Strafrecht

Persönliche und wirtschaftliche Verhältnisse, Schadensberechnung, Beschäftigung von Ausländische Arbeitnehmer, Gesamtsozialversicherungsbeitrag, Sicherheitseinbehalt, Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung, Gesamtstrafenbildung, Aussageverweigerungsrecht, Nicht abgeführte Sozialversicherungsbeiträge, Vermögenslosigkeit, Unbekannter Aufenthalt, Beiträge zur Sozialversicherung, Sozialversicherungsrechtliche, Gesamtfreiheitsstrafe, Urteilsgründe, Geschäftsführertätigkeit, Arbeitsförderung, Strafzumessung, Geringfügig Beschäftigte, Geschäftsanschrift

Aktenzeichen  260 Js 46971/16 2 KLs

Datum:
7.8.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 50016
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
Traunstein
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
SGB § 55
SGB § 241
SGB III
SGB III § 346
SGB IV
SGB IV § 14
SGB IV § 28
SGB V
SGB V § 249
SGB VI
SGB VI § 168
StGB § 266
StPO § 55
StPO § 154

 

Leitsatz

Tenor

1. Der Angeklagte ist schuldig des Vorenthaltens von Arbeitnehmerbeiträgen in Tateinheit mit Nichtabführen von Arbeitgeberbeiträgen in 144 Fällen.
2. Er wird deshalb zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 3 Jahren 9 Monaten verurteilt.
3. Die Einziehung eines Geldbetrages in Höhe von 960.638,87 € als Wertersatz wird angeordnet.
4. Der Angeklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Angewendete Vorschriften: §§ 266 a Abs. 1, Abs. 2, 52, 53, 73, 73 c StGB

Gründe

Dem Verfahren liegt zugrunde, dass der Angeklagte als Inhaber der Firma B. R… Innen- und Außenputz Einzelunternehmung ab dem Jahr 2010 bis 30.04.2016 fortlaufend Beiträge der Arbeitnehmer und vom Arbeitgeber zu tragender Beiträge zur Sozialversicherung nicht abgeführt hat.
Er hat hierzu an einen Teil seiner namentlich bekannten Arbeitnehmer Schwarzlohnzahlungen erbracht, indem er diesen einen Teil ihres Lohnes in bar ausbezahlte und dies nicht bei der Sozialversicherung meldete.
Darüber hinaus beschäftigte er weitere namentlich nicht bekannt gewordene Arbeitnehmer auf seinen Baustellen, ohne diese anzumelden und die er vollständig schwarz in bar bezahlte. Zur Verschleierung der dadurch entstandenen erheblichen Bargeldentnahmen in seiner Buchhaltung verschaffte er sich sogenannte Scheinrechnungen von Firmen, die zwar eine Erbringung von Leistungen bestätigten, tatsächlich aber nie derartige Leistungen erbracht haben (Servicefirmen). Für die Zurverfügungstellung der Rechnungen musste er jeweils 15 % der Scheinrechnungssumme an die Scheinrechnungsfirma bezahlen.
Der Verurteilung liegt keine Verständigung nach § 257 c StPO zugrunde.
Dem Urteil sind als Grundlage zur Berechnung und Feststellung des Schadens 16 Anlagen (Schadenslisten und Schadensberechnungen) angefügt, auf die jeweils in den Gründen Bezug genommen wird.
A. Persönliche und wirtschaftliche Verhältnisse:
1. Der Angeklagte wurde 1957 in B. R. geboren, er ist deutscher Staatsangehöriger.
Nach dem Besuch von 10 Klassen Grund- und Hauptschule, inklusive der Berufsaufbauschule, absolvierte er von 1973-1976 eine Ausbildung zum Bauzeichner.
Nach Ableistung des Militärdienstes von 1976 bis 1978 in B. R. arbeitete er bis 1989 in seinem Lehrbetrieb und anschließend von 1989 bis ins Jahr 2001 bei einer Baufirma als Bauleiter.
1988 erwarb er den Titel des staatlich geprüften Bautechnikers im Hochbau.
Von 2001 bis 2005 war er als Bauleiter bei einer Verputzerfirma in P. tätig.
Im Jahre 2006 begann er sich mit seiner Verputzer-Firma, die er als Einzelunternehmer mit Sitz in R. führte, selbstständig zu machen. Diese Firma betrieb er bis zuletzt.
Aufgrund des vorliegenden Verfahrens befindet sich die Firma in Abwicklung.
Seine beiden Söhne, welche zuvor bei ihm im Betrieb angestellt waren, führen jetzt die Verputzerfirma als GmbH mit Sitz in R. fort.
Der Angeklagte ist derzeit bei seinen Söhnen als Halbtageskraft angestellt. Er erhält dort ein monatliches Einkommen in Höhe von 1700-1800 € netto, das aber teilweise vom Finanzamt für Steuerschulden gepfändet ist. Für Miete muss er 850 € monatlich aufwenden.
Der Angeklagte ist seit 1981 verheiratet und hat zwei im Jahre 1981 und 1988 geborene Söhne.
Der Angeklagte verfügt über Vermögen in Form von drei Eigentumswohnungen und eines PKWs BMW X5. Diese Vermögenswerte sind aber im Rahmen des vorliegenden Verfahrens arrestiert. In den Eigentumswohnungen wohnen derzeit seine Frau und jeweils seine beiden Söhne.
Aus dem Erwerb der Eigentumswohnungen hat er noch ca. 90.000 € Schulden.
Probleme mit Alkohol oder Drogen bestehen bei dem Angeklagten nicht.
Auch sonst hat er keine nennenswerten gesundheitlichen Probleme.
2. Strafrechtlich ist der Angeklagte bislang nicht in Erscheinung getreten.
B. Festgestellter Sachverhalt:
I.
Der Angeklagte meldete bei der Stadt R. am 30.12.2005 ein einzelunternehmerisch geführtes Gewerbe für Bauplanung-, Bauleitung, Innen- und Außenputzarbeiten mit Sitz in der O. straße 34 in R. an.
Bei der Deutschen Rentenversicherung Bund ist der Angeklagte mit dem Einzelunternehmen unter der Betriebsnummer ***** gemeldet.
Als Gegenstand der Firma ist das Anbringen von Stuckaturen, Gipserei und Verputzerei angeführt.
Als Betriebsinhaber führte der Angeklagte sein Unternehmen alleine. Er war für den Abschluss der Bauverträge und Werkverträge mit den Auftraggebern zuständig. Er stellte seine Arbeitskräfte ein und bezahlte an diese ihren Lohn aus.
Der Angeklagte erteilte seinen Arbeitnehmern auch Weisungen bezüglich Zeit, Art und Ort der von ihnen zu erbringenden Verputzarbeiten. Der Angeklagte erstellte die Lohnabrechnungen bezüglich der bei ihm angestellten Arbeiter und reichte diese beim Lohnbüro ein.
Er verwendete für Briefe im Geschäftsverkehr die Bezeichnung Fa. B. R…, Innen- und Außenputz, …, R..
Der Angeklagte war sich seiner Stellung als Arbeitgeber auch bewusst.
So führte er in seiner Eigenschaft als Einzelunternehmer auch Beiträge für seine Arbeitnehmer zur Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung, sowie zur Bundesanstalt für Arbeit bei den monatlichen Lohn- und Gehaltszahlungen ab. Für einige seiner Angestellten bezahlte er die Beiträge korrekt und vollständig, bei einem Teil zahlte er nur bezüglich eines Teils deren Arbeitsentgelts Beiträge zur Sozialversicherung, ein Teil des Lohnes wurde an die Arbeitnehmer schwarz ausbezahlt.
Eine nicht bekannte Anzahl von Arbeitern beschäftigte er vollständig schwarz, indem er diese jeweils kurzfristig einstellte und ihnen bestimmte Arbeiten zuwies. Nach Abschluss der Arbeiten wurden die Arbeiter in bar bezahlt und wieder entlassen.
Gleiches gilt für die Beiträge, die der Angeklagte als Arbeitgeber an die Sozialversicherung zu zahlen hatte.
Der Angeklagte erzielte mit seiner Firma in den Jahren 2011 bis 2016 überwiegend mit Innen- und Außenputzarbeiten folgende Nettoerlöse:
Im Jahre 2011 von April bis Dezember: 1.618.547,06 Euro
im Jahre 2012: 1.675.928,68 Euro
im Jahre 2013: 1.852.604,73 Euro
im Jahre 2014: 1.843.739,77 Euro
im Jahre 2015: 1.751.230,59 Euro
im Jahre 2016 von Januar bis April: 625.743,50 Euro.
Die Aufträge der Firma R… wurden zum Teil von ordnungsgemäß gemeldeten Arbeitnehmern oder von Subunternehmern ausgeführt, zum Teil wurden sie von schwarz beschäftigten – unbekannt gebliebenen – Arbeitskräften getätigt.
II.
Der Angeklagte beschäftigte in den Jahren 2010-2016 durchschnittlich 18 Arbeitnehmer.
Für nachfolgend bezeichnete Arbeitnehmer führte er in den jeweilig genannten Zeiträumen einen Teil von deren Lohn nicht an die Sozialversicherungskasse ab, obwohl ihm dies möglich und zumutbar war. Auch die nach § 266 a Abs. 2 StGB geschuldeten Arbeitgeberbeiträge leistete er nicht vollständig.
Die Angestellten N. A…, I. B…, Im. K…, B. L…, F. M…, B. S…, R. S…, Y. S…, Y. S…, O. Ö…, M. T… und A. M… waren bei der AOK krankenversichert, sodass der Angeklagte seine Beiträge dorthin zu entrichten gehabt hätte.
Die beiden Arbeitnehmer A. S… und B. S… waren über die DAK versichert.
1. Der Angeklagte hat ab Juni 2011 an nachfolgend benannte Arbeiter teilweise Schwarzlohnzahlungen erbracht, für die er keine Sozialversicherungsbeiträge abgeführt hat.
Der Angeklagte bezahlte seinen Arbeitern den vollen aufgrund deren erbrachter Arbeitsleistungen verdienten Lohn, meldete aber nur einen Teil zur Sozialversicherung an und der Rest wurde den Arbeitern jeweils in bar schwarz unter der Hand ausbezahlt.
Im Einzelnen handelt es sich um folgenden nicht gemeldeten Lohn:
In den Tabellen sind jeweils die gesamten Schwarzlohnzahlungen enthalten, welche die Arbeitnehmer in den jeweiligen Monaten erhalten haben, also hat bspw. I. B… im Monat Juni 2011 885 Euro und im Monat Juli 600 Euro Schwarzlohn erhalten. Im Monat August bekam er keine Schwarzlohnzahlungen usw.. In der Zeile „Gesamt“ befinden sich die addierten Schwarzlohnzahlungen des jeweiligen Arbeitnehmers im jeweiligen Jahr und in der Spalte „Gesamt“ die insgesamt in dem jeweiligen Monat gezahlten Schwarzlöhne.
a) Im Jahr 2011 erhielten:
I. B…
Y. S…
B. …
N. …
Y. S…
A. …
Juni
885,00 €
768,00 €
2.196,00 €
1.200,00 €
Juli
600,00 €
1.215,00 €
1.065,00 €
500,00 €
August
September
460,00 €
500,00 €
600,00 €
695,00 €
Oktober
1.600,00 €
500,00 €
1.800,00 €
1.275,00 €
768,00 €
November
Dezember
500,00 €
500,00 €
Gesamt 2011
9.740,00 €
3.418,00 €
3.515,00 €
2.840,00 €
3.564,00 €
10.115,00 €
R. …
I. K…
B. S…
Gesamt
870,00 €
345,00 €
1.301,25 €
7.565,25 €
Juni
210,00 €
1.376,25 €
4.966,25 €
Juli
941,25 €
941,25 €
August
600,00 €
300,00 €
1.140,00 €
4.295,00 €
September
300,00 €
500,00 €
798,75 €
7.541,75 €
Oktober
791,25 €
791,25 €
November
1.983,75 €
2.983,75 €
Dezember
3.295,00 €
1.837,00 €
12.731,25 €
51.055,25 €
Gesamt 2011
b) Im Jahr 2012 erhielten:
I. B…
Y. S…
A.M…
B. L…
N. A…
Y. S…
Januar
1.235,00 €
1.760,00 €
165,00 €
150,00 €
Februar
1.880,00 €
1.640,00 €
690,00 €
760,00 €
März
3.665,00 €
2.500,00 €
900,00 €
2.720,00 €
526,00 €
April
640,00 €
700,00 €
396,00 €
1.000,00 €
1.158,00 €
684,00 €
Mai
1.875,00 €
500,00 €
950,00 €
960,00 €
960,00 €
Juni
1.070,00 €
622,35 €
965,00 €
1.065,00 €
936,00 €
Juli
1.400,00 €
1.500,00 €
1.815,00 €
480,00 €
August
150,00 €
180,00 €
September
Oktober
720,00 €
520,00 €
1.095,00 €
1.095,00 €
1.056,00 €
November
700,00 €
183,00 €
950,00 €
1.065,00 €
500,00 €
Dezember
1.152,00 €
425,00 €
440,00 €
732,00 €
Gesamt 2012
9.295,00 €
12.292,00 €
1.721,35 €
8.640,00 €
11.228,00 €
6.054,00 €
A. S…
R. S…
I. K…
B. S…
Gesamt
1.400,00 €
365,00 €
1.370,00 €
817,00 €
7.262,00 €
Januar
1.850,00 €
1.400,00 €
1.400,00 €
360,00 €
9.980,00 €
Februar
2.535,00 €
2.500,00 €
2.800,00 €
685,00 €
18.831,00 €
März
1.325,00 €
700,00 €
1.220,00 €
764,00 €
8.587,00 €
April
1.230,00 €
500,00 €
895,00 €
639,00 €
8.509,00 €
Mai
1.265,00 €
820,00 €
840,00 €
747,00 €
8.330,35 €
Juni
1.200,00 €
1.100,00 €
1.100,00 €
8.595,00 €
Juli
1.000,00 €
700,00 €
2.030,00 €
August
0,00 €
September
1.305,00 €
1.140,00 €
1.305,00 €
678,38 €
8.914,38 €
Oktober
1.100,00 €
300,00 €
1.200,00 €
583,14 €
6.581,14 €
November
660,00 €
1.470,00 €
1.155,00 €
182,00 €
6.216,00 €
Dezember
14.870,00 €
10.995,00 €
13.285,00 €
5.455,52 €
93.835,87 €
Gesamt 2012
c) Im Jahr 2013 erhielten:
Y. Sa…
A. M…
B. L…
N. A…
Y. S…
A. S…
Januar
2.736,00 €
2.070,00 €
2.625,00 €
780,00 €
2.520,00 €
Februar
1.596,00 €
1.635,00 €
1.635,00 €
132,00 €
März
2.075,00 €
2.155,00 €
April
440,00 €
645,00 €
645,00 €
852,00 €
2.910,00 €
Mai
180,00 €
347,50 €
487,50 €
912,00 €
840,00 €
Juni
900,00 €
1.245,00 €
876,00 €
855,00 €
Juli
310,00 €
2.475,00 €
2.475,00 €
1.932,00 €
2.145,00 €
August
September
558,00 €
700,00 €
780,00 €
1.455,00 €
Oktober
332,00 €
715,00 €
810,00 €
1.125,00 €
November
675,00 €
675,00 €
576,00 €
900,00 €
Dezember
245,00 €
245,00 €
1.315,00 €
Gesamt 2013
4.332,00 €
1.820,00 €
12.482,50 €
13.777,50 €
6.060,00 €
14.065,00 €
R. S…
I. K…
B. S…
Gesamt
3.135,00 €
3.285,00 €
212,00 €
17.363,00 €
Januar
915,00 €
900,00 €
330,75 €
7.143,75 €
Februar
4.230,00 €
März
960,00 €
440,00 €
6.892,00 €
April
795,00 €
1.485,00 €
180,00 €
5.227,00 €
Mai
735,00 €
4.611,00 €
Juni
2.340,00 €
1.965,00 €
840,00 €
14.482,00 €
Juli
150,00 €
150,00 €
August
975,00 €
1.110,00 €
767,00 €
6.345,00 €
September
885,00 €
945,00 €
1.027,00 €
5.839,00 €
Oktober
700,00 €
500,00 €
1.080,00 €
5.106,00 €
November
1.045,00 €
1.030,00 €
56,25 €
3.936,25 €
Dezember
12.485,00 €
11.220,00 €
5.083,00 €
81.325,00 €
Gesamt 2013
d) Im Jahr 2014 erhielten:
M. T…
B. L…
N. A…
Y. S…
A. S…
Januar
2.000,00 €
1.960,00 €
848,00 €
2.015,00 €
Februar
2.545,00 €
2.545,00 €
2.023,00 €
2.515,00 €
März
1.765,00 €
700,00 €
986,00 €
April
1.000,00 €
1.000,00 €
1.190,00 €
780,00 €
Mai
1.000,00 €
1.000,00 €
364,00 €
840,00 €
Juni
500,00 €
500,00 €
420,00 €
1.500,00 €
Juni
882,00 €
2.190,00 €
2.490,00 €
602,00 €
1.920,00 €
August
2.020,00
350,00 €
1.300,00 €
September
400,00
772,50 €
907,50 €
600,00 €
1.585,00 €
Oktober
104,00
1.000,00 €
1.000,00 €
700,00 €
1.470,00 €
November
516,00
1.050,00 €
1.050,00 €
882,00 €
1.245,00 €
Dezember
1.760,00
1.825,00 €
1.825,00 €
1.788,00 €
2.485,00 €
Gesamt 2014
5.682,00 €
15.647,50 €
14.977,50 €
10.753,00 €
17.655,00 €
R. S…
I. K…
B. S…
Gesamt
1.720,00 €
1.750,00 €
1.012,50 €
11.305,50 €
Januar
2.485,00 €
2.485,00 €
14.598,00 €
Februar
1.375,00 €
1.375,00 €
660,00 €
6.861,00 €
März
895,00 €
1.275,00 €
705,00 €
6.845,00 €
April
325,00 €
540,00 €
1.290,00 €
5.359,00 €
Mai
500,00 €
620,00 €
1.110,00 €
5.150,00 €
Juni
315,00 €
780,00 €
1.605,00 €
10.784,00 €
Juli
250,00 €
500,00 €
1.920,00 €
6.340,00 €
August
800,00 €
1.000,00 €
950,00 €
7.015,00 €
September
800,00 €
600,00 €
0,00 €
5.674,00 €
Oktober
1.080,00 €
795,00 €
1.080,00 €
7.698,00 €
November
1.930,00 €
2.110,00 €
742,50 €
14.465,50 €
Dezember
12.475,00 €
13.830,00 €
11.075,00 €
102.095,00 €
Gesamt 2014
e) Im Jahr 2015 erhielten:
B. L…
N. A…
Y. S…
A. S…
R. S…
Januar
1.122,50 €
1.082,50 €
1.046,00 €
1.175,00 €
Februar
2.100,00 €
2.095,00 €
2.362,00 €
2.260,00 €
März
April
857,50 €
857,50 €
Mai
1.050,00 €
1.050,00 €
598,00 €
1.965,00 €
885,00 €
Juni
580,00 €
715,00 €
1.032,00 €
1.204,00 €
920,00 €
Juni
1.904,00 €
1.990,50 €
1.290,50 €
August
540,00 €
540,00 €
255,00 €
1.710,00 €
245,00 €
September
1.000,00 €
1.000,00 €
1.000,00 €
1.800,00 €
1.000,00 €
Oktober
966,00 €
975,00 €
880,00 €
560,00 €
1.030,00 €
November
866,00 €
923,00 €
Dezember
1.000,00 €
1.000,00 €
1.000,00 €
1.000,00 €
Gesamt 2015
11.986,00 €
12.228,50 €
8.173,00 €
8.529,50 €
8.515,00 €
I. K…
B. S…
O. Ö…
Gesamt
920,00 €
5.346,00 €
Januar
2.290,00 €
11.107,00 €
Februar
0,00 €
März
1.715,00 €
April
960,00 €
300,00 €
470,00 €
7.278,00 €
Mai
887,50 €
960,00 €
1.285,00 €
7.583,50 €
Juni
945,00 €
1.140,00 €
1.160,00 €
8.430,00 €
Juli
1.830,00 €
998,00 €
960,00 €
7.078,00 €
August
900,00 €
1.125,00 €
600,00 €
8.425,00 €
September
980,00 €
615,00 €
1.560,00 €
7.566,00 €
Oktober
200,00 €
1.030,00 €
3.019,00 €
November
1.000,00 €
585,00 €
5.585,00 €
Dezember
10.712,50 €
5.923,00 €
7.065,00 €
73.132,50 €
Gesamt 2015
2. Von den festgestellten Schwarzlohnzahlungen wurde der geschuldete Sozialversicherungsbeitrag konkret ermittelt.
Dabei ist das Gericht davon ausgegangen, dass es sich bei den Schwarzlohnzahlungen um Nettozahlungen handelte, von denen keine weiteren Abzüge erfolgten.
Zugunsten des Angeklagten wurden diese Nettozahlungen nicht auf Bruttobeträge hochgerechnet, sondern unmittelbar in die Schadensberechnung eingestellt.
III.
1. Der Angeklagte beschäftigte im Zeitraum August 2011 bis April 2016 eine nicht genau bekannte Anzahl von Arbeitern auf seinen Baustellen, auf welchen seine Firma tätig war. Die Namen dieser Arbeiter sind ebenfalls nicht bekannt.
Diese Arbeiter waren auf den Baustellen des Angeklagten in Vollzeit beschäftigt.
Bei diesen Personen handelte sich um Arbeiterkolonnen, welche sich kurzfristig für Arbeiten auf Baustellen zur Verfügung stellen. Der Angeklagte erteilte diesen auf den jeweiligen Baustellen Anweisungen, welche Arbeiten und auf welche Weise sie diese zu verrichten hatten.
Diese Arbeiter wurden vom Angeklagten weder zur Sozialversicherung angemeldet, noch hat er entsprechende Beiträge für diese entrichtet. Der Angeklagte kannte seine Verpflichtung Lohnbestandteile an die Sozialkasse abzuführen. In Kenntnis dieser Verpflichtung zahlte er die gesetzlich geschuldeten Beiträge zum Fälligkeitszeitpunkt nicht. Sie wurden auch nicht nachbezahlt.
Ihre Lohnzahlungen erhielten diese unbekannten Arbeitnehmer vom Angeklagten jeweils in bar unmittelbar nach Beendigung ihrer Arbeiten ausbezahlt.
Um die erheblichen Bargeldbeträge, die der Angeklagte für die Bezahlung der schwarz von ihm beschäftigten Arbeiter aufwenden musste, in seiner Buchhaltung zu kaschieren, verwendete er sogenannte Schein- bzw. Abdeckrechnungen von Firmen, welche die Erbringung von Arbeitsleistungen bestätigten, ohne tatsächlich Arbeiten erbracht zu haben. Diese Scheinrechnungen ließ sich der Angeklagte von den jeweiligen Firmen ausstellen oder aber er verwendete Blankorechnungsbögen dieser Firmen und füllte diese selbst aus. Die angebliche Bezahlung der Rechnungen wurde jeweils durch eine Barquittung belegt.
Für die Zurverfügungstellung der jeweiligen Rechnungen, musste der Angeklagte an die für diese Scheinfirmen handelnden Personen jeweils einen Betrag in Höhe von 5-15 % der jeweiligen Rechnungssumme an Provision bezahlen. Die Bezahlung dieser Provision erfolgte gleichfalls in bar.
Bei diesen Firmen handelt es sich um GmbH’s, welche über keinen regulären Geschäftssitz und keinen üblichen Geschäftsbetrieb verfügten und deren Geschäftsführer nur zum Schein bestellt waren bzw. mit der Durchführung eines ordnungsgemäßen Geschäftsbetriebes nicht oder nur unwesentlich befasst waren.
2. Im einzelnen verwendete der Angeklagte Scheinrechnungen der Firmen
-E… Bau GmbH Berlin,
-G… Gebäudereinigung GmbH Berlin,
-T… Ingenieurbau GmbH Berlin,
-A… Bautenschutz GmbH Berlin,
-M… Bauunternehmung GmbH Berlin,
-A… Bau GmbH Berlin,
-A… Bautenschutz GmbH Berlin,
-E… Wohnbau GmbH Berlin,
-M… Baustoffhandel GmbH Berlin,
-A… Dachbau GmbH E./Berlin,
-O… construct Bau GmbH Berlin,
-Y… Wohnbau GmbH Rosenheim und
-A… Service UG Ottobrunn bei München.
Die von diesen Firmen verwendeten Rechnungen weisen durchgehend Leistungsorte im Raum Rosenheim und München aus.
