Aktenzeichen 1 BvR 1809/12
§ 23 Abs 1 S 2 BVerfGG
§ 92 BVerfGG
§ 66 Abs 18a S 2 EEG 2009 vom 17.08.2012
Art 1 EERechtÄndG
Gründe
I.
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                            Die Beschwerdeführerinnen sind in unterschiedlichen Funktionen an der Projektierung und Errichtung zweier großer Photovoltaikanlagen
      beteiligt.
   
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                            Sie wenden sich mit ihrer Verfassungsbeschwerde gegen den durch Art. 1 des Gesetzes zur Änderung des Rechtsrahmens für Strom
      aus solarer Strahlungsenergie und zu weiteren Änderungen im Recht der erneuerbaren Energien vom 17. August 2012 (BGBl I S.
      1754) eingefügten § 66 Abs. 18a Satz 2 des Gesetzes für den Vorrang Erneuerbarer Energien (Erneuerbare-Energien-Gesetz – EEG).
      Die Vorschrift führt dazu, dass die im Erneuerbare-Energien-Gesetz vorgesehene Förderung für die Erzeugung von Strom aus solarer
      Strahlungsenergie in Form von festgelegten Vergütungssätzen nur noch für Anlagen mit einer installierten Leistung bis 10 Megawatt
      gewährt wird, wenn die Anlage nicht vor dem 1. Oktober 2012 in Betrieb gegangen ist.
   
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                            Die Beschwerdeführerinnen halten die Übergangsregelung in § 66 Abs. 18a Satz 2 EEG für zu kurz bemessen, da ihre streitgegenständlichen
      Photovoltaikanlagen mit einer Leistung von mehr als 10 Megawatt innerhalb dieser Zeit nicht in Betrieb genommen werden könnten.
      Mit dem Wegfall der Förderung würden die Projekte unwirtschaftlich.
   
II.
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                            Die Annahmevoraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG sind nicht erfüllt. Der Verfassungsbeschwerde kommt weder grundsätzliche
      Bedeutung zu, noch ist ihre Annahme zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte im Sinne von § 93a Abs. 2
      Buchstabe b BVerfGG angezeigt, denn der Vortrag der Beschwerdeführerinnen erfüllt nicht die hieran zu stellenden Darlegungsanforderungen.
      Damit erledigt sich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.
   
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                            1. Nach § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG muss sich die Verfassungsbeschwerde mit dem zugrunde liegenden einfachen Recht sowie
      mit der verfassungsrechtlichen Beurteilung des vorgetragenen Sachverhalts auseinandersetzen und hinreichend substantiiert
      darlegen, dass eine Grundrechtsverletzung möglich erscheint (vgl. BVerfGE 89, 155 ). Der Beschwerdeführer muss darlegen,
      mit welchen verfassungsrechtlichen Anforderungen die angegriffene Maßnahme kollidiert (vgl. BVerfGE 108, 370 ). Soweit
      das Bundesverfassungsgericht für bestimmte Fragen bereits verfassungsrechtliche Maßstäbe entwickelt hat, muss anhand dieser
      Maßstäbe aufgezeigt werden, inwieweit Grundrechte durch die angegriffene Maßnahme verletzt werden (vgl. BVerfGE 99, 84 ;
      101, 331 ; 102, 147 ). Das gilt jedenfalls dann, wenn die Verletzung des Grundrechts nicht auf der Hand liegt (BVerfG,
      Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 24. August 2010 – 1 BvR 1584/10 -, juris Rn. 3). Zur Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde
      gehört auch, dass der Beschwerdeführer seine gegenwärtige und unmittelbare Betroffenheit ausreichend substantiiert (vgl. BVerfGE
      40, 141 ; 79, 1 ). Wird Verfassungsbeschwerde unmittelbar gegen ein Gesetz erhoben, so müssen die Tatsachen, aus
      denen sich die Betroffenheit des Beschwerdeführers ergibt, im Verfassungsbeschwerdeverfahren hinreichend belegt werden. Die
      bloße Behauptung oder Versicherung des Beschwerdeführers reicht dazu nicht aus (vgl. BVerfGE 83, 162 ; siehe auch
      als Frage der Begründetheit in BVerfGE 84, 90 ; 85, 117 ).
   
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                            2. Bei Anlegung dieser Maßstäbe erweist sich der Vortrag der Beschwerdeführerinnen in mehrfacher Hinsicht als unzureichend.
   
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                            a) Es fehlt schon an einer hinreichend nachvollziehbaren Darstellung der einfachen Rechtslage. Jedenfalls anwaltlich vertretene
      Beschwerdeführer, die wie die Beschwerdeführerinnen dieses Verfahrens nach ihrem Vortrag mit Investitionen in Millionenhöhe
      in dem Anwendungsbereich der unmittelbar angegriffenen Rechtsnormen spezialisiert tätig sind, sind gehalten, ihre unmittelbare
      Betroffenheit durch die angegriffene Norm unter hinreichend präziser Darstellung der einschlägigen Rechtslage darzulegen.
      Dazu gehört im vorliegenden Fall die nähere Beschreibung der auf die Projekte nach bisherigem Recht konkret zutreffenden Förderbedingungen
      einschließlich der schon vorgesehenen Abschmelzung der Förderbeträge und die wiederum auf ihre Situation bezogene Erläuterung,
      welche Neuregelung warum und mit welchen Folgen zu der geltend gemachten Betroffenheit führt. Diesen Anforderungen wird der
      Vortrag der Beschwerdeführerinnen nicht gerecht. Die Einbindung der tatsächlichen Verhältnisse der Beschwerdeführerinnen in
      das einfache Recht umfassend aufzuarbeiten, ist nicht Aufgabe des Bundesverfassungsgerichts.
   
