Strafrecht

Kein Entfallen der Sonderzuständigkeit des Wirtschaftstrafrichters für Bannbruch bei Eingreifen der Subsidiaritätsregelung des § 372 Abs. 2 AO

Aktenzeichen  4 Qs 123/17

Datum:
12.10.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 142648
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
Hof
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
GVG § 74c

 

Leitsatz

1. Zuständigkeit des Wirtschaftsstrafrichters trotz Subsidiarität des Bannbruchs
2. Die Sonderzuständigkeit des Wirtschaftsstrafrichters für Bannbruch (§ 372 Abs. 1 AO) gemäß § 74c Abs. 1 Nr. 3 GVG iVm §§ 391 AO, 56 S. 1 BayGZVJu besteht auch dann, wenn die Tat aufgrund der Subsidiaritätsregelung in § 372 Abs. 2 AO nicht gemäß § 370 Abs. 1, 2 AO, sondern nach anderen Vorschriften als Zuwiderhandlung gegen ein Einfuhr-, Ausfuhr- oder Durchfuhrverbot zu bestrafen ist. (Rn. 11 – 13) (redaktioneller Leitsatz)
3. Soweit eine Behandlung als Wirtschaftsstrafsache verfehlt erscheint, kann die Staatsanwaltschaft gemäß § 154a Abs. 1 StPO von der Verfolgung des Bannbruchs absehen; eine solche Verfolgungsbeschränkung lässt die Sonderzuständigkeit entfallen. (Rn. 14 – 16) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

2 Ds 142 Js 10127/17 2017-09-12 Bes AGHOF AG Hof

Tenor

I. Auf die Beschwerde der Staatsanwaltschaft Hof vom 14.09.2017 wird der Beschluss des Amtsgerichts Hof – Wirtschaftsstrafrichter – vom 12.09.2017 aufgehoben.
II. Die Sache wird zur Entscheidung an das Amtsgericht Hof – Wirtschaftsstrafrichter – zurückverwiesen.
III. Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens bleibt der endgültigen Entscheidung in der Hauptsache vorbehalten.

