Strafrecht

Entziehung der Fahrerlaubnis wegen Mischkonsum von Alkohol und Cannabis

Aktenzeichen  M 6 S 20.372

Datum:
5.3.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 9478
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
StVG § 3 Abs. 1, § 46 Abs. 1
FeV § 11 Abs. 8, § 14 Abs. 1 S. 2,§ 46 Abs. 3
VwGO  § 67 Abs. 4 S. 4, 7, § 80 Abs. 2, 4 u. 5, § 87a Abs. 2, 3, § 117 Abs. 3 S. 2, § 154 Abs. 1

 

Leitsatz

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 3.750 € festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller wendet sich gegen den angeordneten Sofortvollzug der Entziehung seiner Fahrerlaubnis.
Der Antragsgegner erhielt über eine Mitteilung der Polizeiinspektion … vom 25. Oktober 2019 Kenntnis davon, dass der Antragsteller am … Oktober 2019 gegen 17:15 Uhr ein Fahrzeug unter dem Einfluss von Cannabis führte. Gegenüber den Polizeibeamten gab der Antragsteller an, am Vortag ca. 3-4 Joints konsumiert zu haben. Bei der rechtsmedizinischen Untersuchung einer dem Antragsteller zeitnah entnommenen Blutprobe wurde ein THC Wert von 5,1 ng/ml sowie ein Carbonsäurewert von 32,3 ng/ml vorgefunden (Gutachten des rechtsmedizinischen Institutes des Universitätsklinikums Ulm vom *.11.2019). Nach den Notizen des ärztlichen Berichtes, der im Rahmen der Entnahme der Blutprobe aufgenommen wurde, räumte der Antragsteller gegenüber dem Arzt außerdem ein, am Vortag Cannabis und Alkohol konsumiert zu haben. Bei der entnommenen Blutprobe wurde kein Blutalkoholgehalt festgestellt. Hinweise auf einen etwaigen durchgeführten Atemalkoholtest ergeben sich aus den Verwaltungsakten ebenfalls nicht.
Mit Schreiben vom 18. Dezember 2019 hörte ihn der Antragsgegner zu beabsichtigen Entziehung seiner Fahrerlaubnis an und wies darauf hin, dass die Fahreignung verneint werden müsse, wenn gelegentliche Einnahme von Cannabis und ein zusätzlicher Gebrauch von Alkohol vorliege. Die Nichteignung des Antragstellers stehe infolge des von ihm eingeräumten Mischkonsum von Alkohol und Cannabis und des gelegentlichen Cannabiskonsums fest, sodass die Fahrerlaubnis entzogen werden müsse.
Mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom … Januar 2020 trug der Antragsteller vor, weder habe er zwei selbstständige Konsumvorgänge eingeräumt, noch könnten solche aus den Blutwerten abgeleitet werden. Auch die Frage eines Mischkonsums mit Alkohol sei von ihm nicht konkret bejaht worden, sondern „ergebe sich aus der automatischen Fragestellung“. Es könne daher lediglich gesichert davon ausgegangen werden, dass er am … Oktober 2019 mit einem THC-Wert von 5,1 ng/ml ein Kraftfahrzeug geführt habe.
Mit Bescheid vom 20. Januar 2020 entzog der Antragsgegner dem Antragsteller die Erlaubnis zum Führen von Kraftfahrzeugen aller Klassen (Nr. 1 des Bescheides), verpflichtete ihn zur Abgabe seines Führerscheins innerhalb einer Woche nach Zustellung des Bescheides (Nr. 2), drohte für den Fall der nicht fristgerechten Abgabe des Führerscheins ein Zwangsgeld in Höhe von 1.000 EUR an (Nr. 3), ordnete die sofortige Vollziehung der Ziffern 1 und 2 dieses Bescheides an (Nr. 4), und entschied über die Kosten (Nrn .5 und 6).
