Strafrecht

Kostenentscheidung nach Zurückverweisung aufgrund erneuter Revision: Differenzierung nach den einzelnen Rechtsmitteln

Aktenzeichen  18 KLs 502 Js 1411/09 (2)

Datum:
10.7.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 51288
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
Nürnberg-Fürth
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
StPO § 464 Abs. 1, Abs. 2, § 473 Abs. 4
GKG § 37

 

Leitsatz

Wird gegen ein nach Zurückverweisung durch die Revisionsinstanz ergangenes Urteil erneut Revision eingelegt, so ist bei der abschließenden Kostenentscheidung im Hinblick auf die Kosten der Revisionsverfahren zwischen den (beiden) Revisionsverfahren zu differenzieren. Die frühere Rechtsprechung, nach der bei erneuter Revision gegen ein nach Zurückverweisung ergangenes Urteil insgesamt nur eine Revisionsgebühr entsteht, ist durch § 37 GKG überholt. (Rn. 13)

Tenor

I. Aufgrund Urteils des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 26.10.2016, Az. 12 KLs 502 Js 1411/09, ist der Angeklagte schuldig der Beihilfe zur Steuerhinterziehung in fünf tatmehrheitlichen Fällen.
II. Er wird wegen zweier dieser Taten unter Einbeziehung der durch Urteil des Amtsgerichts München vom 05.02.2007, Az. 821 Ds 266 Js 216003/06, verhängten Strafe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von
1 Jahr 5 Monaten und wegen der weiteren drei Taten zu einer weiteren Gesamtfreiheitsstrafe von
2 Jahren
verurteilt.
III. Die Vollstreckung der Gesamtfreiheitsstrafen wird jeweils zur Bewährung ausgesetzt.
IV. Aufgrund Urteils des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 26.10.2016, Az. 12 KLs 502 Js 1411/09, gelten – über die anzurechnende Untersuchungshaft hinaus – 3 Monate als bereits vollstreckt. Hiervon entfallen 1 Monat auf die vorstehend erstgenannte Gesamtfreiheitstrafe und 2 Monate auf die zweitgenannte Gesamtfreiheitsstrafe.
V. Von den Kosten des ersten Revisionsverfahrens und den ihm insoweit entstandenen notwendigen Auslagen tragen der Angeklagte zwei Drittel und die Staatskasse ein Drittel; die Revisionsgebühr wird insoweit um ein Drittel ermäßigt. Im Übrigen trägt der Angeklagte die Kosten des Verfahrens einschließlich der Kosten des zweiten Revisionsverfahrens und der ihm insoweit entstandenen notwendigen Auslagen.
Angewandte Vorschriften:
§§ 369, 370 Abs. 1 Nr. 1 u. Nr. 2 AO; § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a), § 13a Nr. 1, §§ 14, 15, 16 Abs. 1, § 18 Abs. 3 UStG; § 27 Abs. 1 u. Abs. 2, § 49 Abs. 1, § 53 StGB.

