Strafrecht

Schädliche Neigungen bei einem zum Zeitpunkt der Verurteilung bereits volljährigen Angeklagten

Aktenzeichen  205 StRR 377/19

Datum:
16.5.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 45900
Gerichtsart:
BayObLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
StPO § 349 Abs. 2
JGG § 105 Abs. 1, § 109 Abs. 2 S. 1

 

Leitsatz

1. Eine Berufungsbeschränkung auf den Rechtsfolgenausspruch ist grundsätzlich unwirksam, wenn aufgrund einer Änderung des gesetzlichen Tatbestands für eine angeklagte Tat das mildere Gesetz iSd § 2 Abs. 3 StGB festzustellen ist. Etwas anderes gilt jedoch dann, wenn die Rechtsänderung ausschließlich den Strafrahmen betrifft (hier: § 179 StGB aF; § 177 Abs. 2 Nr. 1 StGB nF; Festhaltung BayObLG, Beschluss vom 30.09.1970, Az. RReg. 3 St 145/70, NJW 1971, 392). (Rn. 7)
2. Die Verhängung einer Jugendstrafe wegen schädlicher Neigungen kommt auch gegen einen zum Zeitpunkt der Aburteilung bereits volljährigen Angeklagten in Betracht. Bei diesem müssen dazu erhebliche Persönlichkeitsmängel bestehen, die bereits vor der Tat angelegt waren und im Urteilszeitpunkt die Gefahr weiterer Straftaten begründen. (Rn. 13 – 14 und 36 – 37)
3. Bei der Bestimmung des milderen Gesetzes iSd § 2 Abs. 3 StGB kommt einem Wechsel der Deliktsart als solchem keine Bedeutung zu. Im Jugendstrafrecht gilt zumindest für Heranwachsende nichts anderes. (Rn. 49)

Verfahrensgang

3 JNs 459 Js 166890/18 2018-11-06 Urt LGMUENCHENI LG München I

Tenor

I. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts München I vom 6. November 2018 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
II. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere Jugendkammer des Landgerichts München I zurückverwiesen.

Gründe

I.
Das Amtsgericht – Jugendschöffengericht – München sprach den Angeklagten mit Urteil vom 16.07.2018 der Vergewaltigung in drei Fällen schuldig und setzte gegen ihn einheitlich eine Jugendstrafe von einem Jahr und zehn Monaten fest, deren Vollstreckung es zur Bewährung aussetzte. Gegenstand des Schuldspruchs sind Sexualtaten des Angeklagten gegenüber der Nebenklägerin als seiner damaligen Freundin bzw. Mutter seiner durch die erste der Taten gezeugten Tochter, bei denen der Angeklagte jeweils den tiefen Schlaf der Frau ausnutzte. Die Handlungen wurden im Januar bzw. Februar 2016, am 21.05.2017 sowie am 03.10.2017 begangen.
Auf die Berufung der Staatsanwaltschaft, die auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt wurde, änderte das Landgericht München I – Jugendkammer – mit Urteil vom 06.11.2018 das Urteil des Amtsgerichts im Rechtsfolgenausspruch insoweit ab, als der Angeklagte zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt wurde. Die weitergehende Berufung wurde als unbegründet verworfen.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Angeklagten, der die Verletzung materiellen Rechts rügt. Die Generalstaatsanwaltschaft München hat mit Vorlageschreiben vom 11.03.2019 beantragt, die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 06.11.2018 gemäß § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet kostenpflichtig zu verwerfen.
II.
Das Rechtsmittel des Angeklagten ist zulässig. Nachdem die Berufung gegen das amtsgerichtliche Urteil durch die Staatsanwaltschaft erhoben wurde, steht dem auch die über § 105 Abs. 1, § 109 Abs. 2 Satz 1 JGG anwendbare Vorschrift des § 55 Abs. 2 JGG nicht entgegen.
Die Revision hat mit der Sachrüge Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung an das Landgericht. Zwar hat es seine Kognitionspflicht erfüllt, da die Beschränkung der Berufung auf den Rechtsfolgenausspruch trotz der besonderen Situation eines nach § 2 Abs. 3 StGB vorzunehmenden Günstigkeitsvergleichs wirksam war. Jedoch hat das Landgericht seine Entscheidung zur Verhängung einer Jugendstrafe nicht ausreichend begründet. Seine Erwägungen tragen den dazu nach § 17 Abs. 2 JGG bestehenden Voraussetzungen nicht ausreichend Rechnung.
