Strafrecht

Hauptverhandlung, Angeklagte, Arbeitslosengeld, Untersuchungshaft, Bank, Unterkunft, Freiheitsstrafe, Angeklagten, Verteidiger, Vorhaben, Heroin, Kokain, Feststellung, Tateinheit, Arbeitslosengeld II, billigend in Kauf, finanzielle Schwierigkeiten

Aktenzeichen  507 Js 17302/19 1 KLs

Datum:
22.1.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 40122
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
Landshut
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Tenor

I. Der Angeklagte …, ist schuldig der Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit versuchter unerlaubter Durchfuhr von Betäubungsmitteln.
II. Er wird daher zu einer Freiheitsstrafe von 5 Jahren verurteilt.
III. Die Einziehung eines Geldbetrages in Höhe von 346 € als Wertersatz wird angeordnet.
IV. Der Angeklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

Dem Urteil liegt keine Verständigung gemäß § 257 c StPO zugrunde.
Zwar wurden im Rahmen der Hauptverhandlung Verständigungsgespräche geführt, diese führten jedoch nicht zum Abschluss einer Verständigung.
A.
Persönliche Verhältnisse/Vorstrafen/Haftdaten
Der Angeklagte wurde am … geboren. Er wuchs gemeinsam mit einem Bruder bei seinen Eltern, die eine Landwirtschaft betrieben, auf. Der Vater des Angeklagten ist bereits vor vielen Jahren verstorben.
Zu der Mutter des Angeklagten hat dieser weiterhin Kontakt und lebte zuletzt sogar in deren Anwesen.
Im Alter von 3 bis 6 Jahren besuchte der Angeklagte einen Kindergarten.
Mit 6 Jahren wurde er eingeschult und besuchte sodann 10 Jahre lang die Schule. Seine schulische Laufbahn schloss der Angeklagte im Jahr 1978 erfolgreich mit der Mittleren Reife ab. Er absolvierte sodann eine Lehre als Maschinenanlagenmonteur. Auch diese Lehre schloss er erfolgreich ab. Anschließend leistete der Angeklagte 2 Jahre lang Dienst bei der Armee und war im Anschluss hieran 2 Jahre lang im landtechnischen Metallbau tätig, bevor er in die Reifenbranche wechselte und dort ca. 7 Jahre lang bei einer Firma angestellt war.
Nach der Wende machte sich der Angeklagte selbständig, wobei er auch hier in der Reifenbranche tätig war. In der Folge führte er seine Firma bis zum Jahr 2010 fort bis diese in finanzielle Schwierigkeiten geriet. Er gründete anschließend eine „neue“ Firma, bei der er jedoch lediglich die Bezeichnung der zuvor geführten Firma änderte.
Da jedoch auch die „neue“ Firma finanziell nicht erfolgreich war, begab der Angeklagte sich im Jahr 2014 nach Thailand, um dort Investoren für neue Projekte zu finden. Nachdem dies jedoch nicht gelang, lebte er in der Folge bis zum Jahr 2018 in Thailand, wobei der Angeklagte dort keiner Arbeitstätigkeit nachkam, sondern sich Geld von seiner Mutter in Deutschland überweisen ließ, während seine Firma mittlerweile insolvent war.
Im Jahr 2018 kehrte der Angeklagte schließlich nach Deutschland zurück und lebte in der Folge in – bei seiner Mutter. Er war zuletzt arbeitslos gemeldet und bezog Arbeitslosengeld II in Höhe von ca. 400 Euro.
Der Angeklagte heiratete im Jahr 1985. Aus dieser Ehe gingen 2 mittlerweile erwachsene Söhne hervor, zu denen der Angeklagte weiterhin Kontakt hält. Im Jahr 2008 wurde die Ehe des Angeklagten geschieden.
Der Angeklagte bezog zuletzt – wie bereits erwähnt – ca. 400 Euro Arbeitsenlosengeld II. Sein privates Vermögen beläuft sich auf ca. 10.000 Euro. Er hat Schulden in Höhe von ca. 150.000 Euro.
Der Angeklagte erlitt in der Vergangenheit keine gravierenden Krankheiten oder Unfälle, die zur Tatzeit oder darüber hinaus Einfluss gehabt haben könnten.
Der Angeklagte hat auch kein Alkoholproblem und konsumierte zu keinem Zeitpunkt in seinem Leben Drogen.
Der Bundeszentralregisterauszug des Angeklagten vom 22.10.2019 enthält keine Eintragung.
In der hier abzuurteilenden Sache wurde der Angeklagte am 25.05.2019 vorläufig festgenommen. Er befindet sich aufgrund Untersuchungshaftbefehls des Amtsgerichts Landshut vom 26.05.2019, …, seit dem 26.05.2019 in Untersuchungshaft in der JVA Landshut.
B.
Sachverhalt
I. Vorgeschichte der Tat
Gegen Ende des Jahres 2017 wurde der Angeklagte von einer unbekannten Person, die sich als Rechtsanwalt namens – ausgab, per E-Mail kontaktiert. In dieser E-Mail wurde dem Angeklagten mitgeteilt, dass in – ein Firmeninhaber namens – verstorben sei und sich nunmehr ein Vermögen von ca. 15 Millionen Euro auf einer Bank befinden würde. Weiter wurde mitgeteilt, dass die Möglichkeit bestehe, an dieses Geld zu kommen. Dafür werde jedoch die Mitwirkung des Angeklagten benötigt, da dieser genauso heiße wie der verstorbene Firmeninhaber. Vorgeschlagen wurde weiterhin, dass von diesem Vermögen der Angeklagte und der angebliche Rechtsanwalt – jeweils 45% erhalten sollten. Die restlichen 10% sollten für gemeinnützige Zwecke gespendet werden.
Nachdem der Angeklagte auf dieses Angebot zunächst nicht eingegangen war, entschied er es sich, nachdem er nach Deutschland zurückgekehrt war, um, kontaktierte den angeblichen Rechtsanwalt – und teilte diesem mit, dass er mit dem Vorschlag nun doch einverstanden sei.
In der Folge kam es zu wechselseitigem E-Mail-Verkehr und es wurde schließlich vereinbart, dass der Angeklagte nach – fliegen sollte, da er dort Bankunterlagen der Bank – ausfüllen sollte.
Nachdem der Angeklagte in – die ihm von einer nicht näher bekannten Person namens „-“ übergebenen Bankunterlagen ausgefüllt hatte, wurde er von – gebeten, eine Kiste nach – zu transportieren, was er letztlich gegen Bezahlung von ca. 500 Euro auch tat. Nachdem er in – angekommen war, übergab der Angeklagte die Kiste an zwei ihm unbekannte schwarzafrikanische Personen und fuhr sodann nach Hause.