Gründe

I.
Mit Verfügung vom 18.07.2017 (Bl. 30 ff.) legte das Zollfahndungsamt M. der Staatsanwaltschaft Bayreuth ein Ermittlungsverfahren gegen S. wegen des Verdachts des Bannbruchs und eines Verstoßes gegen das Waffengesetz vor. Insofern wird dem Angeschuldigten vorgeworfen, sich eine nicht ordnungsgemäß gekennzeichnete Farbmarkierungswaffe von einem Händler aus den USA nach Deutschland schicken haben zu lassen.
Mit Verfügung vom 20.08.2017 (Bl. 36) legte die Staatsanwaltschaft Bayreuth, in deren Zuständigkeitsbereich S. seinen Wohnsitz hat, das Ermittlungsverfahren gegen ihn der Staatsanwaltschaft Hof zur Übernahme vor. Zur Begründung der Bitte um Übernahme des Verfahrens wurde angeführt, dass eine ausschließliche Zuständigkeit der Schwerpunktstaatsanwaltschaft für Wirtschaftsstrafsachen, § 74c Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 [sic!] GVG, vorliege, da neben dem Vergehen nach § 52 WaffG auch der Tatbestand des Bannbruchs (§ 372 AO) verwirklicht sei.
Mit Verfügung vom 07.09.2017 (Bl. 38 f.) übernahm die Staatsanwaltschaft Hof das Verfahren und erhob sogleich Anklage zu dem Amtsgericht Hof – Strafrichter für Wirtschaftsstrafsachen -.
Mit Beschluss vom 12.09.2017 (Bl. 40 f.) erklärte sich das Amtsgericht Hof – Wirtschaftsstrafrichter – für funktionell und in der Folge auch für örtlich unzuständig: Der Bannbruch trete von Gesetzes wegen aufgrund der Subsidiaritätsklausel des § 372 Abs. 2 2. Halbsatz AO zurück, so dass – parallel zu einem Absehen von der Verfolgung durch die Staatsanwaltschaft – an diese Straftat nicht mehr die Sonderzuständigkeit des § 74c GVG anknüpfen könne. In der Folge sei mangels funktioneller Sonderzuständigkeit des Wirtschafts- und Steuerstrafgerichts eine örtliche Zuständigkeit des Amtsgerichts Hof nicht gegeben.
Gegen diesen Beschluss des Amtsgerichts Hof vom 12.09.2017 legte die Staatsanwaltschaft Hof mit Verfügung vom 14.09.2017 (Bl. 45) Beschwerde ein. Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, dass trotz der Subsidiaritätsregel des § 372 Abs. 2 AO die Tat weiterhin ein Bannbruch sei, der lediglich nach anderen Vorschriften und unter anderer Bezeichnung geahndet werde. In der Folge sei gemäß § 74c Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 GVG die funktionelle Zuständigkeit des Amtsgerichts – Strafrichter für Wirtschaftsstrafsachen – gegeben.
Mit Verfügung vom 18.09.2017 (Bl. 45R) half das Amtsgericht Hof der Beschwerde nicht ab. Die Staatsanwaltschaft Hof legte daraufhin mit Verfügung vom 19.09.2017 die Sache dem Landgericht Hof – Beschwerdekammer – zur Entscheidung vor.
Mit Verfügung vom 27.09.2017 gab das Landgericht Hof – Beschwerdekammer – dem Angeschuldigten Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 11.10.2017; eine Stellungnahme ging bislang nicht ein.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die vorbezeichneten Verfügungen der Staatsanwaltschaft Bayreuth und der Staatsanwaltschaft Hof, die angegriffene Entscheidung des Amtsgerichts Hof sowie die Beschwerdebegründung der Staatsanwaltschaft Hof Bezug genommen.
II.
1. Die Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen den Beschluss des Amtsgerichts Hof ist als einfache Beschwerde (§ 304 Abs. 1 StPO) statthaft (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 60. Aufl. [2017], § 16 Rdn. 7); im Übrigen wurde sie auch formgerecht eingelegt (§ 306 Abs. 1 StPO).
2. Sie erweist sich auch in der Sache als begründet, so dass der Beschluss des Amtsgerichts Hof, mit dem es seine Zuständigkeit verneinte, aufzuheben und das Verfahren zur weiteren Veranlassung an das Amtsgericht Hof – Strafrichter für Wirtschaftsstrafsachen – zurückzugeben war. Das Amtsgericht Hof – Strafrichter für Wirtschaftsstrafsachen – ist gemäß § 391 AO, § 74c Abs. 1 S. 1 Nr. 3 GVG, § 56 S.1 Nr. 2 GZVJu zuständig.