Zur Begründung führte er ergänzend aus, wegen dem vom Antragsteller eingeräumtem Konsumvorgang am … Oktober 2019 und durch Rückrechnung feststehenden Konsum am … Oktober 2019 stehe ein gelegentlicher Konsum von Cannabis fest. Dazu komme, dass der Antragsteller im Rahmen der Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht … am 11. April 2016 über ein Jahr hinweg regelmäßigen Konsum eingeräumt habe. Der zeitliche Abstand stelle trotz zwischenzeitlicher Abstinenznachweise im Rahmen der Einstellungsauflagen keine ausreichende Zäsur dar, sodass auch aus diesem Grund ein gelegentlicher Konsum feststehe. Angesichts seiner Aussage vor dem diensthabenden Arzt wäre im Hinblick auf den Alkoholkonsum außerdem zumindest eine substantiierte Darlegung seines Alkoholkonsums erforderlich gewesen. Eine kombinierte Rauschwirkung müsse daher angenommen werden. Nach alledem sei die Fahrerlaubnis zwingend zu entziehen gewesen.
Mit beim Bayerischen Verwaltungsgericht München am 27. Januar 2020 eingegangen Schriftsatz ließ der Antragsteller durch seine Prozessbevollmächtigten Klage erheben und beantragte gleichzeitig im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes,
die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Ziffern 1 und 2 des Bescheides des Landratsamts Eichstätt vom 20. Januar 2020 wiederherzustellen.
Zur Begründung führte er aus, die Nachweisdauer von Cannabis im Blut betrage bis zu 27 Stunden, sodass die Annahme zweier selbstständiger Konsumvorgänge fehlerhaft sei. Dass der Antragsteller im Jahr 2016 Cannabis konsumiert habe, sei zutreffend, seine Drogenfreiheit habe er in ausreichendem Maße nach diesem Zeitpunkt nachgewiesen. Schließlich setze sich der Bescheid in keiner Weise mit dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 25. April 2017 auseinander, demzufolge selbst bei gelegentlichem Cannabiskonsum keine unmittelbare Entziehung erfolgen dürfe, sondern eine medizinischpsychologische Untersuchung anzuordnen sei. Ein Mischkonsum von Alkohol und Cannabis sei gerade nicht gegeben; der Antragsteller habe keinen Alkohol am Vortag konsumiert. Er sei lediglich gefragt worden wann der letzte „THC- und Alkoholkonsum“ erfolgt sei. Die Bejahung der Suggestivfrage habe sich auf die vom Antragsteller angegebenen 3-4 Joints am Vortag bezogen.
Der Antragsgegner legte die Akte vor und beantragte,
den Antrag abzulehnen.
Ergänzend wurde dargelegt, eine telefonische Anfrage bei dem Arzt habe ergeben, dass dieser im ärztlichen Bericht nur das vermerkt habe, was der Antragsteller auch tatsächlich angegeben habe. Es sei keine „summarische Frage“ gestellt worden. Hätte der Antragsteller nur von 3-4 Joints gesprochen, wäre auch nur dies vermerkt worden. Eine schriftliche Stellungnahme des Arztes werde vorgelegt, sobald diese den Antragsgegner erreicht habe.
Aus den Akten ergibt sich, dass der Antragsteller seinen Führerschein am 28. Januar 2020 beim Antragsgegner abgegeben hat.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Parteien im Übrigen wird auf die Gerichtsakte und die vorgelegte Verwaltungsakte verwiesen (§ 117 Abs. 3 Satz 2 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO ).
II.
Über den Rechtsstreit konnte mit Einverständnis der Parteien der Berichterstatter entscheiden (§ 87a Abs. 2, 3 VwGO).
Der zulässige Antrag ist unbegründet und bleibt daher ohne Erfolg.
Die aufschiebende Wirkung der Klage vom … Januar 2020 gegen den Bescheid vom 20. Januar 2020 war hinsichtlich der Nrn. 1 und 2 des Bescheides nicht wiederherzustellen, auch nicht unter Auflagen.
1. Die Begründung der Anordnung des Sofortvollzugs genügt den formellen Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO.
