Werte:
THC
6,2 ng/ml
THC-COOH
11-OH-THC
76,5 ng/ml
2,0 ng/ml
Die Fahrt unter Cannabiseinfluss am 27. Dezember 2016 wurde mit Bußgeldbescheid vom 1. Februar 2017 (rechtskräftig seit 18.2.2017) geahndet.
Mit Schreiben des Landratsamtes … vom 10. März 2017 wurde der Antragsteller zur beabsichtigten Entziehung seiner Fahrerlaubnis angehört und ihm wurde Gelegenheit gegeben, sich hierzu bis zum 24. März 2017 zu äußern.
Nach Akteneinsicht führte der Bevollmächtigte des Antragtellers mit Schreiben vom 3. April 2017 im Wesentlichen aus, nach der jüngeren Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, der um eine Angleichung der Behandlung von auffälligen Verkehrsteilnehmern unter Alkohol und Cannabis bemüht sei, sei in Fällen wie dem Vorliegenden die Fahrerlaubnis nicht sofort zu entziehen, sondern entsprechend dem Vorgehen bei fahrerlaubnisrechtlichem Alkoholmissbrauch (§ 13 FeV i.V.m. Nr. 8.1 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnisverordnung) eine medizinisch-psychologische Untersuchung nach § 14 Abs. 1 Nr. 3 FeV (gemeint wohl § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV) anzuordnen. Dies gelte immer dann, wenn bei einem gelegentlichen Cannabiskonsumenten eine erstmalige Teilnahme am Straßenverkehr mit einem Kraftfahrzeug unter Cannabiseinfluss mit einer THC-Konzentration von 1 ng/ml oder mehr stattgefunden hat, die aber – wie hier – nicht zur Entziehung der Fahrerlaubnis durch ein Strafgericht geführt habe. Dem Betroffenen sei damit die Fahrerlaubnis unter der Auflage zu belassen, dass er sich unter Absolvierung eines Drogenkontrollprogramms einer medizinisch-psychologischen Untersuchung unterzieht. Es werde deshalb beantragt, dem Betroffenen aufzugeben, sich einem Drogenkontrollprogramm zu unterziehen und die Entziehung der Fahrerlaubnis für den Fall der Nichtteilnahme am Drogenabstinenzprogramm, einer Nichtvorlage des Abstinenznachweises oder im Anschluss daran der MPU, anzuordnen. Der Antragsteller sei beruflich auf seinen Führerschein angewiesen, um zur Arbeit und wieder nach Hause zu gelangen sowie außerdienstlich Kundendiensttermine wahrzunehmen.
Die Fahrerlaubnisbehörde teilte dem Bevollmächtigten des Antragstellers mit Schreiben vom 10. April 2017 u.a. mit, dass die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs nichts an ihrer Absicht ändere, dem Antragsteller die Fahrerlaubnis zu entziehen. Der Bevollmächtigte des Antragstellers wies mit Schreiben vom 11. April 2017 darauf hin, dass die Fahrerlaubnisbehörde bei einem Alkoholsünder nach einem zweimaligen Verstoß gegen § 24a StVG veranlassen könne, die Eignungszweifel per MPU aufzuklären. Der Antragsteller habe nur einmal mit Cannabis gegen § 24a StVG verstoßen, woraus das Landratsamt bereits auf seine Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen schließe. Dies vor Augen geführt, werde deutlich, dass bei der beabsichtigten Vorgehensweise eine Ungleichbehandlung des Antragstellers gegenüber Alkoholsündern im Sinne des Art. 3 GG vorliege.
2. Mit Bescheid vom 27. April 2017, dem Prozessbevollmächtigten des Antragstellers zugestellt am 2. Mai 2017, wurde dem Antragsteller die Fahrerlaubnis der Klassen B, A M und L entzogen (Ziffer 1). Er wurde verpflichtet, seinen Führerschein mit der Nummer … innerhalb einer Woche nach Zustellung des Entzugsbescheids beim Landratsamt … abzugeben (Ziffer 2). Für den Fall der Nichtbeachtung der Ziffer 2 des Bescheides wurde ein Zwangsgeld in Höhe von 250,00 EUR angedroht (Ziffer 3).Die sofortige Vollziehung der Ziffern 1 und 2 des Bescheides wurde angeordnet (Ziffer 4).
Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Antragsteller nicht geeignet sei, Kraftfahrzeuge im Straßenverkehr zu führen, da nachgewiesen sei, dass er gelegentlich Cannabis konsumiere und den Konsum von Betäubungsmitteln nicht von der Teilnahme am Straßenverkehr trennen könne. Stehe die Nichteignung – wie vorliegend – fest, unterbleibe die Anordnung zur Beibringung eines Gutachtens. Die durch den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof aktuell aufgeworfenen Fragen zur Gleichbehandlung von alkoholauffälligen Kraftfahrern mit cannabisauffälligen Kraftfahrern seien bislang nicht in einer Hauptsache abschließend entschieden worden. Die herrschende Meinung stelle diese Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs jedenfalls nicht dar, da sich zuletzt z.B. das Verwaltungsgericht Augsburg bewusst davon distanziert habe.