1. Das Landgericht ist bei seiner Entscheidung über die Berufung gegen das Urteil des Jugendschöffengerichts vom 16.07.2018 seiner Kognitionspflicht gerecht geworden. Obwohl nach § 2 Abs. 3 StGB über das anzuwendende mildere Recht zu entscheiden war, was grundsätzlich Schuldwie Strafausspruch berührt, hat es die Beschränkungserklärung der Staatsanwaltschaft als Rechtsmittelführerin zutreffend als verbindlich angesehen. Das Revisionsgericht hat die Wirksamkeit einer Berufungsbeschränkung von Amts wegen und ohne Bindung an entsprechende Rügen zu prüfen (vgl. z.B. LR/Gössel, 26. Aufl. 2012, § 318 StPO Rn. 126; MeyerGoßner/Schmitt, 61. Aufl. 2018, § 318 StPO Rn. 33). Die Prüfung ergibt, dass die Beschränkung der Berufung auf den Rechtsfolgenausspruch wirksam war.
Die Entscheidung über die Rechtsfolgen ist vom Schuldspruch grundsätzlich trennbar. Daher ist eine Beschränkung der Berufung auf den Strafausspruch möglich (vgl. z.B. Meyer-Goßner/Schmitt a.a.O. § 318 StPO Rn. 16 m.w.N.). Im vorliegenden Fall besteht auch keine Situation, in der die Straffrage ausnahmsweise nicht losgelöst vom übrigen, nicht angegriffenen Teil der Entscheidung beurteilt werden kann. Eine solche ist zwar regelmäßig gegeben, wenn aufgrund einer Änderung des gesetzlichen Tatbestands für eine angeklagte Tat das mildere Gesetz i.S.d. § 2 Abs. 3 StGB festzustellen ist (vgl. z.B. LR/Gössel, 26. Aufl. 2012, § 318 StPO Rn. 54). Denn es kann dann in der Regel ohne Rückgriff auf die Feststellungen zum Schuldspruch nicht entschieden werden, welches Gesetz im Hinblick auf den konkreten Fall das mildeste i.S.d. Vorschrift ist. Schuld- und Strafausspruch stehen dann in einem untrennbaren Zusammenhang (BayObLG NJW 1971, 392, 393 m.w.N.). Etwas anderes gilt jedoch dann, wenn die Rechtsänderung ausschließlich den Strafrahmen betrifft, so dass ein Vergleich der Straftatbestände selbst und damit ein Rückgriff auf Feststellungen zum Schuldspruch nicht notwendig wird (BayObLG a.a.O.; LR/Gössel a.a.O.). Im hier zu beurteilenden Fall ist eine vergleichbare Situation gegeben.
Die erste der angeklagten drei Taten wurde in einer nicht näher feststehenden Nacht im Januar bzw. Februar 2016 begangen. Der seinerzeit einschlägige Straftatbestand des sexuellen Missbrauch widerstandsunfähiger Personen (§ 179 StGB a.F.) in Form der Qualifikation nach § 179 Abs. 5 Nr. 1 StGB a.F. (Vollziehung des Beischlafs mit dem Opfer) wurde durch Art. 1 Nr. 8 des 50. StrÄndG – Verbesserung des Schutzes der sexuellen Selbstbestimmung – vom 04.11.2016 (BGBl. 2016 I 2460, 2463) mit Wirkung zum 10.11.2016 aufgehoben. Zwischen dieser Norm und der neu gefassten Vorschrift des § 177 StGB (sexueller Übergriff; sexuelle Nötigung; Vergewaltigung) besteht jedoch die für einen Vergleich nach § 2 Abs. 3 StGB erforderliche Unrechtskontinuität: § 177 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 StGB enthält Nachfolgeregelungen zu § 179 StGB a. F., die hinsichtlich des geschützten Rechtsguts und der inkriminierten Angriffsrichtung unverändert geblieben sind und damit einen identischen Unrechtskern aufweisen (BGH NStZ-RR 2017, 240, Rn. 8 bei juris). Insbesondere ist der Fall des sexuellen Missbrauch infolge Schlafs widerstandsunfähiger Personen nunmehr als sexueller Übergriff in § 177 Abs. 2 Nr. 1 StGB n. F. geregelt (BGH NStZ-RR 2017, 242, Rn. 4 bei juris; vgl. zudem die Übersicht bei Pfister, NStZ-RR 2017, 361, 362). Somit hat das 50. StrÄndG zwar den Tatbestand des § 179 Abs. 1 StGB a.F. in eine neu gebildete Strafnorm überführt. Der hier relevante Fall des Übergriffs auf ein schlafendes und deshalb schon zur Bildung eines entgegenstehenden Willens unfähiges Opfer wird jedoch durch § 177 Abs. 2 Nr. 1 StGB n. F. erfasst, ohne dass Tatvarianten aus der bisherigen Strafbarkeit ausgenommen oder für sie die tatbestandlichen Anforderungen erhöht worden wären. Der durch § 2 Abs. 3 StGB veranlasste Vergleich konnte sich daher auf die einschlägigen Strafrahmen beschränken und hing nicht von den Feststellungen zum Schuldspruch ab.