Durch das Verbringen des Farbmarkierungsgewehrs Kingman, Modell Hammer 7, dem die erforderliche F-Kennzeichnung fehlt, in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland besteht der Verdacht, dass sich der Angeschuldigte des unerlaubten Verbringens einer unerlaubten Schusswaffe nach § 52 Abs. 1 Nr. 2d WaffG und zugleich des Bannbruchs nach § 372 Abs. 1 AO schuldig gemacht hat. § 372 Abs. 2 S. 1 AO regelt für diese Konstellation, dass eine Bestrafung nach § 370 AO erfolgt, wenn die Tat nicht in anderen Vorschriften als Zuwiderhandlung gegen ein Einfuhr-, Ausfuhr- oder Durchfuhrverbot mit Strafe oder mit Geldbuße bedroht ist, womit im vorliegenden Fall die Bestrafung nach § 52 WaffG zu erfolgen hat.
„ Trotz dieser Subsidiaritätsregel des § 372 Abs. 2 2. Halbsatz AO bleibt die dem Angeschuldigten zur Last gelegte Tat jedoch ein Bannbruch, der lediglich nach anderen Vorschriften und unter anderer Bezeichnung geahndet wird (vgl. Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, AO, § 372 Bannbruch, 214. EL Mai 2017; Hilgers-Klautzsch in Kohlmann, Steuerstrafrecht, 57. Lieferung 03.2017, § 372 AO Rdn. 88; in Bezug auf das Zurücktreten von Kreditbetrug, § 265b StGB hinter Betrug, § 263 StGB: Siolek, in Löwe-Rosenberg, GVG, § 74c Rdn. 6 in Anschluss an OLG Celle, wistra 1991, S. 237). An dem Deliktscharakter als Steuerstraftat selbst ändert sich hingegen nichts, die Tat bleibt trotz der durch das Gesetz angeordneten Subsidiarität gleichwohl weiterhin ein Bannbruch. Die Subsidiarität des einfachen Bannbruchs gilt nämlich aufgrund des ausdrücklichen Wortlauts nicht für den Tatbestand, sondern ausschließlich für die Strafdrohung und ist daher auch nicht in den Schuldspruch aufzunehmen (Hilgers-Klautzsch in Kohlmann, Steuerstrafrecht, 57. Lieferung 03.2017, § 372 AO Rdn. 88). Der Bannbruch bleibt stets ein Steuerdelikt, weil die Tat nach der Formulierung des Abs. 2 die Qualität als Bannbruch nicht verlieren soll, und nur die Ahndung (Strafe oder Geldbuße) und nicht der Tatbestand subsidiär ist („Der Täter wird nach § § 370 Absatz 1, 2 bestraft, wenn die Tat nicht in anderen Vorschriften als Zuwiderhandlung gegen ein Einfuhr-, Ausfuhr- oder Durchfuhrverbot mit Strafe oder mit Geldbuße bedroht ist.“). Definitorisch ist das Verbringungsverbot nach dem WaffG damit gleichzeitig auch ein Bannbruch nach § 372 AO, nur eben mit subsidiärer Strafdrohung (vgl. Beckemper, HRSS 2013, 443 ff. [444]).
Da Bannbruch und die Straf- und Bußgeldnormen der Verbotsgesetze (der hier einschlägige § 52 Abs. 1 Nr. 2d WaffG formuliert: „Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer … 2. ohne Erlaubnis nach … d) § 2 Abs. 2 in Verbindung mit Anlage 2 Abschnitt 2 Unterabschnitt 1 Satz 1 in Verbindung mit § 29 Abs. 1, § 30 Abs. 1 Satz 1 oder § 32 Abs. 1 Satz 1 eine Schusswaffe oder Munition in den oder durch den Geltungsbereich dieses Gesetzes verbringt oder mitnimmt“), soweit sie das Verbringen betreffen (§ 372 Abs. 1 AO: „… Bannbruch begeht, wer Gegenstände entgegen einem Verbot, einführt, ausführt oder durchführt.“), mithin tatbestandlich inhaltsgleich sind, besteht die Funktion des § 372 AO einzig darin, Zuwiderhandlungen gegen Verbringungsverbote zu Steuerstraftaten zu qualifizieren und damit die Verfolgungszuständigkeit der Finanzbehörden und Zollämter zu begründen mit der Folge, dass §§ 385 bis 408 AO Anwendung finden (Meyer in: Beermann/Gosch, Abgabenordnung/Finanzgerichtsordnung, 1. Aufl. 1995, 133. Lieferung, § 372 AO 1977, Rn. 3). Infolgedessen besteht gleichfalls eine Zuständigkeitskonzentration auf das gemäß § 74c Abs. 1 S. 1 Nr. 3 GVG, § 391 AO zuständige Gericht (vgl. Randt in Joecks/Jäger/Randt, Steuerstrafrecht, 8. Aufl. [2015], Steuerstrafrecht, § 391 AO, Rdn. 8; Seipl in: Beermann/Gosch, Abgabenordnung/Finanzgerichtsordnung, 133. Lieferung, § § 385 AO 1977, Rdn. 5).