Der Antragsteller hat den Führerschein daraufhin am 8. Mai 2017 bei der Behörde abgeliefert.
3. Mit Schriftsatz vom 17. Mai 2017, eingegangen beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg am 29. Mai 2017, ließ der Antragsteller durch seinen Prozessbevollmächtigten Klage gegen den Bescheid des Landratsamtes … vom 27. April 2017 erheben.
Gleichzeitig wurde beantragt,
die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 27. April 2017 wiederherzustellen.
Zur Begründung wird unter Berufung auf das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 25. April 2017 (Az. 11 BV 17.33) im Wesentlichen ausgeführt, der Antragsgegner habe die von ihm angewandten Normen missinterpretiert. Auch wenn der Antragsteller als gelegentlicher Cannabiskonsument einmal am Straßenverkehr mit einer THC-Konzentration von 6,2 ng/ml teilgenommen habe, stehe damit seine Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen gemäß § 11 Abs. 7 FeV nicht fest. Der Antragsgegner hätte zuerst von der Aufklärungsmöglichkeit des in einem Entziehungsverfahren entsprechend anzuwendenden § 14 FeV Gebrauch machen und im Ermessens Weg darüber entscheiden müssen, ob er nach § 14 Abs. 1 Nr. 3 FeV (gemeint wohl: § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV) eine medizinisch-psychologische Untersuchung anordnet. Gemäß§ 14 Abs. 1 Nr. 3 FeV (gemeint wohl: § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV) könne bei gelegentlicher Einnahme von Cannabis eine MPU angeordnet werden, wenn weitere Umstände Zweifel an der Eignung begründen. Vorliegend habe der Antragsteller unter Cannabiseinfluss am Straßenverkehr teilgenommen, wodurch Zweifel an seiner Fahreignung begründet seien, die mit der Anordnung einer medizinisch-psychologische Untersuchung im Ermessens Weg aufgeklärt werden könnten. Erst bei einer zweiten Ordnungswidrigkeit nach § 24a StVG wäre die Anordnung einer MPU gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 3 FeV zwingend. Dagegen könne die Fahrerlaubnisbehörde in der Regel nicht aus eigener Sachkenntnis feststellen, ob eine Ungeeignetheit im Sinne des § 11 Abs. 7 FeV vorliege. Orientiere man sich an Sinn und Zweck der §§ 11 bis 14 FeV erscheine es nicht gerechtfertigt, im Falle eines erstmalig fehlenden Trennens zwischen Cannabiskonsum und Teilnahme am Straßenverkehr in Form einer Ordnungswidrigkeit nach § 24a Abs. 2, 3 StVG keine Aufklärungsmaßnahmen anzuordnen, sondern unmittelbar die Fahrerlaubnis zu entziehen. Es sei nicht ersichtlich, dass gelegentliche Cannabiskonsumenten, die erstmals gegen das Trennungsverbot verstießen und hierdurch den Tatbestand einer Ordnungswidrigkeit erfüllten, eine größere Gefahr für die Sicherheit des Straßenverkehrs darstellten als Alkoholkonsumenten, die das Trennungsgebot im Rahmen des § 13 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a) bis d) FeV nicht beachtet hätten und dann „nur“ eine medizinisch-psychologische Untersuchung durchführen lassen müssten. Im Übrigen sehe die Fahrerlaubnisverordnung bei einer erstmaligen Trunkenheitsfahrt, die den Tatbestand des § 24a Abs. 1, 3 StVG erfülle, im Unterscheid zu § 14 Abs. 1 Nr. 3 FeV (gemeint wohl: § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV) die Anordnung einer medizinisch-psychologische Untersuchung nicht vor. Insoweit erweise sich die Regelung bei gelegentlichem Cannabiskonsum auch in der hier dargelegten Auslegung im Vergleich zu den Trunkenheitsfahrten als strenger. Nach alledem sei nicht zu erkennen, wie der Antragsgegner hier wissenschaftlich fundiert zu der Fahrungeeignetheit des Antragstellers gelangen oder auf Langzeitfolgen schließen könne.
Der Antragsgegner beantragte mit Schreiben vom 8. Juni 2017,
den Antrag abzulehnen.
Der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs in seinem noch nicht rechtskräftigen Urteil vom 25. April 2017 (Az. 11 BV 17.33) werde nicht gefolgt. Trotz der Absicht des Verordnungsgebers, die Vorschriften hinsichtlich Alkohol- und Cannabiskonsum angleichen zu wollen, sei zu berücksichtigen, dass eine Ungleichbehandlung hinsichtlich des fehlenden Trennungsvermögens bei Alkohol- und Cannabiskonsum angesichts der unterschiedlichen Wirkungsweisen der Substanzen, des unterschiedliche Wissens über die Auswirkungen auf die Fahreignung und wegen der Unterschiede der sozialen Kontrolle des Konsums gerechtfertigt sei. Für die Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs ließen weder die Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV noch die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 23. Oktober 2014 (Az.: 3 C 3.13) Spielraum.