Soweit im vorliegenden Fall in Betracht kommt, dass auf die Tat vom Januar bzw. Februar 2016 entgegen dem Schuldspruch des Jugendschöffengerichts das zur Tatzeit geltende Recht anzuwenden ist (siehe hierzu noch unten Ziff. III.2), steht auch dies der Wirksamkeit der Berufungsbeschränkung nicht entgegen. Zwar enthielte der Schuldspruch in diesem Fall eine unrichtige Tatbezeichnung. Diese wäre, nachdem sie auf einer bewussten Entscheidung des Jugendschöffengerichts beruht, auch nicht als offensichtliche Unrichtigkeit korrigierbar (vgl. z.B. LR/Franke, 26. Aufl. 2012, § 354 StPO Rn. 48: eine Auswechslung der Bezeichnung der Tat ist zulässig, wenn aus den Urteilsgründen hervorgeht, dass der Urteilsausspruch auf einem Versehen beruht). Jedoch bestünde für eine derartige Korrektur auch kein zwingender Anlass. Denn Grund für die Anwendung des zur Tatzeit geltenden § 179 StGB a.F. wäre ggf. allein, dass dessen mit dem 50. StrÄndG geschaffene Nachfolgeregelung nicht durchgehend milder ist, sondern bei Annahme eines besonders schweren Falls nach § 177 Abs. 6 Satz 2 Nr. 1 StGB denselben Strafrahmen wie § 179 Abs. 5 Nr. 1 StGB a.F. vorsieht (siehe auch hierzu unten Ziff. III.2). Mit dem Strafausspruch und dessen Ausgangspunkt stünde ein auf Vergewaltigung statt auf sexuellen Missbrauch Widerstandsunfähiger lautender Schuldspruch daher nicht in Konflikt.
2. Der Strafausspruch des Berufungsurteils kann jedoch keinen Bestand haben.
Das Landgericht hat auf die im Januar bzw. Februar 2016 begangene Tat nach § 105 Abs. 1 JGG materielles Jugendstrafrecht angewandt und bei dieser Tat zugleich das Schwergewicht aller drei angeklagten Taten i.S.d. § 32 JGG gesehen, so dass auf diese einheitlich das Jugendstrafrecht anzuwenden war. Die Auswahl der Sanktionskategorie der Jugendstrafe wird durch die Erwägungen und Feststellungen des Landgerichts jedoch nicht getragen. Sie genügen weder, um schädliche Neigungen, noch um ein ausreichendes Schuldmaß i.S.d. § 17 Abs. 2 JGG zu belegen, da sie zwar die einschlägigen Begrifflichkeiten aufgreifen, dem materiellen Gehalt dieser jugendstrafrechtlichen Norm jedoch zu wenig gerecht werden.
a) Die Annahme schädlicher Neigungen des Angeklagten i.S.d. § 17 Abs. 2 1. Alt. JGG wird durch die Urteilsfeststellungen nicht getragen.
Zwar hat das Landgericht einen zutreffenden Ausgangspunkt gewählt. Die Annahme schädlicher Neigungen als Voraussetzung für die Verhängung einer Jugendstrafe hat es davon abhängig gemacht, dass beim Täter erhebliche Anlage- und Erziehungsmängel zu beobachten sind, die ohne eine längere Gesamterziehung die Gefahr weiterer Straftaten begründen. Solche können regelmäßig nur bejaht werden, wenn erhebliche Persönlichkeitsmängel schon vor der Tat angelegt waren und im Zeitpunkt des Urteils noch gegeben sind und deshalb weitere Straftaten befürchten lassen (vgl. z.B. BGH NStZ 2018, 658, Rn. 3 bei juris).