1.1 Nach dieser Vorschrift ist die Anordnung der sofortigen Vollziehung schriftlich zu begründen. Dabei hat die Behörde unter Würdigung des jeweiligen Einzelfalls darzulegen, warum sie abweichend vom Regelfall der aufschiebenden Wirkung, die Widerspruch und Klage grundsätzlich zukommt, die sofortige Vollziehbarkeit des Verwaltungsaktes angeordnet hat. An den Inhalt der Begründung sind dabei allerdings keine zu hohen Anforderungen zu stellen (Schmidt in: Eyermann, VwGO – Verwaltungsgerichtsordnung, 14. Aufl. 2014, § 80 Rn. 43).
1.2 Dem genügt die Begründung auf Seite 5 des Bescheids vom 20. Januar 2020.
Die Fahrerlaubnisbehörde hat dort dargelegt, warum sie konkret im Fall des Antragstellers im Interesse der Sicherheit des öffentlichen Straßenverkehrs die sofortige Vollziehung anordnet. Sie hat auf den vorliegenden Einzelfall bezogen ausgeführt, der Antragsteller sei zwar noch nie aktenkundig im Straßenverkehr unter dem Einfluss von Cannabis auffällig geworden. Aus der Akte gehe jedoch hervor, dass bereits in der Vergangenheit mehrfach im Umgang mit Betäubungsmitteln gestanden sei. Erschwerend komme hinzu, dass er aufgrund der kombinierten Rauschwirkung durch den Mischkonsum von Cannabis und Alkohol völlig unkalkulierbare Risiken für den Straßenverkehr entstehen könnten. Im Übrigen ergibt sich das besondere öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung im Bereich des Sicherheitsrechts regelmäßig – so auch hier – gerade aus den Gesichtspunkten, die für den Erlass des Verwaltungsakts selbst maßgebend waren.
2. Hinsichtlich der in Nr. 4 des Bescheids vom 20. Januar 2020 angeordneten sofortigen Vollziehung war die aufschiebende Wirkung der Klage vom … Januar 2020 bezüglich der Nrn. 1 und 2 nicht wiederherzustellen.
2.1 Gemäß § 80 Abs. 1 VwGO haben Widerspruch und Anfechtungsklage grundsätzlich aufschiebende Wirkung. Diese entfällt, wenn die Behörde nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten angeordnet hat.
Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung im Fall des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO ganz oder teilweise wiederherstellen. Das Gericht trifft dabei eine originäre Ermessensentscheidung. Es hat bei der Entscheidung über die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung abzuwägen zwischen dem von der Behörde geltend gemachten Interesse an der sofortigen Vollziehung ihres Bescheids und dem Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs. Bei dieser Abwägung sind auch die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens zu berücksichtigen. Ergibt die im Rahmen des Verfahrens nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO allein mögliche, aber auch ausreichende summarische Prüfung, dass der Rechtsbehelf offensichtlich erfolglos sein wird, tritt das Interesse des Antragstellers regelmäßig zurück. Erweist sich dagegen der angefochtene Bescheid schon bei summarischer Prüfung als offensichtlich rechtswidrig, besteht kein öffentliches Interesse an dessen sofortiger Vollziehung. Ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens dagegen nicht hinreichend absehbar, verbleibt es bei einer Interessensabwägung.
2.2 Unter Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall war der Antrag abzulehnen, weil sich der Ausgang des Hauptsacheverfahrens hinsichtlich der in Nr. 1 des Bescheids vom 20. Januar 2020 enthaltenen Entziehung der Fahrerlaubnis aller Klassen nach der hier gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung als offen darstellt, aber die Interessenabwägung zulasten des Antragstellers ausfällt. Maßgeblicher Zeitpunkt zur Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist vorliegend derjenige der Bekanntgabe der Behördenentscheidung.