Aufgrund der ausdrücklichen Formulierungen des § 372 AO entzieht sich der Tatbestand des Bannbruchs auch den gebräuchlichen Konkurrenzregeln des StGB und lässt sich mit den herkömmlichen Konkurrenzregeln nicht eindeutig erfassen. Im Verhältnis zu anderen pönalisierten Tatbeständen ist beim einfachen Bannbruch nicht der Tatbestand, sondern „nur“ die Strafandrohung des Bannbruchs subsidiär. Der BGH bestätigte diese Auffassung von der Sonderstellung des § 372 AO schon im Jahre 1973 zum inhaltsgleichen § 396 Abs. 2 RAO – alter Fassung – und hält an dieser Rechtsauffassung weiterhin fest (pars pro toto: BGH, Beschluss vom 27.04.2016 – 1 StR 448/15 [Rdn. 2]) und führte dazu aus (BGH NJW 1973, 1707 [1708]): „Dem Gesetzgeber steht es jedoch frei, wie hier, das Verhältnis von Strafvorschriften zueinander in einer Weise zu bestimmen, die sich nicht genau in eine der von Rechtsprechung und Schrifttum entwickelten Konkurrenzformen einordnen lässt. Für die Auslegung maßgebend ist nicht die Übereinstimmung ihres Ergebnisses mit dogmatischen Regeln, sondern der von rechtspolitischer Zielsetzung getragene und im Gesetz zum Ausdruck gekommene Wille des Gesetzgebers, bestimmte Verhaltensweisen in bestimmter Weise mit Strafe zu bedrohen.“
Diese besondere gerichtliche Zuständigkeit lässt sich auch damit begründen, dass unter den Gesetzeszwecken des § 372 AO materiell-rechtliche und verfahrensrechtliche Zwecke unterschieden werden müssen: Materiell-rechtlich bezweckt die Vorschrift den Schutz durch eigenständige Strafvorschriften bewehrter Einfuhrverbote sowie die Festlegung als Grundtatbestand für die Strafverschärfung nach § 373 AO. Verfahrensrechtlich bezweckt die Vorschrift, strafbare Verstöße gegen Einfuhr-, Ausfuhr- und Durchfuhrverbote im nichtsteuerlichen Bereich als Steuerstraftaten zu qualifizieren (§ 369 Abs. 1 Nr. 2 AO) und damit die Anwendung des Steuerstrafverfahrensrechts (§§ 385 – 408 AO) auf die strafrechtlich zu ahndenden Verbote nichtsteuerlicher Art zu ermöglichen (vgl. Jäger in Joecks/Jäger/Randt, Steuerstrafrecht, 8.Aufl. [2015], Steuerstrafrecht, § 372 AO Rdn. 5). Dementsprechend gelten nach h.M. die Verfahrensvorschriften der §§ 385 – 408 AO auch, sofern der Bannbruch i.S.d. § 372 Abs. 1 AO in anderen Vorschriften mit Strafe bedroht ist (vgl. Jäger in Joecks/Jäger/Randt a.a.O., Rn. 98, Beckemper, a.a.O., 445, Bender, wistra 1990, 285 [286], MüKo-StGB/Schmitz, § 369 Rdn. 13). Die h.M. entspricht dem Gesichtspunkt der Praktikabilität, wonach die Zollverwaltung als für die Beachtung der Verbote und Beschränkungen zuständige Behörde auch für die Strafverfolgung bei Verstößen gegen nicht steuerliche Verbotsnormen zuständig sein muss. Es ist auch vernünftig, dass den Zollbeamten, welche die Grenzkontrolle vornehmen, gleichzeitig die Zuständigkeit für die Ermittlungen bei einem Verstoß gegen ein Ein-, Aus- und Durchfuhrverbot zukommt, auch wenn das Verbringungsverbot nichtsteuerlicher Natur ist (Beckemper, a.a.O., 445). Infolgedessen war über §§ 372, 369 Abs. 1 Nr. 2, 386 Abs. 1 AO in vorliegendem Fall bei der Einfuhr der Schusswaffe die Zollverwaltung die zuständige Ermittlungsbehörde. Als weitere besteht gleichfalls die Zuständigkeitskonzentration auf das gemäß § 391 AO zuständige Gericht (vgl. Randt in Joecks/Jäger/Randt, Steuerstrafrecht, 8. Aufl. [2015], Steuerstrafrecht, § 391 AO, Rdn. 8; Seipl in: Beermann/Gosch, Abgabenordnung/Finanzgerichtsordnung, 133. Lieferung, § § 385 AO 1977, Rdn. 5).