Gründe

(abgekürzt nach § 267 Abs. 4 StPO)
A.
Verfahrensgang Mit Urteil der ursprünglich für das Verfahren zuständigen 3. (Wirtschafts-)Strafkammer des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 29.07.2013 (Az. 3 KLs 502 Js 1411/09) wurde der Angeklagte in dieser Sache wegen Steuerhinterziehung in 12 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 2 Jahren und 6 Monaten und unter Einbeziehung einer durch Urteil des Amtsgerichts München vom 05.02.2007 (Az. 821 Ds 266 Js 216003/06) verhängten Strafe zu einer weiteren Gesamtfreiheitsstrafe von 2 Jahren und 6 Monaten verurteilt. Das Urteil vom 29.07.2013 wurde auf die Revision des Angeklagten mit Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 08.07.2014 (Az. 1 StR 29/14) mit den Feststellungen aufgehoben und die Sache an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Nürnberg-Fürth zur erneuten Verhandlung zurückverwiesen.
Bereits vor Beginn der erneuten Hauptverhandlung im zweiten Rechtsgang wurde das Verfahren von der nach Zurückverweisung zuständigen 12. (Wirtschafts-)Strafkammer des Landgerichts Nürnberg-Fürth (Az. 12 KLs 502 Js 1411/09) auf Antrag der Staatsanwaltschaft gemäß § 154 Abs. 2 StPO auf die Vorwürfe der Hinterziehung von Umsatzsteuer in den Jahren 2004 bis einschließlich 2007 beschränkt.
Das Verfahren gegen die ursprüngliche Mitangeklagte F, deren Verurteilung aufgrund der Revision des Angeklagten teilweise mitaufgehoben worden war, wurde nach deren Einlassung zur Sache abgetrennt. F wurde mit Urteil vom 27.06.2016 (Az. 12 KLs 502 Js 1204/16) rechtskräftig zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 1 Jahr und 3 Monaten unter Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt.
Mit Urteil vom 26.10.2016 sprach die 12. Strafkammer des Landgerichts Nürnberg-Fürth den Angeklagten der Beihilfe zur Steuerhinterziehung in 5 tatmehrheitlichen Fällen schuldig und verurteilte ihn deswegen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 2 Jahren und 9 Monaten. Wegen der eingetretenen Verfahrensverzögerung erklärte die 12. Strafkammer von dieser Gesamtfreiheitsstrafe 3 Monate als bereits vollstreckt.
Die 12. Strafkammer kam in ihrem Urteil zu dem Ergebnis, dass der Angeklagte aufgrund des von ihr festgestellten Sachverhalts hinsichtlich der nach der Verfahrensbeschränkung „übrig gebliebenen“ Umsatzsteuerverkürzungen der Jahre 2003 bis einschließlich 2007 (nur) wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung zu verurteilen war. Die 12. Strafkammer nahm dabei fünf (tatmehrheitliche) Fälle der Beihilfe zur Steuerhinterziehung an, nämlich zum einen zu Hinterziehungen von Umsatzsteuern für die Veranlagungszeiträume 2004, 2005 und 2006 durch den Haupttäter D sowie zum anderen zu Hinterziehungen von Umsatzsteuern für die Veranlagungszeiträume 2006 und 2007 durch die Haupttäterin F.
Als Einzelstrafen setzte die 12. Strafkammer folgende Freiheitsstrafen fest:
Beihilfe zur Verkürzung der Umsatzsteuer für 2004 durch D: 5 Monate Beihilfe zur Verkürzung der Umsatzsteuer für 2005 durch D: 6 Monate Beihilfe zur Verkürzung der Umsatzsteuer für 2006 durch D: 1 Jahr Beihilfe zur Verkürzung der Umsatzsteuer für 2006 durch F: 2 Jahre Beihilfe zur Verkürzung der Umsatzsteuer für 2007 durch F: 6 Monate Bei der Gesamtstrafenbildung sah die 12. Strafkammer (anders als noch die 3. Strafkammer im ersten Durchgang) von einer nachträglichen Einbeziehung auch der Strafe aus dem bereits erwähnten Urteil des Amtsgerichts München vom 05.02.2007 mit der Begründung ab, eine Einbeziehung sei nicht mehr möglich, weil die Strafe – was als solches zutraf – zwischenzeitlich vollständig vollstreckt worden sei.
Auf die Revision des Angeklagten hat der Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 25.10.2007 (Az. 1 StR 136/17) das Urteil der 12. Strafkammer im Ausspruch über die Gesamtstrafe mit den Feststellungen aufgehoben und die weitergehende Revision des Angeklagten als unbegründet verworfen. Im Umfang der Aufhebung hat der Bundesgerichtshof die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere als Wirtschaftsstrafkammer zuständige Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
In den Entscheidungsgründen führt der Bundesgerichtshof aus, dass bei Aufhebung einer Gesamtstrafe und Zurückweisung der Sache an das Tatgericht in der neuen Verhandlung die Gesamtstrafe nach Maßgabe der Vollstreckungssituation zum Zeitpunkt der ersten tatrichterlichen Verhandlung vorzunehmen ist, weshalb die 12. Strafkammer ihrer Entscheidung die Vollstreckungssituation am 29.07.2013 – damals war die in Rede stehende Strafe noch nicht vollstreckt – hätte zugrunde legen müssen.
B.
Zur Person des Angeklagten