Bei einem heranwachsenden und erst recht einem zwischenzeitlich erwachsenen Täter steht dabei gegenüber der Notwendigkeit einer längeren „Gesamterziehung“ diejenige einer Einwirkung durch die Angebote des Jugend- bzw. Erwachsenenstrafvollzugs im Vordergrund (vgl. MüKo-StGB/Radtke, 3. Aufl. 2018, § 17 JGG Rn. 50). Soweit über eine derartige Anpassung des Maßstabs hinausgehend im Schrifttum Zweifel daran formuliert werden, ob die Jugendstrafe wegen schädlicher Neigungen auf Täter diesen Alters überhaupt anwendbar ist (Eisenberg JA 2016, 623, 626), teilt der Senat diese nicht. Vielmehr wird aus den Regelungen in § 105 Abs. 1 und § 32 JGG deutlich, dass der Gesetzgeber diese Sanktionskategorie wie die übrigen Rechtsfolgen des materiellen Jugendstrafrechts unter den dort genannten Voraussetzungen auch für Heranwachsende und sogar Erwachsene vorgesehen hat. Dass er sich dabei der Grenzen staatlicher Erziehungsmaßnahmen gegenüber Volljährigen bewusst war, zeigt die Regelung in § 105 Abs. 1 JGG, wonach die Anwendung der § 9 Nr. 2, § 12 JGG und damit ein Zwang zur Inanspruchnahme einer Hilfe zur Erziehung bei Heranwachsenden explizit ausschlossen werden (vgl. z.B. Brunner/Dölling a.a.O. § 105 JGG Rn. 35). Bei der Jugendstrafe wegen schädlicher Neigungen geht es zudem schlicht um die Erfassung von Tätern, bei denen die Gefahr erheblicher Rückfälligkeit besteht (Brunner/Dölling, 13. Aufl. 2017, § 17 JGG Rn. 15). Diese Zielsetzung ist altersunabhängig. Zudem soll eine Jugendstrafe bei Verurteilten, die das 24. Lebensjahr vollendet haben, nach den Vorschriften des Strafvollzuges für Erwachsene vollzogen werden (§ 89b Abs. 1 Satz 2 JGG). Daher verbleibt auch für Angeklagte, die zum Zeitpunkt der Aburteilung bereits über 21 Jahre alt sind, ein sinnvoller Anwendungsbereich der Jugendstrafe, auch soweit diese auf schädliche Neigungen gestützt wird. Bei Orientierung am oben genannten Maßstab, der das allgemeine spezialpräventive Potential dieser Sanktion betont, bedarf es keiner Entscheidung der streitigen Frage, welcher Stellenwert dem Erziehungsgedanken bei solchen Angeklagten bei der Bemessung der Höhe einer Jugendstrafe noch zukommt (siehe hierzu noch unten Ziff. III.1).
Dass die genannten Voraussetzungen schädlicher Neigungen beim Angeklagten erfüllt waren und sind, wird im Berufungsurteil nicht ausreichend dargelegt. Allein die Begehung selbst gewichtiger Straftaten begründet dieses persönlichkeitsbezogene Kriterium noch nicht. Insbesondere hat es das Landgericht versäumt, Feststellungen zum Charakter und zur subjektiven Haltung des Angeklagten zu seinen Taten zu treffen.
aa) Das gilt schon für das Vorliegen erheblicher Anlage- und Erziehungsmängel zum Tatzeitpunkt. Das Landgericht hat sie weder auf Modalitäten der abgeurteilten Taten noch auf deren nähere Beweggründe gestützt (vgl. zu deren potentieller Bedeutung z.B. MüKo-StGB/Radtke a.a.O. Rn. 34 f. m.w.N.). Auch auf die Feststellungen zum (familiären) Lebensweg des Angeklagten (zu deren elementarer Bedeutung vgl. z.B. Brunner/Dölling a.a.O. § 17 JGG Rn. 17) ist es in diesem Zusammenhang nicht eingegangen, sondern hat offenbar allein auf vorangehende Verurteilungen wegen Körperverletzung abgestellt und aus ihnen den lediglich formelhaft begründeten Schluss gezogen, dass der Angeklagte sich „bedenkenlos über die körperliche Unversehrtheit anderer“ hinwegsetze (UA S. 17). Dabei wurde jedoch nicht erkennbar berücksichtigt, dass die letzte der beiden einschlägigen Verurteilungen aus dem Oktober 2014 stammt und einer fast drei Jahre vor den verfahrensgegenständlichen Sexualdelikten begangenen Tat galt. Diese für einen in der Entwicklung befindlichen Menschen beträchtliche zeitliche Distanz mindert die Aussagekraft dieser früheren Delinquenz erheblich (vgl. z.B. OLG Hamm StV 2001,176, Rn. 15 bei juris). Während dieses Zeitraums erfolgten zwar noch zwei Verurteilungen wegen Leistungserschleichung, in einem Fall mit Vortäuschung einer Straftat. Ihnen gegenüber wäre jedoch zu bedenken gewesen, dass frühere Straftaten die Annahme „schädlicher Neigungen“ zumindest im Regelfall nur tragen können, wenn es sich um erheblich Taten handelte, da nur eine auf solche Taten bezogene Rückfallgefahr genügt (vgl. z.B. MüKo-StGB/Radtke a.a.O. Rn. 37 m.w.N.; Brunner/Dölling a.a.O. § 17 JGG Rn. 16). Dies versteht sich bei derartigen Delikten nicht von selbst. Schädliche Neigungen folgen daher auch nicht ohne weiteres aus dem Umstand, dass der Angeklagte aufgrund einer dieser Verurteilungen in zeitlicher Nähe zur zweiten der angeklagten Taten Jugendarrest verbüßte, worauf das Landgericht ergänzend abstellt. Insgesamt wäre näher darzulegen gewesen, welche konkreten Schlüsse auf den Charakter des Angeklagten seine Vorahndungen erlauben. Dabei wäre auch zu bedenken gewesen, dass die jetzt verfahrensgegenständlichen Taten nach den Feststellungen teils situativ bedingt waren und sich gegen gänzlich andere Rechtsgüter richteten als die früheren Delikte.