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                            b) Ungeachtet dieser Frage wird aber auch die Möglichkeit einer eigenen unmittelbaren Betroffenheit in verfassungsrechtlich
      geschützten Rechten aus dem Vortrag der Beschwerdeführerinnen nicht hinreichend deutlich, geschweige denn näher belegt.
   
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                            Die Beschwerdeführerinnen gehen zwar auf zwei Projekte ein, an deren Realisierung sie in unterschiedlicher Form beteiligt
      sind. Ihr Vortrag lässt jedoch jede hinreichende Konkretisierung im Hinblick auf den genauen jeweiligen Verlauf und Stand
      der Projekte vermissen. Es bleibt unklar, in welches Projekt welche der Beschwerdeführerinnen wann genau welche Investitionen
      in welcher Größenordnung getätigt hat. Sie beschränken sich vielmehr darauf, lediglich pauschal Investitionen in Millionenhöhe
      zu behaupten. Ebenso erhellen die Beschwerdeführerinnen nicht, wann genau sie welche vertraglichen Verpflichtungen eingegangen
      sind. Eine Beziehung zwischen ihren Investitionen oder dem Zeitpunkt der jeweils eingegangenen vertraglichen Verpflichtungen
      und dem jeweiligen Stand des Gesetzgebungsverfahrens wird nicht hergestellt. Dem Bundesverfassungsgericht ist damit die Überprüfung
      der Frage nicht möglich, ob bei der jeweiligen Investition bzw. eingegangenen Verpflichtung aufgrund des Standes des Gesetzgebungsverfahrens
      von einem hinreichend geschützten Vertrauen der Beschwerdeführerinnen ausgegangen werden kann.
   
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                            Darüber hinaus haben die Beschwerdeführerinnen auch nicht im Einzelnen dargelegt, bei welcher der Beschwerdeführerinnen voraussichtlich
      welche Verluste aufgrund der Gesetzesänderung eintreten werden. Es fehlt vielmehr jede konkrete Betrachtung der Wirtschaftlichkeit
      der von ihnen betriebenen Projekte unter der Geltung des § 66 Abs. 18a Satz 2 EEG. Hierzu hätte indes schon deshalb Anlass
      bestanden, weil das Erneuerbare-Energien-Gesetz auch unabhängig von den Vergütungsregelungen der §§ 16 ff. EEG in § 8 Abs.
      1 EEG eine Abnahmeverpflichtung für den Strom aus Erneuerbaren Energien statuiert. Die Beschwerdeführerinnen haben weder dargelegt
      noch ist sonst ersichtlich, dass die Vorschrift des § 66 Abs. 18a Satz 2 EEG dazu führt, dass sie keinerlei Vergütung mehr
      für den in den von ihnen projektierten Solarkraftwerken produzierten Strom erhalten werden. Die Frage, ob die Projekte auch
      nach der neuen Rechtslage noch wirtschaftlich betrieben werden können, lässt sich daher auf der Grundlage ihres Vortrags letztlich
      nicht beantworten.
   
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                            Neben diesen elementaren Mängeln im Hinblick auf den Vortrag zu ihrer tatsächlichen Betroffenheit setzen sich die Beschwerdeführerinnen
      auch in rechtlicher Hinsicht nur unzureichend mit naheliegenden Gesichtspunkten auseinander.
   
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                            Nach ihrem eigenen Vortrag lagen für das Projekt „Solarkraftwerk B…“ zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der hier streitgegenständlichen
      gesetzlichen Vorschrift weder die bauplanungsrechtlichen Voraussetzungen für die Errichtung des Solarkraftwerks vor noch wurde
      hierfür eine Baugenehmigung erteilt. Schon für sich genommen wirft das die Frage auf, inwieweit das Fehlen der für die Realisierung
      eines Solarkraftwerks notwendigen Voraussetzungen zu einer Minderung des Vertrauensschutzes führt. Dies erlangt umso mehr
      Bedeutung, als das Bundesverfassungsgericht bereits mit der Frage befasst war, ob und inwieweit erst der Beschluss über den
      Bebauungsplan im Rahmen der Förderung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz eine verlässliche Grundlage für Investitionen und
      in Folge dessen für berechtigtes Vertrauen bietet (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 23. September
      2010 – 1 BvQ 28/10 – NVwZ-RR 2010, S. 905 ).
   
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                            Die Beschwerdeführerinnen gehen weder auf die Relevanz des Vorliegens der bauplanungsrechtlichen Voraussetzungen bzw. der
      Baugenehmigung im Allgemeinen noch auf die zitierte Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts im Besonderen ein. Es fehlt
      daher jede nachvollziehbare Darstellung dazu, aus welchen Gründen im vorliegenden Fall eine verfassungsrechtlich relevante
      Betroffenheit der Beschwerdeführerinnen vorliegen soll, obwohl im Hinblick auf das von ihnen in erster Linie dargestellte
      Projekt „Solarkraftwerk B…“ zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der angegriffenen gesetzlichen Regelung weder ein Bebauungsplan
      vorlag noch eine Baugenehmigung erteilt war.
   
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                            Ihre Angaben zu dem weiteren von ihnen erwähnten Projekt „Solarkraftwerk G…“ sind derart vage, dass diesbezüglich erst recht
      keine taugliche Beurteilungsgrundlage im Hinblick auf die zuvor dargestellten Anforderungen gegeben ist.
   
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                            Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
   