C.
Die Taten des Angeklagten
Aufgrund des Urteils des Bundesgerichtshofs vom 25.10.2017 ist (unter anderem) der Schuldspruch des Urteils der 12. Strafkammer des Landgerichts Nürnberg-Fürth in Rechtskraft erwachsen. Die von der 12. Strafkammer des Landgerichts diesbezüglich getroffenen Feststellungen sind deshalb für die Kammer bindend.
Die 12. Strafkammer hat zu den Taten des Angeklagten folgendes festgestellt:

D.
Beweiswürdigung

Aufgrund des Urteils der 12. Strafkammer des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 26.10.2016 in Verbindung mit dem Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 25.10.2017 steht bindend fest, dass sich der Angeklagte wegen des festgestellten Sachverhalts in fünf (tatmehrheitlichen) Fällen der Beihilfe zur Steuerhinterziehung gemäß §§ 369, 370 Abs. 1 Nr. 1 u. Nr. 2 AO, § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a), § 13a Nr. 1, §§ 14, 15, 16 Abs. 1, § 18 Abs. 3 UStG, §§ 27, 53 StGB schuldig gemacht hat.
Strafzumessung

F.
Verfahrensverzögerung

H.
Keine Verständigung

Die Kammer hatte nicht nur über die Verfahrenskosten des ersten Rechtszugs, sondern auch über die Kosten der Rechtsmittel zu entscheiden. Bei der Kostenentscheidung war zwischen den beiden Revisionsverfahren zu trennen, da § 37 GKG eine Zusammenfassung der Kosten nach Zurückweisung nur für die Ausgangsinstanz vorschreibt, nicht jedoch für die Rechtsmittelinstanz (Dörndorfer in: BeckOK Kostenrecht, § 37 GKG Rn. 1; Klahr in: BeckOK Kostenrecht, GKG KV 3130 Rn. 22; Zimmermann in: Binz/Dörndorfer/ Petzold/Zimmermann, GKG, § 37 Rn. 2; Volpert in: Schneider/Volpert/Fölsch, Gesamtes Kostenrecht, § 37 GKG Rn. 27). Die frühere Rechtsprechung, nach der bei erneuter Revision gegen ein nach Zurückverweisung ergangenes Urteil insgesamt nur eine Revisionsgebühr entsteht (vgl. BGH, Beschluss vom 26.07.1988 – 4 StR 331/88 -), ist durch § 37 GKG überholt, nachdem dieser – anders als die „Vorläufer“-Bestimmung des § 33 GKG a. F. (Bekanntmachung vom 18.12.1975, BGBl. I S. 3074) – nicht mehr nur in „Bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten“, sondern auch in Strafsachen Anwendung findet. Für das erste Revisionsverfahren hat die Kammer wegen des vom Angeklagten damals erzielten Teilerfolgs unter Anwendung des § 473 Abs. 4 Satz 1 StPO ein Drittel der Verfahrenskosten und der ihm entstandenen Auslagen der Staatskasse auferlegt und die Revisionsgebühr entsprechend ermäßigt. Für das zweite Revisionsverfahren hat die Kammer von einer Anwendung des § 473 Abs. 4 Satz 1 StPO abgesehen, da der Angeklagte mit jenem Rechtsmittel keinen wesentlichen Erfolg mehr erzielt hat und es daher auch nicht unbillig ist, ihn insoweit mit den Kosten zu belasten.
Im Übrigen beruht die Kostenentscheidung auf § 465 StPO.

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