Die Kammer hat zu den einzelnen Firmen folgende Feststellungen getroffen:
a) Die Firma E… Bau GmbH wurde am 20.02.2007 gegründet. Am 03.02.2009 wurde der Betriebssitz von der … in Berlin in die … Straße … verlegt. Am 03.05.2010 wurde das Unternehmen auf N. A… übertragen, gleichzeitig wurde der Geschäftssitz in die … in Berlin verlegt. Am 10.11.2010 wurde N. A… zum alleinigen Geschäftsführer benannt. Bei dem Geschäftssitz in der … Straße … handelt es sich um ein Mehrfamilienhaus, wo zwar der Name E… GmbH am Klingelbrett verzeichnet ist, jedoch weder an den Briefkästen, noch an den Wohnungstüren Hinweise auf eine Geschäftstätigkeit vorlagen.
Der Geschäftsführer N. A… wurde am 08.07.2011 von S. Z… als Geschäftsführer abgelöst. Die Wohnanschrift des neuen Geschäftsführers Z. konnte in Berlin nicht festgestellt werden.
Die Firma E… Bau GmbH wurde am 03.03.2014 im Handelsregister von Amts wegen gelöscht.
Der Angeklagte verwendete im Jahre 2011 ab Juni insgesamt 14 Abdeckrechnungen der Firma E… in Höhe von insgesamt 270.071,75 Euro, um erfolgte Schwarzlohnzahlungen zu kaschieren. Dieser Betrag resultiert aus den in Anlage 1 auf der ersten Seite aufgeführten Scheinrechnungssummen, ohne die Positionen 1 und 2 betreffend H.A.K. Bau (33.000,00 €) und Fa. M… (20.000,00 €).
Wegen der einzelnen Höhe der Rechnungen und dem Zeitpunkt der jeweiligen Zahlungen wird auf die Liste in Anlage 1 zum Urteil Bezug genommen.
Das Datum zu den jeweiligen Positionen der Anlage 1 betrifft den Zeitpunkt, an dem die Rechnungen mittels Barzahlung bezahlt und durch entsprechende Quittungen über die jeweiligen Rechnungssummen belegt wurden. Die Quittungen wurden entweder am gleichen Tag oder meist einige Tage nach Rechnungsstellung ausgestellt.
Zu welchem Zeitpunkt und für welches Bauvorhaben die Arbeiten tatsächlich erbracht wurden, konnte nicht festgestellt werden. Das Gericht geht daher davon aus, dass der Zeitpunkt der Quittungen auch der tatsächlichen Leistungserbringung durch die unbekannten Schwarzarbeiter entspricht, da davon auszugehen ist, dass diese unmittelbar nach Beendigung ihrer Arbeiten ihren Lohn vom Angeklagten erhielten und der Angeklagte zur Verschleierung dieser Schwarzlohnbarauszahlungen angebliche Quittungen für die Bezahlung der Abdeckrechnungen entgegennahm. Die Rechnungen selbst sind fingiert und deren Inhalt muss nicht in Übereinstimmung mit den tatsächlichen Verhältnissen stehen.
Außerdem hat die deutsche Rentenversicherung bei ihrer Berechnung des Schadens aus den Abdeckrechnungen ebenfalls den Zeitpunkt der Barzahlungen bzw. der Quittungen zugrunde gelegt.
Es wird darauf hingewiesen, dass die Kammer im Falle der Firma E… die Zahlung vom 09.11.2011 über 19.800 € und die Zahlung vom 13.12.2011 über 30.957,50 € nicht in die Schadensberechnung für die Monate November bzw. Dezember mit eingestellt hat, da in den, den beiden Zahlungen zugrundeliegenden Rechnungen die Arbeiten laut den Rechnungen von Mai bis Oktober 2011 bzw. Mai bis November 2011 erbracht worden sein sollen und von daher nicht sicher festgestellt werden kann, ob die Arbeiten durch die Schwarzarbeiter nicht bereits im Mai vollständig erbracht worden sind, also zu einem Zeitpunkt, zu dem der Tatbestand des § 266 a StGB bereits verjährt wäre.
Alle anderen zugrunde gelegten Scheinrechnungen weisen Leistungszeiträume aus, welche jeweils im nicht verjährten Bereich ab Juni 2011 liegen.
b) Die Firma G… Gebäudereinigung GmbH wurde zunächst am 08.11.2007 in das Handelsregister in Stuttgart eingetragen. In den Jahren 2008 und 2010, sowie 2011 wurden jeweils neue Geschäftsführer bestellt, zuletzt war ein T. W. einzelvertretungsberechtigter Geschäftsführer.
Die Gesellschaft wurde am 24.11.2012 wegen Vermögenslosigkeit von Amts wegen im Handelsregister von Stuttgart gelöscht.
Der Angeklagte verwendete im Jahre 2012 drei Rechnungen der Firma Grad über insgesamt 49.903,50 Euro zu dem gleichen Zweck (vgl. Anlage 1).
c) Die Firma T… Bau firmierte zunächst unter dem Namen D… Bau GmbH, wo sie am 24.08.2009 in das Handelsregister des Amtsgerichts Charlottenburg eingetragen wurde. Am 13.06.2011 wurde der Name in T… Ingenieurbau GmbH umbenannt und der Geschäftssitz an die Anschrift … in Berlin verlegt.
Am 14.10.2011 erfolgte erneut die Verlegung des Geschäftssitzes an die Anschrift …, 1… Berlin. Als neuer Geschäftsführer wurde am 07.02.2012 ein B. N… bestellt, dieser wurde bereits am 21.06.2012 wieder abbestellt und ein A. M… als neuer einzelvertretungsberechtigter Geschäftsführer benannt.
Am 11.01.2013 erfolgte die Löschung von Amts wegen aufgrund Vermögenslosigkeit.
Der Angeklagte verwendete im Jahre 2012 insgesamt 8 Abdeckrechnungen der Firma T… Ingenieurbau GmbH in Höhe von insgesamt 99.674,50 Euro, um erfolgte Schwarzlohnzahlungen zu kaschieren (vgl. Anlage 1).
d) Die Firma A… Bautenschutz GmbH wurde zunächst am 13.03.2012 in das Handelsregister des Amtsgerichts Charlottenburg eingetragen und als Geschäftsführerin M. A… bestellt. Diese wurde am 13.05.2013 abbestellt und durch M. M… ersetzt.
Am 14.05.2014 erfolgte die Löschung der Gesellschaft von Amts wegen aufgrund Vermögenslosigkeit.
Der Angeklagte verwendete im Jahre 2012 insgesamt 15 Abdeckrechnungen der Firma A… in Höhe von insgesamt 165.077,50 Euro und im Jahre 2013 insgesamt 6 Rechnungen im Volumen von 58.810,25 Euro, um erfolgte Schwarzlohnzahlungen zu kaschieren (vgl. Anlage 1).
e) Bei der Firma M… Bau GmbH handelt es sich um eine Gesellschaft, die am 05.07.2011 in das Handelsregister eingetragen wurde mit Geschäftsanschrift …, 1… Berlin.
Am 18.10.2011, sowie am 27.01.2012 wurde jeweils der Geschäftssitz verlegt und neue Geschäftsführer bestellt. Der letzte Geschäftssitz befand sich unter der Adresse …, 1… Berlin. Letzter Geschäftsführer war ein R. E…, welcher am 29.01.2013 durch Z. T… abgelöst wurde. Die letzten beiden Geschäftsführer waren in Berlin melderechtlich nicht erfasst.
Der Angeklagte verwendete im Jahre 2013 insgesamt 4 Abdeckrechnungen der Firma M… in Höhe von insgesamt 29.992,00 Euro, um erfolgte Schwarzlohnzahlungen zu kaschieren (vgl. Anlage 1).
f) Die Firma A… wurde am 19.03.2012 das Handelsregister beim Amtsgericht Charlottenburg Berlin eingetragen der ursprüngliche Geschäftsführer Mehtap E… wurde am 27.11.2012 durch Kadriye R… ersetzt, diese wiederum am 11.08.2014 durch Zlati R….
Mit Änderung der Geschäftsführer wurde auch jeweils der Geschäftssitz verlegt, dieser befand sich zuletzt unter der Anschrift c/o …, 1… Berlin.
Am 10.04.2015 erfolgte die Verlegung der Gesellschaft nach Halle/Saale, Amtsgericht Stendal.
Der Angeklagte verwendete im Jahre 2013 insgesamt drei Abdeckrechnungen der Firma A… Bautenschutz in Höhe von insgesamt 22.050,00 Euro (vgl. Anlage 1).
g) Die Firma A… wurde ebenfalls im Jahre 2010 beim Amtsgericht Charlottenburg eingetragen. Nach mehreren Verlegungen des Geschäftssitzes und Bestellung neuer Geschäftsführer wurde zuletzt am 14.12.2012 M. F… als Geschäftsführerin bestellt, diese aber bereits mit Eintrag vom 20.11.2013 wieder abbestellt und N. H… als alleinvertretungsberechtigte Geschäftsführerin eingetragen. Am 25.02.2015 wurde V. P… als neuer Geschäftsführer bestellt.
Am 03.02.2016 wurde die Gesellschaft von Amts wegen nach Abweisung eines Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse aufgelöst.
Von der Firma A… liegen für 2013 und 2014 folgende Rechnungen vor:
Zwei Rechnungen aus 2013 über insgesamt 24.400,00 Euro und 2014 14 Rechnungen mit einem Gesamtvolumen von 191.420,25 Euro (vgl. Anlage 1).
h) Die Firma E… wurde am 09.01.2013 in das Handelsregister beim Amtsgericht Charlottenburg, Berlin eingetragen. Der zunächst bestellte Geschäftsführer G. F… wurde am 07.06.2013 wieder abbestellt und als neue Geschäftsführerin Fatme D. M… bestellt.
Mit weiterer Änderung vom 13.09.2013 wurde die Firma in H… Bau und Handels GmbH umbenannt und am 17.07.2014 wurde die Gesellschaft wegen Vermögenslosigkeit von Amts wegen gelöscht.
Der Angeklagte verwendete im Jahre 2013 insgesamt 4 Abdeckrechnungen der Firma E… in Höhe von insgesamt 46.706,45 Euro für die gleichen Zwecke (vgl. Anlage 1).
i) Bei der Firma A… Dachbau handelt es sich um eine Gesellschaft zur Durchführung von Dachdeckerarbeiten, die im Handelsregister des Amtsgerichts Wuppertal mit dem Geschäftssitz … in 4… E. am 06.11.2012 eingetragen wurde. Der ursprüngliche Geschäftsführer Z. M… wurde bereits am 09.04.2013 durch V. T… und am 28.10.2013 durch K. D… ersetzt. Im Mai 2014 verlegte die Gesellschaft ihren Sitz in die … in 1… Berlin.
Der Angeklagte verwendete im Jahre 2013 insgesamt 19 Abdeckrechnungen der Firma A… in Höhe von insgesamt 204.022,38 Euro, um erfolgte Schwarzlohnzahlungen zu kaschieren.
Im Jahr 2014 waren es 14 Rechnungen über ein Gesamtvolumen von 211.364,00 Euro (vgl. Anlage 1).
j) Die Firma M… Baustoffhandel wurde am 12.11.2009 ins Handelsregister Berlin eingetragen. Nachdem zunächst M. A… Geschäftsführer der GmbH war, wurde ab dem 17.06.2013 C. K… alleiniger Geschäftsführer, dieser verkaufte das Unternehmen am 28.11.2013 an Frau F. B…. Gegenstand des Unternehmens waren die Ausführung von Hochbauarbeiten, Vollwärmeschutzarbeiten, Beton- und Stahlbetonarbeiten, Maurerarbeiten, Handel mit Baumaterialien deren Import und Export, sowie der Handel mit Waren verschiedener Art, insbesondere Lebensmittel und Fleischwaren. Die Geschäftsanschriften lauteten …, 1… Berlin und …, 1… Berlin.
Im Jahre 2014 wurden von dem Angeklagten insgesamt 6 Abdeckrechnungen der Firma M… in Höhe von insgesamt 70.380,00 Euro verwendet (vgl. Anlage 1).
k) Die Firma O… construct Bau GmbH existierte seit dem Jahre 2000 und war im Handelsregister des Amtsgerichts Frankfurt/Oder eingetragen, die Gesellschaft wurde jedoch am 11.01.2010 aufgelöst. Der Geschäftssitz der GmbH befand sich zunächst in 1… B.. Mit Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 26.04.2013 wurde die Gesellschaft fortgesetzt, der Geschäftssitz war ab diesem Zeitpunkt …, 1… Berlin. Als Geschäftsführer wurde B. D… bestellt, am 22.09.2014 wurde die Geschäftsanschrift in die … in 1… Berlin verlegt und als neuer Geschäftsführer S. K… bestimmt. Mit weiterer Eintragung im Handelsregister vom 30.06.2015 wurde als neuer Geschäftsführer V. C… bestellt.
Am 25.04.2017 wurde die Gesellschaft wegen Vermögenslosigkeit von Amts wegen gelöscht.
Der Angeklagte verwendete im Jahre 2015 insgesamt 17 Abdeckrechnungen der Firma O… construct in Höhe von insgesamt 210.872,75 Euro, um erfolgte Schwarzlohnzahlungen zu kaschieren (vgl. Anlage 1).
l) Die Firma Y… Wohnbau mit Sitz in R. wurde mit Gesellschaftsvertrag vom 24.07.2014 gegründet. Sitz der Firma war in der …, wo auch der Angeklagte seinen Geschäftssitz hatte. Im Jahr 2015 stellte die Firma Y… insgesamt 16 Rechnungen in Höhe von 149.670,50 € und 3 Rechnungen in Höhe von 51.625 € an den Angeklagten. Die Rechnungen wurden alle in bar gegen Quittung bezahlt. Im Jahr 2015 hatte die Firma Y… einen geringfügig beschäftigten Arbeitnehmer gemeldet. Eine tatsächliche Leistungserbringung der in Rechnung gestellten Arbeiten konnte nicht festgestellt werden, eine tatsächliche Geschäftstätigkeit der Firma Y… war nicht ersichtlich, Meldungen an das Finanzamt erfolgten nicht, auch existiert keine ordnungsgemäße Buchhaltung und die Rechnungen an den Angeklagten konnten dort weder in Papierform, noch in der Buchhaltung festgestellt werden.
Folgende Rechnungen wurden von der Firma Y… gestellt, ohne dass diesen ein echter Werkvertrag zugrunde lag:
Im Jahre 2015 waren es insgesamt 16 Rechnungen über 149.670,50 Euro und 2016 drei Rechnungen über 51.625 Euro (vgl. Anlage 1).
m) Die Firma A… Service UG schließlich wurde mit Gesellschaftsvertrag vom 02.02.2014 gegründet. Geschäftsführerin war Frau M. B…, die Gesellschaft war mit Sitz in der … in 8… O. eingetragen im Handelsregister des Amtsgerichts München. Geschäftszweck war Gebäudereinigung. Die Firma ist am 26.11.2014 erloschen und wurde am 11.02.2016 von Amts wegen Vermögenslosigkeit aus dem Handelsregister gelöscht.
Der Angeklagte verwendete für das Jahr 2016 fünf Scheinrechnungen der Firma A… über insgesamt 59.921,00 Euro (vgl. Anlage 1).
n) Insgesamt beträgt das Scheinrechnungsvolumen:
Insgesamt 2011
270.071,25 €
Insgesamt 2012
314.655,50 €
Insgesamt 2013
385.981,08 €
Insgesamt 2014
473.164,25 €
Insgesamt 2015
354.265,75 €
Insgesamt 03/2016
111.546,00 €
3. Der Angeklagte hatte von einem Teil der verwendeten Rechnungen entsprechende Vorlagen auf seinem Computer im Büro gespeichert. Darin war neben der Firmenadresse des Angeklagten jeweils die „Re. Nr.:“ und „Re. Datum:“ mit freibleibender Textzeile angegeben, sowie das Bauvorhaben, der Leistungszeitraum, die ausgeführten Arbeiten nach Quadratmeter und/oder Stunden nebst des Rechnungsbetrages bezüglich der Einzelpositionen und des Gesamtbetrages. Abschließend stand der Satz: „Es erfolgt kein Mwst-Ausweis, die Steuerschuldnerschaft geht gem. § 13 b Abs. 1 Nr. 4 UStG auf den Leistungsempfänger über“.
Die Angaben bezüglich Ort der Leistung, des Zeitraumes, der Art und des Umfangs der angeblich geleisteten Arbeiten und die Rechnungsbeträge finden sich vollständig in den korrespondierend dazu erstellten Rechnungen der Scheinrechnungsfirmen wieder.
Von den Firmen E…, G. und Team Ingenieurbau waren keine derartigen Vorlagen vorhanden.
Betreffend die Firma A… konnten für das Jahr 2012 eine von 15 Rechnungen als Vorlage und im Jahre 2013 ebenfalls eine von 3 Rechnungen im Computer des Angeklagten sichergestellt werden.
Betreffend die Firma M… waren es 2013 zwei von vier Rechnungen, bei der Firma A… zwei von fünf Rechnungen und betreffend die Firma A… eine von zwei Rechnungen.
Im Jahre 2014 waren es für die Firma A… alle 13 gestellten Rechnungen, von denen es Vorlagen auf dem Rechner des Angeklagten gab.
Bei der Firma E… konnten für 2013 eine von vier Rechnungen und von der Firma A… von 14 Rechnungen als Vorlagen sichergestellt werden.
Im Jahre 2014 waren es bei der Firma A… 7 von 10, bei der M… 2 von 6, im Jahre 2015 bei der Firma O… 10 von 17, bei Y… 6 von 11 und für 2016 bei Y… alle drei Rechnungen und ebenso betreffend die Firma A… alle 5 festgestellten Rechnungen.
IV. Schaden durch nicht entrichtete Sozialversicherungsbeiträge:
Aus den teilweisen Schwarzlohnzahlungen an seine Arbeitnehmer und dem Auftragsvolumen der Scheinrechnungen ergeben sich in den einzelnen Monaten nachfolgend aufgeführte nicht erbrachte Beiträge zur Sozialversicherung:
Die Fallzahlen entsprechen nicht der Nummerierung in der Anklage, da einige Fälle nach § 154 Abs. 2 StPO eingestellt wurden (s. u.).
1. Bezügliche der Einzugsstelle der Krankenkasse AOK ist folgender Schaden gegeben:
Fall
Zeitraum
Einzugsstelle
AN-Anteil § 266 a Abs. 1 StGB in Euro
AG-Anteil § 266 a Abs. 2 StGB in Euro
1
Juni 2011
AOK Bayern Die Gesundheitskasse
1.059,10
1.008,04
2
Juli 2011
AOK Bayern Die Gesundheitskasse
646,24
618,44
3
September 2011
AOK Bayern Die Gesundheitskasse
521,07
497,43
4
Oktober 2011
AOK Bayern Die Gesundheitskasse
1.406,24
1.343,64
5
Dezember 2011
AOK Bayern Die Gesundheitskasse
272,26
170,78
3
Januar 2012
AOK Bayern Die Gesundheitskasse
1.226,98
904,15
7
Februar 2012
AOK Bayern Die Gesundheitskasse
1.779,87
1.432,50
8
März 2012
AOK Bayern Die Gesundheitskasse
3.244,03
3.009,75
9
April 2012
AOK Bayern Die Gesundheitskasse
1.315,77
1.254,60
10
Mai 2012
AOK Bayern Die Gesundheitskasse
1.345,42
1.283,26
11
Juni 2012
AOK Bayern Die Gesundheitskasse
1.280,91
1.220,16
12
Juli 2012
AOK Bayern Die Gesundheitskasse
1.496,40
1.428,65
13
August 2012
AOK Bayern Die Gesundheitskasse
194,75
185,03
14
Oktober 2012
AOK Bayern Die Gesundheitskasse
1.410,69
1.344,39
15
November 2012
AOK Bayern Die Gesundheitskasse
989,35
943,58
16
Dezember 2012
AOK Bayern Die Gesundheitskasse
1.153,83
1.011,16
17
Januar 2013
AOK Bayern Die Gesundheitskasse
3.098,28
2.733,47
18
Februar 2013
AOK Bayern Die Gesundheitskasse
1.530,76
1.237,94
19
März 2013
AOK Bayern Die Gesundheitskasse
917,98
787,44
20
April 2013
AOK Bayern Die Gesundheitskasse
702,00
666,89
21
Mai 2013
AOK Bayern Die Gesundheitskasse
833,89
793,29
22
Juni 2013
AOK Bayern Die Gesundheitskasse
743,10
707,11
23
Juli 2013
AOK Bayern Die Gesundheitskasse
2.306,55
2.197,50
24
September 2013
AOK Bayern Die Gesundheitskasse
813,63
775,14
25
Oktober 2013
AOK Bayern Die Gesundheitskasse
728,64
694,63
26
November 2013
AOK Bayern Die Gesundheitskasse
620,07
590,49
27
Dezember 2013
AOK Bayern Die Gesundheitskasse
640,45
432,42
28
Januar 2014
AOK Bayern Die Gesundheitskasse
1.824,39
1.516,16
29
Februar 2014
AOK Bayern Die Gesundheitskasse
2.591,07
2.245,69
30
März 2014
AOK Bayern Die Gesundheitskasse
1.237,75
1.179,50
31
April 2014
AOK Bayern Die Gesundheitskasse
1.067,98
1.016,77
32
Mai 2014
AOK Bayern Die Gesundheitskasse
638,90
608,93
33
Juni 2014
AOK Bayern Die Gesundheitskasse
498,26
474,35
34
Juli 2014
AOK Bayern Die Gesundheitskasse
1.474,88
1.382,02
35
August 2014
AOK Bayern Die Gesundheitskasse
706,67
562,11
36
September 2014
AOK Bayern Die Gesundheitskasse
888,12
846,30
37
Oktober 2014
AOK Bayern Die Gesundheitskasse
834,92
795,34
38
November 2014
AOK Bayern Die Gesundheitskasse
1.069,13
1.018,59
39
Dezember 2014
AOK Bayern Die Gesundheitskasse
2.422,86
2.085,65
40
Januar 2015
AOK Bayern Die Gesundheitskasse
1.238,20
955,87
41
Febuar 2015
AOK Bayern Die Gesundheitskasse
2.400,32
2.062,84
42
März 2015
AOK Bayern Die
32,36
-13,88
Gesundheitskasse
43
April 2015
AOK Bayern Die Gesundheitskasse
346,86
331,42
44
Mai 2015
AOK Bayern Die Gesundheitskasse
997,83
951,21
45
Juni 2015
AOK Bayern Die Gesundheitskasse
1.080,36
1.029,00
46
Juli 2015
AOK Bayern Die Gesundheitskasse
1.213,40
1.159,41
47
August 2015
AOK Bayern Die Gesundheitskasse
879,32
839,33
48
September 2015
AOK Bayern Die Gesundheitskasse
1.095,14
1.043,14
49
Oktober 2015
AOK Bayern Die Gesundheitskasse
1.274,35
1.214,63
50
November 2015
AOK Bayern Die Gesundheitskasse
602,52
530,91
51
Dezember 2015
AOK Bayern Die Gesundheitskasse
1.001,06
953,56
Der AOK Bayern entstand ein Gesamtschaden in Höhe von 113.760,94 Euro.
