Aktenzeichen 3 Ss OWi 68/17
Leitsatz
Spricht das Tatgericht den Betr. vom Tatvorwurf der mit dem AAK-Messgerät ‚Evidential Dräger Alcotest 7110‘ festgestellten Alkoholfahrt wegen Nichteinhaltung der sog. Wartezeit aus tatsächlichen Gründen frei, sind neben dem Zeitpunkt des Messbeginns Feststellungen zum Zeitpunkt des – ggf. in Anwendung des Zweifelssatzes zu ermittelten – Trinkendes unabdingbar.
Gründe
Aus den Gründen:
Die nach § 79 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 OWiG statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde der Staatsanwaltschaft ist begründet. Das Urteil ist auf die Sachrüge hin aufzuheben. Die Beweiswürdigung ist rechtsfehlerhaft, weil es an einer geschlossenen Darstellung der tatrichterlichen Feststellungen fehlt. Dies hat zur Folge, dass das Rechtsbeschwerdegericht nicht in die Lage ist zu überprüfen, ob der Freispruch auf rechtsfehlerfreien Erwägungen beruht. Auf die Frage, ob die Urteilsgründe auch deshalb lückenhaft sind, weil sie nicht erkennen lassen, ob und ggf. wie sich der Betroffene zu dem gegen ihn erhobenen Tatvorwurf in der Hauptverhandlung eingelassen hat, kommt es daher nicht mehr an.
1. Bei einem Freispruch aus tatsächlichen Gründen muss der Tatrichter in einer geschlossenen Darstellung diejenigen Tatsachen feststellen, die er für erwiesen hält, bevor er in der Beweiswürdigung darlegt, aus welchen Gründen er die für einen Schuldspruch erforderlichen – zusätzlichen – Feststellungen nicht treffen konnte. Die Begründung muss so abgefasst sein, dass das Rechtsbeschwerdegericht prüfen kann, ob dem Tatrichter Rechtsfehler unterlaufen sind, d.h. ob die Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist, ob sie gegen Denkgesetze verstößt oder ob der Tatrichter an die für eine Verurteilung erforderliche Gewissheit überspannte Anforderungen gestellt hat (st.Rspr.; vgl. u.a. BGH, Urteil vom 27.11.2014 – 3 StR 334/14 [bei juris]; OLG Bamberg, Beschluss vom 25.04.2012 – 3 Ss OWi 468/12 = DAR 2013, 282 = BA 50 [2013], 86 = OLGSt OWiG § 71 Nr. 4, jeweils m.w.N.). Diesen Anforderungen wird das angefochtene Urteil nicht gerecht.
2. Kann das Tatgericht nicht feststellen, dass die tatsächlichen Voraussetzungen einer standardisierten Atemalkoholmessung eingehalten wurden, weil es sich nicht davon zu überzeugen vermag, dass die 20-minütige Wartezeit zwischen dem Trinkende und dem Beginn der ersten Atemalkoholmessung (vgl. Burhoff[Hrsg.]/Böttger, Handbuch für das straßenverkehrsrechtliche OWi-Verfahren, 4. Aufl., Rn. 3824 m.w.N.) eingehalten wurde, hat es mit nachvollziehbaren Argumenten zu begründen von welchem Zeitpunkt des Trinkendes einerseits und von welchem Zeitpunkt der Atemalkoholmessung andererseits es, gegebenenfalls unter Berücksichtigung des Zweifelssatzes ‚in dubio pro reo‘, ausgeht. Den Zeitpunkt des Trinkendes teilt das Urteil jedoch nicht mit. Nachdem es alles andere als naheliegt und die Beweiswürdigung insoweit auch keine Anhaltspunkte nennt, die darauf hindeuten, dass der Zeitpunkt der Verkehrskontrolle des Betroffenen und der Zeitpunkt des Trinkendes zusammenfallen, kann auch anhand der mitgeteilten Tat- bzw. Kontrollzeiten (das Amtsgericht verwendet beide Begriffe offenbar synonym) nicht auf den Zeitpunkt des Trinkendes zurückgeschlossen werden. […]