Auch aus den übrigen Feststellungen ergeben sich zum Tatzeitpunkt bereits bestehende (vgl. z.B. Brunner/Dölling a.a.O. § 17 JGG Rn. 17 m.w.N.) schädliche Neigungen des Angeklagten nicht ohne weiteres. Zu seiner Persönlichkeit, deren Mängel zu untersuchen waren, wurden im Berufungsurteil keine über die Reifebeurteilung nach § 105 Abs. 1 JGG hinausgehenden Feststellungen getroffen. Gleiches gilt für das nähere Beziehungsgefüge zwischen dem Angeklagten, der Geschädigten und ihrer Familie samt seiner emotionalen Ebene. Gerade dieses wäre aber zu beleuchten gewesen, um anhand der verfahrensgegenständlichen Sexualdelikte konkrete Anlage- und Erziehungsmängel des Angeklagten darlegen zu können. Denn so naheliegend ein derartiger Schluss allein aufgrund des Gewichts der verübten Taten erscheint, so sehr wären dabei die Besonderheiten zu bedenken gewesen, die alle drei Taten verbinden: Sie richteten sich jeweils gegen die (frühere) Freundin des Angeklagten. Die Gelegenheit zur Tat erhielt er stets in der Form, dass ihm – offensichtlich auch noch nach Bekanntwerden der jeweils vorausgehenden Tat – der nächtliche Aufenthalt im elterlichen Haushalt der Freundin gestattet wurde, in welchem er vor den Taten sogar für mehrere Monate gewohnt hatte. Zwar hatte sich die Geschädigte vor der zweiten Tat vom Angeklagten getrennt. Ein endgültiger Abbruch der Kontakte samt Anzeigeerstattung erfolgte offensichtlich aber erst aus Anlass der dritten Tat. Nicht geklärt ist, wie der Angeklagte und die Geschädigte zum Zeitpunkt der einzelnen Taten jeweils zueinander standen, ob sie z.B. zuvor auch einverständlich Sexualkontakt pflegten und wie die Geschädigte jeweils auf die Übergriffe reagierte (festgestellt ist dies nur für die letzte Tat). Diese Umstände waren für die rechtskräftig entschiedene Strafbarkeit der Taten ohne Belang. Für die Sanktionswahl nach § 17 Abs. 2 JGG sind sie jedoch relevant, denn ohne sie kann kaum eingeschätzt werden, welche individuellen Wesenszüge des Angeklagten in den Taten jeweils zum Tragen kamen.
bb) Genauso unzureichend belegt ist, dass Persönlichkeitsmängel des Angeklagten auch zum Urteilszeitpunkt noch vorhanden waren und weiterhin die Gefahr erneuter Straftaten bestand. Das Tatgericht muss hierzu Feststellungen treffen und ausführlich darlegen, aus welchen Gründen es „schädliche Neigungen“ im Urteilszeitpunkt annimmt. Dazu bedarf es regelmäßig einer umfassenden Würdigung aller für diese Beurteilung bedeutsamen Umstände (vgl. z.B. MüKo-StGB/Radtke a.a.O. Rn. 45 m.w.N.)
Das Landgericht hat insoweit darauf abgestellt, dass der Angeklagte zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung noch immer in einem ihm zugewiesenen Pensionszimmer gewohnt habe, in den Arbeitsprozess nie über einen längeren Zeitraum eingegliedert gewesen sei und als Vater keine finanzielle Verantwortung für seine Tochter übernehme (UA S. 18). Damit wird jedoch lediglich die unbefriedigende Erwerbssituation des Angeklagten angesprochen samt der mit ihr verbundenen Konsequenzen für Wohnung wie für Unterhaltsleistungen zugunsten der Tochter. Die Beleuchtung dieses einzelnen Faktors allein genügt jedoch nicht, um das Fortbestehen von Anlage- und Erziehungsmängeln zu belegen. Das gilt umso mehr, als weder die Einstellung des Angeklagten zur Arbeit noch sonst etwas zu den Gründen mitgeteilt wird, aus denen er bislang noch nicht längerfristig erwerbstätig war. Zudem befand sich der Angeklagte laut den Feststellungen zum Urteilszeitpunkt sogar in einem Arbeitsverhältnis, auch wenn dieses erst seit kurzem bestand.