2. Bezüglich der Einzugsstelle der Krankenkasse DAK, bei der die Arbeitnehmer A. S… und B. S… versichert waren, entstand folgender Schaden:
Fall
Zeitraum
Einzugsstelle
AN-Anteil § 266 a Abs. 1 StGB in Euro
AG-Anteil § 266 a Abs. 2 StGB in Euro
Juni 2011
DAK-Gesundheit
515,89
493,37
52
53
Juli 2011
DAK-Gesundheit
386,97
370,08
54
August 2011
DAK-Gesundheit
194,14
185,68
55
September 2011
DAK-Gesundheit
378,47
361,96
56
Oktober 2011
DAK-Gesundheit
164,75
157,56
57
November 2011
DAK-Gesundheit
163,20
156,08
58
Dezember 2011
DAK-Gesundheit
409,15
391,29
59
Januar 2012
DAK-Gesundheit
486,68
420,49
60
Februar 2012
DAK-Gesundheit
485,26
419,13
61
März 2012
DAK-Gesundheit
692,05
616,83
62
April 2012
DAK-Gesundheit
427,73
408,93
63
Mai 2012
DAK-Gesundheit
382,67
365,85
64
Juni 2012
DAK-Gesundheit
411,98
393,87
65
Juli 2012
DAK-Gesundheit
245,70
234,90
66
August 2012
DAK-Gesundheit
204,75
195,75
67
Oktober 2012
DAK-Gesundheit
406,12
388,27
68
November 2012
DAK-Gesundheit
344,63
329,48
69
Dezember 2012
DAK-Gesundheit
172,41
164,82
70
Januar 2013
DAK-Gesundheit
583,45
512,63
71
Februar 2013
DAK-Gesundheit
66,72
63,74
72
April 2013
DAK-Gesundheit
708,15
631,76
73
Mai 2013
DAK-Gesundheit
205,79
196,61
74
Juni 2013
DAK-Gesundheit
172,50
164,80
75
Juli 2013
DAK-Gesundheit
602,22
575,36
75
August 2013
DAK-Gesundheit
30,26
28,91
77
September 2013
DAK-Gesundheit
448,29
428,29
78
Oktober 2013
DAK-Gesundheit
434,18
414,80
79
November 2013
pAK-Gesundheit
399,47
381,65
80
Dezember 2013
DAK-Gesundheit
308,93
250,35
81
Januar 2014
DAK-Gesundheit
643,09
569,60
82
Februar 2014
DAK-Gesundheit
539,69
470,82
83
März 2014
DAK-Gesundheit
133,15
127,21
84
April 2014
DAK-Gesundheit
299,60
286,23
185
Mai 2014
DAK-Gesundheit
429,72
410,55
86
Juni 2014
DAK-Gesundheit
526,56
503,07
87
Juli 2014
DAK-Gesundheit
711,16
679,43
88
August 2014
DAK-Gesundheit
649,64
320,66
89
September 2014
DAK-Gesundheit
511,44
488,62
90
Oktober 2014
DAK-Gesundheit
296,57
283,34
91
November 2014
DAK-Gesundheit
469,07
448,15
92
Dezember 2014
DAK-Gesundheit
683,41
608,13
93
Mai 2015
DAK-Gesundheit
458,12
437,73
94
Juni 2015
DAK-Gesundheit
1437,66
418,18
95
Juli 2015
DAK-Gesundheit
491,55
469,68
96
August 2015
DAK-Gesundheit
547,70
523,32
97
September 2015
DAK-Gesundheit
591,60
565,27
98
Oktober 2015
DAK-Gesundheit
237,66
227,08
99
November 2015
DAK-Gesundheit
40,45
38,65
100
Dezember 2015
DAK-Gesundheit
118,30
113,04
Der DAK-Gesundheit entstand ein Gesamtschaden in Höhe von 37.240,65 Euro.
3. Bezüglich der unbekannten Arbeitnehmer richtet sich die Einzugsstelle nach der Betriebsnummer des Beschäftigungsbetriebes, das ist hier die IKK classic.
Bei der Schadensberechnung ist das Gericht von der Summe der Abdeckrechnungen der Scheinfirmen in den jeweiligen Monaten ausgegangen.
Da der Angeklagte für die Erstellung der Rechnungen bzw. für die Möglichkeit deren Verwendung an die Scheinrechungsfirmen eine Provision in Höhe von 15 % der Rechnungssumme zahlen musste, ist dieser Prozentsatz von den jeweiligen Rechnungsbeträgen abzuziehen, da für diese Provisionszahlung keine Sozialversicherungsbeiträge anfallen. Als Schwarzlohnzahlungen sind lediglich die um 15 % verminderten Rechnungsbeträge der Scheinrechnungen zu betrachten.
Die Kammer hat den Betrag von 15 % nicht sogleich abgezogen, da dies eine völlige Neuberechnung durch die deutsche Rentenversicherung erfordert hätte. Die Rentenversicherung hat bei ihrer Schadensberechnung den jeweiligen Rechnungsbetrag der Scheinrechnungen in voller Höhe zugrunde gelegt, ohne die darin enthaltene Provision von 15 % für die Ausstellung dieser Rechnungen abzuziehen. Die Kammer hat daher die 15 % von der in Anlage 16 jeweils monatlich errechneten Schadenssumme abgezogen. Dies führt rechnerisch zu dem gleichen Ergebnis (Kommutativgesetz der Mathematik). Im Einzelnen ergibt sich daher:
Fall
Zeitraum
Einzugsstelle
AN-Anteil § 266 a Abs. 1 StGB in Euro
AG-Anteil § 266 a Abs. 2 StGB in Euro
1
August 2011
IKK classic Rechtskreis West
2.539,06
2.399,20
102
September 2011
IKK classic Rechtskreis West
12.391,57
11.708,92
103
Oktober 2011
IKK classic Rechtskreis West
12.258,44
11.583,13
104
November 2011
IKK classic echtskreis West
5.070,08
4.790,76
105
Dezember 2011
IKK classic Rechtskreis West
7.702,44
7.277,71
106
Februar 2012
IKK classic Rechtskreis West
2.781,71
2.627,35
107
März 2012
IKK classic Rechtskreis West
3.067,48
2.897,25
108
April 2012
IKK classic Rechtskreis West
11.480,84
10.843,78
109
Mai 2012
IKK classic Rechtskreis West
11.419,12
10.785,49
110
August 2012
IKK classic Rechtskreis West
8.591,66
8.114,92
111
Oktober 2012
IKK classic echtskreis West
3.096,48
2.924,67
112
November 2012
IKK classic Rechtskreis West
5.399,21
5.099,62
113
Dezember 2012
IKK classic Rechtskreis West
22.106,72
20.880,05
114
März 2013
IKK classic Rechtskreis West
4.287,45
4.046,05
115
April 2013
IKK classic Rechtskreis West
845,41
797,81
116
Mai 2013
IKK classic Rechtskreis West
9.475,08
8.941,60
117
Juni 2013
IKK classic Rechtskreis West
3.845,98
3.629,44
118
Juli 2013
IKK classic Rechtskreis West
2.058,58
1.942,68
119
August 2013
IKK classic Rechtskreis West
3.846,25
3.629,69
120
September 2013
IKK classic Rechtskreis West
12.026,07
11.348,95
121
Oktober 2013
IKK classic Rechtskreis West
14.906,56
14.067,27
122
November 2013
IKK classic echtskreis West
10.477,41
9.887,49
123
Dezember 2013
KK classic Rechtskreis West
27.767,58
26.204,17
124
März 2014
IKK classic Rechtskreis West
10.025,42
9.460,96
125
April 2014
IKK classic Rechtskreis West
5.839,42
5.510,64
126
Mai 2014
IKK classic
11.692,73
11.034,38
Rechtskreis West
127
Juni 2014
IKK classic Rechtskreis West
9.778,85
9.228,27
128
Juli 2014
IKK classic Rechtskreis West
21.750,40
20.525,76
129
August 2014
IKK classic Rechtskreis West
2.368,67
2.235,32
130
September 2014
IKK classic Rechtskreis West
3.888,41
3.669,49
131
Oktober 2014
IKK classic Rechtskreis West
18.006,83
16.992,97
132
November 2014
IKK classic Rechtskreis West
5.064,59
4.779,44
133
Dezember 2014
IKK classic Rechtskreis West
19.566,21
18.464,55
134
März 2015
IKK classic Rechtskreis West
6.551,80
6.214,15
135
April 2015
IKK classic Rechtskreis West
13.991,34
13.270,31
136
Mai 2015
IKK classic Rechtskreis West
11.477,02
10.885,57
137
Juni 2015
IKK classic Rechtskreis West
3.453,32
3.275,35
138
Juli 2015
IKK classic Rechtskreis West
6.008,36
5.698,73
139
August 2015
IKK classic Rechtskreis West
11.838,99
11.228,88
140
September 2015
IKK classic Rechtskreis West
4.478,48
4.247,68
141
November 2015
IKK classic Rechtskreis West
10.569,13
10.024,46
142
Dezember 2015
IKK classic Rechtskreis West
11843,05
11232,74
143
März 2016
IKK classic Rechtskreis West
13.866,90
12.776,06
144
April 2016
IKK classic Rechtskreis West
17.170,53
15.819,81
Der IKK classic Rechtskreis West entstand ein Gesamtschaden in Höhe von 809.637,28 Euro.
Insgesamt beträgt der Schaden aus allen drei Einzugsstellen 960.638,87 Euro.
V.
Soweit dem Angeklagten weitere Fälle des Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt zur Last lagen, so wurden diese in der Hauptverhandlung gemäß § 154 Abs. 2 StPO eingestellt.
Es handelt sich dabei um den Zeitraum März 2010 bis Mai 2011 (Fälle 1-10, 62-74, sowie 124-131 der Anklage).
Außerdem wurden die Fälle 132 und 133 der Anklage (Juni 2011 und Juli 2011) betreffend die Scheinrechnungen ebenfalls gemäß § 154 Abs. 2 StPO eingestellt.
C. Beweiswürdigung:
I.
Der Angeklagte äußerte sich zu seinem Werdegang und seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen. Die Kammer hat keine Anhaltspunkte, um diese Angaben in Zweifel ziehen.
Angaben zum Sachverhalt machte der Angeklagte nicht.
Mit den vom Angeklagten gestellten Beweisanträgen wollte er darlegen, dass den verfahrensgegenständlichen Rechnungen Leistungen von Arbeitnehmern der jeweiligen die Rechnungen ausstellenden Firmen zugrunde liegen und damit echte Subunternehmerverträge gegeben seien.
Aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme konnte sich die Kammer aber nicht davon überzeugen, dass hier echte Subunternehmerverhältnisse gegeben sind.
II.
Aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme ist die Kammer vielmehr der Überzeugung, dass der Angeklagte im Zeitraum von Juni 2011 bis in das Jahr 2016 hinein Beiträge seiner Arbeitnehmer zur Sozialversicherung einschließlich der Arbeitsförderung vorenthalten hat (§ 266 a Abs. 1 StGB) und gleichzeitig vom Arbeitgeber zu tragende Beiträge zur Sozialversicherung einschließlich der Arbeitsförderung dadurch vorenthalten hat, dass er die für den Einzug der Beiträge zuständigen Stelle pflichtwidrig über sozialversicherungsrechtliche erhebliche Tatsachen in Unkenntnis gelassen hat (§ 266 a Abs. 2 Nummer 2 StGB).
Der ermittelnde Polizeibeamte des Hauptzollamts R., der Zeuge M. J… berichtete über Anlass und Verlauf des Ermittlungsverfahrens gegen den Angeklagten.
Danach sei zunächst von den zuständigen Behörden in Potsdam ein Ermittlungsverfahren gegen den Beschuldigten M. C… geführt worden. Dabei sei es auch um die Ausstellung von Scheinrechnungen gegangen. Es bestand der Verdacht, dass der anderweitig verfolgte M. C… unter anderem unter den Firmennamen A… Dachbau GmbH, A… Bautenschutz und A… Bautenschutz GmbH Scheinrechnungen erstellt habe. Im Rahmen der dortigen Durchsuchung der Geschäftsräume seien auch Rechnungen aufgefunden worden, die an die Firma R… gerichtet waren und auch Anhaltspunkte dafür, dass Rechnungen vom Angeklagten direkt bestellt worden seien.
Daraufhin sei dann auch im Betrieb des Angeklagten eine Durchsuchung durchgeführt worden, bei der umfangreiche Geschäftsunterlagen sichergestellt und polizeilich ausgewertet worden seien.
Im Zuge der weiteren Ermittlungen hätten sich dann zwei Tatkomplexe herauskristallisiert, nämlich dass der Angeklagte einem Teil seiner Arbeiter Schwarzlohn ausbezahlt hat, zum anderen sei eine Vielzahl von Scheinrechnungen in den Unterlagen aufgefunden worden, welche den Verdacht nahelegten, dass diese dazu dienten, um Schwarzlohnzahlungen an unbekannte Arbeiter zu kaschieren.
III. Zum Tatkomplex teilweiser Schwarzlohnzahlungen an bekannte Arbeitnehmer:
1. Der Zeuge J… gab an, dass in den Geschäftsunterlagen des Angeklagten Stundenaufzeichnungen bezüglich der einzelnen Monate und der einzelnen Arbeiter aufgefunden worden seien. Aus diesen handschriftlich geschriebenen Vermerken sei eindeutig erkennbar, wie viel seine Arbeiter tatsächlich gearbeitet haben und wie viel Lohn ihnen offiziell ausbezahlt wurde und wie viel Lohn schwarz.
Die tatsächlich vom Angeklagten angemeldeten Lohnstunden stimmten nicht mit den handschriftlichen Aufzeichnungen überein. Diese Unterlagen seien jeweils in für jeden Monat gesonderten Kuverts im Büro für alle Arbeitnehmer vorhanden gewesen.
Der Zeuge J… gab auch an, dass in dem Büro des Angeklagten in der … in R. nur der Angeklagte und seine beiden Söhne anzutreffen gewesen seien, dass dort eine Buchhaltungskraft tätig gewesen wäre, sei ihm nicht bekannt. Insgesamt habe der Angeklagte über die Jahre zwischen 15 und 18 Arbeiter beschäftigt, aber nicht alle hätten Schwarzlohnzahlungen erhalten.
Die Arbeitnehmer seien bei der Sozialversicherung gemeldet gewesen und es seien auch, jedenfalls zum überwiegenden Teil Beiträge für die namentlich bekannten Arbeitnehmer entrichtet worden. Bei der Zusatzversorgungskasse der Bauwirtschaft (SOKA-BAU) bestünden keine Rückstände. Daraus folgert die Kammer, dass dem Angeklagten seine Pflicht zur Abgabe von Sozialversicherungsbeiträgen bekannt war.
Die Kammer hat auch keine Zweifel daran, dass der Angeklagte die Lohnabrechnungen selbst verwaltete, da er als Einzelunternehmer seine Firma betrieb. Alle Zeugen gaben an, dass der Angeklagte ihr Ansprechpartner gewesen sei und als Chef galt.
Bei den Arbeitnehmern, welche teilweise Schwarzlohnzahlungen erhielten, handele es sich um O. Ö…, I. K…, R. S…, Y. S…, N. A…, B. L…, M. T…, A. M…, F. M…, Y. S…, B. S… und I. B…. Diese seien bei der AOK krankenversichert.
Die Arbeitnehmer B. S… und A. S… seien über die DAK versichert gewesen.
2. Die Kammer hat die sichergestellten Originalunterlagen über die Abrechnungen der Arbeiter anlässlich der Vernehmungen des Zeugen J… und den jeweils betroffenen Arbeitnehmern diesen vorgehalten.
Es konnte dabei festgestellt werden, dass dort jeden Monat umfangreiche Aufzeichnungen über geleistete Arbeitsstunden, Ort und Art der Tätigkeiten vorhanden sind.
Diese konkreten Stundenaufzeichnungen wurden von den Arbeitern bzw. dem jeweiligen Kolonnenführer, wie die Zeugen bestätigten, erstellt.
Unmittelbar auf diesen handschriftlichen Stundennachweisen oder auf einem gesonderten, den Stundennachweisen angefügten Blatt befinden sich in anderer Handschrift und meist mit anderer Farbe geschriebene Aufzeichnungen über die gesamten in einem Monat von den jeweiligen Arbeitern geleisteten Gesamtarbeitsstunden. Diese werden mit einem Stundensatz von 15 Euro multipliziert. Von dem so errechneten Gesamtbetrag wird ein bestimmter Betrag abgezogen. Dieser Abzugsbetrag deckt sich immer mit der Lohnsumme, die in der jeweiligen offiziellen Lohnbescheinigung aufgeführt ist, die der Angeklagte bei seinem Lohnbüro einreichte. Die Differenz zwischen der aufgrund der aufgelisteten Arbeiten errechneten Gesamtstundenzahl und dem Betrag der in der Lohnbescheinigung enthalten ist, wird gesondert ausgewiesen und ist entweder mit einem Haken versehen oder mit einer Bemerkung „bez.“ oder dergleichen bezeichnet.
Dieses System ließ sich durchgehend für sämtliche Arbeitnehmer in den jeweiligen Monaten von der Kammer so feststellen. Teilweise wird auch der Name des Arbeitnehmers und eine bestimmte Stundenzahl mit „angemeldet“ vermerkt, darunter dann eine höhere Stundenzahl mit einem Betrag, der dem tatsächlichen Lohn entspricht, angeführt. Dies deckt sich in der Regel mit einem Stundensatz von 15 €. Dann wird von diesem tatsächlichen verdienten Betrag der angemeldete Betrag abgezogen und die Differenz ist wiederum abgehakt.
Da dies in sämtlichen Fällen aufgrund der handschriftlichen Aufzeichnungen so festgestellt wurde, hat die Kammer keinen Zweifel, dass die vom Zeugen J. auf diese Weise ermittelten Schwarzlohnzahlungen zutreffend sind.
Nicht eindeutige Aufzeichnungen und Abrechnungen wurden nicht in die Schadensberechnung mit aufgenommen.
Die monatlichen Schwarzlohnzahlungen an die jeweiligen Arbeitnehmer wurden im festgestellten Sachverhalt unter Ziffer B. II. 1. a)-e) entsprechend aufgelistet.
3. An dieser Überzeugung der Kammer ändert sich auch nichts deshalb, weil es zu jedem Arbeitnehmer Lohnabrechnungen gibt, in denen eine bestimmte Anzahl von Arbeitsstunden und ein Stundensatz, sowie ein Gesamtbruttolohn ausgewiesen wird. Hierzu hat die Kammer die Zeugin W…, welche als Lohnsachbearbeiterin beim Baurechenzentrum Deutschland angestellt war und für die Firma R… zuständig gewesen ist, einvernommen. Die Zeugin W… bestätigte, dass sie selbst keine eigenen Prüfungen vorgenommen habe, sondern die Abrechnungsgrundlagen vom Angeklagten erhalten habe und sie danach die Abrechnungen erstellt habe. Sie habe keine Einsicht in irgendwelche Originalunterlagen gehabt, sondern habe nur das abgerechnet, was ihr von der Firma R… mitgeteilt worden sei. Ob diese Angaben richtig sind könne sie nicht sagen. Es werde lediglich geprüft, ob anhand der Angaben von Arbeitszeit und Gesamtlohn der Mindestlohn eingehalten ist. Auch wenn ein sogenannter Akkordlohn bezahlt werde, werde das so mitgeteilt und von ihr übernommen. Sie habe die Werte in ein Rechenprogramm eingegeben und es den jeweiligen Stellen wie Finanzamt und Sozialversicherungsträgern mitgeteilt.
Da den offiziellen Lohnabrechnungen nur die Angaben zugrunde liegen, welche die Zeugin vom Angeklagten bekommen hat, schließt das gerade nicht aus, dass darüber hinausgehend auch Arbeiten und Lohnzahlungen erbracht wurden, die nicht Eingang in die offizielle Lohnabrechnung gefunden haben.
Wie bereits ausgeführt wurde, hat die Kammer festgestellt, dass die tatsächlichen Lohnsummen in den handschriftlichen Aufzeichnungen erfasst sind und die in der offiziellen Lohnabrechnung enthaltenen Beträge davon abgezogen wurden.
Auch aus dem Umstand, dass in den Arbeitsverträgen des Angeklagten mit seinen Arbeitnehmern zumeist ein Akkordlohn vereinbart wurde, ergibt sich nicht, dass davon abweichend nicht tatsächlich nach Stundenlohn abgerechnet worden ist bzw. darüber hinausgehende Schwarzlohnzahlungen erbracht worden sind. Der Angeklagte muss sich bei der Zahlung an seine Arbeiter nicht an den Arbeitsvertrag halten.
4. Die Kammer hat außerdem die betroffenen Arbeitnehmer als Zeugen einvernommen.
Sämtliche Zeugen gaben an, sie hätten keine Schwarzlohnzahlungen erhalten. Diese Einlassungen sind aber unglaubwürdig und werden durch die eindeutigen schriftlichen Unterlagen widerlegt.
Die Kammer hat die Zeugen, welche Schwarzlohn erhalten haben einvernommen. Soweit diese sich nicht auf ein bestehendes Aussageverweigerungsrecht nach § 55 StPO berufen haben, wie die Zeugen I. K…, Y. S… und A. S…, da gegen diese noch ein Ermittlungsverfahren wegen Arbeitsamtsbetrug anhängig ist, weil sie in den Wintermonaten Arbeitslosengeld bezogen haben, obwohl sie daneben auch Einkünfte vom Angeklagten erhielten, bestritten die Zeugen, vom Angeklagten Schwarzlohnzahlungen erhalten zu haben. Die Zeugen blieben auch auf Vorhalt der sichergestellten Aufzeichnungen bei ihren Einlassungen.
Der Zeuge B. S… gab an, dass er bei der Firma R… viel arbeiten musste und wenig Geld erhalten habe, deswegen habe er dort auch wieder aufgehört. Es sei alles über seinen Neffen A. S… gelaufen, dieser habe die Stunden aufgezeichnet. Er selbst habe nichts aufgeschrieben, da er nicht gut schreiben könne. Er habe nur das bekommen, was auf den Lohnabrechnungen stehe. Auf Vorhalt einer Abrechnung vom August 2010, worin unter seinem Namen ein Betrag von 250 × 13 = 3.250 notiert ist und darunter der Betrag von 2.750, was den Betrag in der offiziellen Lohnbescheinigung entspricht und weiter die Differenzsumme von 500 ausgewiesen wird, gab der Zeuge an, dass er nicht wisse, wer das geschrieben habe. Er habe auch nie gesehen, dass andere seiner Kollegen vom Angeklagten Geld unter der Hand bekommen hätten.
Der Zeuge F. M… gab an, er habe bei der Firma R… in den Jahren 2009 und 2010 gearbeitet, er habe einen Stundenlohn zwischen 13 und 15 € erhalten. Er habe in der Regel 8 Stunden, aber auch manchmal länger und auch am Wochenende gearbeitet. Er habe nie seine Stunden aufgeschrieben, er habe immer eine Lohnabrechnung erhalten, das sei für ihn in Ordnung gewesen, mehr wisse er nicht. Sein Vorarbeiter N… habe die Stunden, welche sie gearbeitet hätten aufgeschrieben. Sie seien immer zu dritt in einer Kolonne auf den Baustellen gewesen. Andere Arbeitnehmer kenne er nicht. Ob die von seinem Vorarbeiter aufgeschriebenen Stunden stimmten, könne er nicht sagen, er habe seinen Lohn immer auf sein Konto bekommen, damit sei er zufrieden gewesen. Bargeld habe er nie erhalten.
Der Zeuge M… hat auf Vorhalt entsprechender Aufzeichnungen, auf denen wiederum eine Anzahl von Stunden mit einem Betrag von 15 multipliziert wird und abzüglich eines Betrages, der in der offiziellen Lohnabrechnung enthalten ist, ein Differenzbetrag ausgewiesen wird, angegeben, dass das nicht seine Schrift sei, er habe diese Abrechnungen nie gesehen.
In gleicher Weise äußerten sich die anderen einvernommenen Arbeitnehmer.
Die Kammer ist aber davon überzeugt, dass sich die Zeugen untereinander abgesprochen haben. Dies wurde später auch vom Zeugen R. S… zugegeben.
Die Erklärungen der Zeugen sind auffallend gleichlautend und ihre Einlassung, weshalb sie die gegen sie ergangenen Strafbefehle wegen Arbeitsamtsbetrug akzeptiert haben, sind nicht nachvollziehbar.
Der Zeuge B. S… gab an, dass er seit 2007 bei der Firma R… arbeite, jetzt sei er beim Sohn beschäftigt. Er habe Stundenaufzeichnungen über seine Arbeiten gefertigt und beim Angeklagten abgegeben. Auf Vorhalt einer Stundenaufzeichnung vom März 2010, welche 229,75 Stunden insgesamt aufweist, gab der Zeuge an, dass dies seine Handschrift sei und er dies regelmäßig so aufgeschrieben habe. Soweit auf dem Abrechnungszettel „-175“ Stunden vermerkt ist, so müsse dies die Handschrift vom Angeklagten sein. Was dies bedeutet wisse er aber nicht. Auch auf Vorhalt, dass die 175 Stunden zu jeweils 15,77 einen Betrag in Höhe von 2.759,75 € ergeben, wie in der offiziellen Lohnabrechnung im März 2010 ausgewiesen ist und dann noch ein Differenzbetrag von 52 Stunden mal 15 € ausgewiesen wird, sodann ein Betrag von 810 – 10 % = 729 mit der Bemerkung „extra“ aufgeführt ist, gab der Zeuge an, er wisse nicht, was dies bedeute. Er habe jedenfalls nie Schwarzgeldzahlungen erhalten. Auf Vorhalt weshalb er den Strafbefehl gegen ihn akzeptiert habe, gab er an, er habe dies getan, weil er es nervlich nicht mehr ausgehalten hätte. Auf weitere Vorhalte wich der Zeuge letztlich dahin aus, dass er sich die Lohnabrechnungen schon gar nicht mehr angeschaut habe, da ihm wegen der ganzen Abzüge ohnehin das Grausen gekommen sei. Er habe sich daran gewöhnt, dass es auf Baustellen immer Abzüge gegeben habe, er sei froh gewesen, dass er bei der Firma R… monatlich pünktlich sein Geld erhalten habe. Er habe jedenfalls nie etwas schwarz darüber hinaus erhalten.