Gemäß § 3 Abs. 1 Straßenverkehrsgesetz – StVG -, § 46 Abs. 1 der Fahrerlaubnis-Verordnung – FeV – hat die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich der Inhaber einer Fahrerlaubnis ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Dies gilt insbesondere, wenn Erkrankungen oder Mängel nach den Anlagen 4, 5 oder 6 zur FeV vorliegen und dadurch die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen ist. Steht die Nichteignung des Betroffenen zur Überzeugung der Fahrerlaubnisbehörde fest, unterbleibt gem. § 11 Abs. 7 FeV auch die Anordnung zur Beibringung des Gutachtens. Verbleiben Zweifel an seiner Fahreignung, sind dagegen gem. § 46 Abs. 3 FeV i.V.m. §§ 11 Abs. 8 FeV weitere Ermittlungsmaßnahmen zu ergreifen. Gem. Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV ist die Fahreignung bei gelegentlicher Einnahme von Cannabis gegeben, wenn Konsum und Fahren getrennt wird und kein zusätzlicher Gebrauch von Alkohol vorliegt.
2.3 Auf Basis der dem Gericht zum Entscheidungszeitpunkt zur Verfügung stehen den Erkenntnisse und Einlassungen geht es davon aus, dass sowohl der gelegentliche Konsum von Cannabis als auch der gleichzeitige Konsum von Alkohol feststeht. Als gelegentlicher Konsument ist anzusehen, wer in zumindest zwei selbständigen Konsumvorgängen Cannabis zu sich genommen hat, wenn diese Konsumvorgänge einen gewissen, auch zeitlichen Zusammenhang aufweisen (grundlegend hierzu BVerwG, U.v. 23.10.2014 – 3 C 3/13 – juris, Rn. 16 ff.; vgl. auch BayVGH, B.v. 21.7.2014 – 11 CS 14.988; B.v. 13.12.2010 – 11 CS 10.2873; B.v. 27.3.2006 – 11 CS 05.1559 – alle zitiert nach juris).
Soweit der Antragsteller anführt, aus seinen Einlassungen und dem Ergebnis der Blutuntersuchung könnte kein gelegentlicher Konsum abgeleitet werden, kann das Gericht dieser Einschätzung nicht folgen. Zutreffend mag zwar noch sein, dass der Antragsteller in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Führen des Kraftfahrzeugs tatsächlich lediglich am 19. Januar 2020 Cannabis konsumiert hat. THC ist bei Einzelkonsum zwar nur 6-12 Stunden im Blut nachweisbar; in Fällen mehrfach täglichen Konsums kann THC ggf. auch deutlich über 24 Stunden nachweisbar sein (zur Abbaugeschwindigkeit von THC und Metaboliten vgl. Beurteilungskriterien – Urteilsbildung in der Fahreignungsbegutachtung [Beurteilungskriterien, Hrsg.: Deutsche Gesellschaft für Verkehrspsychologie/Deutsche Gesellschaft für Verkehrsmedizin, 3. Aufl. 2013, mit Schreiben des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur vom 27.1.2014 [VkBl 2014, 132] als aktueller Stand der Wissenschaft eingeführt, S. 247 Tabelle 1). Es kann daher nicht ausgeschlossen werden, dass das 18 Stunden nach dem Konsum von 3 – 4 Joints im Blutserum festgestellte THC (nur) auf diesen Konsum zurückzuführen ist. Der Konsum mehrerer Joints innerhalb eines Zeitraums von mehreren Stunden (Angabe des Antragstellers: Konsum zwischen 15 Uhr und 24 Uhr) schließt die Annahme eines Probierkonsums nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs auch noch nicht aus (vgl. BayVGH, B.v. 27.3.2006 – 11 CS 05.1559 – juris Rn. 33).
Dass der Antragsteller aber dennoch als gelegentlicher Konsument einzustufen ist, ergibt sich aus seinem gegenüber den Polizeibeamten eingeräumten Konsum von Cannabis am 28. Januar 2019 (Ermittlungsbericht vom 3.2.2019, Bl. 44 d.A.). Dem ist der Antragsteller weder vor der Behörde noch im Gerichtsverfahren substantiiert entgegengetreten, sondern hat lediglich darauf verweisen, dass er – angesichts der fehlenden Strafbarkeit des Konsumvorgangs selbstverständlich – lediglich wegen des Besitzes zweier Joints verurteilt worden sei. Beide Konsumvorgänge weisen mit einem Abstand von rund neun Monaten einen ausreichenden zeitlichen Zusammenhang auf, zumal der Akte und dem Vorbringen des Antragstellers keine Hinweise darauf zu entnehmen sind, dass er sich in der Zwischenzeit vom Cannabiskonsum glaubwürdig distanziert hätte.