II. Die Tat
Als der Angeklagte sodann kurze Zeit später die Nachricht erhalten hatte, dass die Bank sich weigere, das Geld auszuzahlen, kam es in den Monaten danach erneut zu mehrfachem E-Mail-Kontakt zwischen dem Angeklagten und dem angeblichen Rechtsanwalt namens -. Nachdem ihm dieser mitgeteilt hatte, dass er nunmehr nach … reisen sollte, um dort erneut Bankunterlagen auszufüllen, entschied sich der Angeklagte, auch dorthin zu reisen. Als der Angeklagte in … wiederum Bankunterlagen ausgefüllt hatte, wurde er von dem angeblichen Rechtsanwalt – gebeten bzw. aufgefordert, einen Koffer nach – (-) zu transportieren, da sich das Geld nun dort befinde. Trotz erheblicher Zweifel an der Seriosität des Angebotes entschied sich der Angeklagte, nachdem er kurz einen Blick in den – augenscheinlich fast leeren – Koffer geworfen hatte, dazu, den Koffer nach – zu bringen.
So reiste der Angeklagte am 25.05.2019 gegen 08.05 Uhr mit dem Flug – aus – kommend über den Flughafen – in das Bundesgebiet ein. Er beabsichtigte, noch am selben Tag mit dem Anschlussflug – um 15.35 Uhr nach -/- weiterzureisen.
Nach seiner Ankunft in – sollte er einen Betrag in Höhe von 500 Euro von einer nicht näher bekannten Person erhalten.
Der Angeklagte wurde jedoch nach seiner Ankunft am Flughafen – kontrolliert und festgenommen.
Wie der Angeklagte zumindest billigend in Kauf nahm, befanden sich in seinem eingecheckten Transitgepäck ca. 3 kg Heroin. Bei einer zollrechtlichen Kontrolle wurde die Ausschleusung des eingecheckten Trolleys veranlasst und die Betäubungsmittel beschlagnahmt. Ein Teil des Heroins befand sich in einem doppelten Boden der Kofferschalenwand, ein weiterer Teil in einem doppelten Boden einer in dem Trolley befindlichen Aktentasche. Während seines geplanten Zwischenaufenthalts am Flughafen – hätte der Angeklagte keinen Zugriff auf sein Transitgepäck gehabt.
An dem geplanten Zielort in – wollte der Angeklagte den Trolley mitsamt des Heroins an unbekannte Täter übergeben. Die Betäubungsmittel sollten, wie der Angeklagte zumindest billigend in Kauf nahm, von unbekannten Tätern gewinnbringend weiterverkauft werden.
In dem Koffer mitsamt der Aktentasche befanden sich insgesamt 3012,86 Gramm Heroin mit einem Wirkstoffgehalt von 1759,97 Gramm Diacetylmorphin-Hydrochlorid. Dies entspricht dem ca. 1.173-fachem der nicht geringen Menge.
Wie der Angeklagte wusste bzw. billigend in Kauf nahm, besaßen weder er, noch die restlichen unbekannten Täter, die für den Umgang mit Betäubungsmitteln erforderliche Erlaubnis.
Für seine Auslagen während der Reise erhielt der Angeklagte ein Entgelt in Höhe von umgerechnet insgesamt 346 Euro.
Die Einsichts- und/oder Steuerungsfähigkeit des Angeklagten war bei Begehung der Tat nicht beeinträchtigt.
C.
Beweiswürdigung
I. Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen:
Die Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen des Angeklagten beruhen auf den Angaben, die der Angeklagte selbst im Rahmen der Hauptverhandlung diesbezüglich gemacht hat.
Die Kammer hat nach Durchführung der Hauptverhandlung keinen Anlass, an den gemachten Angaben zu zweifeln und hat diese dementsprechend übernommen.
Die Feststellung, dass der Angeklagte in Deutschland nicht vorgeahndet ist, ergibt sich aus dem verlesenen Auszug aus dem Bundeszentralregister.
II. Feststellungen zum Tatgeschehen und zur Vorgeschichte der Tat Die Feststellungen zum – äußeren – Tatgeschehen und zur Vorgeschichte der Tat beruhen weitestgehend auf den Angaben des Angeklagten, den Angaben des Zeugen … und des verlesenen Gutachtens des …
1. Angaben des Angeklagten:
Der Angeklagte machte im Rahmen der Hauptverhandlung umfangreiche Angaben zur Sache und stellte letztlich auch nicht in Abrede, die sichergestellten Drogen transportiert zu haben. Er bestritt jedoch, von den Drogen in dem Koffer gewusst oder auch nur billigend in Kauf genommen zu haben, dass sich in dem Koffer Drogen befinden.
Der Angeklagte führte zur Vorgeschichte der Tat und zur Tat selbst insbesondere aus, dass er Ende des Jahres 2017, als er sich noch in Thailand aufgehalten habe, erstmals eine E-Mail von dem Rechtsanwalt … erhalten habe. Ihm sei mitgeteilt worden, dass in – ein Firmeninhaber mit dem Namen – verstorben sei und ein Vermögen von ca. 14 bis 15 Millionen „herrenlos“ bei einer Bank liegen würde. Der Rechtsanwalt habe weiter ausgeführt, dass er nun den Namen bzw. die Person des Angeklagten brauche, um an das Geld zu kommen, da dieser auch – heiße. Es sei ihm vorgeschlagen worden, dass er von dem Vermögen selbst 45% und der Anwalt ebenfalls 45% erhalten sollte. Die restlichen 10 Prozent sollten für gemeinnützige Zwecke gespendet werden. Er habe diesen Vorschlag zunächst abgelehnt. Als er 2018 nach Deutschland zurückgekehrt sei, habe er jedoch selbst den … nochmals angeschrieben und sei in der Folge weiter mit diesem in Kontakt geblieben. Er habe dem Rechtsanwalt dabei aber mitgeteilt, dass er es nur mache, wenn alles „ordnungsgemäß“ laufe.
Auf Nachfrage gab der Angeklagte an, dass ihm durchaus bewusst gewesen sei, dass er keinen Anspruch auf das Geld hatte. Er hätte die ca. 7 Millionen Euro aber dennoch genommen und in eigene Projekte investieren wollen.