Hierzu führte die Antragstellerseite mit Schriftsatz vom 21. Juni 2017 u.a. aus, der Antragsgegner, dem die immer bessere Aufklärung der Wirkweise von Cannabis in den letzten Jahren entgangen sei, habe die Argumentation des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, der sich seit Jahren intensiv mit der Wirkungsweise von Cannabis auseinandersetze, schlicht nicht verstanden. … vom rechtsmedizinischen Institut … gelange in seinem Gutachten zu dem Fragenkatalog in den Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht 1 BvR 2062/96, 1 BvR 1143/98 zu dem Ergebnis, dass Cannabis die Gefahren des Straßenverkehrs weniger erhöhe als Alkohol.
4. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten im Übrigen wird auf die Gerichts- und vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.
II.
Der Antrag ist zulässig, hat in der Sache aber keinen Erfolg.
1. Die Begründung für die Anordnung des Sofortvollzugs (unter II. 4. der Gründe des Bescheids vom 27. April 2017) entspricht den formellen Anforderungen des § 80 Abs. 2 Nr. 4, Abs. 3 VwGO. Nach dieser Vorschrift hat die Behörde unter Würdigung des jeweiligen Einzelfalls darzulegen, warum sie abweichend vom Regelfall der aufschiebenden Wirkung, die Widerspruch und Klage grundsätzlich zukommt, die sofortige Vollziehbarkeit des Verwaltungsakts angeordnet hat (vgl. BayVGH, B.v. 27.3.2012 – 11 CS 12.201 – juris Rn. 22). Dabei sind allerdings an den Inhalt der Begründung keine zu hohen Anforderungen zu stellen (Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 80 Rn. 43). Insbesondere bei Kraftfahrern, denen die erforderliche Eignung zum Führen eines Kraftfahrzeugs fehlt, ist das Erlassinteresse regelmäßig mit dem Vollzugsinteresse identisch (Schmidt, a. a. O. § 80 Rn. 36). Ein solcher Fall lag hier aus Sicht des Antragsgegners vor. Er hat vor diesem Hintergrund unter II. 4. des Bescheids das besondere Interesse am sofortigen Vollzug unter Bezug auf den Einzelfall hinreichend begründet.
Im gerichtlichen Verfahren erfolgt keine materielle Überprüfung der Begründung der Behörde nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO, sondern es wird eine eigenständige Interessenabwägung durchgeführt (st. Rspr., vgl. BayVGH, B.v. 16.12.2015 – 11 CS 15.2377 – juris Rn. 10; B.v. 24.8.2010 – 11 CS 10.1139 – juris Rn. 29; B.v. 10.3.2008 – 11 CS 07.3453 – juris Rn. 16).
2. Bei der Entscheidung über den Antrag, die aufschiebende Wirkung der Klage wiederherzustellen, hat das Gericht eine eigene Ermessensentscheidung zu treffen. Im Rahmen dieser Entscheidung ist das Interesse des Antragstellers, zumindest vorläufig weiter von seiner Fahrerlaubnis Gebrauch machen zu können, gegen das Interesse der Allgemeinheit daran, dass dies unverzüglich unterbunden wird, abzuwägen. Ausschlaggebend im Rahmen dieser Abwägungsentscheidung sind in erster Linie die Erfolgsaussichten des Rechtsmittels, dessen aufschiebende Wirkung angeordnet oder wiederhergestellt werden soll, hier also der Anfechtungsklage vom 29. Mai 2017. Lässt sich schon bei summarischer Prüfung eindeutig feststellen, dass der angefochtene Verwaltungsakt offensichtlich rechtswidrig ist und den Betroffenen in seinen Rechten verletzt, so dass die Anfechtungsklage mit Sicherheit Erfolg haben wird (analog § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO), kann kein öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung dieses Verwaltungsakts bestehen. Andererseits ist für eine Interessenabwägung, die zugunsten des Antragstellers ausgeht, im Regelfall kein Raum, wenn keine Erfolgsaussichten in der Hauptsache bestehen. Erscheint der Ausgang des Hauptsachverfahrens offen, hat eine reine Interessenabwägung stattzufinden (vgl. zum Ganzen: Kopp/Schenke, VwGO, 22. Auflage 2016, Rn. 152 ff. zu § 80).
Unter Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall war der Antrag abzulehnen.
Zum einen erscheint der Entziehungsbescheid vom 27. April 2017 unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs als rechtmäßig (nachfolgend unter 3.a)). Aber auch wenn man zum Ergebnis käme, dass der Bescheid der Rechtsauffassung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs in seinem Urteil vom 25. April 2017 (Az.: 11 BV 17.33 – DAR 2017, 417 ff., juris) widerspricht, ist im Hinblick darauf, dass dieses Urteil noch nicht rechtskräftig ist, von einem offenen Verfahrensausgang auszugehen; die danach erforderlich Interessenabwägung, geht zu Lasten des Antragstellers aus (nachfolgend unter 3.b)).