Daraus folgt damit, dass, selbst wenn demnach eine Verbringungsstraftat regelmäßig – wie im vorliegenden Fall auch – nach anderen Gesetzen als nach § 372 AO (hier nach § 52 Abs. 1 Nr. 2d WaffG) zu bestrafen ist, die Tat doch im Übrigen in jeder Hinsicht ein Bannbruch und damit eine Steuerstraftat bleibt, nachdem Bannbruch durch § 369 Abs. 1 Nr. 2 AO konstitutiv zu einer Steuerstraftat i.S.d. straf- und strafverfahrensrechltichen Vorschriften der AO erklärt wird (vgl. Joecks in Joecks/Jäger/Randt, Steuerstrafrecht, 8. Aufl. [2015], Steuerstrafrecht, § 369 AO Rdn. 9; Ransiek in Kohlmann, Steuerstrafrecht, 57. Lieferung 03.2017, § 369 AO Rdn. 30 f.).
Soweit eine gerichtsverfassungsrechtliche Behandlung als Wirtschaftsstrafsache verfehlt wäre, kann die Staatsanwaltschaft den Bannbruch nach § 154a StPO behandeln (Tully, in: Graf/Jäger/Wittig, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, 2. Aufl. [2017], § 372 AO Rdn. 18). Die Staatsanwaltschaft wird auch regelmäßig gem. § 154a StPO von der Verfolgung des Bannbruchs absehen, wenn sie den besonderen wirtschaftlichen Sachverstand der Wirtschaftsstrafkammer bzw. des Wirtschaftsstrafrichters nicht für erforderlich hält. Tut sie das – wie im vorliegenden Verfahren – nicht, ergibt sich zwangsläufig auch eine besondere gerichtliche Zuständigkeit aus der Qualität als Steuerdelikt (Wirtschaftsstrafkammer bzw. besondere Abteilung des Amtsgerichtes am Sitz der Staatsanwaltschaft) (vgl. Retemeyer in: Müller-Gugenberger, Wirtschaftsstrafrecht, 6. Aufl. [2015], D. Sonstige Steuerstraftaten, Rn. 209).
Das vom Amtsgericht Hof angeführte Argument, dass für eine bereits im Wege der Gesetzeskonkurrenz zurücktretende Straftat eine Verfahrensbeschränkung nach § 154a StPO ausscheidet (vgl. Beulke, in Löwe-Rosenberg, § 154a StPO Rdn. 7) und damit auch im Fall eines einfachen Bannbruchs immer der Wirtschaftsstrafrichter bzw. sogar die Wirtschaftsstrafkammer zuständig wäre, dessen/deren Sachverstand gar nicht gefragt ist, verfängt nicht, da § 372 AO sich den gebräuchlichen Konkurrenzregeln des StGB entzieht und sich mit diesen nicht eindeutig erfassen lässt (vgl. oben; auch Wabnitz/Janovsky, Handbuch des Wirtschafts- und Steuerstrafrechts, 9. Kapitel, Rdn. 125). Darüber hinaus lässt das Argument die prozessuale Funktion des Tatbestands des § 372 AO außer Betracht – die konstitutive Einordnung als Steuerstraftat, § 369 Abs. 1 Nr. 2 AO -, die zum Ziel hat, das Steuerstrafverfahrensrecht nach §§ 385 ff. AO anwendbar zu machen (vgl. Beckemper, a.a.O., S. 445) und damit auch § 391 AO.
Nachdem nach allgemeiner Meinung durch eine Verfahrensbeschränkung nach § 154a StPO, soweit sie die einzige Katalogstraftat im Sinne des § 74c Abs. 1 Satz 1 GVG betrifft, die Zuständigkeit der Wirtschaftsstrafkammer bzw. des Steuerstrafrichters nach § 391 AO beseitigt werden kann, wird dementsprechend die Staatsanwaltschaft regelmäßig gem. § 154a StPO von der Verfolgung des Bannbruchs absehen und damit die Zuständigkeit der Wirtschaftsstrafkammer bzw. des Wirtschaftsstrafrichters beseitigen.
Da die Staatsanwaltschaft Hof von dem ihr bzgl. der Anwendung des § 154a StPO zustehenden Ermessensspielraum im vorliegenden Fall keinen Gebrauch gemacht hat, besteht die ausschließliche Zuständigkeit des Amtsgerichts Hof – Strafrichter für Wirtschaftsstrafsachen -, so dass der Beschluss des Amtsgerichts Hof vom 12.09.2017 aufzuheben war und festzustellen ist, dass das Amtsgericht Hof – Strafrichter für Wirtschaftsstrafsachen – gemäß § 391 AO für das Verfahren funktionell und damit auch örtlich zuständig ist. Dieses hat dementsprechend die Zustellung der Anklage zu veranlassen und sodann über die Eröffnung bzw. über den weiteren Verfahrensfortgang zu befinden.
III.
Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens muss der endgültigen Entscheidung in der Hauptsache vorbehalten bleiben

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