In der Folge sei ihm dann mitgeteilt worden, dass er vor der Auszahlung des Betrages nach – reisen und dort Bankunterlagen ausfüllen müsse. Dies habe er schließlich auch gemacht. Er sei in – gelandet und mit einem Bus in die Stadt gefahren. Dort habe er in eine Pension eingecheckt und – informiert. Es habe dann 2 bis 3 Tage lang eine Verzögerung gegeben. Dann sei wieder ein Kontakt zustande gekommen. – habe ihm gesagt, dass er mit dem Bus in eine andere Stadt fahren solle. Dies habe er wieder getan. Dort habe er wiederum einige Tage gewartet. An einem Strand habe er dann einen Schwarzafrikaner namens – getroffen. Er habe den Eindruck gehabt, dass dieser ordentlich gekleidet gewesen sei, es sei jedoch bereits dunkel gewesen. Sie seien dann zu – in dessen Hotel gegangen. Dort habe er ein Formular ausgefüllt. Das Formular sei von der Bank – gewesen. Er habe seine persönlichen Daten eingetragen, jedoch keine Kontonummer. Er sei dann von -, mit dem er über E-Mail oder telefonisch in Kontakt gestanden sei, gebeten worden, einen Karton mit nach – zu nehmen. – habe ihm den Karton gebracht. Er habe den Karton selbst kontrolliert und gesehen, dass es sich um eine Art medizinisches Gerät in Form einer Absaugpumpe gehandelt habe. Er habe dieses Gerät schließlich nach – gebracht. Auf dem Weg dahin sei es mehrfach gescannt und kontrolliert worden. Als er in – angekommen sei, habe er – angerufen und ihm mitgeteilt, dass er angekommen sei. Kurz darauf seien wiederum zwei ihm unbekannte Schwarzafrikaner gekommen und hätten die Kiste abgeholt, ohne etwas mit ihm zu sprechen.
Er sei dann wieder nach Hause gefahren und habe nach ca. 3 Tagen einen Anruf von – erhalten. Dieser habe ihm mitgeteilt, dass die Bank die Auszahlung verweigere. Er sei sauer gewesen und habe in der Folge immer wieder gefragt, was nun mit dem Geld sei. Er habe in den E-Mails auch mehrfach geschrieben, dass er dringend Geld benötige und finanziell in Schwierigkeiten sei. Einige Zeit später, habe sich – wieder bei ihm gemeldet und mitgeteilt, dass die Probleme nunmehr gelöst seien. Es sei dann vereinbart worden, dass er nach … reisen solle, da sich das Geld wohl nun dort befinde. Er sei also daraufhin nach … gefahren. Sämtliche Kosten seien ihm erstattet bzw. im Voraus bezahlt worden. Als er in … angekommen sei, habe er sich schon gefragt, was dass alles solle und habe daran gezweifelt, dass das alles in Ordnung sei. – habe ihm gesagt, dass eine Frau kommen werde, die finanzielle Mittel für Unterkunft und Verpflegung bringen sollte. Es sei dann auch eine Schwarzafrikanerin namens … gekommen und habe ihm tatsächlich etwas Geld gegeben. Diese Frau sei einige Tage später nochmals mit Bankunterlagen gekommen. Diese habe er erneut ausgefüllt.
Am darauffolgenden Tag sei diese … nochmals gekommen und habe ihm ein rosa Handy gegeben. Der – habe sich per Whats-App bei ihm gemeldet gehabt. Dieser habe mitgeteilt, dass er derzeit in – sei und nicht kommen könne. Bei ihrem letzten Treffen habe diese … dann einen Koffer bei sich gehabt und zu ihm gesagt, dass er diesen Koffer nach – bringen sollte. Dies sei ihm dann schon sehr seltsam vorgekommen. Er habe daher auch verlangt, in den Koffer zu schauen. … habe dies aber nicht gewollt und sei dann wieder gegangen. Er habe in der Zwischenzeit mit – Kontakt gehabt und dieser habe ihm mitgeteilt, dass alles in Ordnung sei und man ihn in den Koffer schauen lassen werde. Er sei dann zu … in das Hotel gegangen und habe tatsächlich kurz in den Koffer schauen dürfen. Er habe lediglich ein afrikanisches Kleidungsstück und eine Aktentasche gesehen. Sonst sei der Koffer leer gewesen. Er habe aber dennoch ein komisches Gefühl gehabt und ihm sei das alles schon ein bisschen komisch vorgekommen. In … sei schon eine Unterkunft für ihn gebucht gewesen. – habe gesagt, dass er ihn dort abholen und mit ihm gemeinsam zur Bank gehen wolle. Den Koffer sollte er auch mitnehmen. Dies sei ein Geschenk für einen Mitarbeiter der Bank. In – am Flughafen sollte er nach seiner Landung 500 Euro erhalten. Für Auslagen habe er insgesamt umgerechnet 346 Euro erhalten.
Auf Vorhalt, dass er einerseits angegeben habe, dass – das Hotel schon gebucht und bezahlt habe, und er andererseits 500 Euro hätte erhalten sollen, um ein Hotel zu buchen, gab der Angeklagte an, diesen Widerspruch nicht erklären zu können.
Auf weitere Nachfrage hinsichtlich der gesamten Vorgehensweise gab der Angeklagte weiter an, dass er sich gedacht habe, dass die Banken das eben alles so wollen. Sonst habe er sich keine Gedanken gemacht, warum er die ganzen Reisen und Aufwendungen auf sich habe nehmen müssen.
In … habe er dann jedoch schon erhebliche Zweifel an der Richtigkeit dieser Geschichte gehabt. Auf weiteren Vorhalt, warum er gegenüber dem kontrollierenden Zollbeamten am Flughafen in – angegeben habe, dass er „Urlaub“ in … gemacht habe und nicht die tatsächlichen Umstände geschildert habe, wenn er hieran und an die Rechtmäßigkeit geglaubt habe, gab der Angeklagte wiederum an, dies nicht erklären zu können.
Es sei auch richtig, dass er in einer E-Mail geschrieben habe, dass er nicht über Deutschland fliegen wolle.
Dies habe er getan, da er in der Vergangenheit schlechte Erfahrungen mit dem deutschen Zoll gemacht habe und Angst vor weiterem Ärger gehabt habe.
Bewertung der Angaben des Angeklagten
Die Kammer bildete sich nach Durchführung der Hauptverhandlung die Überzeugung, dass die Angaben des Angeklagten hinsichtlich der Vorgeschichte und des objektiven Tatgeschehens zumindest weitgehend der Wahrheit entsprechen, zumal die Schilderungen des Angeklagten teilweise durch entsprechenden E-Mail-Verkehr bzw. Whats-App-Verkehr, der dem Angeklagten vorgehalten oder durch Verlesung oder Bericht des Zeugen … in die Hauptverhandlung eingeführt wurde, bestätigt wurden.
2. Feststellungen zur Vorgeschichte
Die Feststellungen zur Vorgeschichte der Tat beruhen auf den vorab dargestellten Angaben des Angeklagten hierzu. Wie bereits erwähnt, wurden diese Angaben des Angeklagten grundsätzlich durch die durchgeführte Beweisaufnahme im Wesentlichen bestätigt.