3. Maßgeblicher Zeitpunkt zur Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist vorliegend wegen der unmittelbaren Klageerhebung derjenige der Zustellung des streitgegenständlichen Bescheids vom 27. April 2017 an den Bevollmächtigten des Antragstellers am 2. Mai 2017 (BayVGH, B.v. 4.12.2012 – 11 ZB 12.2667 – juris).
Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 des Straßenverkehrsgesetzes vom 5. März 2003 (StVG, BGBl S. 310), zuletzt geändert durch Gesetz vom 28. November 2016 (BGBl S. 2722), und § 46 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr vom 13. Dezember 2010 (Fahrerlaubnis-​Verordnung – FeV, BGBl S. 1980), zuletzt geändert durch Verordnung vom 21. Dezember 2016 (BGBl S. 3083), hat die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich der Inhaber einer Fahrerlaubnis als ungeeignet oder nicht befähigt zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken begründen, dass der Inhaber einer Fahrerlaubnis zum Führen eines Kraftfahrzeugs ungeeignet oder bedingt geeignet ist, finden die §§ 11 bis 14 FeV entsprechend Anwendung (§ 46 Abs. 3 FeV).
Nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV liegt Kraftfahreignung bei gelegentlicher Einnahme von Cannabis vor, wenn der Konsum und das Fahren getrennt werden können, kein zusätzlicher Gebrauch von Alkohol oder anderen psychoaktiv wirkenden Stoffen besteht und keine Störung der Persönlichkeit oder Kontrollverlust vorliegt. Nach § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV kann die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens angeordnet werden, wenn gelegentliche Einnahme von Cannabis vorliegt und weitere Tatsachen Zweifel an der Eignung begründen. Nach § 14 Abs. 2 Nr. 3 FeV ist die Beibringung eines medizinisch-​psychologischen Gutachtens anzuordnen, wenn wiederholt Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr nach § 24a StVG begangen wurden. Nach § 11 Abs. 7 FeV unterbleibt die Anordnung zur Beibringung des Gutachtens, wenn die Nichteignung des Betroffenen zur Überzeugung der Fahrerlaubnisbehörde feststeht.
a) Gelegentlicher Konsum von Cannabis liegt vor, wenn der Betroffene in zwei oder mehreren selbständigen Konsumvorgängen Cannabis zu sich genommen hat und diese Konsumvorgänge einen gewissen, auch zeitlichen Zusammenhang aufweisen (stRspr, zuletzt BVerwG, U.v. 23.10.2014 – 3 C 3.13 – NJW 2015, 2439; BayVGH, B.v. 18.4.2016 – 11 ZB 16.285 – juris Rn. 11).
Dies ist beim Antragsteller der Fall.
Zum einen hat der Antragsteller selbst im Rahmen der polizeilichen Verkehrskontrolle am 27. Dezember 2016 angegeben, ein bis zwei Wochen vor dieser Kontrolle „Gras“ konsumiert zu haben (siehe Mitteilung wegen eines Betäubungsmitteldelikts der Polizeiinspektion … vom 28.1.2017, Bl. 1 der Behördenakte, sowie Protokoll und Antrag zur Feststellung von Drogen im Blut vom 27.12.2016, Bl. 3 der Behördenakte). An dieser Aussage muss sich der Antragsteller festhalten lassen, zumal er sie auch nicht (mit substantiierten Gründen) widerrufen hat. Zum anderen steht ein weiterer Cannabiskonsum des Antragstellers kurze Zeit vor der Polizeikontrolle am 27. Dezember 2016 (15:35 Uhr) fest. Das rechtsmedizinische Gutachten vom 12. Januar 2017 hat hinsichtlich der am 27. Dezember um 16:02 Uhr entnommenen Blutprobe für den psychoaktiven Wirkstoff THC einen Wert in Höhe von 6,2 ng/ml nachgewiesen. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof führt zu den Abbauwerten von THC beispielsweise in seinem Beschluss vom 16. Dezember 2015 (Az. 11 CS 15.2377, juris Rn. 14, 15) unter Bezugnahme auf wissenschaftliche Studien, wie folgt, aus:
„Der psychoaktive Wirkstoff THC wird bei inhalativem Konsum von Cannabis sehr schnell vom Blut resorbiert und ist nach einem Einzelkonsum sechs bis zwölf Stunden im Blut nachweisbar (Beurteilungskriterien – Urteilsbildung in der Fahreignungsbegutachtung – Hrsg.: Deutsche Gesellschaft für Verkehrspsychologie/Deutsche Gesellschaft für Verkehrsmedizin, 3. Aufl. 2013, S. 247). Im Rahmen der Maastricht-Studie wurde ebenfalls festgestellt, dass bei der überwiegenden Zahl der Cannabiskonsumenten THC im Blut relativ schnell abgebaut wird und bereits nach sechs Stunden nur noch THC-Werte zwischen 1 und 2 ng/ml festgestellt werden konnten (vgl. BayVGH, B.v. 13.5.2013 – 11 ZB 13.523 – NJW 2014, 407 Rn. 19 ff. m.w.N.).“
Der nachgewiesene THC-Wert von 6,2 ng/ml zeigt daher, dass der Antragsteller kurze Zeit vor der Polizeikontrolle am 27. Dezember 2016 um 15:35 Uhr Cannabis konsumiert hat, soweit er nicht regelmäßig Cannabis konsumiert.