Es kann daher offenbleiben, ob im Hinblick auf den vom Antragsteller im Rahmen des Strafprozesses vor dem Amtsgericht … am 11. April 2016 eingeräumten Konsum bis Januar 2016 (Bl. 21 d.A.) vor dem Hintergrund der zwischen Juni 2016 und März 2017 vorgelegten Abstinenznachweise von einer ausreichenden zeitlichen Zäsur auszugehen ist (vgl. dazu BVerwG, U.v. 23.10.2014 – 3 C 3/13 – juris Rn. 33 m.w.N.) oder auch aus diesem Grund ein gelegentlicher Konsum anzunehmen ist.
Das Gericht geht außerdem davon aus, dass der Antragsteller Cannabis und Alkohol in einer Weise kombiniert hat, der in zeitlicher und mengenmäßiger Hinsicht zu einer kombinierten Rauschwirkung führen kann. Soweit der Antragsteller durch seinen Prozessbevollmächtigten bestreitet, entgegen der Angaben des Arztberichtes am Tag des Cannabiskonsums auch Alkohol konsumiert zu haben, hat er diesen Sachvortrag bereits nicht in ausreichendem Maße glaubhaft gemacht, insbesondere keine eidesstattliche Versicherung abgegeben (vgl. zur Mitwirkungsverpflichtung im Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes Schoch/Schneider/Bier, VwGO, § 80 Rn. 407). Seiner konkreten Einlassung, die Angaben des Arztes beruhten auf einer kombinierten Fragestellung im Sinne einer Suggestivfrage, ist der Antragsgegner substantiiert durch telefonische Nachfrage bei dem Arzt entgegengetreten. Da eine etwaige Zeugeneinvernahme des Arztes dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben muss, stehen dem Gericht auch keine anderweitigen Möglichkeiten zur Verfügung, den Sachverhalt im Eilverfahren weiter aufzuklären. Im Übrigen weist der Antragsgegner in seiner Antragserwiderung zu Recht darauf hin, dass der Antragsteller zu einer substantiierten Darlegung der in seiner Sphäre angesiedelten Sachverhaltselemente verpflichtet wäre (vgl. dazu BVerwG, U.v. 14.11.2013 – 3 C 32/12 – juris Rn. 28). Dazu gehörten neben einer detaillierten Schilderung des Ablaufs der Blutentnahme auch Schilderungen zu den Umständen seines Drogenkonsums (Ort, Zeugen), die seine Einlassung unterstreichen könnten, ein Konsum von Alkohol habe während dieses Zeitraums nicht stattgefunden. Ohne eine solche Schilderung muss sowohl die Behörde als auch das Gericht davon ausgehen, dass es angesichts eines den gesamten Nachmittag umfassenden Konsums von Cannabis auch zu einer von der Nr. 9.2.2. der Anlage 4 zur FeV vorausgesetzten (vgl. dazu BVerwG, a.a.O. Rn. 26) kombinierten Rauschwirkung gekommen ist. Es wäre aus Sicht des Gerichts lebensfremd anzunehmen, dass der Kläger – den grundsätzlichen Konsum von Alkohol aus den genannten Gründen unterstellt – über den gesamten Zeitraum seines Cannabiskonsums nur derart geringe Alkoholmenge zu sich genommen hätte, dass eine fahrerlaubnisrelevante kombinierte Rauschwirkung nicht hätte eintreten können, er aber gleichzeitig den Konsum von Alkohol gegenüber dem Arzt erwähnte.