In gleicher Weise wurde auch die Annahme der Gefahr weiterer Straftaten durch das Landgericht nicht ausreichend begründet. Zwar liegen dem Angeklagten drei schwere Sexualdelikte zur Last, die er über einen Zeitraum von mehr als eineinhalb Jahren hinweg beging, ohne sich von den zwischenzeitlich schon eingetretenen Konsequenzen seiner Taten von erneuten Übergriffen abhalten zu lassen. Allerdings verbindet diese Taten die frühere und im Tatzeitraum in unklarer Weise anhaltende Beziehung zum Tatopfer samt den durch sie eröffneten ungewöhnlichen Tatgelegenheiten. Diese Konstellation existiert so nicht mehr. Auch wenn der Umgang mit der gemeinsamen Tochter weiterhin Anlass für Begegnungen des Angeklagten mit seiner ehemaligen Freundin geben wird, versteht sich die Annahme drohender weiterer Straftaten unter diesen Umständen nicht von selbst. Dabei bildet auch die frühere anderweitige Delinquenz des Angeklagten keine Basis für die geforderte Legalprognose. Wie schon dargelegt liegt sie längere Zeit zurück bzw. galt Taten von minderem Unrechtsgehalt. Freiheitsentzug wurde gegen den Angeklagten bislang nur zweimal in Form von Jugendarrest von zwei Tagen bzw. einer Woche Dauer verhängt, während Jugendstrafe im vorliegenden Verfahren erstmals zur Anwendung gelangen soll. Die fortbestehende Gefahr erneuter, aufgrund ihres Gewichts die Verhängung von Jugendstrafe rechtfertigender Taten hätte unter diesen Umständen einer konkreten Begründung unter Auseinandersetzung mit den genannten Gesichtspunkten bedurft.
b) Die Annahme einer Schwere der Schuld i.S.d. § 17 Abs. 2 2. Alt. JGG wird – auch wenn der Angeklagte schwerwiegende Taten begangen hat – durch die Urteilsgründe ebenfalls nicht gedeckt. Da kein vorsätzliches Tötungsdelikt oder ein vergleichbarer Fall schwersten Tatunrechts vorliegt, hätte die Verhängung einer Jugendstrafe auch in dieser Variante erfordert, die Persönlichkeit des Angeklagten näher zu beleuchten.
Maßgeblicher Anknüpfungspunkt für die nach jugendspezifischen Kriterien zu bestimmende Schwere der Schuld nach § 17 Abs. 2 JGG ist die innere Tatseite. Dem äußeren Unrechtsgehalt der Tat kommt dagegen nur insofern Bedeutung zu, als hieraus Schlüsse auf die Persönlichkeit des Täters und das Maß der persönlichen Schuld gezogen werden können. Entscheidend ist, ob und in welchem Umfang sich die charakterliche Haltung, die Persönlichkeit sowie die Tatmotivation des Täters vorwerfbar in der Tat manifestiert haben (st. Rspr. des Bundesgerichtshofs, vgl. z.B. BGH NStZ-RR 2016, 325, Rn. 11 bei juris; BGH NStZ 2018, 659, Rn. 9 bei juris).
Diesen Anforderungen hat das Landgericht nur unzureichend Rechnung getragen. Seine Annahme einer Schwere der Schuld gemäß § 17 Abs. 2 2. Alt. JGG hat es lediglich gestützt „auf die Täterpersönlichkeit und den Umstand, dass vorliegend drei Vergewaltigungen begangen“ wurden. Inhaltliche Ausführungen zur Persönlichkeit des Angeklagten sowie dazu, wie sich deren Wesenszüge in seiner Haltung zu den angeklagten Taten und seiner Handlungsmotivation wiederspiegelten, sind in den Entscheidungsgründen nicht enthalten. Um bei dem Angeklagten die innere Tatseite beleuchten zu können, wäre insbesondere erforderlich gewesen, seine Beziehung zur Geschädigten zum Zeitpunkt der einzelnen Taten näher darzustellen. Die Art und Weise des dort jeweils miteinander gepflegten Umgangs bildet den Hintergrund, vor dem das Ausmaß der subjektiven Vorwerfbarkeit der Taten überhaupt erst eingeschätzt werden kann (siehe bereits oben zum parallelen Defizit bei der Annahme schädlicher Neigungen). Insgesamt gilt hier, was auch sonst für Feststellungen zur innere Tatseite gilt: Ermöglicht werden sie ggf. nur durch Rückschlüsse aus äußeren Umständen. Solche zu ziehen ist jedoch primäre Aufgabe des Tatgerichts. Wo sie fehlen, vermag das Revisionsgericht sie nicht nachzuholen.