b) Der Antragsteller hat zudem den Konsum von Cannabis und das Führen eines Kraftfahrzeugs nicht getrennt. Denn nach der aktuellen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (U.v. 23.10.2014 – 3 C 3.13 – juris; vgl. auch z.B. BayVGH, B.v. 27.10.2016 – 11 CS 16.1388 – juris Rn. 5) trennt ein Konsument von Cannabis bereits dann nicht, wenn er fährt, obwohl wegen des Cannabis-Einflusses auf ihn eine hierdurch bedingte Beeinträchtigung seiner Fahrtüchtigkeit nicht auszuschließen ist. Dabei kommt es nicht auf sein Empfinden an, sondern auf einen objektiv festgestellten Wert von 1,0 ng/ml THC oder mehr im Blut. Beim Antragsteller lag der THC-Wert um 16:02 Uhr – 27 Minuten nach der Anhaltung durch die Polizei gegen 15:35 Uhr – mit 6,2 ng/ml immer noch weit darüber. Dieser Sachverhalt steht fest durch den am 18. Februar 2017 rechtskräftig gewordenen Bußgeldbescheid vom 1. Februar 2017; diesen Bußgeldbescheid muss der Antragsteller gegen sich gelten lassen (vgl. Dauer in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 44. Aufl. 2017, § 3 StVG Rn. 56).
Die Voraussetzungen der Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung für die Annahme fehlender Fahreignung sind nach den vorstehenden Ausführungen gegeben, weil der Antragsteller als gelegentlicher Konsument von Cannabis ein Kraftfahrzeug im Straßenverkehr mit einer THC-Konzentration von 6,2 ng/ml geführt hat und damit den Konsum dieser Droge und das Führen eines Kraftfahrzeugs nicht trennen kann.
c) Das Vorbringen des Antragstellers führt zu keiner anderen rechtlichen Beurteilung.
aa) Zwar hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof nach mehreren Entscheidungen in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nunmehr auch mit (noch nicht rechtskräftigem) Urteil vom 25. April 2017 (Az. 11 BV 17.33 – DAR 2017, 417-​421, juris) ausgesprochen, dass die Fahrerlaubnisbehörde bei einem gelegentlichen Cannabiskonsumenten nach einer erstmaligen, als Ordnungswidrigkeit geahndeten Fahrt mit einem Kraftfahrzeug unter der Wirkung von Cannabis grundsätzlich nicht gemäß § 11 Abs. 7 FeV ohne weitere Aufklärungsmaßnahmen von der Nichteignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgehen könne. Vielmehr sehe § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV hierfür die Anordnung einer medizinisch-psychologischen Untersuchung im Ermessenswege vor (vgl. den Leitsatz zu diesem Urteil; Unterstreichung durch die Kammer).
Jedoch hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in einem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (Beschwerdeverfahren) erkennen lassen, dass er die weitere Teilnahme eines gelegentlichen Cannabiskonsumenten am Straßenverkehr, dem zwar nur ein einmaliger Verstoß gegen das Trennungsgebot anzulasten war, der aber noch 53 Minuten nach der Fahrt unter Cannabiseinfluss einen THC-Wert von 4,3 ng/ml aufwies, als nicht verantwortbar ansieht. In seinem Beschluss vom 29. März 2017 (Az. 11 CS 17.368 – juris Rn. 18-23) hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof wie folgt ausgeführt:
„Der Senat hat daher in mehreren Fällen im einstweiligen Rechtsschutzverfahren bei einer einmaligen Teilnahme mit einem Kraftfahrzeug am öffentlichen Straßenverkehr unter Cannabiseinfluss im Wege einer Interessenabwägung die aufschiebende Wirkung einer Klage gegen einen Fahrerlaubnisentziehungsbescheid unter der Auflage wiederhergestellt, dass sich der Betreffende unter Absolvierung eines Drogenkontrollprogramms einer medizinisch-​psychologischen Untersuchung unterzieht (vgl. zuletzt B.v. 14.9.2016 – 11 CS 16.1467 – juris). Das hat hier der Antragsteller hilfsweise im Beschwerdeverfahren beantragt.
[20] Eine entsprechende Anordnung im Wege der Interessenabwägung zieht der Senat hier nicht in Betracht. Bis zur Klärung der oben genannten offenen Rechtsfrage, kommt eine Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsbehelfs gegen einen Fahrerlaubnisentziehungsbescheid bei einer erstmaligen Teilnahme am Straßenverkehr unter Cannabiseinfluss, die nicht zu einer Entziehung der Fahrerlaubnis durch ein Strafgericht geführt hat, auch im Wege der Interessenabwägung unter Auflagen nur in Frage, wenn auch in der Zeit bis zur Klärung der Fahreignung (schlussendlich durch eine medizinisch-​psychologische Untersuchung) eine Wiederholungsgefahr ausgeschlossen ist, wenn also Grund zu der Annahme besteht, dass der Betroffene zukünftig entweder abstinent ist oder über das erforderliche Trennungsvermögen zwischen dem Konsum von Cannabiszubereitungen und dem Fahren verfügt. Bei dieser Einschätzung im Wege der Interessenabwägung können auch unterhalb der Schwelle des regelmäßigen Konsums die bei der Fahrt im Blut vorhandenen „THC-​Werte“ nicht ausgeblendet werden, auch wenn es einen aus dem Fahrerlaubnisrecht abzuleitenden THC-​Wert hierzu nicht gibt. Es kann jedoch insoweit auf wissenschaftliche Aussagen zurückgegriffen werden.