3. Feststellungen zur Tat
a) Feststellungen zum Äußeren Tatgeschehen aa) Angaben des Zeugen …
Der Zeuge … bekundete im Rahmen seiner Zeugenvernehmung, dass er als Ermittlungsbeamter in dieser Sache tätig gewesen sei. Er habe am 24.05.2019 einen Hinweis vom Flughafen … erhalten, wonach aufgrund einer Risikoanalyse Verdachtsmomente im Hinblick auf den Angeklagten bestanden hätten. Es habe aufgrund der geplanten Flugroute der Verdacht vorgelegen, dass der Angeklagte Heroin transportieren könnte. Der Angeklagte sei dann am 25.05.2019 gegen 08.05 Uhr am Flughafen – eingetroffen und dort kontrolliert worden. Er sei befragt worden und habe angegeben, Urlaub in … gemacht zu haben und nun für Bankgeschäfte nach … weiterfliegen zu wollen. Anschließend wolle er dann nach – und ebenfalls Bankgeschäfte erledigen. Er habe als Handgepäck einen Trolley dabei gehabt und zudem habe er einen weiteren sog. Trolley aufgegeben gehabt. Die Koffer seien dann kontrolliert worden und in dem letztgenannten Koffer sei in einem doppelten Boden Heroin vorgefunden worden. Darüber hinaus habe sich in dem Koffer eine Aktentasche befunden. Auch in dieser sei Heroin gewesen.
Der Angeklagte sei daraufhin festgenommen und vernommen worden. Er habe sich umfassend geäußert, wie es zu der Reise gekommen sei.
Sodann schilderte der Zeuge … im Wesentlichen die Angaben des Angeklagten, die dieser in seiner Beschuldigtenvernehmung gemacht hatte. Diese Angaben waren weitestgehend identisch zu denjenigen, die der Angeklagte in der Hauptverhandlung getätigt hat und die bereits dargestellt wurden.
Der Zeuge … führte sodann weiter aus, dass der E-Mail-Verkehr und auch die WhatsApp-Nachrichten des Angeklagten in der Folge ausgewertet worden seien. Die vorgefundenen E-Mails hätten die Angaben des Angeklagten hinsichtlich des grundsätzlichen Ablaufs durchaus gestützt. Es sei auf dem Laptop des Angeklagten ein Ordner mit dem Namen „Fake-E-Mails“ festgestellt worden. In einem der darin enthaltenen Unterordner, der mit „-“ bezeichnet war, seien auch Mails von dem angeblichen Anwalt … und entsprechende, ersichtlich gefälschte Dokumente gespeichert gewesen. Es seien insgesamt ca. 44 Nachrichten in diesem Ordner gespeichert gewesen. Der restliche E-Mail-Verkehr zwischen dem Angeklagten und „-“ bzw. „-“ sei ganz normal im Eingang zu finden gewesen.
Bei dem sichergestellten Koffer habe es sich um einen normalen Trolley gehandelt. In diesem Koffer sei lediglich ein afrikanisches Kleidungsstück und eine Aktentasche gewesen. Sonst sei der Koffer augenscheinlich leer gewesen.
Aus den kontrollierten E-Mails bzw. aus der Handyauswertung habe sich dann erstmalig ergeben, dass dem Angeklagten am Flughafen – nach dessen Landung 500 Euro übergeben werden sollten.
In der Folge habe man versucht, über Verbindungsbeamte in … Erkenntnisse hinsichtlich des angeblichen Anwalts – zu ermitteln. Letztlich sei dies jedoch ergebnislos verlaufen. Der Name – und die hier verwendete Telefonnummer seien jedoch schon in einem anderen Verfahren aufgetaucht. Auch in diesem Verfahren sei ein deutscher Staatsangehöriger aus … mit Drogen nach Europa eingereist. Soweit er sich erinnern könne, habe es sich um mehrere Kilogramm Kokain gehandelt und die Person sei schließlich in – festgenommen worden.
Die Kammer hat nach Durchführung der Hauptverhandlung keine Zweifel an der Richtigkeit der vorgenannten Angaben des Zollbeamten …. Dieser Zeuge hat die Geschehnisse und seine Ermittlungstätigkeiten bzw. die Ergebnisse der Ermittlungen vollkommen neutral und sachlich dargestellt. Es bestehen nach Durchführung der Hauptverhandlung keinerlei Anhaltspunkte, dass die Angaben des Zeugen … nicht der Wahrheit entsprechen.
Insbesondere hat die Kammer selbst mehrere E-Mails, Nachrichten und Dokumente, die auf den technischen Geräten des Angeklagten gespeichert waren, in Augenschein genommen oder verlesen.
bb) Gutachten Wirkstoffgehalt
Die genaue Menge des Rauschgifts, das von dem Angeklagten transportiert wurde, und der diesbezügliche Wirkstoffgehalt an Diacetylmorphin-Hydrochlorid ergeben sich aus dem in der Hauptverhandlung verlesenen Gutachten des vom – Dabei sei die qualitative Wirkstoffuntersuchung gaschromatographisch gekoppelt mit einem massenselektiven Detektor erfolgt.
Für die quantitative Wirkstoffbestimmung seien die einzelnen Asservate jeweils vollständig homogenisiert worden. Die Untersuchung eines aliquoten Teils der Homogenisate sei gaschromatographisch mittels Flammenionisationsdetektion erfolgt.
Das Nettogewicht der drei untersuchten relevanten Asservate habe 1003,79 Gramm (62,6% Diacetylmorphin-Hydrochlorid), 1012,43 Gramm (62,2%) und 996,64 Gramm (61,6%) ergeben.
Das Gesamtnettogewicht dieser Asservate habe 3012,86 Gramm betragen. Unter Berücksichtigung der für diese Bestimmungsmethode ermittelten Messunsicherheit (6%) habe die in diesen Asservaten enthaltene Menge an Diacetylmorphin-Hydrochlorid 1759,97 Gramm (ca. 1173-faches der nichtgeringen Menge) betragen.
Nach Durchführung der Hauptverhandlung bestehen zur Überzeugung der Kammer nicht die geringsten Zweifel an der Richtigkeit der vorgenannten schriftlichen Ausführungen und der dargelegten Untersuchungsergebnisse.
Das Gesamtnettogewicht an Diacetylmorphin-Hydrochlorid beläuft sich somit auf 1759,97 Gramm (ca. 1173-faches der nichtgeringen Menge).
Zur Überzeugung der Kammer steht somit zusammenfassend letztlich fest, dass sich das äußere Tatgeschehen so zu getragen hat, wie es unter B. dargestellt wurde.
4. Schuldfähigkeit
Der Angeklagte ist voll schuldfähig.
Nach Durchführung der Hauptverhandlung haben sich nicht die geringsten Anhaltspunkte dafür ergeben, dass bei dem Angeklagten eine psychische Erkrankung oder eine seelische Störung im Sinne der Eingangsmerkmale der §§ 20, 21 StGB vorliegen. Auch eine Abhängigkeitserkrankung besteht eindeutig nicht, zumal der Angeklagte selbst angegeben hat, noch nie in seinem Leben Drogen konsumiert zu haben und auch keinen Alkohol zu trinken.
