Strafrecht

Erfordernis der Angabe der gesuchten Beweismittel im Durchsuchungsbeschluss

Aktenzeichen  24 Qs 53/16

Datum:
6.10.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
Bamberg
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
StPO StPO § 102, § 304

 

Leitsatz

Der gegen den Durchsuchungsbeschluss des Amtsgerichts Bamberg vom 06.09.2016, Gz. 1 Gs 1585/16, gerichteten Beschwerde des Beschuldigten gab das Landgericht Bamberg mit Beschluss vom 06.10.2017, Az. 24 Qs 53/16, statt, indem es die rechtswidrig der Durchsuchungsanordnung feststellte.

Verfahrensgang

1 Gs 1585/16 2016-09-06 Bes AGBAMBERG AG Bamberg

Tenor

1. Auf die Beschwerde des Beschuldigten wird festgestellt, dass die mit Beschluss des Amtsgerichts Bamberg vom 06.09.2016 (Gz. 1 Gs 1585/16) getroffene Durchsuchungsanordnung rechtswidrig war.
2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens sowie die dem Beschuldigten hierbei entstandenen notwendigen Auslagen fallen der Staatskasse zur Last.

Gründe

I.
Die Generalstaatsanwaltschaft Bamberg – Zentralstelle Cybercrime Bayern – führt(e) unter anderem gegen den Beschuldigten A. A. ein Ermittlungsverfahren wegen Verdachts der gewerbsmäßigen unerlaubten Verwertung urheberrechtlich geschützter Werke.
Auf Antrag der Generalstaatsanwaltschaft vom 04.09.2016 ordnete das Amtsgericht Bamberg mit Beschluss vom 06.09.2016, Gz. 1 Gs 1585/16, die Durchsuchung der Person, der Wohnung mit Nebenräumen und der Fahrzeuge des Beschuldigten A. unter der Anschrift S. an. Im Beschluss wurde nicht angegeben, nach welchen Gegenständen durchsucht werden soll und welche Gegenstände beschlagnahmt werden sollen. Insoweit und wegen des übrigen Inhalts wird auf den Beschluss Bezug genommen.
Der Durchsuchungsbeschluss wurde am 21.09.2016 beim Beschuldigen vollzogen, nachdem dieser bei seiner Arbeitsstelle angetroffen worden war. Eine Fritzbzw. TV-Box wurde sichergestellt. Der Beschuldigte verhielt sich kooperativ und machte umfangreiche Angaben zur Sache. Die Generalstaatsanwaltschaft veranlasste im Anschluss die zeitnahe Herausgabe der sichergestellten Box an den Beschuldigten Mitte Oktober 2016.
Mit Schriftsatz seines Verteidigers vom 30.09.2016, eingegangen am 04.10.2016, legte der Beschuldigte A. Beschwerde gegen den Durchsuchungsbeschluss vom 06.09.2016 ein und beantragte die Feststellung seiner Rechtswidrigkeit. Unter anderem wurde gerügt, dass der Beschluss die gesuchten und zu beschlagnahmenden Gegenstände nicht bezeichnet habe.
Das Amtsgericht half der Beschwerde mit Verfügung vom 04.10.2016 nicht ab.
Die Generalstaatsanwaltschaft legte die Akten mit Verfügung vom 14.10.2016 zur Entscheidung über die Beschwerde vor (…).
II.
Die gemäß § 304 StPO statthafte Beschwerde gegen den Durchsuchungsbeschluss ist zulässig und begründet. Die angefochtene Entscheidung erweist sich als rechtswidrig.
1. Der Zulässigkeit der Beschwerde steht nicht entgegen, dass sich die Durchsuchungsanordnung durch ihren Vollzug bereits erledigt hat, denn wegen des mit der Durchsuchung verbundenen tiefgreifenden Grundrechtseingriffs ist auch nach Vollzug der Maßnahmen ein Rechtsschutzinteresse des Beschwerdeführers anzuerkennen, die Rechtmäßigkeit dieses Eingriffs klären zu lassen (vgl. BVerfGE 76, 83, 88; BVerfG NJW 1997, 2163). Insoweit kommt die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Durchsuchung in Betracht (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 60. Aufl. 2017, § 105 Rn. 15 und vor § 296 Rn. 18a jeweils m.w.N.).
2. In der Sache ist die Beschwerde begründet, da die Durchsuchungsanordnung rechtswidrig und damit ihre Rechtswidrigkeit festzustellen war.
a) Maßgeblicher Prüfungsmaßstab bleibt im Beschwerdeverfahren die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Erlasses des angegriffenen Durchsuchungsbeschlusses (BVerfG NJW 2011, 291 Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 60. Aufl. 2017, § 105 Rn. 15a m.w.N.).
Unbeschadet der sonstigen materiellen und formellen Voraussetzungen der Anordnung einer Durchsuchung bei einer beschuldigten Person nach den §§ 102 ff. StPO sind im Durchsuchungsbeschluss die gesuchten Beweismittel möglichst genau zu bezeichnen (BVerfG NJW 2004, 1517). Ist eine genaue Bezeichnung nicht möglich, so muss das erwartete Beweismittel wenigstens annäherungsweise – zweckmäßigerweise durch einen Oberbegriff mit Beispielen – beschrieben werden (BVerfGE 42, 212, 221; 44, 353, 371; BVerfG NJW 1994, 2079; 2000, 601; NStZ 2002, 212; BGH NStZ 2002, 215). Die gesuchten Beweismittel sind jedenfalls so weit zu konkretisieren, dass keine Zweifel über die zu suchenden Gegenstände entstehen können (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 60. Aufl. 2017, § 105 Rn. 5; Bruns, in: Karlsruher Kommentar zur Strafprozessordnung, 7. Auflage 2013, § 105 Rn. 4; Hegmann, in: Beck’scher Online-Kommentar zur StPO, Stand 01.01.2017, § 105 Rn. 10, beck-online; jeweils mit zahlreichen weiteren Nachweisen aus der obergerichtlichen Rechtsprechung).
b) Vorliegend fehlt im beanstandeten Beschluss die Angabe der gesuchten und ggf. zu beschlagnahmenden Beweismittel völlig. Auch wenn dies offensichtlich auf einen Schreibbzw. EDV-Fehler zurückführen ist, bleibt – auch unter Berücksichtigung der Beschlussgründe – letztlich offen, welchen Beweismitteln die Durchsuchungsanordnung gilt. Dies begründet für sich genommen bereits die Rechtswidrigkeit des Durchsuchungsbeschlusses, obschon zum maßgeblichen Zeitpunkt seines Erlasses zureichende tatsächliche Anhaltspunkte für eine Tatbeteiligung des Beschuldigten vorlagen.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus einer entsprechenden Anwendung der §§ 464, 467 Abs. 1 StPO.

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