Im Ergebnis hat das Landgericht die Verhängung einer Jugendstrafe mit der Tatbegehung an sich begründet. Dies genügt zur Annahme einer Schwere der Schuld jedoch grundsätzlich nicht (vgl. BGH NStZ 2016, 681, Rn. 7 bei juris; MüKo-StGB/Radtke a.a.O. Rn. 64). Schweres Tatunrecht ist eine notwendige, aber keine hinreichende Bedingung der Schwere der Schuld im Sinne des § 17 Abs. 2 JGG (Laue, NStZ 2016, 102 f.; derselbe in Meier/Rössner/Trüg/Wulf, JGG, 2. Aufl. 2014, § 17 JGG Rn. 25).
Zwar ist in der Rechtsprechung zu § 17 Abs. 2 2. Alt. JGG anerkannt, dass Belangen des Schuldausgleichs bzw. des äußeren Unrechtsgehalts ausnahmsweise eigenständige Bedeutung beigemessen werden kann. Allerdings gilt dies nur bei besonders schweren Straftaten (vgl. z.B. BGH StV 2017, 710, Ziff. 3a der Gründe; BGH NStZ 2016, 102, Rn. 8 bei juris). So ist die Verwirklichung von Kapitaldelikten, zu denen neben den vorsätzlichen Tötungsdelikten einschließlich des Versuchs jedenfalls auch die im Mindestmaß mit zehn Jahren Freiheitsstrafe bedrohten Todeserfolgsqualifikationen (etwa §§ 251, 306c StGB) zu zählen sind, grundsätzlich mit einer „Schwere der Schuld“ verbunden. Auch Todeserfolgsqualifikationen wie § 227 StGB mit einer geringeren Strafuntergrenze kommen im Einzelfall in Betracht sowie sonstige, im Unrechtsgehalt schwerste Taten (MüKoStGB/Radtke a.a.O. Rn. 67; Brunner/Dölling a.a.O., § 17 JGG Rn. 30). Die Schwere der Schuld im Sinne des § 17 Abs. 2 JGG ist dabei nicht abstrakt nach dem verwirklichten Tatbestand messbar, sondern jeweils nur in Beziehung zu einer bestimmten Tat zu erfassen, wobei der äußere Unrechtsgehalt der (konkreten) Tat nicht unberücksichtigt bleiben darf (z.B. BGH NStZ 2009, 450, Rn. 8 bei juris).
Ein wesentlicher Faktor des Schweregrades der Einzeltatschuld ist zudem der Reifegrad des Täters bei Begehung der Tat (MüKo-StGB/Radtke a.a.O. Rn. 65). Daher kommt dem Schuldgedanken mit zunehmendem Alter des Täters ein größeres Gewicht zu. Allerdings ist eine reine Schuldstrafe im Jugendstrafrecht trotzdem grundsätzlich unzulässig. Nur ausnahmsweise kann die Verhängung von Jugendstrafe im Fall schwerster Kriminalität ausschließlich auf die Gedanken der Sühne und des Schuldausgleichs gestützt werden. Dazu ist auch bei der Tat eines Heranwachsenden erforderlich, dass sie den Tod oder eine erhebliche Schädigung von Menschen bezweckte oder zur Folge hatte (vgl. OLG Hamm NStZ-RR 2005, 58, Rn. 19 bei juris; Eisenberg, JGG, 20. Aufl. 2018, § 17 JGG Rn. 29a).