[21] Die Grenzwertkommission hat in ihrer Verlautbarung vom September 2015 (Blutalkohol 2015 S. 322; vgl. hierzu auch Tönnes/Auwärter/Knoche/Skopp, Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis zur Feststellung einer mangelhaften Trennung von Cannabiskonsum und Fahren anhand der Konzentration von THC im Blutserum, Blutalkohol 2016, 409 ff.) empfohlen, bei (mindestens) gelegentlichem Cannabiskonsum eine Trennung von Konsum und Fahren im Sinne von Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV zu verneinen (und damit eine Wiederholungsgefahr zu bejahen), wenn im Blutserum eine THC-​Konzentration von 3,0 ng/ml oder mehr festgestellt wurde (vgl. hierzu BayVGH, B.v. 23.5.2016 – 11 CS 16.690 – juris). Daraus ergibt sich zwar nicht, dass nicht auch unterhalb eines solchen Werts die Möglichkeit einer cannabisbedingten Beeinträchtigung der Fahrsicherheit besteht (vgl. BVerwG, U.v. 23.10.2014 – 3 C 3.13 – NJW 2015, 2439 Rn. 32-​36). Aus der genannten Empfehlung der Grenzwertkommission ergibt sich aber, dass bei einer THC-​Konzentration ab 3,0 ng/ml im Blutserum entweder zeitnaher oder häufiger Konsum vorliegen muss. Die Empfehlung, bei gelegentlich Cannabis konsumierenden Personen nach Teilnahme am Straßenverkehr und einer festgestellten THC-​Konzentration von 3,0 ng/ml oder mehr im Blutserum eine Trennung von Konsum und Fahren zu verneinen, hat die Grenzwertkommission vor dem Hintergrund des Umstands ausgesprochen, dass erhöhte THC-​Konzentrationen bei chronischem Konsum „auch noch einige Tage nach dem letzten Konsum feststellbar sein können, also zu einem Zeitpunkt, an dem sicher keine akute Beeinflussung der Leistungsfähigkeit mehr vorliegt“ (Blutalkohol a.a.O. S. 323).
[22] Der Antragsteller hat ein Kraftfahrzeug im öffentlichen Straßenverkehr geführt, obwohl er noch 53 Minuten nach der Fahrt unter dem Einfluss von THC mit einem Gehalt von 4,3 ng/ml im Blut stand. Das belegt aufgrund des relativ engen zeitlichen Zusammenhangs zwischen dem Konsum von Cannabis und der Teilnahme am öffentlichen Straßenverkehr, soweit nicht regelmäßiger Konsum vorliegt, nicht nur ein fehlendes Trennungsvermögen im Sinne von Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV in der Vergangenheit, sondern einen charakterlichen Eignungsmangel, der es nicht vertretbar erscheinen lässt, dem Antragsteller vorläufig die weitere Teilnahme am öffentlichen Straßenverkehr mit einem Kraftfahrzeug zu gestatten. Wer wenige Stunden nach dem (offensichtlich erheblichen) Konsum von Cannabis ein Kraftfahrzeug im öffentlichen Straßenverkehr führt, zeigt eine gewisse Verantwortungslosigkeit, zumindest aber eine Sorglosigkeit für das Leben und die Gesundheit anderer Verkehrsteilnehmer, weil davon auszugehen ist, dass ihm bewusst ist, dass er noch unter der Wirkung der Droge steht, zumindest stehen kann. Aufgrund dieses Verhaltens sieht der Senat auch unter Berücksichtigung des Ergebnisses der mit Schriftsatz vom 27. März 2017 vorgelegten Haaranalyse eine erhebliche Wiederholungsgefahr beim Antragsteller. Ein Drogenkontrollprogramm kann in solchen Fällen dieser Gefahr nicht wirksam (genug) begegnen.