Trotz der durchaus kuriosen Vorgeschichte handelt es sich bei dem Angeklagten um eine Person, die mindestens durchschnittlich intelligent ist. So war der Angeklagte in der Vergangenheit grundsätzlich auch jederzeit in der Lage, einer beruflichen Tätigkeit nachzukommen und insbesondere über Jahre hinweg eine eigene Firma zu leiten.
Insgesamt bildete sich die Kammer daher die Überzeugung, dass bei dem Angeklagten weder die Einsichts- noch die Steuerungsfähigkeit in irgendeiner Weise beeinträchtigt war.
5. Feststellungen zum inneren Tatgeschehen/subjektiver Tatbestand:
a) Hinsichtlich des subjektiven Tatbestands bzw. der inneren Tatseite ist die Kammer nach Durchführung der Beweisaufnahme zunächst davon überzeugt, dass der Angeklagte mit zumindest bedingtem Vorsatz dahingehend handelte, dass sich in dem von ihm übernommenen und transportierten Koffer Drogen befinden.
Bedingt vorsätzliches Handeln setzt voraus, dass der Täter den Eintritt des tatbestandlichen Erfolges als möglich und nicht ganz fernliegend erkennt, ferner, dass er ihn billigt oder sich um des erstrebten Zieles Willen zumindest mit der Tatbestandsverwirklichung abfindet (vgl. u.a. BGH, Urteil vom 11.10.2016, Az.: 1 StR 248/16).
Bei der Annahme eines bedingten Vorsatzes müssen beide Elemente der inneren Tatseite, also sowohl das Wissens- als auch das Willenselement umfassend geprüft und soweit möglich durch tatsächliche Feststellungen belegt werden (vgl. BGH, Urteil vom 16.08.2012, Az.: 3 StR 237/12).
Um festzustellen, ob diese beiden Elemente vorliegen, war insoweit von der Kammer eine umfassende Gesamtbetrachtung aller objektiven und subjektiven Umstände anzustellen Da der Angeklagte im vorliegenden Fall einen bedingten Vorsatz in Abrede stellte hatte die Kammer im Rahmen einer Gesamtwürdigung sämtlicher Umstände zu prüfen, ob der Angeklagte, als er sich bereit erklärte, den Koffer zu transportieren und mit diesem über Deutschland nach – fliegen wollte, billigend in Kauf nahm, dass sich in dem von ihm transportierten Koffer Drogen befunden haben, und er damit bedingt vorsätzlich gehandelt hat, oder ob vorliegend ein Fall der sogenannten „bewussten Fahrlässigkeit“ vorliegt.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Abgrenzung von bedingtem Vorsatz und bewusster Fahrlässigkeit handelt der Täter vorsätzlich, wenn er den Eintritt des tatbestandlichen Erfolges als möglich und nicht ganz fernliegend erkennt und damit in der Weise einverstanden ist, dass er die Tatbestandsverwirklichung billigend in Kauf nimmt oder sich um des erstrebten Zieles willen wenigstens mit ihr abfindet, mag ihm auch der Erfolgseintritt an sich unerwünscht sein. Bewusste Fahrlässigkeit liegt hingegen dann vor, wenn der Täter mit der als möglich erkannten Tatbestandsverwirklichung nicht einverstanden ist und ernsthaft – nicht nur vage – darauf vertraut, der tatbestandliche Erfolg werde nicht eintreten (vgl. Münchner Kommentar zum StGB, 3. Auflage, Vorbemerkung zu § 29 BtMG, RdNr. 61)., Wie bereits erwähnt, gelangte die Kammer im Rahmen einer Gesamtwürdigung aller Umstände zu der Überzeugung, dass der Angeklagte vorliegend nicht lediglich bewusst fahrlässig, sondern vielmehr mit einem zumindest bedingten Vorsatz hinsichtlich des Drogentransportes an sich handelte.
Die Kammer berücksichtigte hierbei zunächst zugunsten des Angeklagten, also als Indiz, das gegen einen bedingten Vorsatz spricht, dass dieser strafrechtlich bisher nicht in Erscheinung getreten ist und auch absolut glaubhaft angegeben hat, in seinem ganzen Leben noch nie selbst Drogen konsumiert zu haben.
Für einen bedingten Vorsatz spricht zur Überzeugung jedoch bereits die gesamte Vorgeschichte der Tat.
Aus der von dem Angeklagten und unter B. dargestellten „Vorgeschichte“ ergeben sich zur Überzeugung der Kammer nämlich mehrere Umstände, die die Kammer als Indizien im Hinblick auf einen (späteren) bedingten Vorsatz wertete.
Hervorzuheben ist diesbezüglich zunächst, dass sich die Kammer im Rahmen der Hauptverhandlung durchaus einen gewissen Eindruck von der Person des Angeklagten verschaffen konnte. Zur Überzeugung der Kammer verfügt dieser über eine völlig normale Auffassungsgabe, was im folgenden durchaus zu berücksichtigen war.
Zur Überzeugung der Kammer war dem Angeklagten, der über Jahre hinweg eine Firma geführt hat, ohne jeglichen Zweifel klar, dass er es vorliegend mit zumindest äußerst unseriösen bzw. sogar kriminellen „Geschäftspartnern“ zu tun hat. Aus dem in der Hauptverhandlung teilweise in Augenschein genommenen oder verlesenen E-Mail-Verkehr zwischen dem Angeklagten und dem angeblichen Rechtsanwalt namens – ergibt sich zunächst, dass das Erstangebot des angeblichen Rechtsanwalts bereits hinsichtlich der Form als auch hinsichtlich des Inhalts bei jedem normal denkenden Menschen einen gewissen Argwohn erwecken muss. Die in Augenschein genommenen Dokumente, die der Angeklagte selbst in einem Unterordner des Ordners, die er mit „Fake-E-Mails“ bezeichnet hat, speicherte, und die die Legitimation des angeblichen Rechtsanwalts – und seines Vorhabens dokumentieren sollen, erscheinen fast schon skurril und zwar sowohl hinsichtlich der Bezeichnungen, dem in den einzelnen Dokumenten vorhandenen Sprachenwirrwarr, den Stempeldaten und Logos, die teilweise sehr bunt und mit üblicherweise in Microsoft-Programmen verwendeten Sternchen versehen waren.
Der Angeklagte, der geschäftlich – wie bereits erwähnt – durchaus erfahren war, wusste also zur Überzeugung der Kammer bereits zu diesem Zeitpunkt, dass es sich bei dem Angebot, das ihm unterbreitet wurde, um kein seriöses Geschäftsmodel gehandelt hat. Auch hinsichtlich des Inhalts war vollkommen klar, dass das Vorhaben illegal war, da der angebliche Rechtsanwalt – letztlich völlig offen dargelegt hat, dass eine Bank um mehrere Millionen Euro „betrogen“ werden sollte.