2.4 In rechtlicher Hinsicht muss jedoch im Eilverfahren offenbleiben, ob der ein gangs dargelegte Mischkonsum von Cannabis und Alkohol ohne weitere Aufklärungsmaßnahmen zur Nichteignung des Betroffenen gem. § 11 Abs. 7 FeV führt, oder die Fahrerlaubnisbehörde (auch) in diesen Fällen verpflichtet ist, diesen vor der Entziehung seiner Fahrerlaubnis gem. § 14 Abs. 1 Satz 2 FeV zur Beibringung einer medizinischpsychologischen Untersuchung aufzufordern, mit der abzuklären ist, ob dieser künftig unter dem Einfluss von Cannabis ein Kraftfahrzeug im Straßenverkehr führen wird. Angesichts der Rechtsprechungsänderung des Bundesverwaltungsgerichts in seinem Urteil vom 11. April 2019 (3 C 2/18 u.a.), in dem es ausführte, ein einmaliger Verstoß gegen das Trennungsgebot können nur zu weiteren Aufklärungsmaßnahmen gem. § 14 Abs. 1 Satz 2 FeV und nicht zur Entziehung der Fahrerlaubnis führen, stellt sich die Frage, ob das BVerwG an seiner bisherigen – strengen – Rechtsprechung zu Mischkonsum von Alkohol und Cannabis (BVerwG, U.v. 14.11.2013 – 3 C 32/12 – juris) festhalten wird (offenlassend BayVGH, B.v. 29.4.2019 – 11 B 18.2482 – juris Rn. 21; vgl. dazu auch VG Karlsruhe, B.v. 16.12.2019 – 2 K 4144/19 – juris Rn. 37 f.). Argumente lassen sich sowohl für eine Übertragbarkeit der Argumentation als auch für eine besondere Gefährdungssituationen im Falle eines Mischkonsums finden, die im Gegensatz zum bloßen Verstoß gegen das Trennungsgebot die Nichteignung ohne weiteres nach sich zieht.
2.5 Allerdings fällt die abschließende Interessenabwägung zulasten des Antragstel lers aus. Eine Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung von Anfechtungsrechtsbehelfen gegen den für sofort vollziehbar erklärten Entzug einer Fahrerlaubnis kommt in der Regel nur in Betracht, wenn hinreichend gewichtige Gründe dafür sprechen, dass das von dem Betroffenen ausgehende Gefahrenpotential nicht nennenswert über dem des Durchschnitts aller motorisierten Verkehrsteilnehmer liegt (BayVGH, B.v. 21.11.2012 – 11 CS 12.2171 – juris Rn. 15). Im vorliegenden Fall ist zu berücksichtigen, dass der Antragsteller nicht nur ein Mischkonsum vorzuwerfen ist, sondern dieser mit einer deutlich über dem Grenzwert von 1,0 ng/ml liegenden THC-Wert von 5,1 ng/ml im Blutserum ein Fahrzeug führte. Eine kritische Auseinandersetzung mit dem Umstand, dass er bei einem vortäglichen Konsums von 3-4 Joints damit rechnen musste, möglicherweise weiterhin unter dem Einfluss von Cannabis zu stehen, lässt der Antragsteller nicht im Ansatz erkennen. Mit seinem Vortrag, seit dem Jahr 2016 bis zum Oktober 2019 kein Cannabis mehr konsumiert zu haben, setzte sich außerdem mit seiner Aussage vom Januar 2019 in Widerspruch. Abstinenznachweise nach dem streitgegenständlichen Vorfall wurden nicht vorgelegt. Bei dieser Sachlage muss das Gericht davon ausgehen, dass das vom Antragsteller ausgehende Gefahrenpotenzial deutlich erhöht ist.
3. Nachdem die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Nr. 1 des Bescheides vom 20. Januar 2020 (Entziehung) nicht wieder herzustellen war, verbleibt es im Eilverfahren auch beim Sofortvollzug hinsichtlich der Nr. 2 des Entziehungsbescheides (Abgabeverpflichtung).
4. Der Antrag war nach alledem mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzu lehnen.
5. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes i. V.m den Empfehlungen Nr. 1.5 Satz 1, 46.2 und 46.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (Stand: August 2013).

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