[23] Aus diesem Grund können auch die privaten und wirtschaftlichen Interessen des Antragstellers an der weiteren Teilnahme am Straßenverkehr nicht dazu führen, ihn im Wege der Interessenabwägung vorläufig ein Kraftfahrzeug im öffentlichen Straßenverkehr führen zu lassen.“
Im vorliegenden Fall liegt eine noch höhere THC-Konzentration als 4,3 ng/ml vor. Denn der Antragsteller stand 27 Minuten nach der Fahrt (Verkehrskontrolle um 15:35 Uhr, Blutentnahme um 16:02 Uhr) noch unter dem Einfluss von psychoaktivem THC mit einem Gehalt von 6,2 ng/ml im Blut. Ausgehend von den obigen Ausführungen des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes ist damit, mangels anderer Anhaltspunkte, auch beim Antragsteller aufgrund des festgestellten hohen THC-Werts (6,2 ng/ml) auf eine Wiederholungsgefahr aufgrund charakterlicher Eignungsmängel zu schließen und damit trotz nur einmaliger Fahrt unter Cannabiseinfluss sein Unvermögen, das Trennungsgebot einzuhalten, zu bejahen. Wenn aber bereits nach der erstmals festgestellten Fahrt unter Cannabiseinfluss davon auszugehen ist, dass das Trennungsverbot auch künftig nicht beachtet werden wird, liegt Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen vor. Damit weist der vorliegende Fall eine Besonderheit auf (hohe THC-Konzentration), die es, wohl auch nach der Rechtsauffassung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes, rechtfertigt, von seiner „grundsätzlichen“ Annahme abzuweichen, dass die Nichteignung im Falle einer erstmaligen Fahrt unter Cannabiseinfluss erst feststeht, wenn sie durch ein medizinisch-psychologisches Gutachten belegt ist. Damit stellt sich im vorliegenden Fall der Entziehungsbescheid vom 27. April 2017 gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG, § 46 Abs. 1 Satz 1, § 11 Abs. 7 FeV i.V.m. Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV als rechtmäßig dar und der Antragsteller ist darauf zu verweisen, seine Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen in einem Wiedererteilungsverfahren durch ein (gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 1 FeV zwingend anzuordnendes) medizinisch-psychologisches Gutachten nachzuweisen
bb) Wenn die Ausführungen in dem (dem o.g. Beschluss vom 29. März 2017 – 11 CS 17.368 – juris nachfolgenden) Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 25. April 2017 (Az. 11 BV 17.33 – DAR 2017, 417-​421, juris) dahingehend zu verstehen sind, dass die erstmalige, als Ordnungswidrigkeit geahndete Fahrt unter Cannabiseinfluss (bei einem gelegentlichen Konsumenten) nicht ausreicht – der ermittelte THC-Wert also keine Rolle spielt (vgl. hierzu Rn. 34 und 40 des o.g. Urteils) –, um ohne weitere Aufklärungsmaßnahmen von der Nichteignung zum Führen von Kraftfahrzeugen auszugehen, stellt sich der Ausgang des Hauptsacheverfahrens dennoch als offen dar.
Zwar wird bei einem solchen Verständnis des o.g. Urteils des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs ein Beschwerdeverfahren des Antragstellers gegen diesen Beschluss hinreichende Erfolgsaussichten haben. Das o.g. Urteil ist aber noch nicht rechtskräftig, da die zugelassene Revision auch eingelegt wurde. Mit Blick auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 23. Oktober 2014 (Az. 3 C 3.13 – juris) und die vorliegenden Entscheidungen der Oberverwaltungsgerichte, die der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs nicht folgen (vgl. OVG Berlin-Bbg, B.v. 28.6.2017 – OVG 1 S. 27.17 – juris Rn. 10; NdsOVG, B.v. 7.4.2017 – 12 ME 49/17 – juris Rn. 7; OVG NW, U.v. 15.3.2017 – 16 A 432/16 – juris Rn. 143-154; VGH BW, B.v. 7.3.2017 – 10 S. 328.17 – juris Rn. 4), kann jedoch gleichwohl von offenen Erfolgsaussichten ausgegangen werden. Die erkennende Kammer ist deshalb der Auffassung, ihre bisherige ständige Rechtsprechung in dieser Hinsicht (z.B. B.v. 11.01.2017 – Au 7 S. 16.1592 –; B.v. 23.01.2017 – Au 7 S. 16.1714 –; B.v. 12.4.2017 – Au 7 S. 17.311 – jeweils juris), die sie als auf dem Boden höchstrichterlicher Entscheidung stehend ansieht (BVerwG, U.v. 23.10.2014 – 3 C 3/13 – juris Rn. 15, 36), im vorliegenden summarischen Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht revidieren zu müssen und hält daran fest.
Geht man entsprechend den obigen Ausführungen von offenen Erfolgsaussichten in der Hauptsache aus, ist eine Interessenabwägung veranlasst, die jedoch zu Lasten des Antragstellers ausgeht.
Zunächst ist festzustellen, dass auch der Bayerische Verwaltungsgerichtshof stets darauf bedacht ist, dass von dem Betreffenden aktuell keine höhere Gefahr für die Sicherheit des öffentlichen Straßenverkehrs ausgeht als von anderen Verkehrsteilnehmern, wie z.B. aus seinem unter aa) genannten Beschluss vom 29. März 2017 (11 CS 17.368 – juris) zu ersehen ist. Zudem ist zu berücksichtigen, dass das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 23. Oktober 2014 (3 C 3/13 – juris Rn. 52) explizit ausgeführt hat, dass die Ungleichbehandlung von Cannabis- und Alkoholkonsum auf der unterschiedlichen Bewertung des mit dem jeweiligen Konsum verbundenen Gefährdungspotenzials in den Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung beruhe, die den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand wiedergebe.
