Strafrecht

Nichtannahmebeschluss: Mangels Fristwahrung und nicht hinreichender Substantiierung erfolglose Verfassungsbeschwerde gegen Verurteilung zu einer Geldbuße in Höhe von 180 Euro – Auferlegung einer Missbrauchsgebühr zu Lasten des Beschwerdeführers und dessen Bevollmächtigten wegen Erhebung einer substanzlosen Verfassungsbeschwerde

Aktenzeichen  2 BvR 1465/10

Datum:
12.8.2010
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
Dokumenttyp:
Nichtannahmebeschluss
ECLI:
ECLI:DE:BVerfG:2010:rk20100812.2bvr146510
Normen:
GG
§ 34 Abs 2 BVerfGG
§ 92 BVerfGG
§ 93 Abs 1 S 1 BVerfGG
Spruchkörper:
2. Senat 2. Kammer

Verfahrensgang

vorgehend OLG Bamberg, 8. April 2010, Az: 2 Ss OWi 299/2010, Beschlussvorgehend AG Ansbach, 7. Dezember 2009, Az: 6 OWi 1081 Js 10425/09, Urteil

Tenor

Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird abgelehnt.
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Dem Beschwerdeführer und dem Bevollmächtigten des Beschwerdeführers werden gemäß § 34 Abs. 2 BVerfGG jeweils eine Missbrauchsgebühr
in Höhe von 300 € (in Worten: dreihundert Euro) auferlegt.

Gründe

I.
1
Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Verurteilung zu einer Geldbuße von 180 € wegen einer Verkehrsordnungswidrigkeit.
Er macht geltend, das Amtsgericht habe § 100h StPO nicht als Rechtsgrundlage für die Anfertigung von Bildaufnahmen heranziehen
dürfen. Darin sieht er unter anderem einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG.

2
Der Beschwerdeführer hat innerhalb der Beschwerdefrist weder die angefochtenen Gerichtsentscheidungen vorgelegt noch deren
wesentlichen Inhalt mitgeteilt. Auf den Hinweis des Präsidialrats des Bundesverfassungsgerichts, dass die Ablichtungen der
Entscheidungen zusammen mit weiteren Anlagen erst nach Ablauf der Monatsfrist beim Bundesverfassungsgericht eingegangen seien,
hat der Beschwerdeführer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt, ohne jedoch Gründe für die Fristversäumnis vorzutragen.

II.
3
1. Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen. Die Voraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG liegen nicht
vor.

4
a) Der Beschwerdeführer hat die Verfassungsbeschwerde nicht fristgerecht erhoben. Der Antrag auf Wiedereinsetzung ist abzulehnen.

5
Die ordnungsgemäße Begründung einer Verfassungsbeschwerde erfordert, dass die angegriffenen Entscheidungen selbst vorgelegt
oder dass innerhalb der Frist des § 93 Abs. 1 Satz 1 BVerfGG wenigstens ihr wesentlicher Inhalt mitgeteilt wird und sich die
Verfassungsbeschwerde mit diesem Inhalt auseinandersetzt (vgl. BVerfGE 88, 40 ; 93, 266 ; BVerfG, Beschluss der 1.
Kammer des Ersten Senats vom 5. Mai 2004 – 1 BvR 341/04 -, BVerfGK 3, 207 f.). Nur so kann der die behauptete Grundrechtsverletzung
enthaltende Vorgang vollständig in einer der verfassungsgerichtlichen Prüfung zugänglichen Weise aus sich heraus verständlich
und nachvollziehbar dargelegt werden (vgl. BVerfGE 81, 208 ; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 21.
Februar 2001 – 2 BvR 1469/00 -, NJW 2001, S. 1567 ; Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 6. Juni 2001 – 1 BvR
859/01 -, juris; Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 11. September 2001 – 1 BvR 305/01 -, NJW 2002, S. 955).

6
Diesen Anforderungen genügt die Verfassungsbeschwerde nicht. Der Beschwerdeführer hat in seiner fristgerecht eingegangenen
Beschwerdeschrift lediglich punktuell zum Inhalt der angefochtenen Entscheidungen vorgetragen. Dem Bundesverfassungsgericht
wurde es dadurch nicht ermöglicht, sich einen Gesamteindruck von deren Inhalt und deren Grundlagen zu verschaffen. Es genügt
gerade nicht, dass ein Beschwerdeführer lediglich die von ihm angefochtenen Begründungselemente wiedergibt, ohne dass ein
Gesamtzusammenhang erkennbar wird. Die Unzulänglichkeit des Vortrages wird durch die nach Fristablauf vorgelegten Entscheidungen
bekräftigt. In den jeweiligen Entscheidungsgründen haben sich die Fachgerichte eingehend mit den einfachrechtlichen Einwendungen
auseinandergesetzt. Ob darüber hinaus auch die verfristete Vorlage der weiteren Schriftsätze zur Unzulässigkeit führt (vgl.
BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 21. Februar 2001 – 2 BvR 1469/00 -, NJW 2001, S. 1567 ), kann
dahinstehen.