Auch dies war dem Angeklagten durchaus bewusst. So räumte er auch auf Nachfrage in der Hauptverhandlung unumwunden ein, dass ihm vollkommen klar war, dass er keinerlei Anspruch auf dieses Geld gehabt hat, er dieses Geld jedoch dringend für neue Projekte gebraucht und es darin investiert hätte.
Wie bereits erwähnt, hat der Angeklagte dieses Angebot und die erhaltenen wesentlichen Dokumente selbst als nicht seriös eingestuft, was insbesondere das Speichern in dem Ordner „Fake-E-Mails“ belegt.
Dass der Angeklagte dem gesamten Vorhaben durchaus misstrauisch gegenüberstand, zeigt sich insbesondere auch in seinem Verhalten nach seiner Reise nach -. Diese Auffassung bringt der Angeklagte auch nach seiner Rückkehr klar zum Ausdruck, indem er in einer – im Rahmen der Hauptverhandlung verlesenen E-Mail vom 19.11.2018 – an den angeblichen Rechtsanwalt – u.a. schreibt, dass er wohl lediglich als „Transporteur“ gebraucht wurde und fragt, ob das Spiel, das mit ihm gespielt wird, „Spiel ohne Grenzen“ heißt.
Da sich der Angeklagte ganz offensichtlich in erheblichen finanziellen Problemen befand, was dieser auch einräumte und auch in mehreren E-Mails – insbesondere denjenigen vom 19.11.2018 – klar zum Ausdruck kommt, nahm er sodann nach einer kurzen Zeit, in der kein Kontakt zwischen ihm und dem angeblichen Rechtsanwalt – bestanden hatte, erneut zu diesem Kontakt auf und forderte mehrmals, dass diese ihm aufgrund seiner finanziellen Schwierigkeiten Geld überweisen sollte und er sehr dringend Geld brauche.
Der Angeklagte hielt also auch in der Folgezeit aufgrund seiner wirtschaftlichen Notlage Kontakt zu dem angeblichen Rechtsanwalt – Kontakt, in der Hoffnung, durch diesen an Geld zu kommen.
Dementsprechend ließ sich der Angeklagte auch auf den neuerlichen Vorschlag ins Ausland – nunmehr nach … – zu reisen, um dort Kontounterlagen auszufüllen ein, wobei sämtliche finanziellen Vorleistungen wie Flug- und Hotelkosten von seinem Auftraggeber übernommen wurden.
Aus der Vorgeschichte ergeben sich zur Überzeugung der Kammer folgende Umstände, die als Indiz für die Bejahung eines bedingten Vorsatzes gewertet wurden.
Zwischen dem Angeklagten und seinem Auftraggeber bestand keinerlei – begründetes – Vertrauensverhältnis, und dem Angeklagten war ohne jeden Zweifel bewusst, dass der angebliche Rechtsanwalt – kein seriöser Geschäftsmann, und das ihm unterbreitete Angebot äußerst unseriös, illegal und sogar kriminell war.
Darüber hinaus steht ohne jeden Zweifel fest, dass der Angeklagte massive finanzielle Probleme hatte, unbedingt an Geld kommen wollte und hierfür auch vor illegalen Handlungen nicht zurückschreckt und zwar auch nicht vor solchen, die als Folge einen Schaden in Höhe von mehreren Millionen Euro nach sich ziehen würden.
Ein weiteres Indiz für das Vorliegen eines bedingten Vorsatzes stellt sodann das Verhalten des Angeklagten und das Geschehen in … dar. So traf sich der Angeklagte dort zunächst mit einer ihm nicht bekannten Frau namens …, die ihm ein rosa Handy überreichte und Bankunterlagen ausfüllen ließ.
Als der Angeklagte dann auch noch gebeten wurde, einen Koffer nach – zu verbringen, wollte er zunächst einen Blick in den Koffer werfen, was die unbekannte Person namens … jedoch nicht zuließ. Nach einer darauffolgenden Kontaktaufnahme mit dem angeblichen Rechtsanwalt namens -, bei dem dieser den Angeklagten beschwichtigte und zusicherte, dass er in den Koffer schauen dürfe, suchte der Angeklagte die Person namens … auf und durfte einen kurzen Blick in den augenscheinlich nahezu leeren Koffer werfen.
Weder untersuchte der Angeklagte den Koffer näher, noch schaute er sich die in dem Koffer liegende Aktentasche an.
Das geschilderte Verhalten des Angeklagten belegt eindrücklich, dass dieser gerade nicht davon ausging, dass der Transport des Koffers legal war, da er ansonsten keinen Grund gehabt hätte, nach dem Inhalt des Koffers zu fragen. Vielmehr belegt dieses Verhalten eindeutig das bei dem Angeklagten bestehende Misstrauen.
Der Angeklagte selbst hat auch im Rahmen der Hauptverhandlung angegeben, dass er jedenfalls als er sich in … befand erhebliche Zweifel an der Richtigkeit der „ganzen Geschichte“ gehabt habe und er hinsichtlich des Koffers schon ein komisches Gefühl gehabt habe.
Dass der Transport bzw. die Mitnahme von Gegenständen für den Angeklagten grundsätzlich durchaus eine Rolle spielte, und er dieser Tätigkeit ablehnend gegenüber stand, belegt darüber hinaus die E-Mail vom 19.02.2019, wonach der Angeklagte schreibt, dieses Mal keine Maschine oder Paket mit zurück bringen könne, da er sein Handgelenk nicht belasten könne.
Trotz dieser – von dem Angeklagten selbst eingeräumten und ganz offensichtlich vorhandenen – Zweifel begnügte sich der Angeklagte letztlich damit, lediglich einen kurzen Blick in den Koffer zu werfen, ohne diesen auch nur ansatzweise zu untersuchen. Dies gilt sowohl für die Aktentasche als auch für den Koffer selbst.
Zur Überzeugung der Kammer ist allgemein, und auch dem Angeklagten als hinreichend intelligente Person, die sich in der Vergangenheit mehrfach auf Auslandsreisen befunden hat, bekannt, dass sich Drogen, die in einem Koffer oder anderen Gepäckstücken transportiert werden sollen, nicht offen in diesem Gepäckstück befinden, sondern darin versteckt sind.
Trotz dieser Zweifel und der Kenntnis der Unseriösität seiner Geschäftspartner hat der Angeklagte sich letztlich bereit erklärt, den Koffer nach – zu bringen, wobei er hierfür einen Betrag in Höhe von umgerechnet insgesamt 346 Euro erhielt und weitere 500 Euro in – erhalten sollte.
Zur Überzeugung der Kammer handelte der Angeklagte aufgrund seiner erheblichen finanziellen Notlage. Sein vorrangiges Ziel war es, unter allen Umständen an so viel Geld wie möglich zu gelangen. Um den Geschäftspartner „-“ zufrieden zu stellen, erklärte er sich letztlich auch bereit, den Koffer zu transportieren, und nahm dabei zumindest billigend in Kauf, dass sich in diesem Koffer Drogen befinden könnten.