Gegen die Tatsache, dass die Beträge auf den Stunden Abrechnungen, welche in anderer Handschrift aufgeführt sind, Abzüge bzw. Korrekturen der Stundenaufzeichnungen sind, spricht, dass diese Stundenbeträge stets nochmals mit einem Stundensatz von 15 (dies war der Stundensatz, den die Arbeiter erhielten und der auch in den offiziellen Lohnabrechnungen ausgewiesen wird) multipliziert werden und dann ein Betrag ausgewiesen wird. Wenn der Angeklagte lediglich die vom Arbeitnehmer aufgeschriebenen Stundenzahlen kürzen wollte, macht es keinen Sinn, weshalb er die Kürzungsbeträge nochmals mit einem Betrag von 15 multipliziert und hier dann ein Betrag ausgewiesen wird, der dann häufig auch noch mit der Bemerkung „bez.“ oder mit einem Haken versehen wurde. Dies lässt zur Überzeugung der Kammer nur den Schluss zu, dass dies Abrechnungen über Schwarzlohnzahlungen darstellen.
5. Wie sich die Kammer durch die in Augenscheinnahme der jeweiligen Abrechnungen überzeugen konnte, zieht sich dieses System über die Jahre durch alle Stundenaufzeichnungen und offiziellen bzw. inoffiziellen Lohnabrechnungen in gleicher Weise hindurch. Hieraus zieht die Kammer den Schluss, dass es sich hierbei um ein System gehandelt hat, das dazu diente, einen Teil der Lohnzahlungen an die Arbeitnehmer schwarz zu bezahlen.
Die Kammer hat hierbei im Übrigen nur solche Abrechnungen berücksichtigt, die beim Angeklagten im Büro sichergestellt wurden und die insoweit eindeutig sind.
6. Der Zeuge B. L… meinte ebenfalls, dass an ihn keine Schwarzlohnzahlungen erbracht worden seien. Er meinte, es seien Stundenaufzeichnungen gemacht worden, weil der Chef damit besser kalkulieren konnte. Sie seien stets nach Quadratmetern bezahlt worden, der Chef habe aber für seine Auftraggeber Stundenaufzeichnungen gebraucht. Wie es zu den Stundenaufzeichnungen kam, wisse er aber nicht. Der Zeuge behauptete schließlich, es sei mehr an Stunden aufgeschrieben worden, weil der Chef das so wollte. Entsprechend äußerte sich auch der Zeuge Y. S….
Dies ergibt für die Kammer aber überhaupt keinen Sinn, es ist nicht nachvollziehbar, wieso Stundenaufzeichnungen für die Auftraggeber erstellt werden sollten, wenn mit diesen tatsächlich nach Leistungsverzeichnis abgerechnet wird. Einer Kalkulierungshilfe hat der Angeklagte, der seit vielen Jahren in dem Verputzergewerbe tätig ist, mit Sicherheit nicht bedurft. Die Angaben des Zeugen L… hält die Kammer deshalb ebenfalls für unglaubwürdig.
7. Der Zeuge R. S… äußerte sich zunächst in gleicher Weise, wie seine Arbeitskollegen. Auch er gab zunächst an er habe nie Geld unter der Hand bekommen, auf Frage weshalb er dann wegen Betrugs vom Amtsgericht München zu einer Freiheitsstrafe von 10 Monaten zur Bewährung verurteilt wurde, gab er an, dass man da nichts machen könne. Auch auf Vorhalt der entsprechenden Abrechnungen blieb der Zeuge dabei, dass er nichts „schwarz“ bekommen hätte.
Der Zeuge R. S… gab in einer zweiten Vernehmung an, nachdem die Staatsanwaltschaft gegen ihn ein Falschaussageverfahren eingeleitet hatte und er mit seinem Zeugenbeistand Rechtsanwalt N… bei Gericht erschienen war, dass es zutreffe, dass er über seinen offiziellen Lohn hinaus Schwarzgeldzahlungen erhalten habe. Der Angeklagte habe die Beträge aus den offiziellen Lohnabrechnungen überwiesen, darüber hinaus habe er noch Bargeld vom Chef erhalten. Er habe sich aber nicht ausgekannt. Bei den anderen sei es auch so gewesen. Der Angeklagte habe gewollt, dass sie die Stunden, die sie arbeiteten aufschreiben. Es sei auch die Idee vom Chef gewesen, sich im Winter arbeitslos zu melden und aber auch gleichzeitig noch für ihn zu arbeiten. Er habe nur das gemacht, was der Chef von ihm verlangt habe.
Der Zeuge räumte ebenfalls ein, dass er zuvor mit seinen Kollegen N. A… und I. B… bei einem Rechtsanwalt gewesen seien und sie sich dort beraten ließen. Danach hätten sie vereinbart, alle vor Gericht das gleiche auszusagen. B. sei der Kolonnenführer gewesen und habe alles aufgeschrieben, die Abrechnungen kenne er nicht. Die von B… aufgeschriebenen Arbeitszeiten seien aber immer richtig gewesen. Wie viel Geld er immer erhalten habe, könne er jetzt nicht mehr sagen, meist seien es zwischen 250 und 300 € gewesen, manchmal können es mehr gewesen sein. Letztlich sei er zufrieden gewesen, wenn er für seine Arbeit insgesamt etwa 2000 € erhalten hätte. Dies habe ihm ausgereicht.
8. Der Zeuge A. M… gab schließlich an, er sei nur kurz bei der Firma R… beschäftigt gewesen. Er sei mit seinem Vater, dem Zeugen B. S… unterwegs gewesen, wie abgerechnet worden sei, wisse er nicht. Die Abrechnungen habe alle sein Vater gemacht. Er habe sich darum nicht gekümmert und habe seinem Vater vertraut. Irgendwann habe er dann aber den Verdacht gehabt, dass sein Vater ihm nicht alles ausbezahle, sondern Geld für sich ein behalte, weshalb es zum Zerwürfnis zwischen ihm und seinem Vater gekommen sei. Er könne zu den Abrechnungen nichts sagen, er sei damals froh gewesen, dass er einen Job gehabt habe und habe letztlich seinem Vater vertraut.
9. Der ermittelnde Polizeibeamte, der Zeuge J…, wurde von der Kammer über die Angaben derjenigen Zeugen befragt, welche in der Hauptverhandlung von ihrem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch machten, über deren Angaben im Ermittlungsverfahren befragt. Der Zeuge J… gab an, dass die Zeugen alle bestritten hätten Schwarzlohnzahlungen erhalten zu haben, auf Vorhalt der entsprechenden Stundenaufzeichnungen und Abrechnungen meinten sie, dass sie sich dies nicht erklären könnten bzw. diese Abrechnungen nicht kennen würden.
10. Aufgrund der vorliegenden Abrechnungen ist das Gericht der Überzeugung, dass diese Abrechnungen keinen anderen Zweck hatten, als dem Angeklagten eine Übersicht über die tatsächlich erbrachten Arbeitsleistungen und die Lohnzahlungen zu geben. Diese Abrechnungen, wie sie vom Zeugen J… anlässlich der Durchsuchung im Büro des Angeklagten aufgefunden wurden, sind jeweils nach Monaten und Arbeitnehmern einzeln geordnet gewesen. Es findet sich zu der offiziellen Lohnbescheinigung in Anlage stets ein handschriftlich beschriebenes Stück Papier, auf dem für den gesamten Monat die Arbeitsstunden nach Tag und Ort aufgezeichnet sind und dann danach in anderer Handschrift eine Abrechnung über die aufgrund der Lohnstundenaufzeichnungen verdienten Gesamtstunden und davon abgezogen jeweils den Betrag aus der offiziellen Lohnbescheinigung. Der Differenzbetrag, der sich aus dieser Gegenüberstellung ergibt, ist dann abgehakt worden oder mit der Bemerkung „bez.“ versehen. Für die Kammer ergibt sich hieraus das eindeutige Bild, dass es sich hierbei um Abrechnungen über die tatsächlichen Arbeitsleistungen und an die Arbeitnehmer bezahlten Bargeldleistungen handelt.
Bei den Berechnungen auf den Arbeitsnachweisen kann es sich auch nicht um Kürzungen von unberechtigt aufgeschriebenen Stunden handeln, da dies nicht erklärt, dass stets eine Differenz zu den in den offiziellen Lohnbescheinigungen ausgewiesenen Beträgen ausgerechnet und ausgewiesen wird, die dann auch noch mit einem Bezahlt-vermerk versehen wurde.
Dies ergibt nur einen Sinn, wenn damit eine interne Abrechnung von offiziellen Lohnzahlungen und Schwarzlohnzahlungen geführt wurde.
Da diese darüber hinausgehenden Zahlungen nicht in den offiziellen Lohnbescheinigungen aufgeführt sind, wurden für diese Zahlungen keine Sozialversicherungsbeiträge abgeführt.
Dieses eindeutige Ergebnis aufgrund der schriftlichen Aufzeichnungen konnte durch die Angaben der Zeugen, die übereinstimmend keine plausiblen Angaben machen konnten und die sichtlich bemüht waren, die Zahlung von Schwarzlohngeldern in Abrede zu stellen, nicht erschüttert werden.
Die Kammer ist deswegen der Überzeugung, dass der Angeklagte an seine Arbeitnehmer die Schwarzlohnzahlungen wie festgestellt erbracht hat.
11. Der Zeuge T. G… vom Prüfdienst der Deutschen Rentenversicherung erläuterte dem Gericht die Schadensberechnung im vorliegenden Fall für die einzelnen an die Arbeitnehmer erbrachten Schwarzlohnzahlungen.
Bei der Berechnung habe er bezüglich der namentlich bekannten Arbeitnehmer diejenigen Beitragssätze der konkreten Krankenkasse verwendet, bei der diese angemeldet waren, das seien im vorliegenden Fall die AOK und die DAK gewesen. Bei den unbekannten Arbeitnehmern richtet sich die Zugehörigkeit zu einer Krankenkasse nach dem Ordnungsmerkmal des Arbeitgebers, was hier die IKK classic sei.
Soweit im vorliegenden Fall konkrete Schwarzlohnzahlungen des Angeklagten an seine Arbeitnehmer festgestellt werden konnten, so hat der Zeuge die vorenthaltenen Beiträge zur Krankenversicherung, Pflegeversicherung, Rentenversicherung und Bundesanstalt für Arbeit konkret berechnet. Diese Berechnung ist schlüssig und zutreffend, sodass die Kammer diese übernommen hat.
Von den konkret ermittelten Schwarzlohnzahlungen wurde der konkrete Sozialversicherungsbeitrag errechnet.
Dabei ist das Gericht davon ausgegangen, dass es sich bei den Schwarzlohnzahlungen um Nettozahlungen handelte, von denen keine weiteren Abzüge erfolgten.
Zugunsten des Angeklagten wurden diese Nettozahlungen nicht auf Bruttobeträge hochgerechnet, sondern unmittelbar in die Schadensberechnung eingestellt.
Die Schadensberechnungen wurden jeweils gesondert für die einzelnen Arbeitnehmer und die jeweiligen Monate vorgenommen.
Es wird darauf hingewiesen, dass nicht jeder Arbeitnehmer in jedem Monat Schwarzlohnzahlungen erhielt bzw. dies nicht festgestellt werden konnte, sodass bei den Berechnungen der jeweiligen Arbeitnehmer nicht stets alle Monate angeführt sind.
a) Für die AOK ergab sich für die Arbeitnehmer N. A…, I. B…, I. K…, B. L…, F. M…, B. S…, R. S…, Y. S…, Ya. S…, O. Ö…, M. T… und A. M… für den Zeitraum Juni 2011 bis Dezember 2015 nachfolgende Schadensbeträge:
Der Schaden wurde jeweils für jeden Arbeitnehmer und jeden Monat getrennt berechnet.
Die gesamte Schadenssumme für die jeweiligen Monate ergibt sich aus der Addition aller Arbeitnehmer der jeweiligen Monate.
Der konkrete Schaden ergibt sich aus den nachfolgend angeführten Anlagen 2 bis 6.
In der Anlage 7 ist zusammenfassend der Gesamtschaden für die jeweiligen Monate Juni 2011 bis Dezember 2015 und die jeweiligen nicht abgeführten Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbeiträge enthalten.
In der Kopfzeile der Berechnungslisten der deutschen Rentenversicherung ist der Name des Arbeitnehmers enthalten und der Monat, in dem Schwarzlohnzahlungen festgestellt wurden.
In der Zeile „bisher“ ist der Lohn gemäß der offiziellen Lohnabrechnung aufgeführt, in der Zeile „tatsächlich“ der tatsächlich erhaltene Arbeitslohn.
Davon ausgehend wurden dann die Sozialversicherungsbeiträge von Arbeitgeber und Arbeitnehmer unter Zugrundelegung der maßgeblichen Prozentsätze berechnet.
„KV“ bedeutet Krankenversicherung, „PV“ = Pflegeversicherung, „RV“ = Rentenversicherung und „BA“ steht für Beiträge zur Bundesanstalt für Arbeit bzw. Arbeitslosenversicherung.
In der Zeile „Differenz“ ist in Spalte 14, 15 und 16 der vorenthaltene Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteil angegeben und der Gesamtschaden (Spalte 16). Die Beträge aus den jeweiligen Spalten 14,15 und 16 wurden für jeden Arbeitnehmer pro Monat addiert und in Anlage 7 übernommen.
aa) Für das Jahr 2011 ab Juni 2011:
Vergleiche hierzu Anlage 2 zu den Urteilsgründen
bb) Für das Jahr 2012:
Vergleiche hierzu Anlage 3 zu den Urteilsgründen
cc) Für das Jahr 2013:
Vergleiche hierzu Anlage 4 zu den Urteilsgründen
dd) Für das Jahr 2014:
Vergleiche hierzu Anlage 5 zu den Urteilsgründen
ee) Für das Jahr 2015:
Vergleiche hierzu Anlage 6 zu den Urteilsgründen
ff) Gesamtschadensaufstellung:
Vergleiche hierzu Anlage 7 zu den Urteilsgründen
Die jeweiligen Gesamtsummen aus Anlage 7 wurden den Feststellungen zum Schaden in Ziffer B. IV. 1. zugrunde gelegt.
b) Die ursprüngliche Schadensberechnung der deutschen Rentenversicherung betreffend der Arbeitnehmer, die bei der AOK versichert waren, wurde von der deutschen Rentenversicherung korrigiert und nochmals erneut berechnet. Hierüber berichtete der Zeuge G… in seiner zweiten Vernehmung am 20.07.2020. In der ersten vorgelegten Berechnung seien teilweise die Arbeitnehmer mehrfach in den jeweiligen Monaten berücksichtigt worden. Dies erklärte der Zeuge G… damit, dass es zum Zeitpunkt der ersten Schadensberechnung im Jahre 2016 bei der deutschen Rentenversicherung aufgrund eines Softwareproblems zu Doppelberechnungen gekommen sei. Dieses Problem sei aber zwischenzeitlich behoben und in der neuen Berechnung korrigiert worden.
c) Bei der DAK ergab sich für die Arbeitnehmer A. S… und B. S… für den Zeitraum Juni 2011 bis Dezember 2015 folgende Schadensbeträge:
aa) Für das Jahr 2011 ab Juni:
Vergleiche hierzu Anlage 8 zu den Urteilsgründen
bb) Für das Jahr 2012:
Vergleiche hierzu Anlage 9 zu den Urteilsgründen
cc) Für das Jahr 2013:
Vergleiche hierzu Anlage 10 zu den Urteilsgründen
dd) Für das Jahr 2014:
Vergleiche hierzu Anlage 11 zu den Urteilsgründen
ee) Für das Jahr 2015:
Vergleiche hierzu Anlage 12 zu den Urteilsgründen
ff) Gesamtschadensaufstellung:
Vergleiche hierzu Anlage 13 zu den Urteilsgründen
In Spalte 1 der Anlage 13 ist der Gesamtschaden bestehend aus den vorenthaltenen Arbeitgeberbeiträgen aus Spalte 2 und den Arbeitnehmerbeiträgen aus Spalte 3, jeweils betreffend die beiden Arbeitnehmer A. S… und B. S… angegeben.
Die Beträge aus der Gesamtschadensaufstellung wurden wiederum in die Feststellungen der Schadensbeträge unter B. IV. 2. übernommen.
IV. Zum Tatkomplex Abdeckrechnungen:
1. Der Zeuge J… berichtete zunächst allgemein über das System der Schein- bzw. Abdeckrechnungen. Diese würden seiner kriminalistischen Erfahrung nach in aller Regel dazu verwendet, um Schwarzlohnzahlungen zu verschleiern. Die Lohnzahlungen an nicht angemeldete bzw. schwarz beschäftigte Arbeitnehmer erfolge stets in Form von Barzahlungen. Dadurch entstehe in der Buchführung ein hoher Betrag für die Entnahme von Bargeldbeträgen. Um darüber hinweg zu täuschen bzw. um hier eine Erklärung im Rahmen einer möglichen Buchprüfung zu geben, werden entsprechende Scheinrechnungen, also Rechnungen denen keine tatsächliche Leistung zugrunde liegt, in die Buchhaltung eingestellt, mit denen die hohen Bargeldzahlungen abgedeckt werden.
Es gebe Firmen, deren Geschäftszweig überwiegend oder ausschließlich darauf ausgerichtet ist, derartige Abdeckrechnungen auszustellen. Dies erfolge stets auf Anweisung des jeweiligen Auftraggebers. Für die Ausstellung dieser fingierten Rechnungen müsse der Auftraggeber in der Regel eine Provision bezahlen, die zwischen 5 und 15 % der Schein Rechnungssumme liege. Diese Provision werde dann ebenfalls in bar, häufig auch schon auf den Baustellen an denjenigen übergeben, der die Scheinrechnung ausstellt.
Über die Hintergründe dieses Systems berichteten auch die Zeugen P… und M…, welche in ihrem Zuständigkeitsbereich ebenfalls umfangreiche Ermittlungsverfahren gegen Aussteller und Verwender von Scheinrechnungen führten. Der Zeuge P… gab zudem an, dass es für Scheinrechnungsfirmen typisch sei, dass diese häufig ihre Geschäftsführer und Geschäftssitze wechseln. Auch sei auffällig, dass das Angebotsspektrum dieser Firmen ungewöhnlich breit aufgefächert sei, um möglichst vielen potentiellen Kunden die Möglichkeit zu bieten, bei Ihnen Scheinrechnungen erwerben zu können.
2. Der Zeuge J… gab weiter an, dass sämtliche verfahrensgegenständlichen Abdeckrechnungen in der Buchhaltung des Angeklagten anlässlich der Durchsuchung aufgefunden worden seien. Es seien keine Rechnungen in die Schadensberechnung aufgenommen worden, welche beispielsweise nur bei den Scheinfirmen in Berlin aufgefunden worden seien.
Der Zeuge S. G… vom Hauptzollamt P. berichtete dem Gericht darüber, dass bei einer Durchsuchung im Jahre 2015 in den Büroräumen des M. C… in … 1***** Berlin Unterlagen über die Erstellung von Rechnungen unter anderem auch der Firma ADG Dachbau, A… Bautenschutz, A…, Euphratbau GmbH, Metropolbauunternehmung, MZA Baustoffhandel und anderer Firmen, die im vorliegenden Verfahren aber nicht verfahrensgegenständlich sind, aufgefunden worden seien. Es hätten sich Briefköpfe, Stempel und vorgefertigte Quittungen dieser Firmen gefunden. Bei der Durchsuchung der Firma seien keinerlei Hinweise auf einen umfangreicheren Geschäftsbetrieb im Baugewerbe festgestellt worden, insbesondere nicht betreffend mehrerer Baufirmen.
Die Zeugin K…, welche 6 Monate im Büro des C. als Sekretärin arbeitete, gab an, sie habe immer nur auf Anweisung des C… Rechnungen für Bauvorhaben geschrieben. Diese Rechnungen seien immer ohne Aufmaße geschrieben worden. Es seien ihr von dem C… Zettel mit Beträgen übergeben worden, welche sie in Rechnungen umsetzen sollte. Sie hatte von bestimmten Firmen Briefköpfe, die sie für die Rechnungen verwenden sollte. Auf ihre Nachfragen hin, habe es geheißen, dass dies mit den anderen Firmen so vereinbart worden sei, weil diese das selbst nicht könnten, das wäre schon in Ordnung. Über die genauen Hintergründe der Tätigkeiten des C… habe sie keine Erkenntnisse. Auf Ihre Fragen habe sie nie eine befriedigende Antwort erhalten. Es habe auch in einer Schublade vorgefertigte Stempel von den jeweiligen Firmen gegeben. Gelegentlich habe sie auch Baumaterial bestellt und es seien hie und da auch einmal Bauarbeiter im Büro vorbeigekommen.
Ein richtiger Betrieb habe aber nicht geherrscht.
Die Aussage der Zeugin K… belegt zur Überzeugung der Kammer nicht ein Tätigwerden im Rahmen einer größeren Baufirma, wie dies die zugrunde liegenden Rechnungsbeträge nahelegen würden.
3. Von daher ist die Kammer der Überzeugung, dass sämtlichen verfahrensgegenständlichen Abrechnungen auch tatsächliche Schwarzlohnzahlungen zugrunde liegen, da der Angeklagte diese Rechnungen ansonsten nicht in seine Buchhaltung eingestellt hätte.
Die Kammer ist auch davon überzeugt, dass hier Arbeiten im Umfang des verfahrensgegenständlichen Scheinrechnungsvolumens tatsächlich erbracht wurden. Der Angeklagte hat Verputzerkolonnen beschäftigt, welche kurzfristig ihre Arbeitsleistung anbieten und hat diese Arbeitsleistung unmittelbar nach Beendigung der Arbeiten in bar bezahlt, ohne diese Arbeiter aber bei den Sozialkassen anzumelden, obwohl diese für die Zeit ihrer Arbeit in seinem Betrieb eingegliedert waren. Dies ist gerade typisch für das System der illegalen Beschäftigung, wie dies von den ermittelnden Polizeibeamten geschildert wurde.
Der Zeuge J… erläuterte auch, dass die Firma R… auch offizielle Subunternehmer gehabt habe. Es habe sich hierbei um eine Firma OHG Bau aktiv, die Firma P…- P…- Z…, Firma H…, Firma C…, Firma AS Fassaden GmbH, Firma B… und Partner, Firma P…, Firma P** und Partner, sowie die Firma Imre P… gehandelt. Bei diesen offiziellen/tatsächlichen Subunternehmerfirmen seien im Büro des Angeklagten jeweils eigene Ordner angelegt gewesen, in denen sich entsprechende Vertragsunterlagen befunden hätten. Die Rechnungen dieser Subunternehmer seien größtenteils mittels Überweisung beglichen worden und nur sehr selten mit einer Barzahlung und Quittung. Bei rechtzeitiger Überweisung seien immer 3 % Skonto einbehalten worden, ebenfalls seien stets 5-10 % Sicherheitseinbehalt von der Rechnungssumme abgezogen worden. Die Rechnungen seien geprüft und falsch berechnete Leistungen seien korrigiert worden.
Demgegenüber sei bei den Rechnungen der Scheinfirmen festzustellen, dass entsprechende Rechnungsabzüge, -korrekturen und -einbehalte nicht vorgenommen wurden.
Auch dieser Vergleich zwischen den tatsächlichen Subunternehmern des Angeklagten und der Art der Abrechnung, sowie den vorhandenen Vertragsunterlagen, belegt dass den Rechnungen der Scheinfirmen keine echten Auftragsverhältnisse zugrunde liegen. Hier fehlen nämlich jegliche Vertragsunterlagen, wie eine Leistungsbeschreibung, ein Bauvertrag oder dergleichen, was üblicherweise zu erwarten wäre. Auch die Rechnungen selbst sind durchweg einfach und kurz gefasst, es gibt keine Korrekturen oder Kürzungen, wie es bei echten Werkverträgen zu erwarten wäre. Insbesondere das Fehlen jeglicher weiterer Vertragsunterlagen spricht gegen eine Beauftragung eines Subunternehmers.
4. Architekten und Bauleiter:
Die Vernehmung der Bauleiter und Architekten von einigen größeren Bauvorhaben des Angeklagten erbrachten keine wesentlichen Erkenntnisse in Bezug auf den vorliegenden Tatvorwurf. Dieser ließ sich dadurch weder bekräftigen, noch wurde der Angeklagte entlastet.