7
Die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand liegen nicht vor. Nach § 93 Abs. 2 Satz 3 BVerfGG sind
die Tatsachen, die auf eine unverschuldete Fristversäumnis schließen lassen, glaubhaft zu machen. Der Beschwerdeführer hat
sich jedoch darauf beschränkt, lediglich einen Wiedereinsetzungsantrag zu stellen. Gründe dafür, warum er verhindert gewesen
sein soll, die Frist einzuhalten, wurden weder vorgetragen noch sind solche sonst ersichtlich.

8
b) Die Verfassungsbeschwerde ist im Übrigen auch mangels hinreichender Substantiierung unzulässig. Der Beschwerdeführer wendet
sich lediglich gegen die tatsächliche Würdigung des Sachverhalts und die Auslegung einfachen Rechts, die vom Bundesverfassungsgericht
grundsätzlich nicht auf ihre Richtigkeit nachgeprüft wird (BVerfGE 15, 245 ; 18, 85 ; 20, 144 ). Anhaltspunkte
für Verfassungsverstöße – Verkennen von Bedeutung und Tragweite von Grundrechten oder Willkür – lassen die Feststellungen
der Fachgerichte nicht erkennen.

9
2. Die Verfassungsbeschwerde ist rechtsmissbräuchlich im Sinne von § 34 Abs. 2 BVerfGG. Ein Missbrauch liegt unter anderem
vor, wenn eine Verfassungsbeschwerde offensichtlich unzulässig oder unbegründet ist und ihre Einlegung von jedem Einsichtigen
als völlig aussichtslos angesehen werden muss (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 6. November 1995
– 2 BvR 1806/95 -, NJW 1996, S. 1273 ; Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 13. Februar 2001, – 1 BvR 104/01
-, juris). Dabei ist von einem Rechtsanwalt, der das Mandat zur Führung eines Prozesses vor dem Bundesverfassungsgericht annimmt,
zu verlangen, dass er sich mit der verfassungsrechtlichen Materie auseinandersetzt (vgl. BVerfGE 88, 382 ), die Rechtsprechung
des Bundesverfassungsgerichts zu den aufgeworfenen Fragen prüft, die Erfolgsaussichten einer beabsichtigten Verfassungsbeschwerde
eingehend abwägt und sich entsprechend den Ergebnissen seiner Prüfung verhält (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten
Senats vom 23. Dezember 1996 – 2 BvR 673/96, 2 BvR 2190/96 -, juris). Diese Anforderungen treffen auf einen juristisch vorgebildeten
Beschwerdeführer ebenso zu. Unterlässt er und sein Bevollmächtigter diese Sachprüfung in vorwerfbarer Weise, setzen sich beide
der Gefahr einer Gebührenbelastung nach § 34 Abs. 2 BVerfGG aus (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom
23. Dezember 1996 – 2 BvR 673/96, 2 BvR 2190/96 -, juris).

10
Der Beschwerdeführer, der selbst Rechtsanwalt ist, und sein Bevollmächtigter wurden auf die Zulässigkeitsbedenken durch das
Schreiben des Präsidialrats des Bundesverfassungsgerichts ausdrücklich hingewiesen. Beide hätten ohne weiteres erkennen können
und müssen, dass die Verfassungsbeschwerde verfristet war und der Wiedereinsetzungsvortrag nicht einmal den Mindestanforderungen
genügt. Darüber hinaus war für einen Rechtsanwalt auch ohne weiteres erkennbar, dass die Verfassungsbeschwerde auch sonst
völlig aussichtslos war.

11
Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

12
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Jetzt teilen:

Ähnliche Artikel

Illegale Müllentsorgung

Warme Sonnenstrahlen bringt der Frühlingsanfang mit sich und lockt die Menschen vor die Türe. Hier wird auf öffentlichen Plätzen gegrillt, dort eine Flasche Wein getrunken - was häufig bleibt ist der liegengebliebene Müll.
Mehr lesen