Gegen den Antragsteller spricht – wie bereits unter aa) ausgeführt –, dass er ein Kraftfahrzeug im öffentlichen Straßenverkehr geführt hat, obwohl er noch 27 Minuten nach der Fahrt unter dem Einfluss von THC mit einem Gehalt von 6,2 ng/ml im Blut stand. Das belegt aufgrund des relativ engen zeitlichen Zusammenhangs zwischen dem Konsum von Cannabis und der Teilnahme am öffentlichen Straßenverkehr, soweit nicht regelmäßiger Konsum vorliegt, nicht nur ein fehlendes Trennungsvermögen im Sinne von Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV in der Vergangenheit, sondern einen charakterlichen Eignungsmangel, der es nicht vertretbar erscheinen lässt, dem Antragsteller vorläufig die weitere Teilnahme am öffentlichen Straßenverkehr mit einem Kraftfahrzeug zu gestatten. Wer wenige Stunden nach dem (offensichtlich erheblichen) Konsum von Cannabis ein Kraftfahrzeug im öffentlichen Straßenverkehr führt, zeigt eine gewisse Verantwortungslosigkeit, zumindest aber eine Sorglosigkeit für das Leben und die Gesundheit anderer Verkehrsteilnehmer, weil davon auszugehen ist, dass ihm bewusst ist, dass er noch unter der Wirkung der Droge steht, zumindest stehen kann (so BayVGH, B.v. 29.3.2017 – 11 CS 17.368 – juris Rn. 18-23).
Im Falle des Antragstellers kommt auch nicht eine Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage unter Auflagen gemäß § 80 Abs. 5 Satz 4 VwGO, wie z.B. der Absolvierung eines Drogenkontrollprogramms und einer nachfolgenden medizinisch-psychologischen Untersuchung, in Betracht. Zum einen spricht bereits die oben dargestellte negative Prognose im Hinblick auf das Trennungsvermögen des Antragstellers gegen eine solche Verfahrensweise. Zum anderen ist gerichtsbekannt, dass Drogenkontrollprogramme der Gefahr, die von einem drogenbedingt (auch Cannabis) ungeeigneten Kraftfahrzeugführer ausgehen, häufig nicht wirksam (genug) begegnen.
Dementsprechend hat bereits das Verwaltungsgericht München (B.v. 4.5.2017 – M 6 S. 17.141 – juris Rn. 42) festgestellt:
„Häufig werden Drogenkontrollprogramme unterbrochen und Urinabgaben abgesagt oder deren Versäumung nachträglich gerechtfertigt, etwa weil der Betroffene sich im Ausland befunden habe, der Handy Akku leer gewesen oder er spontan im Urlaub gewesen sei. Doch selbst während einer, der Untersuchungsstelle angekündigten, Abwesenheit (z.B. zwecks Montageeinsatz im Ausland oder mehrwöchigem Urlaub) bieten sich hinreichend Gelegenheiten für nachher nicht feststellbaren Cannabiskonsum. Die Annahme, solche Screenings könnten der Gefahr weiterer Drogeneinnahme wirksam entgegenwirken, lässt sich aus Sicht der Kammer daher nicht bestätigen. Hierin liegt das Risiko, Personen, die sich wegen einer Verkehrsteilnahme unter fahreignungsrelevantem Einfluss dieser Droge als fahrungeeignet erwiesen haben, weiterhin die Verkehrsteilnahme zu erlauben, noch bevor geklärt ist, ob sie tatsächlich ihre Fahreignung wiedererlangt haben.“
Unter Berücksichtigung der vorstehenden Ausführungen können auch die privaten und wirtschaftlichen Interessen des Antragstellers an der weiteren Teilnahme am Straßenverkehr nicht dazu führen, ihn im Wege der Interessenabwägung vorläufig ein Kraftfahrzeug im öffentlichen Straßenverkehr führen zu lassen.
4. Da somit die sofortige Vollziehung der Entziehung der Fahrerlaubnis der summarischen gerichtlichen Überprüfung standhält, verbleibt es auch bei der in Nr. 2 des streitgegenständlichen Bescheids enthaltenen Verpflichtung, den Führerschein abzuliefern. Diese – im Bescheid hinsichtlich der Frist konkretisierte – Verpflichtung ergibt sich aus § 3 Abs. 2 Satz 3 StVG i.V.m. § 47 Abs. 1 Sätze 1 und 2 FeV.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
6. Die Festsetzung des Streitwerts ergibt sich aus § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes – GKG – i.V.m. den Empfehlungen in den Nrn. 1.5 Satz 1 und 46.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (abgedruckt in Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl. 2016, Anh. § 164 Rn. 14). Maßgebend für die Streitwertfestsetzung ist die Fahrerlaubnisklasse B. Die Fahrerlaubnisklassen AM und L wirken sich nach § 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 FeV nicht streitwerterhöhend aus, sondern sind in der Fahrerlaubnisklasse B enthalten. Der sich aufgrund der Fahrerlaubnisklasse B ergebende Streitwert in Höhe von 5000,- EUR ist im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes zu halbieren.

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