Der Zeuge C. N… betreute das Bauvorhaben L.haus in M., welches vom Hochbauamt M. in Auftrag gegeben worden war und bei dem die Firma R… die Verputzarbeiten ausführte. Der Zeuge gab an, dass sein Ansprechpartner stets der Angeklagte war. Von Subunternehmern wisse er nichts, es sei auch vereinbart gewesen, dass Subunternehmer angemeldet werden müssten. Dies sei nicht erfolgt, das schließe aber nicht aus, dass tatsächlich Subunternehmer auf der Baustelle für den Angeklagten arbeiteten. Er habe die Rechnungen, die von der Firma R… eingereicht worden seien, überprüft und korrigiert und an die Stadt München weitergeleitet. Es seien meistens die gleichen Arbeiter des Angeklagten auf der Baustelle gewesen, dass Arbeiter aus B. da waren, sei ihm nicht aufgefallen. Auf Vorhalt einiger Rechnungen des Angeklagten, die als Scheinrechnungen zu betrachten sind, gab der Zeuge an, dass er als Bauleiter solche Rechnungen nicht freigeben würde, es müssten die darin aufgeführten Regiearbeiten näher aufgeschlüsselt und mit Aufmaßberichten belegt werden. Die Rechnungen seien in dieser Form nicht prüfbar und er würde sie deswegen an den Auftragnehmer zurückschicken. Die angeblichen Subunternehmen aus Berlin kenne er dem Namen nach nicht.
Der Zeuge Ltd Regierungsdirektor a. D. R. B…, welcher das öffentliche Bauvorhaben Berufsschule R. beim Landratsamt betreute gab an, dass er selbst nie auf der Baustelle gewesen sei und deswegen auch keine der beteiligten Firmen kenne. Die Firma R… habe als günstigster Anbieter den Zuschlag erhalten für die Arbeiten nach Leistungsverzeichnis und Regiearbeiten. Mit der Prüfung der eingereichten Rechnungen sei er aber nicht befasst gewesen. Nach VOB dürften zwar grundsätzlich Subunternehmer herangezogen werden, diese müssten aber angezeigt werden. Soweit ihm bekannt, seien auf dem Bauvorhaben Berufsschule Rosenheim keine Subunternehmer beschäftigt worden.
Ähnlich äußerten sich die weiteren Zeugen Dipl. Ing. F. R…, Dipl. Ing. L. L… und Dipl. Ing. B. P…, die ebenfalls als Projekt- bzw. Bauleiter Bauvorhaben, auf welchen die Firma R… tätig war, betreuten. Auch diese Zeugen konnten über die konkrete Mitwirkung von bestimmten Arbeitern und Subunternehmern keine Angaben machen. Die Zeugen gaben auch an, dass sie mit der Beauftragung und Abrechnung irgendwelcher Subunternehmer der Firma R… nicht befasst waren, sie hätten sich allein an dem Vertragsverhältnis zwischen den Bauherren und der Firma R… orientiert. Irgendwelche Firmen aus Berlin, welche auf den Bauvorhaben des Angeklagten arbeiteten, seien ihnen nicht bekannt. Auf Vorhalt einiger als Abdeckrechnungen zu qualifizierender Rechnungen gaben die Zeugen übereinstimmend an, dass die darin aufgeführten Regiestunden sehr hoch seien und dies ungewöhnlich sei, jedenfalls würde man derartige Rechnungen näher dahingehend überprüfen, ob diese angemessen seien.
Aus der Einvernahme der Zeugen zieht die Kammer den Schluss, dass die Abdeckrechnungen zumindest ungewöhnlich bzw. unüblich bezüglich ihres Inhalts und ihrer Gestaltung sind.
Dass konkret Subunternehmen, die hier als Scheinrechnungsfirmen in Betracht kommen für die Firma des Angeklagten gearbeitet haben, ergab sich nicht.
Aus den Vernehmungen der Architekten und Bauleiter zieht die Kammer zudem den Schluss, dass der Angeklagte als Ansprechpartner galt und damit als Arbeitgeber anzusehen ist.
Die Kammer ist allerdings der Überzeugung, dass tatsächlich von nicht bekannten Arbeitnehmern Arbeiten auf Baustellen des Angeklagten ausgeführt wurden. Hierfür wurden diese nicht bekannten Arbeitnehmer auch vom Angeklagten in bar bezahlt. Um diese hohen Barzahlungen in seiner Buchhaltung auszugleichen, hat er sich die Scheinrechnungen ausstellen lassen.
Im übrigen gaben sämtliche einvernommenen Arbeitnehmer des Angeklagten auf die Frage, ob den Zeugen auf den Baustellen irgendwelche ihnen nicht bekannte Arbeitnehmer aufgefallen seien, übereinstimmend an, es seien gelegentlich Arbeiter da gewesen, welche Autos mit Berliner Kennzeichen gehabt hätten. Näheres wüssten sie aber nicht.
5. Der Zeuge J… räumte zwar ein, dass grundsätzlich Scheinrechnungen auch zur Verschleierung sonstiger Bilanzmanipulationen dienen könnten, etwa zur Verschleierung von privaten Barentnahmen, um den Gewinn zu minimieren, die Kammer ist allerdings davon überzeugt, dass die Scheinrechnungen allein zur Verschleierung von Schwarzlohnzahlungen dienten. Diesen Schluss zieht die Kammer aus dem Umstand, dass der Angeklagte im gleichen Zeitraum, in dem die Scheinrechnungen verwendet wurden, er auch konkrete nachweisbare Schwarzlohnzahlungen an seine eigenen gemeldeten Arbeitnehmer erbracht hat, siehe oben Ziffer III). Dies beweist, dass der Angeklagte über Jahre hinweg Schwarzlohnzahlungen systematisch erbrachte und dies durch entsprechende Scheinrechnungen kaschierte. Dass die Scheinrechnungen die Verschleierung anderer Entnahmen oder Zahlungen zum Gegenstand hatte, dafür bestehen für das Gericht keine Anhaltspunkte.
Um den Einkauf von Baumaterial zu verschleiern bedarf es keiner Scheinrechnungen. Dies ergibt keinen Sinn, da die Kosten für den Einkauf von Material an den Auftraggeber weitergegeben werden bzw. hierfür keine Abgaben fällig werden, wie bei Lohnzahlungen.
Der Zeuge J… erläuterte dem Gericht zudem, dass bei einem überschlägigen Vergleich der erwirtschafteten Umsätze der Firma R… in den Jahren 2011 bis 2016 nach Abzug der echten Subunternehmerwerkleistungen, unter Berücksichtigung des Materialeinkaufs und Gewinns, sowie den gezahlten Sozialversicherungsbeiträgen für die gemeldeten Arbeitnehmer sich ein ungewöhnliches Missverhältnis zwischen Umsatz und Lohnquote ergebe, nämlich etwa bei 10 %. Dies sei im Baugewerbe aber unrealistisch, da es sich hierbei um ein lohnintensives Gewerbe handelt.
Nimmt man das Volumen der Scheinrechnungen dazu, ergebe sich eine Lohnquote von etwa 70 %, was wesentlich realistischer sei.
Auch aus diesen Feststellungen des Zeugen J…, an deren Richtigkeit die Kammer keinen Zweifel hat, zieht das Gericht den Schluss, dass die Abdeckrechnungen hier zur Verschleierung von Lohnzahlungen verwendet wurden und nicht zu anderen denkbaren Zwecken.
6. Die verfahrensgegenständlichen Abdeckrechnungen wurden von der Kammer im Wege des Selbstleseverfahrens zur Kenntnis genommen.
Im Einzelnen ist folgendes zu werten:
6.1 Zur Firma E… Bau:
a) Über die polizeilichen Erkenntnisse zu der Firma E…bau GmbH aus dem Jahre 2015 berichtete die Zeugin Zolloberinspektorin G… vom Hauptzollamt B.. Die Firma sei 2007 gegründet worden, es habe dann mehrfache Verlegungen des Geschäftssitzes und Änderungen der Geschäftsführer gegeben. Die Firma E… sei im Jahre 2014 stillgelegt worden. Bei dem Geschäftssitz in der R. Straße 36 handele es sich um ein Mehrfamilienhaus, am Klingelschild sei zwar der Name E… aufgedruckt, jedoch hätten sich weder an den Briefkästen, noch an den Wohnungstüren Hinweise auf eine Geschäftstätigkeit einer Baufirma ergeben. Die beiden Geschäftsführer, die im Jahre 2011 im Handelsregister eingetragen waren, N. A… und S. Z… hätten unter den bekannten Anschriften in Berlin nicht festgestellt werden können.
Es seien zwar im Jahre 2011 insgesamt 39 Arbeitnehmer für die Firma E… bei der Deutschen Rentenversicherung gemeldet gewesen, es hätten sich aber keine Anhaltspunkte für die Erbringung von Bauleistungen durch die Firma E… ergeben. Das Sozialkassenbeitragskonto sei zum 31.10.2011 geschlossen worden.
b) Die beiden Geschäftsführer N. A… und V. Z… konnten nicht einvernommen werden, da sie unbekannten Aufenthaltes sind. Mit Beschluss (Anlage 44 zum Protokoll) wurde daher der entsprechende Beweisantrag des Angeklagten zurückgewiesen.
c) Die jeweiligen Rechnungen der Firma E… wurden von der Kammer beurteilt.
Es konnte dabei festgestellt werden, dass die Rechnungen stets Briefköpfe, die an die Firma R… gerichtet sind, enthalten und in denen Arbeiten aufgeführt werden und zwar lediglich pauschal nach Stunden und Zeiträumen. Es finden sich keinerlei Abzüge oder Sicherungseinbehalte auf diesen Rechnungen, den jeweiligen Rechnungen ist jeweils eine Barzahlungsquittung vom gleichen Tag oder wenige Tage später bzw. auch ohne Datum über den ausgestellten Rechnungsbetrag angefügt. Die Unterschriften sind jeweils nicht zu entziffern. Bei den Rechnungen fiel zudem auf, dass immer der Geschäftsführer A… angeführt war, auch zu Zeiten nach dem 08.07.2011, wo er laut Handelsregistereintrag nicht mehr Geschäftsführer war.
Auffallend ist auch, dass auf den Rechnungen entweder eine Kontoverbindung bei der Deutschen Bank, Commerzbank oder bei der Volksbank angegeben ist und zwar in zeitlich nicht chronologischen Rechnungen.
Dazu gab die Zeugin G… an, dass eine Abfrage bei der BaFin vom 07.01.2016 ergeben habe, dass das Konto bei der Deutschen Bank dort nicht bekannt sei.
Die Kammer hat die Rechnungen, wie in den Feststellungen unter Ziffer B. III. 2. aufgeführt, als Scheinrechnungen gewertet.
Bezüglich der Rechnungen aus Juni 2011 über insgesamt 20.226 € und Juli 2011 über 39.807 € wurde das Verfahren nach § 154 Abs. 2 StPO eingestellt.
Im Monat November 2011 wurde die Rechnung vom 09.11.2011 über 19.800 € nicht in die Schadensberechnung eingestellt, da in dieser Rechnung die Arbeiten für einen Leistungszeitraum von Mai bis Oktober 2011 aufgeführt sind und daher zugunsten des Angeklagten davon ausgegangen wird, dass die Arbeiten bereits im Mai 2011 vollständig erbracht wurden, zu einem Zeitpunkt als die Tat bereits verjährt ist.
Gleiches gilt für die Rechnung aus 13.12.2011 über 30.957,50 €, da hier ebenfalls als Leistungszeitraum Mai 2011 bis November 2011 und damit möglicherweise in verjährter Zeit aufgeführt ist. In der Schadensberechnung der deutschen Rentenversicherung (siehe unten) wurden diese Rechnungen aus der Berechnung herausgenommen und die Beträge handschriftlich entsprechend abgeändert.
Der Zeuge M. C…, der als Mitarbeiter der Firma E… tätig war und auch bei anderen hier verfahrensgegenständlichen Firmen in Erscheinung trat, hat mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 21.01.2020 sich auf ein Aussageverweigerungsrecht nach § 55 StPO berufen.
6.2 Firma G…:
Der Zeuge M. P… vom Hauptzollamt U. berichtete der Kammer über die Erkenntnisse zu der Firma G… Gebäudereinigung GmbH. Der Zeuge gab an, er habe Ermittlungen gegen einen anderweitig verfolgten G. F… geführt. Hierbei habe auch die Firma G… eine Rolle gespielt, da der Verdacht bestand, dass der anderweitig verfolgte G… ebenfalls Scheinrechnungen der Firma G… verwendete.
Die Firma G… sei im November 2012 von Amts wegen wegen Vermögenslosigkeit gelöscht worden, nachdem im August 2011 das Insolvenzverfahren über sie eröffnet worden war. Geschäftsführer sei ein gewisser W… gewesen, der aber im Oktober 2012 unbekannt verzogen sei. An den Geschäftssitzen in B. und S. der Firma G… habe nie jemand angetroffen werden können. Der Hausmeister dieser Anschriften habe angegeben, es seien nur die Briefkästen benutzt worden. Auch die Geschäftsführerin S… konnte nie angetroffen werden. Diese sei seit November 2011 nicht mehr erreichbar. Im Jahre 2012 hätte die Firma G… keinerlei Umsätze gemeldet. Die Firma sei seit November 2011 nicht mehr erreichbar. Der anderweitig verfolgte Fuat G… habe in seiner Vernehmung angegeben, dass den Rechnungen der Firma G… keine Leistungen gegenübergestanden seien, sondern dass alle Rechnungen Abdeckrechnungen gewesen seien.
Nach seinen Erkenntnissen sei die Firma Grad im Januar und Februar 2012 tatsächlich nicht mehr existent gewesen. Es seien zwar einige Arbeitnehmer als geringfügig Beschäftigte offiziell gemeldet gewesen, es habe aber keinerlei Anzeichen für Erbringung tatsächlicher Arbeiten gegeben. Bei geringfügig Beschäftigten seien maximal 50 Stunden im Monat erlaubt.
Die Kammer versuchte ebenfalls den Geschäftsführer T. W… als Zeugen zum Termin zu laden. Eine Vernehmung des Zeugen konnte jedoch nicht erfolgen, da er unbekannten Aufenthalts ist.
Die Kammer hat insgesamt 3 Rechnungen der Firma G… aus 2012 als Abdeckrechnungen qualifiziert. Es handelt sich hierbei um einen Gesamtbetrag von 49.903,50 €.
Auch diese Rechnungen sind im äußeren Erscheinungsbild einfach gehalten und weisen lediglich ein Bauvorhaben, die Ausführungszeit und durchgeführte Arbeiten auf. Es gibt jeweils dazu Barzahlungsquittungen, deren Unterschrift nicht entziffert werden kann. Irgendwelche Rechnungskorrekturen oder Sicherheitseinbehalt sind auf den Rechnungen nicht vermerkt.
Es fanden sich auch keinerlei vertragliche Unterlagen zu den in Rechnung gestellten Arbeiten.
An den Rechnungen fällt zudem auf, dass auf dem Rechnungsblatt die Geschäftsführerin S… aufgeführt ist, obwohl diese im Jahre 2012 nicht mehr Geschäftsführerin war. Der Geschäftssitz ist zudem in Berlin angegeben, wohingegen eine Handelsregister- und Steuernummer beim Amtsgericht Stuttgart angeführt ist. Diese Umstände deuten auf eine nicht reelle Abrechnung hin.
6.3 Firma T… Ingenieurbau:
Bezüglich der Firma T… Ingenieurbau GmbH berichtete der Zeuge J… über die Erkenntnisse zu dieser Firma. Der Zeuge J… gab an, dass die Firma am **.08.2009 in das Handelsregister eingetragen worden sei unter dem Namen D… Bau GmbH. Geschäftsführer sei eine E. R… gewesen. Im Jahre 2011 sei dann eine Umbenennung in T… Ingenieurbau GmbH erfolgt, der Geschäftssitz wurde verlegt. Im Oktober 2011 erfolgte dann eine erneute Verlegung des Geschäftssitzes in … in Berlin und als neuer Geschäftsführer wurde am 07.02.2012 B. N… eingetragen. Dieser wurde jedoch bereits am 21.06.2012 wieder abbestellt und durch A. M… ersetzt. Schließlich wurde die Gesellschaft am 11.01.2013 von Amts wegen gelöscht.
Der Zeuge N…, der zu dem Zeitpunkt, als Rechnungen an die Firma R… geschrieben wurden Geschäftsführer war, konnte nicht einvernommen werden, da dieser unbekannten Aufenthalts ist.
Insgesamt wurden hier im März, April und Mai 2012 acht Rechnungen über eine Gesamtsumme von 99.674,50 € gestellt. Bei den Rechnungen fällt wiederum die einfach gehaltene Struktur auf, ohne nähere Ausführungen bzw. Ergänzungen. Außerdem fällt auf, dass in der Adresszeile die Bezeichnung Ingenieurbau falsch geschrieben wird, nämlich „Ingeniuerbau“, während im Briefkopf die Bezeichnung richtig geschrieben ist. Auch dies spricht nach Auffassung der Kammer dafür, dass es sich bei der Gesellschaft um keine wirklich am Markt tätige Gesellschaft handelt, da derartige Schreibfehler schon aufgrund einer negativen Außenwirkung berichtigt werden.
Auch der auf allen Rechnungen enthaltene Hinweis auf § 13 b Abs. 1 Nr. 4 UStG ist falsch, da es richtigerweise Abs. 2 heißen müsste. Auch dies spricht dafür, dass die Rechnungen ohne die im Verkehr erforderliche Sorgfalt und Richtigkeit erstellt wurden und damit nicht reel, sondern nur zum Schein.
6.4 Firma A… Bautenschutz:
Über die Erkenntnisse betreffend die Firma A… Bautenschutz GmbH Berlin, berichteten die Zeugen S. G… und S. P… vom Hauptzollamt Potsdam.
Danach ergab sich, dass die auf den hier verfahrensgegenständlichen Rechnungen der Firma A… an den Angeklagten aus dem Jahre 2012 und 2013 angegebene Geschäftsanschrift W.straße 16 nicht mehr richtig war, da zu diesem Zeitpunkt die Firma A… bereits einen neuen Geschäftssitz gehabt hatte. Der eingetragene Geschäftsführer M. A… habe zum Zeitpunkt der Geschäftstätigkeiten keine Wohnanschrift in Berlin gehabt. Der Zeuge P… bestätigte ferner, dass für die Firma A… keinerlei Personen als Arbeitnehmer gemeldet waren, es seien auch keine Meldungen beim Finanzamt und kein Lohnnachweis bei der Berufsgenossenschaft Bau erfolgt. Auffällig sei zudem, dass die Firma A… ein sehr weites Geschäftsfeld hatte, nämlich Wärmedämmverbundarbeiten, Fassadenarbeiten, Abriss, Trockenbau und Malerarbeiten, was typisch sei für Firmen, deren Zweck darin besteht, Scheinrechnungen auszustellen. Die eingetragene Geschäftsführerin M. Ö… (geborene A…) habe in einer Vernehmung angegeben, dass sie nur eine Strohfrau gewesen sei. Tatsächlich gehandelt hätten ein S. K… und M. C…. Die Unterschrift auf den jeweiligen den Rechnungen angefügten Quittungen sei die Unterschrift von G….
Dieser berief sich allerdings auf sein Aussageverweigerungsrecht.
Die Firma A… habe nach Auskunft der deutschen Rentenversicherung Bund im Zeitraum Februar bis April 2013 keine Beschäftigten zur Sozialversicherung gemeldet.
Die verfahrensgegenständlichen Rechnungen zeigen die gleichen Auffälligkeiten, wie bei den anderen Scheinrechnungen. Sie enthalten nur eine knappe Beschreibung der ausgeführten Arbeiten und keinerlei Abzüge oder Mängeleinbehalte. Allenfalls befinden sich auf den Rechnungen kurze handschriftliche Vermerke, wie „Restleistung“ und „Mängelbeseitigung behoben“, um den Anschein einer reellen Rechnung zu erwecken. Ansonsten wurden die Beträge jeweils mit Barquittungen beglichen. Sowohl die auf den Rechnungen angegebene Anschrift in der W.straße 16, als auch auf dem Stempel auf der Quittung waren zum Zeitpunkt der Rechnungen und Ausstellen der Quittungen nicht mehr aktuell, da nach Eintragung im Handelsregister die Geschäftsanschrift im Juli 2012 in die S1… in Berlin und später in die S2… in Berlin verlegt worden waren. Die erste hier verfahrensgegenständliche Rechnung stammt vom 06.08.2012 (dazugehörige Barzahlungsquittung vom 11.08.2012). Die letzte Rechnung mit der Anschrift W.straße 16 stammt aus dem Dezember 2012. Es erscheint unwahrscheinlich, dass so lange Zeit noch alte Rechnungsformulare verwendet worden sein sollten.
Bezüglich der Rechnungen vom 03. Mai 2013 ist festzustellen, dass als Geschäftssitz die P… in Berlin angeführt ist und als Geschäftsführer ein M. M. A… aufgeführt wurde, der aber tatsächlich erst seit 13.05.2013 Geschäftsführer war. In den Barzahlungsquittungen von Mai 2013 ist allerdings weiterhin als Firmenstempel die Anschrift W.straße 16 aufgeführt.
Zudem enthalten die Rechnungen wieder den falschen Hinweis auf § 13 b Abs. 1 Ziffer 4 UStG.
Ferner konnte keinerlei Schriftverkehr über irgendwelche Mängel oder Vertragsunterlagen festgestellt werden.
Der Zeuge M. C… hat, wie bereits oben angeführt wurde, sich auf sein Aussageverweigerungsrecht nach § 55 StPO berufen.
Der Zeuge S. K… konnte nicht ermittelt werden.
Der Zeuge P… gab auch an, dass das Rechnungslayout der Firma A… mit dem Layout anderer als Scheinrechnungen zu qualifizierenden Firmen auffällig übereinstimme. So sei zwischen dem Datum und der Angabe des Ortes und der Zeit der Ausführungen der Arbeiten auffällig viel Zwischenräume, außerdem weise das Wort „Textbesch reibung“, der die Art der Durchführung der Arbeiten bezeichnen soll in den Rechnungen jeweils eine auffällige Lehrstelle zwischen dem Buchstaben „h“ und dem Buchstaben „r“ auf, diese auffällige Lehrstellung finde sich sowohl in den Rechnungen der Firma A…, als auch der Firmen A…, ADG und MZA GmbH wieder, ebenso wie der falsche Hinweis auf § 13 Abs. 1 UStG (richtigerweise Abs. 2).
Dies deutet darauf hin, dass diese Rechnungen vorgefertigt als Blankorechnungen gefertigt wurden und später dann entsprechend den jeweiligen Zwecken angepasst wurden.
Eine Rechnung der Firma A… vom 09.10.2012 über 9.193,50 € mit der Rechnungsnummer 04/09/2012 wurde laut Quittung am 31.10.2012 bezahlt. Die gleiche Rechnung mit den identischen Daten wurde am 27.11.2012 nochmals bezahlt.
6.5 Firma M…:
a) Betreffend der Firma M… berichteten ebenfalls die Zeugen G… und P….
Danach seien an der angegebenen Geschäftsadresse in der T.str. 4 in Berlin keine Geschäftsräume feststellbar gewesen.
Zum fraglichen Zeitraum seien ebenfalls keinerlei Arbeitnehmer gewerblich gemeldet gewesen, noch seien Umsatzanmeldungen beim Finanzamt erfolgt, noch irgendwelche Beiträge bezahlt worden.
Im Übrigen konnten auch hier die gleichen Auffälligkeiten wie bei der Firma A… festgestellt werden.
b) Die beiden als Geschäftsführer im Handelsregister eingetragenen Personen R. E… (27.01.2012 bis 29.01.2013) und Z. T… (ab 20.01.2013) konnten geladen werden und in der Hauptverhandlung vom 28.05.2020 vor Gericht einvernommen werden.
Der Zeuge E…, der keinerlei deutsch spricht, gab an, dass er sich seit dem Jahre 2009 immer mal wieder für 2-3 Monate in Deutschland aufhalte, um hier zu arbeiten. Sonst lebe er in Bulgarien. Auf Frage, was es mit der Firma M… auf sich habe, gab er merklich überrascht an, dass er davon gar nichts wisse. Auf Vorhalt seiner Ausweiskopie, die der Eintragung im Handelsregister angefügt ist gab er an, es sei richtig, dass das sein Ausweis sei. Von einer Eintragung im Handelsregister wisse aber nichts, er könne nicht sagen wann das erfolgt sei. Auch den anderen Geschäftsführer kenne er nicht. Auf weiteren Vorhalt der Gewerbeanmeldung, auf dem ebenfalls seinen Namen und seine Unterschrift vorhanden seien, gab der Zeuge an, man habe ihm gesagt, dass dies ein Anstellungsvertrag sei. Ein gewisser S… habe ihn einmal zu einer Behörde mitgenommen und gesagt er müsse angemeldet werden. Von einer Geschäftsführertätigkeit für eine Firma M… wisse er gar nichts. Er habe dann 3 Monate auf verschiedenen Baustellen in Berlin gearbeitet. Sein Chef sei immer der S. gewesen, den Angeklagten R… kenne er nicht. Er habe auch noch nie in Bayern gearbeitet.
Er könne kein Deutsch lesen und habe nur das unterschrieben, was ihm der S… vorlegte und von ihm verlangt habe.
