Aktenzeichen 825 Cs 113 Js 220759/16
Leitsatz
Ist eine Äußerung nach Art und Inhalt sowie den Umständen ihrer Abgabe nicht geeignet, nach dem aus der Sicht eines objektiven Beobachters voraussehbaren wahrscheinlichen Geschehensablauf den angekündigten Angriff einer breiten Öffentlichkeit bekannt zu machen, so ist der Tatbestand des § 126 StGB nicht erfüllt. (Rn. 8) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
1. Der Angeklagte …B, geb. am wird freigesprochen.
2. Die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten trägt die Staatskasse.
Angewandte Vorschriften: §§ 464, 467 StPO.
Gründe
(Abgekürzt gemäß § 267 IV StPO)
I.
Dem Angeklagten wurde im Strafbefehl, dessen Erlass die Staatsanwaltschaft am 17.02.2017 beantragte, folgender Sachverhalt zugrunde gelegt:
Am 22.07.2016 ab ca. 18.00 Uhr erschoss David S im Bereich des Olympiaeinkaufszentrums (OEZ) in München insgesamt 9 Personen und sich selbst. Zudem verletzte er eine Vielzahl weiterer Personen.
Nur drei Tage später, am 25.07.2016 gegen 14:30 Uhr kündigte der Angeklagte absichtlich im Altenpflegeheim am xxxx in München gegenüber mehreren Arbeitskollegen an, dass er Amok laufen würde, wenn er erneut die Pflege einer bestimmten Person übernehmen müsste. Hierbei hatte der Angeklagte erkannt und zumindest billigend in Kauf genommen, dass seine Arbeitskollegen seine Äußerung als Androhung eines Amoklaufes verstehen und dementsprechend ernst nehmen würden. Auch hatte der Angeklagte erkannt und gebilligt, dass bei einem Bekanntwerden des Inhalts seiner Äußerungen ein im Einzelnen nicht überschaubarer Personenkreis erheblich beunruhigt werden würde, insbesondere durch etwaig zu ergreifende polizeiliche Präventivmaßnahmen.
Er soll sich der Störung des öffentlichen Friedens durch Androhung von Straftaten gem. § 16 I Nr. 2 StGB schuldig gemacht haben.
Das Gericht erließ den Strafbefehl nicht, sondern beraumte gem. § 408 III S. 2 StPO Hauptverhandlung an.
II.
Der Angeklagte ist aus rechtlichen Gründen freizusprechen.
Aufgrund der Beweisaufnahmen steht fest, dass der dem Strafbefehl zugrunde gelegte Sachverhalt zutreffend ist.
Das Verhalten des Angeklagten erfüllt jedoch nicht den Straftatbestand des § 126 StGB, da es unter Berücksichtigung der konkreten Umstände bereits objektiv nicht geeignet war, den öffentlichen Frieden zu stören. Bei der Äußerung des Angeklagten handelte es sich um eine Unmutsäußerung im Hinblick auf die Pflege einer bestimmten Person im Rahmen seines Arbeitsverhältnisses und war als solche auch zu erkennen. Nach Art und Inhalt der Äußerung sowie den Umständen ihrer Abgabe war niemals damit zu rechnen, dass der angekündigte Angriff nach dem aus der Sicht eines objektiven Beobachters voraussehbaren wahrscheinlichen Geschehensablauf einer breiten Öffentlichkeit bekannt werden wird (OLG Karlsruhe, Urteil vom 07.02.2017, NStZ-RR 2017, 108)
Der Angeklagte war somit freizusprechen.
Die Kosten- und Auslagenentscheidung beruht auf § 467 I StPO.