Aufgrund einer Gesamtschau aller Umstände dieses Falles bildete sich die Kammer somit die Überzeugung, dass der Angeklagte als durchaus möglich und keinesfalls ganz fernliegend erkannt hat, dass sich in dem Koffer Drogen befinden könnten. Wenngleich der Angeklagte dies – jedenfalls nicht nachweisbar – nicht sicher gewusst hat, hat er sich um des erstrebten Zieles willen – nämlich aufgrund seines Zieles, an finanzielle Mittel zu gelangen -, mit dieser Möglichkeit abgefunden.
Dass der Angeklagte aufgrund des kurzen Schauens in den – fast leeren – Koffer ohne diesen nur ansatzweise zu überprüfen tatsächlich ernsthaft darauf vertraut hat, dass sich in dem Koffer keine Drogen befinden, hält die Kammer nach Durchführung der Hauptverhandlung für ausgeschlossen, so dass eine bewusste Fahrlässigkeit zur Überzeugung der Kammer gerade nicht vorliegt.
b) Hinsichtlich Art und Menge der Drogen überzeugte sich die Kammer davon, dass der Angeklagte diesbezüglich zwar keine positive Kenntnis hatte, jedoch wiederum ein bedingter Vorsatz zu bejahen war.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs handelt ein Drogenkurier mit bedingtem Vorsatz bezüglich der transportierten Gesamtmenge, wenn er weder auf die Menge des ihm übergebenen Rauschgifts Einfluss nehmen kann, noch diese Menge überprüfen kann (vgl. u.a. BGH, Urteil vom 21.08.2009, Az.: 1 StR 218/19).
Dieselben Grundsätze müssen diesbezüglich zur Überzeugung der Kammer auch hinsichtlich der Art der transportierten Drogen gelten.
Zusammenfassend überzeugte sich die Kammer aufgrund einer Gesamtschau aller vorhandenen Umstände somit letztlich davon, dass der Angeklagte zumindest billigend in Kauf nahm, dass sich in dem Koffer, den er über Deutschland nach – transportieren sollte, Drogen befinden und er auch bedingten Vorsatz hinsichtlich der Art und der Menge der Drogen hatte.
Hilfsbeweisanträge:
Die von dem Verteidiger gestellten Hilfsbeweisanträge, die für den Fall gestellt wurden, dass die Kammer einen bedingten Vorsatz bejahen sollte und daher an dieser Stelle behandelt werden, waren abzulehnen.
Hilfsbeweisantrag 1:
Der Antrag, die kontrollierenden Zollbeamten – und -, zum Beweis der Tatsache zu vernehmen, dass der Angeklagte bei seiner Kontrolle am Flughafen – „kooperativ, ruhig und nicht nervös war“, war abzulehnen, da die behauptete Beweistatsache als wahr unterstellt werden kann, allerdings mit der Einschränkung, dass der Angeklagte einen ruhigen und keinen nervösen Eindruck machte.
Denn ob der Angeklagte tatsächlich innerlich ruhig und/oder nicht nervös war, kann von außenstehenden Personen grundsätzlich nicht beantwortet werden.
Die Kammer hat diesbezüglich die von den Zollbeamten – und – anlässlich der durchgeführten Kontrolle des Angeklagten am 25.05.2019 ab 08.05 Uhr verfasste schriftliche Stellungnahme im Rahmen der Hauptverhandlung verlesen. Ein irgendwie auffälliges Verhalten des Angeklagten, dass auf eine besondere Nervosität hätte schließen lassen, wurde in der Stellungnahme gerade nicht geschildert. Die Kammer geht daher ohnehin davon aus, dass der Angeklagte sich bei der Kontrolle kooperativ verhalten hat und dem äußeren Eindruck nach ruhig und nicht nervös war.
Dies deckt sich im übrigen auch mit dem Bild, das sich die Kammer in der Hauptverhandlung selbst von dem Angeklagten gemacht hat.
Der Angeklagte hat während des gesamten Verfahrens einen äußerlich sehr ruhigen und keineswegs nervösen Eindruck auf die Kammer gemacht. Selbst nachdem die Kammer auf eine zumindest drohende Straferwartung zwischen 5 und 6 Jahren, die in der Vergangenheit für vergleichbare Fälle verhängt wurden, hingewiesen hat, und auch als die Staatsanwältin in ihrem Plädoyer die Verhängung einer Freiheitsstrafe von 5 Jahren und 10 Monaten beantragt hat, blieb der Angeklagte äußerlich vollkommen ruhig und gelassen.
Der Angeklagte ließ sich auch bei kritischen Nachfragen oder Hinweise auf von ihm gemachte widersprüchliche Angaben nicht aus der Ruhe bringen und zeigte auch sonst während der Beweisaufnahme keinerlei auffällige Regung.
Die Kammer geht daher – wie bereits erwähnt – davon aus, dass der Angeklagte bei der Kontrolle zumindest äußerlich einen ruhigen und nicht nervösen Eindruck gemacht und sich auch kooperativ verhalten hat, berücksichtigte diesen Umstand auch bei der Beurteilung hinsichtlich eines bedingten Vorsatzes zu Gunsten des Angeklagten, misst diesem Umstand allerdings – auch aufgrund des Eindrucks, den ich die Kammer selbst von dem Angeklagten verschafft hat – letztlich keine entscheidende Relevanz zu, zumal auch zu berücksichtigen war, dass der Angeklagte bei dieser Kontrolle – äußerlich ruhig – gegenüber den kontrollierenden Beamten nachweislich die Unwahrheit gesagt hat, als er angab, in … „Urlaub“ gemacht zu haben.
Hilfsbeweisantrag 2:
Der weitere Hilfsbeweisantrag, wonach die Kammer den Beamten vernehmen sollte, der die Hausdurchsuchung an dem Wohnsitz des Angeklagten durchgeführt hat, „um dessen Lebensumstände, Wohnsituation, sowie zu der Frage, inwieweit sich die Mutter zu den Vorwürfen geäußert hat, aufzuklären“, stellt aus Sicht der Kammer lediglich einen Beweisermittlungsantrag dar, was auch der Verteidiger des Angeklagten in der Hauptverhandlung bestätigte.
Diesem Antrag war ebenfalls nicht nachzukommen.
Soweit der gewünschte Zeuge Angaben zu den Lebensumständen und den Wohnverhältnissen des Angeklagten machen sollte, sieht die Kammer hierzu keinen Anlass, da sich der Angeklagte in der Hauptverhandlung selbst umfassend zu seinen persönlichen Verhältnissen, insbesondere auch zu seinen Lebensumständen und seiner Wohnsituation, geäußert hat.