Die Kammer hält die Aussage des Zeugen E… für glaubwürdig, es war deutlich erkennbar, dass der Zeuge weder Deutsch lesen, noch schreiben kann. Auch war er sichtlich überrascht auf die Frage, dass er ein Geschäftsführer einer GmbH gewesen sein soll.
Der Zeuge T… schließlich wurde im Termin am 06.07.2020 einvernommen. Auch der Zeuge T… schilderte glaubwürdig, dass er den Angeklagten nicht kenne und ihn noch nie gesehen habe. Zu der Firma M… könne er ebenfalls gar nichts sagen. Er arbeite seit Jahren im Gartenbau. Er sei heute anlässlich seiner Zeugenvernehmung das erste Mal hier in Südbayern. Auf Vorhalt seines Eintrags im Handelsregister gab er an, nichts davon zu wissen.
Als er vor ca. neun Jahren erstmals nach Deutschland kam, hätten ihn an einem U-Bahnhof drei Personen angesprochen, ob er Arbeit suche, was er bejaht habe. Diese drei Personen hätten ihn dann zu einer Stelle in Berlin gebracht. Dort musste er verschiedene Dokumente unterschreiben. Nach 3 Tagen hätte er anfangen sollen zu arbeiten. Er habe aber dann nichts mehr von den 3 Personen gehört. Vielmehr sei zwischenzeitlich auf seinen Namen alle möglichen Verträge geschlossen worden und Gegenstände eingekauft worden. Er habe zwar deswegen Anzeige bei der Polizei erstattet, da er die Namen der 3 Personen aber nicht kannte, führte dies nicht weiter.
Den E… kenne er nicht, auch auf Vorhalt der Barzahlungsquittungen gab der Zeuge an, dass dies nicht seine Unterschrift sei, die entsprechenden Rechnungen der Firma M… kenne er nicht.
Auch der Zeuge ist für die Kammer glaubwürdig, er war ebenfalls sichtlich überrascht und verwundert, dass er als Geschäftsführer tätig gewesen sein soll. Er schilderte ruhig und sachlich über seine Erlebnisse, er ist sich absolut darüber im klaren, dass er missbraucht und hintergangen wurde.
Aufgrund dieser Aussagen ist die Kammer davon überzeugt, dass es sich bei den offiziellen im Handelsregister eingetragenen Geschäftsführern um ahnungslose Strohmänner handelte, die sich nur deswegen als Geschäftsführer zur Verfügung stellten, weil sie nicht wussten, was dies bedeutete. Damit konnten die wahren handelnden Personen ihre Identität verschleiern. Ein realer Geschäftsbetrieb liegt dem Handeln der Firma M… nicht zugrunde. Aufgrund dessen hat die Kammer keinen Zweifel, dass es sich auch bei den Rechnungen der Firma M… um Scheinrechnungen handelt.
Der Zeuge P… erläuterte auch, dass es im Geschäftsverkehr unüblich sei in Bar zu bezahlen, wenn ein Firmenkonto vorhanden sei. Diese Zahlungsmodalität sei ein typisches Merkmal bei Scheinrechnungsfirmen.
6.6 Firma A…:
Zu der Firma A… Bautenschutz GmbH, zu der es vorliegend 3 Rechnungen aus dem Jahr 2013 gibt, ergaben sich nach Angaben der Zeugen G… und P… die gleichen Gesichtspunkte wie bei der Firma A… und M…. Die angegebene Geschäftsadresse der Firma A…, so der Zeuge P…, sei die Wohnanschrift des anderweitig verfolgten M. C… gewesen. Auch die Firma A… habe ein weites Spektrum von Arbeiten aufgewiesen, wie Wärmedämmverbundarbeiten, Abriss, Trockenbau, Malerarbeiten, Maurerarbeiten, Beton. Es sei immer nur für drei Jahre ein Geschäftsführer bestellt gewesen, im Jahre 2015 sei das Unternehmen nach Halle an der Saale verlegt und dort abgemeldet worden. Das Unternehmen habe zwar einen Umsatz von 4,4 Millionen im Jahre 2014 beim Finanzamt gemeldet, es seien aber nur Arbeitnehmer gemeldet gewesen, die 41 Stunden im Monat arbeiteten, dies sei im Baugewerbe aber völlig ungewöhnlich und erkläre nicht den gemeldeten Umsatz. Die Sekretärin der Firma A… habe angegeben, sie habe dort gekündigt, weil es nichts zu tun gegeben habe. Dies stehe einem angeblichen Umsatz von 4,4 Millionen aber entgegen.
Bei den Rechnungen der Firma A… bestehen wieder die gleichen Auffälligkeiten, wie bereits genannt. Bei den verwendeten Rechnungen ist zudem auffällig, dass der Geschäftssitz der Firma A… in der O.straße 15 angegeben ist, wohingegen die Stempel auf der Quittung die Anschrift W.Straße 52 ausweisen. Bei der Anschrift W.straße 52 handelt es sich aber um den früheren Geschäftssitz bis zum März 2012. Hier wurden offensichtlich alte Stempel verwendet, was sich mit der Aussage der Zeugin K… deckt, die angab, sie habe auf Anweisungen des C… Rechnungen erstellt und Quittungen ausgestellt und hierzu Stempel benutzt, welche sich in der Schreibtischschublade befunden hätten. Hierbei habe es sich aber um verschiedene Firmenstempel gehandelt.
Die benannten Zeugen C… und R… ließen über Schriftsätze ihrer Verteidiger erklären, dass es sich auf ihr Aussageverweigerungsrecht nach § 55 berufen.
Der ebenfalls als Geschäftsführer eingetragene Zeuge Z. R… konnte nicht ermittelt werden.
6.7 Zur Firma A… Bau:
a) Betreffend die Verhältnisse der Firma A… Bau GmbH Berlin berichtete der Zeuge R. M…, Zollbetriebsinspektor i. R. vom Hauptzollamt S.. Der Zeuge gab an, dass er gegen die Firma A… bzw. deren Geschäftsführer ermittelt habe. Das Verfahren habe sich gegen einen gewissen E. A… gerichtet. Aufgrund seiner Ermittlungen habe sich ergeben, dass die Firma zwar gemeldet war, aber keinerlei reelle Geschäftstätigkeiten durchgeführt habe.
Die Firma A… sei durch Strohleute betrieben worden, A. selber habe Verwandte und seine Reinigungskraft als Geschäftsführer eingesetzt. Die Geschäftsführerinnen M. F… und N. H… hätten von ihrer Geschäftsführertätigkeit nichts gewusst, letztere sei Buchhalterin bei A… gewesen, dem sie einen Gefallen habe erweisen wollen.
Die Firma A…, so der Zeuge M…, habe keine Arbeitnehmer gemeldet gehabt. Der E. A… habe zwar eine Baufirma betrieben und dort 4-5 Beschäftigte auf 450 € Basis gehabt, diese hätten aber nur Reinigungsarbeiten ausgeführt. E. A…, der in seinem eigenen Verfahren geständig gewesen sei, habe angegeben, für die Erstellung von Abdeckrechnungen Provisionen in Höhe von 5 bis maximal 15 % erhalten zu haben.
Der Zeuge M… erläuterte, dass das System in der Regel so ablaufe, dass ein Auftraggeber Rechnungen bestelle. Der Inhaber der Scheinrechnungsfirma bekomme dafür einen Barscheck, den er einlöst und dann das Geld abzüglich seiner Provision an den Auftraggeber zurückbezahlt oder aber es wird eine Rechnung erstellt und mit einer Barquittung belegt, welche auch die Provision beinhalte, die tatsächlich in bar an die Scheinrechnungsfirma bezahlt werde. So war es mutmaßlich bei der Firma des Angeklagten R…. Die Fälle betreffend der Firma R… seien aber zum Hauptzollamt R. abgegeben worden.
Dass die Firma A… zu irgendeinem Zeitpunkt tatsächlich Arbeitsleistungen auf dem Bau erbracht hätte, dafür habe es keinerlei Anhaltspunkte gegeben. Es hätten nur die geringfügig beschäftigten Reinigungskräfte festgestellt werden können. Diese geringfügig Beschäftigten hätten im Ermittlungsverfahren aber angegeben, sie hätten bei einer Firma W… und Sohn in S. gearbeitet. Vollzeitkräfte habe es keine gegeben. Seine Ermittlungserkenntnisse betreffenden Zeitraum 2010-2015. Der E. A… habe die erhaltenen Provisionszahlungen seinerseits durch Abdeckrechnungen verschleiert.
b) Die Geschäftsführerin M. F… hat durch Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 19.02.2020 erklären lassen, dass sie vollumfänglich von ihrem Aussageverweigerungsrecht gemäß § 55 StPO Gebrauch mache.
Die Zeugin H… erschien trotz mehrmaliger Ladungen und Verhängung von Ordnungsgeldern nicht beim Landgericht Traunstein.
Ihre Angaben, die sie im schriftlichen Zeugenbefragungsprotokoll vom 19.05.2020 gegenüber dem Hauptzollamt R. tätigte und das von ihr an das Landgericht gerichtete Schreiben vom 11.06.2020 wurden gemäß Beschluss vom 07.08.2020 (Anlage 59 des Protokolls) verlesen.
Danach äußerte sie, dass ihr eine Person namens B. R… unbekannt sei und zu dieser keinerlei Geschäftsbeziehung bestanden habe. Es habe 6 Mitarbeiter gegeben, welche der neue Geschäftsführer mitgenommen habe. Die Firma A… habe ihres Wissens nach nie in Bayern gearbeitet. Die Firma habe zwar mehrere Aufträge ausgeführt, sie wisse aber nicht, wie hoch der Umsatz gewesen sei. Es gebe keine Buchhaltungsunterlagen mehr. Über ihren Verteidiger ließ sie erklären, dass sie für die Firma A… weder Quittungen erstellt, noch unterzeichnet habe, noch ihr überhaupt diese Vorgänge bekannt seien. Mit Schreiben vom 11.06.2020 teilte sie mit, dass sie nur drei Monate Geschäftsführerin der Firma A… gewesen sei und dass die frühere Geschäftsführerin Frau F… die Firma hinter ihrem Rücken weiter geführt habe. Sie habe mit den ganzen Sachen nichts zu tun. Den weiteren Geschäftsführer P… kenne sie nicht.
Auch diese Mitteilung der Zeugin belegt, dass es sich bei der Firma A… um keine ordnungsgemäß am Markt tätige Firma handelte. Es mag zwar sein, dass die Firma einige Angestellte hatte, dafür, dass diese Angestellten im Jahre 2014 von September bis Dezember, wie dies die Barzahlungen an die Firma nahelegen, aber umfangreiche Werkleistungen im Gesamtvolumen von 191.420,25 Euro im Auftrag des Angeklagten ausführten, bestehen nach Auffassung der Kammer aber keine Anhaltspunkte.
Der weitere als Geschäftsführer in Erscheinung getretene Zeuge V. P… konnte nicht ermittelt und deswegen auch nicht einvernommen werden.
c) Die Erkenntnisse des Zeugen M… decken sich auch mit den Feststellungen, die die Kammer aufgrund der Kenntnisnahme der verfahrensgegenständlichen Rechnungen der Firma A… gewonnen hat. Die Rechnungen aus Dezember 2014 weisen jeweils M. F… als Geschäftsführerin aus, wohingegen tatsächlich N. H… im Handelsregister eingetragen war.
Auch die Firma A… weist ein breites Spektrum von Arbeiten auf, nämlich Betonarbeiten, Innenausbau, Fassadenarbeiten, Schweißarbeiten, Rohrarbeiten, Gebäudereinigung bzw. teilweise alternativ auch Garten- und Landschaftsbau. Auch hier sind die Leistungsbeschreibungen wieder äußerst knapp und pauschal gehalten und ohne jegliche Abzüge oder Sicherungseinbehalte. Auf einer Rechnung vom 29.09.2014 ist als weiterer Geschäftszweck Gebäudereinigung aufgeführt, der in einer späteren Rechnung am 14.11.2014 jedoch wieder fehlt. Insgesamt 6 Rechnungen tragen alle das gleiche Datum „29.09.2014“ die Formulierungen sind wiederum auffällig einfach gehalten, wie: „Die Umsatzsteuerliche Werksleistung schuldet der Auftraggeber nach § 13 b“ oder aber „Die Umsatzsteuerliche für diese Bauleistungen schuldet der Auftraggeber nach § 13 b Abs. 1 Nr. 4“. Die Rechnungen aus September 2014 weisen als Geschäftsführerin N. H… aus und die Rechnungen aus Dezember 2014 wieder M. F…, die aber seit 20.11.2013 nicht mehr offiziell Geschäftsführerin war.
Auch diese Umstände begründen die Überzeugung der Kammer, dass es sich bei den vorgelegten Rechnungen nicht um Rechnungen handelt, denen echte Bauaufträge und Arbeitsleistungen zugrunde liegen.
Daneben wurden eine Vielzahl von Rechnungsvorlagen für die Firma A… auf dem Computer der Firma R… gefunden, einschließlich des Hinweises „Es erfolgt kein Mwst-Ausweis, die Steuerschuldnerschaft geht gem. § 13 b Abs. 1 Nr. 4 UStG auf den Leistungsempfänger über“, der neben der Bezeichnung des jeweiligen Bauvorhabens, des Leistungszeitraumes und der Art und Menge der Arbeiten, sowie der Rechnungsbeträge vollständig in die Rechnungen der Firma A… übernommen wurde.
6.8 Zur Firma E…:
a) Zur Firma E… GmbH, von der hier insgesamt vier Rechnungen aus September 2013 verfahrensgegenständlich sind, berichtete wiederum der Zeuge P… vom Hauptzollamt P.. Diese Firma sei im Mai 2013 an einen M. D. verkauft worden. Dieser habe aber nicht ermittelt werden können, da er im Mai 2013 als unbekannt abgemeldet gilt. Die Firma sei dann mit Gesellschaftsbeschluss vom 09.08.2013 in H** Bau + Handel GmbH umbenannt worden und im Jahre 2014 schließlich wegen Vermögenslosigkeit gelöscht worden.
Obwohl die Firma bereits umbenannt worden war, lauten die hier vorliegende Rechnungen vom September 2013 noch auf den Namen E….
Wie der Zeuge weiterhin ausführte und die Kammer im Selbstleseverfahren feststellte, weisen die Rechnungen wiederum die gleichen Auffälligkeiten auf wie eine einfach gehaltene Struktur und nur knappen Beschreibungen der Arbeit und des Leistungszeitraums. Auch diese Rechnungen enthalten keinerlei Abzüge oder Mängel Anmerkungen, sondern wurden unmittelbar nach Rechnungsstellung durch eine Barquittung entweder vom gleichen oder wenigen Tagen danach in voller Höhe bezahlt. Auch der angegebene Geschäftszweck der Firma sei sehr weit gefasst nämlich Hoch und Tiefbau, Rohbauarbeiten, Generalunternehmerleistungen im Bereich Maurer und Betonbau, schlüsselfertiges Bauen, Altbausanierung.
Unter der angegebenen Anschrift der Firma sei kein Geschäftssitz festzustellen gewesen, so der zeuge P…. Der dortige Hausmeister habe angegeben die Firma nicht zu kennen. Irgendwelche Arbeiter oder Baufahrzeuge seien nicht feststellbar gewesen. Es habe keine Umsatzsteuervoranmeldungen gegeben und das Unternehmen sei auch der Sozialkasse unbekannt. Das Rechnungslayout der Firma E… sei äußerst einfach gehalten und es sei auch wieder der falsche Hinweis auf § 13 Absatz b Abs. 1 Ziffer 4 UStG enthalten.
In den Rechnungen vom 15. und 20. September 2013 ist im Rechnungskopf der Schreibfehler „Industriebauteb“ enthalten, während dies in einer weiteren Rechnung vom 20.09.2020 richtig mit „Industriebauten“ geschrieben wird.
Die Rechnung vom 15.09.2013 enthält handschriftlich ausgebessert eine ganz andere Arbeitsleistung, nämlich die Bezeichnung „Innenputz + Grundputz Fassade“, während ursprünglich die Rechnungspositionen „Feuerschutzwand herstellen und Umbau der Wände pauschal“ aufgeführt waren. Die ursprüngliche Bezeichnung wurde durchgestrichen und handschriftlich überschrieben. Auch dies erscheint der Kammer unüblich und belegt den Umstand, dass es sich um keine echte Rechnung handelt.
Der Zeuge P… gab weiter an, dass es keinerlei Vertragsunterlagen, Mängelrügen oder weitergehende Vereinbarungen gegeben habe, ebenso wenig seien Sicherheitseinbehalte vorgenommen worden. Es seien auch nie irgendwelche Schlussrechnungen aufgefunden wurden, sondern immer nur pauschale und einfach gehaltene Rechnungen, die immer nur aus einem Blatt bestehen.
b) Die Zeugin F. B…, welche nach den Erkenntnissen des Zeugen P… als Beschäftigte der Firma E… gemeldet gewesen sei, gab in ihrer Zeugeneinvernahme vor der Kammer am 29.06.2020 an, dass ihr Beruf Pflegehelferin sei und sie den Angeklagten nicht kenne. Sie sei Geschäftsführerin der MZA Baustoffhandel gewesen. Ihr Stiefvater und sie hätten diese Firma gegründet, warum und weshalb wisse sie aber nicht. Sie habe damit nichts zu tun gehabt, das habe alles ihr Stiefvater erledigt. Sie habe nie irgendwelche Tätigkeiten ausgeübt. Sie habe den Notarvertrag, mit dem sie als Geschäftsführerin eingesetzt worden sei, nicht unterschreiben wollen, ihr Stiefvater habe sie aber mehr oder weniger dazu gezwungen und gemeint, er werde ihr später erklären, weshalb dies erforderlich sei. Derartige Erklärungen seien aber nie mehr erfolgt. Sie sei immer mit auf die Bank genommen worden, wenn dort Geld abgehoben werden musste und sie habe dann als Geschäftsführerin eine Unterschrift leisten müssen. Dies sei immer von ihrem Stiefvater veranlasst worden. Es seien Barbeträge bis zu 25.000 € gewesen, was mit dem Geld passierte, wisse sie nicht. Nach 3 Monaten habe sie wieder aussteigen wollen, das habe ihr Schwiegervater aber nicht akzeptiert. Sie habe von ihm lediglich ab und zu mal 100 € bekommen. Über Aufträge oder Ausführung von Aufträgen könne sie nichts sagen. Über irgendwelche Mitarbeitern der Firma könne sie nichts angeben, wer die Rechnungen geschrieben habe, könne sie nicht sagen. Auch zur Firma E… wisse sie nichts.
6.9 Zur Firma MZA:
a) Zur Firma MZA Baustoffhandel und der Firma ADG Dachbau berichtete gleichfalls der Zeuge P…, dass seine Ermittlungen zu diesen Firmen die gleichen Erkenntnisse brachten, wie bei den anderen Firmen. Es fiel auf, dass die Firmen in kurzer Zeit einen häufigen Wechsel der Geschäftsführer hatten. Auch sei der Geschäftssitz häufiger verlegt worden. Die Zeugin B… habe angegeben, dass in München keine Bauvorhaben der Firma MZA gemacht worden seien. Arbeitnehmer seien nicht gemeldet worden. Bei der Firma MZA seien keine Arbeiter gemeldet gewesen. Unter den angegebenen Geschäftsadressen sei jeweils niemand festzustellen gewesen. Im Übrigen wiesen die Rechnungen der Firma MZA und der Firma ADG die gleichen Unstimmigkeiten auf wie bereits genannt. Die Rechnungen erscheinen auffällig einfach und standardisiert.
Es sei auch ein typisches Merkmal für Scheinrechnungsfirmen, dass in den Rechnungen Unbedenklichkeitsformulierungen für Steuer- und Krankenkasse enthalten seien. Seiner Erfahrung nach würden Scheinrechnungen meist dazu verwendet, um Schwarzlohnzahlungen zu verschleiern. Denkbar sei jedoch auch die Verschleierung von Privatentnahmen.
b) Bei der Firma ADG Dachbau sei auffällig, dass diese als Gegenstand des Unternehmens die Durchführung von Dachdeckerarbeiten im Handelsregister eingetragen hatte, diese Leistungen seien aber nie in den Rechnungen aufgeführt, sondern immer nur Verputzarbeiten. Auch bezüglich der ADG Dachbau seien keinerlei Vertragsunterlagen oder sonstige üblicherweise zu erwartender Schriftverkehr mit den Auftraggebern festgestellt worden.
Die Geschäftsführerinnen Valeria T… und Kirilka D… konnten nicht einvernommen werden, da ihr Aufenthalt nicht ermittelt werden konnte.
6.10
a) Über die Verhältnisse bei der Firma O… construct berichtete der polizeiliche Sachbearbeiter M. J…. Als Geschäftsführer der Firma O… seien der S. K… bis 30.06.2015 und danach der V. C… im Handelsregister eingetragen gewesen.
Die Rechnungen der O… construct weisen ein unterschiedliches Erscheinungsbild auf, je nachdem, ob Geschäftsführer der K… oder der C… war. Wie die Kammer aufgrund der Inaugenscheinnahme feststellen konnte weisen die Rechnungen aus März und Mai 2015 den C… als Geschäftsführer aus, der zu diesem Zeitpunkt aber noch nicht laut Handelsregister bestellt war. Andererseits gibt es aber auch eine Rechnung von März 2015, welche das Erscheinungsbild und den Geschäftsführer K… ausweist. Im Juli 2015 gibt es wiederum eine Rechnung, welche K. als Geschäftsführer ausweist, obwohl dieser zu diesem Zeitpunkt nicht mehr Geschäftsführer war.
Auch bezüglich der angeblichen Werkleistungen der Firma O… gibt es keinerlei Vertragsunterlagen, wie der Zeuge J… angab, auch hier sind die Rechnungen einfach und pauschal gehalten, irgendwelche Abzüge oder Mängeleinbehalte finden sich auch hier nicht.
Die Rechnungen enthalten auch wieder den bereits bekannten Textfehler „die Umsatzsteuerliche für diese Bauleistungen schuldet der Leistungsempfänger nach § 13 b Abs. 1 Nr. 4“. Die Angabe des UStG fehlt.
Der gleiche fehlerhafte Satz findet sich auf den Rechnungen der Firma A….
b) Während der Geschäftsführer C… unbekannten Aufenthalts ist und deswegen nicht geladen werden konnte, erschien der Zeuge K… zum Termin am 15.06.2020.
Der Zeuge gab an, dass er den Angeklagten noch nie gesehen habe, der Name Firma R… sage ihm nichts. Der Zeuge gab an, dass gegen ihn kein Verfahren anhängig sei und er wurde deswegen nach § 55 StPO belehrt. Er gab daraufhin an, er habe nicht viel zu sagen, da er das ganze nur vorübergehend gemacht habe. Er habe in einem türkischen Café in Berlin einige Personen kennengelernt, die ihm gesagt hätten, er solle für drei Monate sich als Geschäftsführer zur Verfügung stellen. Er könne aber weder den Namen dieser Leute nennen, noch das Café, das zwischenzeitlich auch nicht mehr existent sei. Die Leute seien mit ihm zu einem Notar gegangen und er habe dort etwas unterschrieben. Als Geschäftsführer habe er keine Tätigkeiten ausgeübt. Es sei ihm für seine Bereitschaft monatlich 1.000 € versprochen worden, bekommen habe er jedoch nichts. Er wisse auch nicht, ob es ein Büro gegeben habe er habe jedenfalls keinerlei Tätigkeiten für die Firma O… entfaltet. Auf Vorhalt gab der Zeuge an, weder den Geschäftsführer C…, noch die Geschäftsadresse S.straße zu kennen. Auf weiteren Vorhalt der Rechnungen der Firma O… gab der Zeuge an, er wisse davon nichts, er habe nie Rechnungen ausgestellt. Er habe auch nie irgendwelche Arbeiter irgendwohin geschickt. Er sei zu der Zeit arbeitslos gewesen, habe sich aber nicht beim Arbeitsamt gemeldet. Auf Vorhalt der Barzahlungsquittungen gab der Zeuge weiter an, dass dies nicht seine Unterschrift sei. Er habe nie für die Firma O… Bargeld bekommen. Letztlich habe er nicht gewusst, dass er insgesamt neun Monate Geschäftsführer einer Firma war. Er habe insgesamt nur 5000 € erhalten. Die Leute aus dem Café hätten ihm gesagt, dass es um Bauangelegenheiten gehe. Er selbst habe noch nie als Verputzer gearbeitet, früher lediglich nur als Gebäudereiniger.
Der Zeuge machte auf das Gericht einen glaubwürdigen Eindruck, die Kammer sieht keine Umstände, weshalb der Zeuge irgendetwas unrichtig darstellen sollte, zumal auch sonst keinerlei objektive Hinweise auf ein reelles Tätigwerden der Firma O… bestehen.
6.11 Firma Y… Wohnbau:
a) Über die Firma Y… berichtete zunächst der Zeuge J…. Diese Firma sei am 24.07.2014 gegründet worden, Sitz der Firma sei ebenfalls, wie das Büro des Angeklagten, in … in R.. Die Firma Y… Wohnbau GmbH habe im Jahr 2015 elf Rechnungen und im Jahr 2016 insgesamt 3 Rechnungen an den Angeklagten erstellt, welche sämtlich in bar gegen Quittung bezahlt worden seien. Bei neun von insgesamt 14 Rechnungen seien die Rechnungsvorlagen bzw. -konzepte auf dem Rechner des Angeklagten aufgefunden worden. Dies erläuterte der Zeuge dahingehend, dass in diesen Konzepten zunächst oben links der Name und die Anschrift der Firma des Angeklagten aufgeführt waren. Dann ein freier Platz für Rechnungsnummer und Rechnungsdatum und darunter stand mittig das Wort „Rechnung“. Daran anschließend war das Bauvorhaben, der Leistungszeitraum, die Art der Arbeitsleistungen und der Umfang derselben, die einzelnen Stundensätze, Gesamtsummen und Gesamtrechnungsbeträge angeführt. Unten auf dem Konzept befand sich der Satz: „Es erfolgt kein Mwst-Ausweis, die Steuerschuldnerschaft geht gem. § 13 b Abs. 1 Nr. 4 UStG auf den Leistungsempfänger über“.
Diese Rechnungskonzepte seien dann, mutmaßlich per E-Mail, so der Zeuge J…, an die Scheinrechnungsfirma übermittelt worden, welche sodann auf Ihrem Briefbogen diese Vorgaben übernahm und eine entsprechende Rechnung erstellte.
Rechnungskonzepte wie bei der Firma Y… fanden sich auch bei den anderen Firmen in gleicher Weise.
Der Zeuge J… gab weiter an, dass bei der am 04.08.2016 in der Firma Y… durchgeführten Durchsuchung im Büro keinerlei Buchhaltung festzustellen gewesen sei. Es seien keine Geschäftsunterlagen vorhanden gewesen, nur ein Laptop. Auch bei dem Steuerberater der Firma Y… seien keine Hinweise auf einen aktuellen Geschäftsbetrieb gefunden worden. Die Firma Y… Wohnbau habe nur einen geringfügig beschäftigten Arbeitnehmer gemeldet gehabt, mit dem allerdings die in den Rechnungen aufgeführten Arbeiten nicht hätten erzielt werden können. Der Beschuldigte Y… habe anlässlich der Durchsuchung angegeben, nicht gewusst zu haben, welche Auftragnehmer er habe und welcher Umsatz gemacht worden sei, er habe keinerlei Ahnung gehabt, da dies alles sein Buchhalter W. B… erledigt hätte. Auf Vorhalt, wie er die Arbeiten ausgeführt haben will, habe der Y… angegeben, dass diese Leistungen alle von seinem italienischen Subunternehmer erbracht worden seien. Der Name sei ihm aber jetzt nicht geläufig, er wisse nur, dass er Mario heiße, Kontaktdaten wie Handynummer oder Anschrift habe er aber nicht. Die Bezahlung des italienischen Subunternehmers sei immer in bar erfolgt, auch die Firma R… habe immer bar an ihn bezahlt.
Bei der Firma Y…, so der Zeuge J… weiter, seien keinerlei Unterlagen über die verfahrensgegenständlichen Rechnungen aufgefunden worden, diese Rechnungen seien lediglich bei der Firma R… gefunden worden, ebenso die zuvor angesprochenen Rechnungskonzepte.
Der Geschäftsführer M. Y… hat im Termin vom 06.02.2020 nach Belehrung nach § 55 StPO keine Aussage gemacht.
b) Der Zeuge W. B… gab an, dass er bis Sommer 2015 als Gesellschafter bei der Firma Y… Wohnbau beteiligt gewesen sei, wegen Differenzen sei er aber ausgeschieden. Auf Frage worin diese Differenzen bestanden gab der Zeuge zu erkennen, dass er die Geschäftspraktiken des Y… nicht gutheißen konnte, ohne dies aber näher zu erläutern. Er habe zusammen mit dem M. Y… nur das Bauvorhaben Fachhochschule R. gemacht. Nach seinem Ausscheiden habe der Y. ihn gebeten für ihn Rechnungen zu schreiben, dies habe er gemacht, ohne den Hintergrund dieser Rechnungen genauer zu prüfen. Ob er auch für die Firma R… Rechnungen geschrieben habe, könne er nicht sagen, er habe sich keine Gedanken darüber gemacht. Er habe alles lediglich nach Anweisung des Y… gemacht und geschrieben bzw. unterschrieben. Zu den von ihm geschriebenen Rechnungen haben er niemals irgendwelche Auftragsunterlagen oder beispielsweise ein Aufmaß gesehen. Es sei richtig dass im Baugewerbe Barzahlungen unüblich seien. Derartige Rechnungen seien erst nach seinem Ausscheiden gestellt worden. Y… habe ihn immer wieder angerufen, wenn er Rechnungen zu schreiben hatte. Dem sei er dann stets nachgekommen. Als er schon noch Gesellschafter der Firma Y… war, hätten sie auch keine eigenen Arbeitnehmer gehabt, sondern alles mit Subunternehmern abgewickelt.
Insgesamt erschien die Aussage des Zeugen B… der Kammer zwar wenig glaubhaft, da der Zeuge den Eindruck vermittelte, er wolle von allem nichts gewusst haben. Dies mag sich allerdings daraus erklären, dass der Zeuge befürchtet, möglicherweise selbst strafrechtlich verfolgt zu werden. Der Inhalt seiner Aussage belegt allerdings im Kern, dass den Rechnungen, die der Zeuge geschrieben hat, keine echten Aufträge zu Grunde lagen. Dies deckt sich zudem mit den sonstigen Ermittlungserkenntnissen.
c) Der Zeuge S. L…, welcher wegen Vorenthaltens und Veruntreuung von Arbeitsentgelt vom Landgericht Traunstein rechtskräftig verurteilt wurde, weil er als Geschäftsführer der Firma Baudekoration K… GmbH & Co. KG Arbeitnehmer beschäftigte, die er nicht zur Sozialversicherung angemeldet hatte und zur Verschleierung ebenfalls Scheinrechnungen einsetzte, wobei er auch neben Rechnungen der Firma A… GmbH, A… GmbH, E…, Team Ingenieurbau, G… GmbH und E… Bau GmbH, welche auch im vorliegenden Verfahren eine Rolle spielen, aber auch Rechnungen der Firma Y… Wohnbau einsetzte.
Dieser Zeuge gab an das die Firma Y… bei ihm nicht gearbeitet hätte, er habe Rechnungen gebraucht, um Gelder zu verschleiern. Es sei in seinem Fall um die Verdeckung von Barentnahmen gegangen und nicht um Schwarzarbeiten. Die Firma Y… habe ihm jedenfalls Rechnungen ausgestellt für nicht erbrachte Arbeitsleistungen.
Befragt zu den Rechnungen der Berliner Firmen gab der Zeuge L… an, dass türkische Arbeiterkolonnen im Raum Rosenheim unterwegs gewesen seien. Er habe mit seinen eigenen Leuten nicht alle seine Aufträge ausführen können und habe deswegen die Kolonnen beschäftigt, ohne sie aber anzumelden. Die Bezahlung der Arbeitsleistung sei jedenfalls immer in bar gegen Quittung erfolgt. Es sei ihm schon klar gewesen, dass die Arbeiter nicht richtig angestellt gewesen seien. Die Arbeiter hätten nach seinen Anweisungen angefangen zu arbeiten, nach Beendigung der Arbeiten habe er dem Vorarbeiter das Geld gegeben, der auch die Quittung unterschrieben habe. Die dazugehörigen Rechnungen seien dann erst später bei ihm von der Firma angekommen. Die Leute hätten bei ihm nur gearbeitet, das Material habe er zur Verfügung gestellt. Auf Frage räumte der Zeuge ein, dass einige der Arbeiter ihm erzählt hätten, dass sie auch für die Firma R… arbeiteten. Nähere Vereinbarungen mit dem Angeklagten oder eine Zusammenarbeit mit ihm negierte der Zeuge jedoch auf ausdrückliche Frage.
Auch wenn der Zeuge L… ebenfalls nicht offen und rückhaltlos über das System der Scheinrechnungsfirmen und der illegalen Beschäftigung ausgesagt hat und er auch augenscheinlich bemüht war, den Angeklagten nicht zu sehr zu belasten, so belegen seine Angaben doch den Umstand, dass die Firma Y… im Jahre 2015 und 2016 Rechnungen nur zum Schein erstellt hat, ebenso wie die anderen Berliner Firmen.
6.12 Firma A…:
Über die Erkenntnisse betreffend die Firma A… berichtete der Zeuge J…. Dieser gab an, dass unter der Geschäftsanschrift der Firma A… niemand angetroffen werden konnte, sowohl die Überprüfung der Anschrift, als auch die Adressen der Geschäftsführer seien ohne Erfolg gewesen. Die Firma sei am 02.02.2014 gegründet worden und am 11.02.2016 wegen Vermögenslosigkeit von Amts wegen wieder gelöscht worden. Die Firma habe nach ihrer Löschung im Handelsregister noch insgesamt 5 Rechnungen im März 2016 über ein Gesamtvolumen von 59.921 € gestellt. Diese Rechnungen seien alle in bar gegen Quittung bezahlt worden. Alle 5 Rechnungen seien als Rechnungsvorlagen (Konzepte) auf dem Computer des Angeklagten R… aufgefunden worden.
Es ist nicht mit einem ordnungsgemäßen Geschäftsbetrieb vereinbar, wenn Rechnungen gestellt werden, nachdem die Firma bereits im Handelsregister gelöscht worden war. Dass die Rechnungen durch einen Insolvenzverwalter erstellt wurden, ergibt sich nicht.
Die Firma A… habe, so der Zeuge J…, nach Auskunft der Finanzbehörden keine Umsätze für die Jahre 2014 und 2015 gemeldet, bei der Deutschen Rentenversicherung sei die Firma nicht bekannt, es seien zu keinem Zeitpunkt Arbeitnehmer der Firma A… dort gemeldet gewesen. Die Geschäftskonten seien nach Auskunft der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht zum 26.08.2015, also noch vor dem Datum der Rechnungsstellungen aufgelöst worden.
Im Handelsregister München sei als Gegenstand des Unternehmens Gebäudereinigung aufgeführt. Tatsächlich hat die Firma aber Rechnungen über Dämm- und Putzarbeiten gestellt.
Der Geschäftsführer der Firma A…, M. B…, ist unbekannten Aufenthalts und konnte deswegen auch nicht von der Kammer einvernommen werden. Die Rechnungen sind wie in den anderen Fällen auch knapp und pauschal gehalten. Zudem wurden Vorlagen der Rechnungen auf dem Computer des Angeklagten in dessen Büro festgestellt. Diese Vorlagen decken sich jeweils mit den vorgelegten Rechnungen.
Aufgrund der Gesamtumstände ist die Kammer deswegen auch bei der Firma A… der Überzeugung, dass den Rechnungen keine reellen Aufträge zugrunde liegen. Insbesondere die Tatsache, dass der Angeklagte die Rechnungskonzepte auf seinem Rechner im Büro hatte, spricht eindeutig gegen eine übliche Auftragserteilung und Abwicklung, sowie ordentliche Rechnungsstellung.
V. Zusammenfassung Beweiswürdigung:
Aufgrund sämtlicher Umstände ist die Kammer in einer Gesamtschau der Überzeugung, dass es sich bei den vorliegenden verfahrensgegenständlichen Rechnungen um Abdeckrechnungen handelt, die den Zweck hatten, die Barlohnzahlungen an nicht gemeldete Arbeiter zu verschleiern.
Zwar ist in jedem Einzelfall auch eine andere Beurteilung denkbar, im Gesamtzusammenhang ergibt sich für das Gericht aber ein eindeutiges Bild.
Es gibt keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass den Abdeckrechnungen irgendwelche reellen Aufträge zugrunde liegen. Es existieren weder Auftragsschreiben oder Vertragsunterlagen, Abrechnungsschreiben oder sonstiger Schriftverkehr, der im Rahmen einer umfassenden Arbeitstätigkeit wie vorliegend zu erwarten wäre. Es wäre zu erwarten, dass in einem Zeitraum von fünf Jahren, bei Beteiligung einer Vielzahl von Firmen und stellenweise großem Auftragsvolumen zumindest in Einzelfällen irgendwelche vertraglichen Unterlagen, wie Angebotsschreiben, Auftragserteilungen oder Verträge und Abrechnungsunterlagen vorliegen müssten. Dies konnte aber in keinem Fall festgestellt werden, weder im Büro Resch, noch bei den jeweiligen Firmen.
Dass der Angeklagte aber sonst in seinem Betrieb eine übliche Vertragsabwicklung durchführte, folgt aus den anderen Subunternehmern, bei denen derartige Unterlagen in den Geschäftsunterlagen des Angeklagten aufgefunden werden konnten.
Das Fehlen jeglicher Vertragsunterlagen kann nach Ansicht der Kammer nur damit erklärt werden, dass unbekannte Verputzerkolonnen kurzfristig vom Angeklagten auf die Baustellen beordert wurden und diese dort dann Arbeitsleistungen erbrachten, die vom Angeklagten sofort in bar beglichen wurden.
Neben dem Umstand, dass bezüglich der Scheinrechnungsfirmen keinerlei Vertragsunterlagen oder sonstige schriftliche Erklärungen gefunden wurden und auch keiner der geladenen und einvernommenen Geschäftsführer der Firmen angab, dass die jeweilige Firma tatsächlich im Baugewerbe tätig war, spricht zur Überzeugung der Kammer auch ganz entscheidend für das Vorliegen von Scheinrechnungen der Umstand, dass bei einer Vielzahl von Rechnungen entsprechende Konzepte auf dem Computer des Angeklagten R… aufgefunden wurden. Wie der Zeuge J… angab, seien in diesen Rechnungskonzepten die Orte und Zeiten der Arbeitsleistungen, sowie deren Umfang gespeichert gewesen. Diese Konzepte hätten dann in die jeweiligen Rechnungen der Scheinfirmen 1:1 Eingang gefunden. Dieser Gesichtspunkt spricht für die Kammer ganz entscheidend gegen eine echte Auftragsabwicklung zwischen dem Angeklagten und den Firmen. Im normalen Geschäftsverkehr ist es üblich, dass die ausführende Firma ihre Rechnung an den Auftraggeber stellt und nicht, dass der Auftraggeber die Daten für die Rechnung der Auftragnehmerin vorgibt, insbesondere wenn es sich wie im vorliegenden Fall um umfangreichere Arbeiten mit hohen Rechnungsbeträgen handelt. Dies spricht eindeutig für das Vorliegen von Scheinrechnungen.
Ferner wurden die Rechnungskonzepte, welche auf dem Computer des Angeklagten in seinem Büro aufgefunden wurden, an die jeweiligen Servicefirmen versandt. Das ergibt sich aus dem Umstand, dass anlässlich der Durchsuchung bei der Firma O-Z… Trockenbau GmbH in Berlin 3 Rechnungskonzepte für die Firma A… Bautenschutz GmbH aus dem Jahr 2012 aufgefunden wurden, welche das Absendeprotokoll des Faxgerätes des Angeklagten enthalten.
Diese drei Rechnungskonzepte korrespondieren mit den Rechnungen der Firma A… über 7.800 €, 11.220 € und 13.992 €, die auch tatsächlich erstellt und verwendet wurden (siehe Anlage 1).
Zwar konnten derartige Konzepte nicht in jedem Einzelfall gefunden werden, die Kammer ist aber davon überzeugt, dass aufgrund der gleichen Aufmachung der Rechnungen auch dann Scheinrechnungen vorliegen, wenn derartige Konzepte nicht aufgefunden wurden. Wie bereits ausgeführt wurde, sind sämtliche Rechnungen einfach gehalten und nur knapp auf die Beschreibung von Ort und Zeit und Umfang der Arbeiten beschränkt, was ungewöhnlich und unüblich ist. Der Angeklagte ging offenbar erst im Laufe der Zeit dazu über, die Rechnungsvorgaben selbst zu erstellen, was dadurch deutlich wird, dass zu Beginn derartige Konzepte nicht gefunden wurden, später dann aber zunehmend häufiger.
Teilweise handelt es sich bei den einzelnen aufgeführten Arbeiten um reine Stundenlohnarbeiten in sehr hohem Umfang, hierzu gaben die vernommenen Architekten und Bauleiter an, dass sie derartige Rechnungen ohne prüffähige Anlagen, wie ein Aufmaß oder konkrete Regiestundenabrechnungen nicht akzeptiert hätten. Derartiges existiert aber im vorliegenden Fall bei keiner Rechnung. Vielmehr hat der Angeklagte die Rechnungen stets ohne jegliche Kürzungen, auch ohne Sicherheitseinbehalte oder Skontoabzüge vollständig bezahlt. Lediglich gelegentlich finden sich kurze handschriftliche Vermerke darauf, dass Restleistungen erledigt worden seien oder ein Vorschuss verrechnet werde. Dies soll nach Auffassung der Kammer aber lediglich die Echtheit der Rechnungen suggerieren, hat aber in der Sache keinen reellen Hintergrund.
Zudem sind auch bei illegalen Arbeitsverhältnissen Vorschüsse zu bezahlen, wie die ermittelnden Polizeibeamten erläuterten, da die Arbeiter oft ohne Geld für Unterkunft oder Verpflegung auf den Baustellen erscheinen und dazu erst einmal einen Vorschuss verlangen. Auch kann es natürlich vorkommen, dass Arbeiten nicht zur Zufriedenheit des Auftraggebers ausgeführt werden und Mängel beseitigt werden müssen, bevor eine Bezahlung erfolgt. Derartige Vermerke auf einzelnen Rechnungen belegen deshalb nicht eine ordnungsgemäße Beauftragung der Rechnung stellenden Firmen.
Vielmehr wird dadurch gerade belegt, dass die unangemeldeten Arbeiterkolonnen nach Erledigung ihrer Arbeiten sogleich bezahlt werden.
Des weiteren ist zu berücksichtigen, dass die Firmen, wie von den ermittelnden Polizeibeamten als typisch für Servicefirmen geschildert, jeweils nur über einen relativ kurzen Zeitraum existierten, es war stets eine häufige Wechsel von Geschäftsführern und Verlegung der Geschäftssitze festzustellen und nach wenigen Jahren wurde die Firma wieder gelöscht. Dies spricht ebenfalls für das Vorhandensein einer Scheinfirma. Keine der hier verfahrensgegenständlichen Firmen ist jetzt noch am Markt tätig, was dem Gericht ungewöhnlich erscheint.
Auch fällt auf, dass sich der Angeklagte immer in zeitlichen Blöcken der jeweiligen Firmen bedient hat. Die Rechnungen der gleichen Firmen werden über mehrere Monate in die Buchhaltung eingestellt, dabei tritt aber in der Regel immer nur eine Firma als Rechnungssteller in Erscheinung, dann folgt wieder ein Block einer anderen Firma. Auch das erscheint äußerst ungewöhnlich. Bei einem echten Auftragsverhältnis wäre zu erwarten, dass eine Firma über einen längeren Zeitraum immer wieder mal und im Wechsel mit anderen Firmen tätig wurde. Hinzu kommen die angeführten Auffälligkeiten in der äußeren Gestaltung der Rechnungen.
Auch sind die überwiegende Anzahl der Firmen aus Berlin mit meist türkischen oder bulgarischen Geschäftsführern, bei üblichen Vertragsverhältnissen wäre aber über einen langen Zeitraum, wie hier, zu erwarten, dass Firmen aus verschiedenen Regionen aus Deutschland tätig wurden und auch andere Nationalitäten in Erscheinung treten, die günstig Arbeitsleistungen anbieten, wie polnische, rumänische, portugiesische und andere Firmen.
Bei den Firmen konnte häufig auch kein eigentlicher Geschäftsbetrieb festgestellt werden und die ausgeführten Arbeiten entsprechen nicht dem eigentlichen Zweck der Firma, wie beispielsweise bei der ADG Dachbau GmbH. Zudem weisen die Firmen meist ein sehr großes Angebotsspektrum auf, was ebenfalls ein typisches Anzeichen für Servicefirmen darstellt. Es finden sich auf mehreren Rechnungen auch dieselben Schreib- und Inhaltsfehler, wie vor allem der falsche Hinweis auf § 13 b Abs. 1 UStG. Seit 2010 ist dies nämlich in § 13 b Abs. 2 UStG geregelt.
Sämtliche Firmen waren den Bauleitern und Architekten unbekannt.
Es wurde stets in bar bezahlt, in keinem einzigen Fall kam es zu einer Überweisung, was ebenfalls völlig unüblich erscheint. Die Rechnungen weisen zudem immer nur Pauschalbeträge auf.
In diesem Zusammenhang ist auch die Aussage des Zeugen E. G… zu werten, der als Geschäftsführer der Firma SU Gebäudereinigung eingesetzt worden war. Diese Firma hat an den Angeklagten eine Rechnung vom 10.05.2013 über 11.688 € gestellt, welche allerdings nicht in die Schadensberechnung der Abdeckrechnungen eingeflossen ist. Dennoch belegt die Aussage des Zeugen das gesamte System. Der Zeuge gab dazu an, er sei damals als Strohmann benutzt worden, deswegen sei er auch schon verurteilt worden und habe eine Geldstrafe erhalten. Er habe über einen gewissen D… und einen H. (phon.) etwas Geld erhalten, damit er sich als Geschäftsführer zur Verfügung stelle. Dies sollten 10 Monate im Jahr 2013 sein. Als ihm klar geworden sei, dass etwas nicht mit rechten Dingen zugehe, hätten sie ihm gedroht, er solle sich zurückhalten, schließlich sei er dann doch als Geschäftsführer abgelöst worden. Die Firma SU Gebäudereinigung habe keine eigenen Tätigkeiten ausgeübt, es sei weder auf dem Bau oder im Bereich der Gebäudereinigung gearbeitet worden. Er habe immer nur vor Ort sein sollen, wenn jemand vom Finanzamt erschienen sei. Die beiden anderen hätten auf seinen Namen Verträge abgeschlossen für Mobiltelefone und Kraftfahrzeuge, hierfür müsse er nun finanziell haften. Mit Bauverträgen hätte er nie etwas zu tun gehabt. Mit den beiden habe er keinerlei Kontakt mehr.
Soweit vom Zeugen J… auf die Beweisanträge des Angeklagten hin einzelne Arbeitnehmer, die bei den Firmen gemeldet gewesen waren, ermittelt werden konnten, so hätten diese Arbeitnehmer auf Zusendung entsprechender Fragebögen erklärt, dass sie niemals in Bayern irgendwelche Arbeitstätigkeiten ausgeübt hätten. Hierüber berichtete der Zeuge J… dem Gericht.
Im Übrigen sind irgendwelche Arbeitnehmer ohnehin nicht geeignet, belastbare Angaben über Inhalt und Ausführung der zugrundeliegenden Auftragsverhältnisse zu machen.
Aufgrund sämtlicher Gesichtspunkte ist die Kammer deshalb im Ergebnis der Überzeugung, dass es sich bei den verfahrensgegenständlichen Rechnungen durchweg um Scheinrechnungen handelt, die zu dem Zweck vom Angeklagten verschafft wurden, um hohe Barausgaben für die Bezahlung von schwarz beschäftigten Arbeitern auf seinen Baustellen zu kaschieren.
Dafür dass diese Scheinrechnungen zu anderen Zwecken in die Buchhaltung eingestellt wurden, etwa um Privatentnahmen oder Materialeinkäufe und dergleichen zu kaschieren, hat die Kammer keinerlei Anhaltspunkte. Aufgrund des Umstandes, dass im gleichen Zeitraum der Angeklagte auch an seine gemeldeten Arbeitnehmer teilweise schwarze Lohnzahlungen erbracht hat ist das Gericht davon überzeugt, dass auch die Scheinrechnungen hier zur Verdeckung von erheblichen schwarze Lohnzahlungen eingestellt wurden.
VI. Schadensberechnung aus den Abdeckrechnungen:
Der Zeuge T. G… von der Deutschen Rentenversicherungsanstalt erläuterte dem Gericht die Berechnung des Beitragsschadens aus den Abdeckrechnungen.
Das Gericht hat diese Schadenssummen in die Feststellungen unter Ziffer II. übernommen.
Die Schadensberechnung ist in sich nachvollziehbar und schlüssig und entspricht den gesetzlichen Vorgaben.
1. Die zuständige Einzugsstelle für den Gesamtsozialversicherungsbeitrag folgt nach § 28 f Abs. 2 SGB IV für nicht gemeldete Arbeitnehmer aus den beiden letzten Ziffern der Betriebsnummer des Arbeitgebers. Dies ist vorliegend die IKK classic, wie der Zeuge G… angab.