Die Kammer hat diese Angaben des Angeklagten auch als zutreffend erachtet und sie entsprechend übernommen.
Hinsichtlich der Mutter des Angeklagten ist auszuführen, dass diese ausweislich des Inhalts der Ermittlungsakte und ausweislich der Angaben des Zeugen … gar nicht anwesend war, als die Durchsuchung durchgeführt wurde und zu keinem Zeitpunkt irgendwelche Angaben gemacht hat.
D.
Rechtliche Würdigung Durch die Tat hat sich der Angeklagte wegen Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit versuchter Durchfuhr von Betäubungsmitteln gemäß §§ 29 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 2, 11 Abs. 1, 29 a Abs. 1 Nr. 2, 3 Abs. 1 Nr. 1, 1 Abs. 1 BtMG i.V.m. Anlage 1 und 3 zu § 1 Abs. 1 BtMG, §§ 22, 23, 27, 52 StGB strafbar gemacht.
E.
Strafzumessung
Die Kammer legte vorliegend den gemäß §§ 27, 49 StGB gemilderten Strafrahmen des § 29a Abs. 1 BtMG zu Grunde.
Dabei war gemäß § 52 StGB aufgrund der Verletzung mehrerer Strafgesetze von dem Straftatbestand auszugehen, welcher die schwerste Strafe androht, so dass der Ausgangspunkt der Tatbestand des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gemäß § 29a Abs. 1 BtMG war.
I. Kein minder schwerer Fall gemäß § 29a Absatz 2 BtMG Im Rahmen der insoweit anzustellenden Gesamtabwägung kam die Kammer zu der Überzeugung, dass vorliegend ein minder schwerer Fall im Sinne des § 29 a Abs. 2 BtMG nicht anzunehmen ist. Denn zur Überzeugung der Kammer hebt sich die Tat nicht so deutlich von den gewöhnlich vorkommenden Fällen ab, und die mildernden Faktoren überwiegen nicht so deutlich, dass die Anwendung des Ausnahmestrafrahmens geboten erscheint.
Bei der Prüfung eines minder schweren Falles waren alle Umstände zu berücksichtigen, welche für die Wertung von Tat und Täter in Betracht kommen, gleichgültig, ob sie der Tat innewohnen, sie begleiten, ihr vorausgehen oder folgen (vgl. Fischer, StGB, 65. Auflage, § 46 Rn. 85 m.w.N.).
Im Rahmen der durchgeführten Gesamtabwägung wurden von der Kammer zunächst alle sonstigen – nicht vertypten – Milderungsgründe herangezogen und berücksichtigt.
Hierbei sprach für die Annahme eines minder schweren Falles, dass das Rauschgift sichergestellt werden konnte und somit nicht in den Handel gelangte. Darüber hinaus sollte das Heroin nicht auf den deutschen Markt gelangen. Weiter berücksichtigte die Kammer hier zugunsten des Angeklagten, dass der Angeklagte nicht vorgeahndet ist und er lediglich mit einem bedingten Vorsatz gehandelt hat.
Zudem wurde ein Geldbetrag in Höhe von 346 Euro eingezogen.
Die Gesamtwürdigung dieser allgemeinen Milderungsgründe ergibt aber, dass sie die Annahme eines minder schweren Falles nicht tragen, zumal den aufgeführten Gesichtspunkten weder für sich genommen noch in der Zusammenschau – zur Überzeugung der Kammer – besonderes Gewicht zukommt.
Ganz entscheidend gegen die Annahme eines minder schweren Falles sprach vorliegend, dass mit über 3 kg eine ganz erhebliche Menge Heroin und damit zusätzlich eine sehr gefährliche und sog. „harte“ Droge transportiert wurde, die auch eine gute Qualität aufwies, und dass bei dieser Menge die Grenze zur nicht geringen Menge um mehr als das 1700-fache überschritten war.
Insgesamt ist ein eindeutiges Überwiegen der mildernden Faktoren zur Überzeugung der Kammer letztlich nicht einmal ansatzweise ersichtlich, selbst wenn man nun den vertypten Milderungsgrund des § 27 StGB mit in die Abwägung miteinbezieht.
Denn auch unter zusätzlicher Berücksichtigung dieses Milderungsgrundes der Beihilfe liegt ein deutliches Überwiegen der mildernden Faktoren angesichts der dargelegten straferschwerenden Gesichtspunkte in keiner Weise vor. Die Kammer geht dabei nicht davon aus, dass der Angeklagte positiv wusste, welche Art und Menge an Rauschgift er transportierte, dennoch sind ihm diese Umstände – im Rahmen seines bedingten Vorsatzes – zurechenbar.
II. Strafrahmenverschiebung gemäß §§ 27, 49 StGB
Zu Gunsten des Angeklagten war vorliegend eine Strafrahmenverschiebung gemäß §§ 27, 49 Abs. 1 StGB vorzunehmen, da er sich „lediglich“ wegen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge strafbar gemacht hat.
III. Keine weitere Strafrahmenverschiebung
Eine weitere Strafrahmenverschiebung kam vorliegend nicht in Betracht, da für das Vorliegen eines zusätzlichen Milderungsgrundes nach Durchführung der Hauptverhandlung keinerlei Anhaltspunkte gegeben sind.
Insbesondere liegen die Voraussetzungen des § 31 BtMG und des § 21 StGB ersichtlich nicht vor.
IV. Strafzumessung im engeren Sinne
Innerhalb des nunmehr feststehenden Strafrahmens waren alle für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände – nochmals – umfassend gegeneinander abzuwägen. Dabei berücksichtigte die Kammer nochmals alle für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände, wie sie bereits bei der Prüfung eines minder schweren Falls erörtert wurden.
Zu Gunsten des Angeklagten wertete die Kammer somit insbesondere, dass der Angeklagte nicht vorbestraft ist, das Rauschgift nicht für den deutschen Markt bestimmt war und letztlich sichergestellt werden konnte, somit nicht in den Verkehr gelangte.
Darüber hinaus hat der Angeklagte lediglich mit einem bedingten Vorsatz gehandelt.
Straferschwerend berücksichtigte die Kammer die bereits bei dargelegten Gesichtspunkte, wobei nochmals klargestellt wird, dass die Kammer letztlich nicht davon ausging, dass der Angeklagte tatsächlich wusste, welche Art und Menge an Rauschgift er transportierte.
Unter Berücksichtigung sämtlicher vorgenannter Umstände erschien der Kammer eine
Freiheitsstrafe von 5 Jahren als angemessen.
F.
Einziehung Da der Angeklagte ausweislich seiner eigenen Angaben für den Transport des Koffers einen Betrag von umgerechnet insgesamt 346 Euro erhielt, war insoweit ein solcher Betrag nach den §§ 73, 73 c StGB als Wertersatz des Erlangten einzuziehen.
G.
Kosten
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 464, 465 StPO.
Landshut, 03.02.2021

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