Da nicht ausgeschlossen werden kann, dass die Abdeckrechnungen auch dazu dienten, die Schwarzlohnzahlungen zu verschleiern, die der Angeklagte an seine namentlich bekannten Arbeitnehmer ausbezahlte (siehe B. II.) wurde bei der Schadensberechnung von der festgestellten Summe der Abdeckrechnungen in den jeweiligen Monaten die festgestellten Schwarzlohnzahlungen abgezogen.
Hierzu wird auf Anlage 14 Bezug genommen.
In der Anlage 14 Ermittlung der Bemessungsgrundlagen Strafverfahren sind jeweils in Spalte 2 unter „Nettoumsatz“ die Gesamtbeträge der Abdeckrechnungen aufgeführt, wie sie sich aus Anlage 1 ergeben.
In Spalte 9 der Anlage 14, „Zu-/Abschläge“, sind die Gesamtsummen der in den jeweiligen Monaten festgestellten Schwarzlohnzahlungen an die bekannten Arbeitnehmer abgezogen. Diese Beträge korrespondieren mit den monatlichen Gesamtsummen aus den Tabellen unter Ziffer B. 1.. In Spalte 10 „Entgelt“ ist dann der, für die Schadensberechnung maßgebliche monatliche Gesamtbetrag der Abdeckrechnungen enthalten.
Spalte 11 enthält den Umrechnungsfaktor von der Netto- auf die Bruttolohnsumme und in Spalte 12 „Entgelt tatsächlich“ sind schließlich die für die weitere Berechnung maßgeblichen Bruttobeträge aufgeführt.
Wie bereits oben ausgeführt wurde, hat das Gericht in den Monaten November 2011 und Dezember 2011 jeweils eine Rechnung nicht mit in die Schadensberechnung eingestellt.
Für den Monat November 2011 ist das die Zahlung über 19.800,- Euro, sodass sich nur eine Schadenssumme von 18.900 Euro verbleibt.
Im Dezember 2011 wurde die Zahlung über 30.957,- Euro nicht berücksichtigt, sodass ein Gesamtbetrag der verwendeten Abdeckrechnungen in Höhe von 30.493 Euro verbleibt.
Die Schadensberechnung wurde daher entsprechend (handschriftlich) abgeändert.
Die verbleibende Summe der Abdeckrechnungen (Spalte10 in Anlage 14) wurde mit einem Faktor multipliziert, sodass sich in der letzten Spalte 12 der tatsächliche für die Schadensberechnung herangezogene Bruttobetrag ergibt.
Die Hochrechnung mit dem Faktor 56,… oder 57,… ergibt sich aus § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV. Danach gilt bei illegalen Beschäftigungsverhältnissen ein Nettoarbeitsentgelt als vereinbart. Die ermittelten Lohnsummen sind daher in Form einer Nettolohnhochrechnung auf das beitragspflichtige Bruttoentgelt hochzurechnen.
Dabei meint der Begriff illegales Beschäftigungsverhältnis nach § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV nicht nur Beschäftigungsverhältnisse von Arbeitnehmern ohne Arbeits- oder Aufenthaltserlaubnis, sondern jede Beschäftigung von Arbeitnehmern ohne diese bei der Einzugsstelle angemeldet zu haben.
Lediglich bei geringfügig Beschäftigten wäre eine Hochrechnung nicht zulässig.
Im vorliegenden Fall ist aber schon aufgrund der Art der Arbeiten, der Gestaltung der Verhältnisse und der erheblichen Lohnsummen eine Ausführung durch geringfügig Beschäftigte Arbeitnehmer fernliegend. Das Gericht hält es nicht für lebensnah, dass im Baugewerbe, wo es meist um schnelle Erledigung von Arbeiten geht, mit geringfügig Beschäftigten gearbeitet wird.
Der Zeuge G… erläuterte, dass sich die Hochrechnung nach § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV nach den Grundsätzen des § 39 b EStG richte. Es sei vorliegend ausschließlich der Eingangssteuersatz der Steuerklasse VI, zuzüglich des auf die Lohnsteuer entfallenden Solidaritätszuschlags und die Kirchensteuer zugrunde gelegt worden.
Der Zeuge G… erläuterte weiter, dass die Steuerklasse VI nach § 35 EStG zugrunde gelegt werde, wenn der Arbeitnehmer keine Angaben mache oder er unbekannt sei.
Danach richte sich der Umrechnungsfaktor auf den Bruttolohn.
2. Aus den so ermittelten tatsächlichen Entgeltbeträgen (Bruttolohn), wie sie in Spalte 12 der Anlage 14 aufgeführt sind, wurde dann unter Zugrundelegung der jeweiligen Beitragssätze für Krankenversicherung, Rentenversicherung, Pflegeversicherung und Beiträge zur Bundesanstalt für Arbeit der jeweilige Arbeitgeberanteil und Arbeitnehmeranteil zur Sozialversicherung berechnet. Diese Berechnungen finden sich in Anlage 15.
Ausgehend von der Bruttolohnsumme wurden unter Zugrundelegung der jeweiligen Beitragssätze für jeden Monat der Arbeitgeberanteil (Spalte 15), der Arbeitnehmeranteil (Spalte 16) und der monatliche Gesamtschaden (Spalte 17) berechnet.
3. Der Gesamtschaden aus den jeweiligen Monaten ergibt sich aus Anlage 16.
Diese Schadensbeträge wurden abzüglich 15 % den Feststellungen unter B. IV. 3. zugrunde gelegt.
Soweit der Angeklagte auch eine Provision für die Erstellung der Scheinrechnungen an die jeweiligen Servicefirmen zu zahlen hatte, so geht die Kammer davon aus, dass diese Provisionszahlungen, die auch in Bar entrichtet wurden, ebenfalls mit den Abdeckrechnungen umfasst sind. Für die Schadensberechnung der nicht abgeführten Sozialversicherungsbeiträge sind diese Provisionszahlungen nicht mit zu berücksichtigen. Die jeweiligen Beträge aus den Scheinrechnungen sind deshalb um 15 % zu vermindern.
Die Kammer hat diese Abzüge hier von den Endbeträgen, wie sie sich aus Anlage 16 ergeben, vorgenommen und in die Schadensaufstellung unter B. IV. 3. jeweils um 15 % verminderte Beträge aus der Anlage 16 eingestellt.
Rechnerisch spielt es nämlich keine Rolle, ob die 15 % von den ursprünglichen Rechnungsbeträgen abgezogen werden und dann die Schadensberechnung durchgeführt wird oder ob der Abzug erst am Ende erfolgt.
D. Rechtliche Würdigung:
I.
Der Angeklagte hat sich aufgrund des unter B. festgestellten Sachverhalts in insgesamt 144 Einzelfällen des Vorenthaltens von Arbeitnehmerbeiträgen in Tateinheit mit Nichtabführen von Arbeitgeberbeiträgen schuldig gemacht gemäß § 266 a Abs. 1 und Abs. 2 StGB.
Die Taten nach § 266 a Abs. 1 und Abs. 2 StGB stehen zueinander jeweils in Tateinheit.
1. Der Angeklagte, der einen einzelunternehmerisch geführten Betrieb für Verputzarbeiten führte, ist Arbeitgeber im Sinne des § 266 a StGB.
Der Angeklagte hat die namentlich bekannten Arbeiter eingestellt. Die jeweiligen Arbeitsverträge wurden von ihm unterschrieben. Er hat gegenüber seinen Arbeitern bestimmt, welche Arbeiten und auf welchen Baustellen diese zu erbringen haben. Er rechnete deren Lohn ab und zahlte ihn aus.
Auch bezüglich der unbekannt gebliebenen Arbeitnehmer hat er dieses Weisungsrecht ausgeübt. Er beschäftigte die unbekannten Arbeiter, indem er sie zeitweise auf seinen Baustellen beschäftigte, er ordnete an, welche Arbeiten sie zu erbringen haben und zahlte ihnen anschließend den Lohn aus.
Dabei war dem Angeklagten klar, dass die unbekannten Arbeitnehmer nicht für einen anderen Arbeitgeber tätig wurden. Er stellte die Arbeiter kurzfristig in seinem Betrieb an und beschäftigte diese. Vertragsbeziehungen mit einem Geschäftsführer dieser unbekannt gebliebenen Arbeiter gibt es nicht.
Es ist nicht ersichtlich, dass irgendjemand anders in dem Betrieb Anweisungen an die Arbeiter erteilte, die nicht mit Wissen und Wollen des Angeklagten erfolgt wären.
2. Die jeweiligen Beiträge für die Sozialversicherung sind nach § 23 Abs. 1 SGB IV jeweils spätestens am drittletzten Bankarbeitstag des Monats der ausgeübten Beschäftigung fällig.
Bezüglich des Tatbestandes nach § 266 a Abs. 2 StGB hat er die für den Einzug der Beiträge zuständige Stelle über sozialversicherungsrechtliche erhebliche Tatsachen in Unkenntnis gelassen, indem er die Tatsache der Beschäftigung und der Lohnzahlungen an seine namentlich bekannten und nicht bekannt gewordenen Arbeiter nicht angab.
3. Der Angeklagte kannte auch seine Verpflichtung zur Abgabe der Sozialversicherungsbeiträge sowohl nach § 266 a Abs. 1, als auch Abs. 2 StGB, da er bei einigen seiner Arbeitern diese Beiträge vollständig abführte und bei einem anderen Teil jedenfalls teilweise.
4. Anhaltspunkte für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 266 a Abs. 6 StGB bestehen nicht. Der Angeklagte hat weder die vorenthaltenen Beiträge gegenüber der Einzugsstelle nachträglich angegeben oder entrichtet.
5. Jede Nichtzahlung der Sozialversicherungsbeiträge zu verschiedenen Fälligkeitszeitpunkten steht im Verhältnis der Tatmehrheit, sodass jeder einzelne Monat, in dem die Beiträge nicht oder nicht vollständig entrichtet wurden eine Tat darstellt. Auch das Vorenthalten für mehrere Arbeitnehmer gegenüber unterschiedlichen Einzugsstellen begründet Tatmehrheit, das gleichzeitige Unterlassen des Abführens von Beiträgen für mehrere Arbeitnehmer stellt dagegen nur eine einheitliche Tat dar. Zwischen den Taten nach Abs. 1 und Abs. 2 besteht, jedenfalls wenn sie sich auf dieselben Arbeitnehmer beziehen Tateinheit (Thomas Fischer Strafgesetzbuch 66. Aufl. 2019 § 266 a Rn. 36).
Soweit im vorliegenden Fall also in den einzelnen Monaten Sozialversicherungsbeiträge für mehrere Arbeitnehmer vorenthalten wurden so handelt es sich nur um eine einheitliche Tat. Da hier aber verschiedene Einzugsstellen beteiligt sind, nämlich die AOK, die DAK und die IKK classic besteht zu diesen Einzugsstellen jeweils Tatmehrheit.
II.
Die Berechnung des Schadens erfolgte hier konkret. Grundsätzlich ist bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlagen zur Berechnung vorenthaltener Sozialversicherungsbeiträge die Schätzung der Lohnsumme unter Anwendung eines Prozentsatzes bezogen auf den Nettoumsatz eines Unternehmens dann zulässig, wenn keine anderweitig verlässlichen Beweismittel zur Verfügung stehen oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand und ohne nennenswerten zusätzlichen Erkenntnisgewinn zu beschaffen sind (BGH 1. Strafsenat, 10. November 2009, 1 StR 283/09, – juris -).
Die Kammer hat hier den Schaden allerdings konkret berechnet. Zum einen hat die Kammer die konkret an die einzelnen bekannten Arbeitnehmer erbrachten Schwarzlohnzahlungen berücksichtigt, zum anderen wurden die Abdeckrechnungen zugrunde gelegt. Bei der Ermittlung der Schwarzlohnsumme darf allerdings auf eine Schätzung der Lohnquote in Form eines Anteils an der Nettolohnsumme dann nicht ausgewichen werden, wenn das Gericht betriebswirtschaftliche Parameter festgestellt hat, die eine konkrete Berechnung der Schwarzlöhne ermöglichen. Solche Parameter können insbesondere Abdeckrechnungen sein, die der Unternehmer, der Arbeitnehmer gegen Zahlung von Schwarzlöhnen beschäftigt, sich bei anderen Unternehmen besorgt, um so die Schwarzlohnzahlungen buchhalterisch zu verschleiern (BGH a.a.O.).
Im vorliegenden Fall sind die Abdeckrechnungen, vermindert um die Summe der konkreten Schwarzlöhne und die 15 %-ige Provision mit der Summe der bezahlten Schwarzlöhne gleichzusetzen, sodass eine Schätzung anhand des Nettoumsatzes oder dergleichen nicht erforderlich war.
Andere Gründe für die Beschaffung der Abdeckrechnungen durch den Angeklagten sieht die Kammer nicht.
Die Kammer hat im vorliegenden Fall die Beträge aus den Abdeckrechnungen als Schwarzlohnzahlungen jeweils in den Monaten berücksichtigt, in denen die Quittungen ausgestellt wurden. Gemäß § 23 SGB IV ist der Zeitpunkt der Ausführung der Arbeiten maßgeblich, dieser kann im vorliegenden Fall aber nicht sicher festgestellt werden. Es kann aber davon ausgegangen werden, dass die jeweiligen Zahlungen unmittelbar nach Beendigung der Arbeiten erfolgten und dabei auch die Quittungen ausgestellt wurden.
Die Kammer hat auch die Quittungssummen in den jeweiligen Monaten jeweils vollständig zur Schadensberechnung herangezogen und nicht etwa eine Aufteilung des Rechnungsbetrages auf mehrere Monate vorgenommen, wenn beispielsweise in einer zugrundeliegenden Rechnung als Leistungszeitraum mehrere Monate angeführt werden. Für die Berechnung des Schadens ist es nämlich ohne Belang, ob der Schaden in einem Monat aus dem vollständigen Rechnungsbetrag ermittelt wird, oder ob der Rechnungsbetrag auf mehrere Monate aufgeteilt und dann in diesen Monaten aus einem jeweils geringeren Betrag der Schaden berechnet wird. In der Summe bleibt der Schaden gleich hoch.
III.
Gemäß § 28 d SGB IV besteht der abzuführende Gesamtsozialversicherungsbeitrag aus den Beiträgen zur Krankenversicherung, Pflegeversicherung, Arbeitslosenversicherung und Rentenversicherung.
Der Gesamtversicherungsbeitrag wird von den Krankenkassen als Einzugsstellen (§ 28 h SGB IV) eingefordert.
Nach § 28 i SGB IV ist zuständige Einzugsstelle für den Gesamtversicherungsbeitrag die Krankenkasse, von der die Krankenversicherung durchgeführt wird. Bezüglich der namentlich bekannten Arbeitnehmer sind das deshalb die AOK und die DAK.
Soweit die Arbeitnehmer namentlich nicht bekannt sind, ergibt sich die zuständige Einzugsstelle für den Gesamtsozialversicherungsbeitrag aus den beiden letzten Ziffern der Betriebsnummer des Arbeitgebers auf Grundlage des gemeinsamen Rundschreibens der Spitzenorganisationen der Sozialversicherung vom 03.11.2010, wie dies der Zeuge G. erklärte. Dies ist im vorliegenden Fall die IKK classic.
Die Beiträge werden für die einzelnen Versicherungszweige jeweils nach dem Arbeitsentgelt bemessen, das sich nach § 14 SGB IV ergibt. Danach ist Arbeitsentgelt alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht.
Der Begriff des illegalen Beschäftigungsverhältnisses nach § 14 Abs. 3 SGB IV meint jedes Beschäftigungsverhältnis, für das keine Sozialversicherungsbeiträge gezahlt werden und nicht etwa nur die Beschäftigung von ausländischen Arbeitnehmern ohne Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis.
a) Beiträge für die Bundesanstalt für Arbeit:
Nach § 341 Abs. 2 SGB III in der vom 01.01.2011 bis 31.12.2018 gültigen Fassung beträgt der Beitragsatz 3 %.
Gemäß § 346 Abs. 1 Satz 1 SGB III werden die Beiträge von den Beschäftigten und den Arbeitgebern je zur Hälfte getragen, also jeweils 1,5 %.
b) Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung:
Die Beiträge richten sich nach § 241 SGB V.
In der Fassung des Gesetzes vom 01.01.2011 bis 31.12.2014 betrug der Beitragssatz 15,5 % der beitragspflichtigen Einnahmen der Mitglieder, ab 01.01.2015 lag der Beitragssatz bei 14,6 %.
Gemäß § 249 Abs. 1 SGB V tragen Arbeitgeber und Beschäftigte die Beiträge jeweils zur Hälfte.
Aber in der Zeit vom 01.01.2009 bis 31.12.2014 betrug nach der Fassung des § 249 Abs. 1 SGB V der Arbeitgeberanteil 0,9 Prozentpunkte weniger, im übrigen trugen die Beiträge die Beschäftigten.
c) Beiträge zur Pflegeversicherung:
Die Beiträge tragen Arbeitgeber und Arbeitnehmer je zur Hälfte gemäß § 58 Abs. 1 SGB XI.
Die Höhe des Beitrages richtet sich nach § 55 Abs. 1 und 3 SGB XI.
d) Beiträge zur Rentenversicherung:
Die Beiträge für die gesetzliche Rentenversicherung tragen gemäß § 168 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI Versicherte und Arbeitgeber je zur Hälfte.
Die Höhe der Beiträge richtet sich jeweils nach der gemäß § 160 SGB VI für die jeweiligen Jahre erlassenen Verordnung der Bundesregierung.
Danach betrug der Beitragssatz in der Rentenversicherung im Jahre 2011 19,9 % (davon die Hälfte: 9,95 %), im Jahre 2012 19,6 % (davon die Hälfte: 9,8 %), in den Jahren 2013 und 2014 jeweils 18,9 % (1/2: 9,45 %) und in den Jahren 2015 und 2016 jeweils 18,7 % (1/2: 9,35 %).
Die entsprechenden Beitragssätze wurden der Berechnung zugrunde gelegt.
3. Aufgrund des Beschlusses des 1. Strafsenats des Bundesgerichtshofs vom 13. November 2019, 1 StR 58/19, wonach die Rechtsauffassung vertreten wird, dass bei Taten gemäß § 266 a Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 2 StGB die Verjährungsfrist mit dem Verstreichenlassen des Fälligkeitszeitpunktes zu laufen beginnt, sind entgegen der früheren Rechtsansicht die Straftaten nach Ablauf von 5 Jahren nach dem jeweiligen Fälligkeitszeitpunkten verjährt.
Dieser Rechtsansicht hat sich zwischenzeitlich der 3. Strafsenat, sowie der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs angeschlossen (Beschluss vom 06.02.2020 – 5 ARs 1/20 -, und Beschluss vom 04.02.2020 – 3 ARs 1/20 – juris).
Die Verjährung kann aber durch den Erlass eines Durchsuchungsbeschluss unterbrochen werden (§ 78 c Abs. 1 Nr. 4. StGB). Hier wurde im vorliegenden Verfahren am 17.05.2016 vom Amtsgericht – Ermittlungsrichter – Traunstein, Gz. 5 GS 1827/16 ein Durchsuchungsbeschluss betreffend die Geschäftsräume der Firma B. R… Innen – und Außenputz in R. erlassen und am 09.06.2016 vollzogen.
Die Kammer hat deshalb sämtliche Taten, die vor Juni 2011 begangen wurden, auf Antrag der Staatsanwaltschaft gemäß § 154 Abs. 2 StPO eingestellt, da diese Taten aller Voraussicht nach als verjährt zu beurteilen sein werden.
Des Weiteren wurden noch bezüglich der Einzugsstelle IKK classic die Monate Juni 2011 und Juli 2011 nach § 154 Abs. 2 StPO eingestellt.
E. Strafzumessung:
Gemäß § 266 a Abs. 1 und Abs. 2 StGB wird jeder Fall des Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt mit Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
1. Bei der konkreten Strafzumessung war zugunsten des Angeklagten zu berücksichtigen, dass dieser strafrechtlich bislang nicht in Erscheinung getreten ist.
Die Straftaten liegen nunmehr auch bereits längere Zeit zurück und das Ermittlungsverfahren dauert geraume Zeit an.
Der Angeklagte hat sein Unternehmen auch zwischenzeitlich aufgegeben und arbeitet nunmehr aushilfsweise im Betrieb seiner Söhne mit.
Schließlich war bei der Strafzumessung zu Gunsten auch zu berücksichtigen, dass ein Betrag als Wertersatz in Höhe von über 960.000 € eingezogen wurde.
2. Zulasten des Angeklagten musste sich auswirken, dass er über einen sehr langen Zeitraum regelmäßig und planvoll Sozialversicherungsbeiträge hinterzogen hat. Es handelt sich nicht nur um eine vorübergehende Erscheinung, die etwa im Zusammenhang mit der Überbrückung wirtschaftlicher Schwierigkeiten zu sehen wäre, sondern er hat über 5 Jahre hinweg nahezu jeden Monat erhebliche Beträge nicht abgeführt. Dadurch ist auch ein insgesamt sehr hoher Schaden entstanden. Durch das Handeln über einen langen Zeitraum hinweg verschaffte sich der Angeklagte auch einen erheblichen zusätzlichen Gewinn.
Um diese regelmäßigen erheblichen Beträge zu verschleiern, verschaffte er sich eine Vielzahl von Scheinrechnungen von Hinterleuten, die diese Rechnungen speziell zu diesem Zweck anbieten. Auch dies setzte der Angeklagte über einen langen Zeitraum fort. Er handelte mit hoher krimineller Energie, indem er sich von einer Vielzahl von Scheinfirmen entsprechende Abdeckrechnungen ausstellen ließ.
Aufgrund dieser Umstände hält die Kammer deswegen gestaffelte Einzelstrafen für Tat- und Schuld angemessen wie folgt:
„Die Verhängung einer Geldstrafe für Monate mit einem geringeren Schadensbetrag hat die Kammer nicht für angemessen erachtet aufgrund der langen Zeit über die sich die Taten insgesamt erstreckten und des planvoll und organisierten Vorgehens des Angeklagten.“
Für Schadensbeträge
bis 1.000,- Euro eine Einzelfreiheitsstrafe von jeweils 3 Monaten (Fälle 5, 13, 33, 42, 43, 53-60, 62-69, 73, 74, 76-80, 83-85, 90, 91, 93-95, 98-100)
für bis zu 5.000,- Euro Freiheitsstrafen von jeweils 5 Monaten (Fälle 1-4, 6, 7, 9-12, 14-16, 18-32, 34-41, 44-52, 61, 70-72, 75, 81, 82, 86-89, 92, 97, 101, 115, 118, 129)
für bis zu 10.000,- Euro 8 Monate (Fälle 8, 17 104, 106, 107, 111, 114, 117, 119, 130, 132, 137, 140)
für bis zu 30.000,- Euro 1 Jahr (Fälle 102, 103, 105, 108-110, 112, 116, 120-122, 124-127, 134-136, 138, 139, 141-143)
für bis zu 50.000,- Euro 1 Jahr 4 Monate (Fälle 113, 128, 131, 133, 144)
und über 50.000,- Euro 1 Jahr 6 Monate (Fall 123)
Aus diesen Einzelstrafen hat die Kammer ausgehend von einer Einsatzstrafe im Fall 123 von 1 Jahr 6 Monaten eine Gesamtfreiheitsstrafe von 3 Jahren 9 Monaten als tat- und schuldangemessen gebildet.
Dabei hat die Kammer berücksichtigt, dass die einzelnen Taten stets unmittelbar aufeinander gefolgt sind und das gesamte Tatgeschehen das Gepräge einer Dauerstraftat in sich trägt. Mit zunehmender Fortdauer wurde die Tathandlung zur Routine und der Angeklagte hat den strafrechtlich einmal eingeschlagenen Weg weiter fortgesetzt.
Maßgeblich bei der Gesamtstrafenbildung war auch, dass hier einige Tatzeiträume nur deshalb in Tatmehrheit stehen, weil verschiedene Einzugsstellen beteiligt sind.
Aufgrund des insgesamt hohen Schadens und des langen Zeitraums war aber auch eine Gesamtfreiheitsstrafe von 3 Jahren und 9 Monaten erforderlich.
F. Nebenentscheidung und Kosten:
1. Gemäß §§ 464, 465 StPO waren die Kosten und Auslagen dem Angeklagten aufzuerlegen.
2. Die Entscheidung über die Einziehung eines Geldbetrages als Wertersatz beruht auf §§ 73, 73 c StGB.
Bei der Bemessung wurde der vom Angeklagten nicht bezahlte Gesamtbetrag der nicht abgeführten Sozialversicherungsbeiträge zugrunde gelegt.

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