Die genannten Anforderungen gelten auch bei Sexualdelikten. So wurde in der ober- und höchstrichterlichen Rechtsprechung auch bei gewichtigen Missbrauchsdelikten oder Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung eine auf den äußeren Unrechtsgehalt der Tat gestützte Annahme der Schwere der Schuld nur gebilligt, wenn es sich um Akte schwerster Kriminalität mit gravierenden Folgen für das Opfer handelte. Als nicht ausreichend angesehen wurde z.B. der Fall eines sexuellen Kindesmissbrauchs mit Oralverkehr an einem sechsjährigen Kind (OLG Hamm NStZ-RR 2005, 58, Rn. 19 f. bei juris), der Fall einer Vergewaltigung nach einer „Verführungssituation“ (BGH NStZ 2009, 450, hierzu sowie zur vorgenannten Entscheidung jedoch kritisch MüKo-StGB/Radtke a.a.O. § 17 JGG Rn. 67) sowie der Fall eines durch Nötigung erzwungenen Oralverkehrs (BGH NStZ-RR 2014, 119, Rn. 3, 8 bei juris). Ansonsten ist auch bei Sexualdelikten eine Schwere der Schuld im Sinne des § 17 Abs. 2 2. Alt. JGG nur entsprechend der oben genannten, auf die subjektive Ebene zielenden Kriterien begründbar, d.h. wenn sich die charakterliche Haltung, die Persönlichkeit sowie die Tatmotivation des Heranwachsenden in entsprechend hoher, vorwerfbarer Schuld niedergeschlagen haben. Selbst in Fällen, in denen dem äußeren Unrechtsgehalt einer Sexualtat eigenständige Bedeutung beigemessen wurde, beruhte die Billigung einer wegen Schwere der Schuld verhängten Jugendstrafe mitunter trotzdem zugleich auf Erwägungen zur persönlichen Vorwerfbarkeit des Unrechts (vgl. z.B. BGH NStZ 2016, 102, Rn. 10 bei juris). Zudem zeigen die vorgenannten Entscheidungen, dass die höchstrichterliche Rechtsprechung selbst einen hohen äußeren Unrechtsgehalt gar nicht zwingend als ein Äquivalent der subjektiven Vorwerfbarkeit ansieht, sondern ihm ein Eigengewicht meist nur zubilligt gegenüber der grundsätzlich zusätzlich geforderten erzieherischen Notwendigkeit einer Jugendstrafe (vgl. z.B. OLG Hamm a.a.O. Rn. 19 bei juris, BGH NStZ-RR 2014, 119, Rn. 8 bei juris; siehe zur Bedeutung des Erziehungsgrundsatzes noch unten Ziff. III.1).
Im vorliegenden Fall liegen dem Angeklagten zwar drei gravierende Sexualstraftaten zur Last. Jedoch erreicht deren äußerer Unrechtsgehalt nicht das Ausmaß der oben genannten Vergleichsfälle schwerster Kriminalität, also insb. nicht denjenigen der vorsätzlichen Tötungsdelikte oder der durch den Todeserfolg qualifizierten sonstigen Vorsatzdelikte. Auch vergleichbar gravierende Folgen für das Tatopfer ergeben die Feststellungen nicht, auch wenn die durch die erste Tat bewirkte Schwangerschaft eine erhebliche Tatfolge darstellt. Eigenständig begründen konnte das begangene Tatunrecht die gegen den Angeklagten wegen der Schwere der Schuld verhängte Jugendstrafe daher nicht. Wegen der unzureichenden Beleuchtung der inneren Tatseite des Angeklagten wird die Sanktionswahl durch die Entscheidungsgründe somit nicht hinreichend gestützt.
III.
In Konsequenz hebt der Senat das Urteil mit den zugrundeliegenden Feststellungen auf (§ 353 StPO) und verweist die Sache insoweit nach § 354 Abs. 2 StPO an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurück.
Für das weitere Verfahren weist der Senat auf folgende Gesichtspunkte hin:
1. Bei einer neuen Entscheidung darüber, ob und ggf. in welcher Höhe eine Jugendstrafe zu verhängen ist, wird das neue Tatgericht dem Erziehungsgedanken in differenzierterer Weise Rechnung tragen müssen, als dies im aufgehobenen Berufungsurteil der Fall war. Viel spricht dabei dafür, der erzieherischen Indikation einer Jugendstrafe im Fall des bereits deutlich über 21 Jahre alten Angeklagten nur mehr geringes Gewicht beizumessen, ohne sie allerdings ganz außer Betracht zu lassen.
a) In besonderem Maß gilt dies für die Sanktionsauswahl, nämlich bei der Entscheidung über die Verhängung einer Jugendstrafe aufgrund Schwere der Schuld anhand § 17 Abs. 2 JGG.
Zwar wurde in der höchstrichterlichen Rechtsprechung wiederholt betont, dass selbst unter dem Gesichtspunkt der Schwere der Schuld (§ 17 Abs. 2 Alt. 2 JGG) eine Jugendstrafe grundsätzlich nur in Betracht kommt, wenn dies auch aus erzieherischen Gründen erforderlich ist; maßgeblich ist insoweit der Zeitpunkt der Entscheidung (vgl. z.B. BGH StV 2017, 710, Ziff. 3a der Gründe). Im Urteil wurde dies bislang lediglich mit der Angabe belegt, dass „auf den Angeklagten aufgrund der Erziehungsdefizite und seiner bisherigen Persönlichkeitsentwicklung eingewirkt werden“ müsse (UA S. 18). Diese Begründung ist ungenügend, da sich das Erziehungsbedürfnis maßgeblich anhand der charakterlichen Haltung und des Persönlichkeitsbilds des Täters konkretisiert, und diese genauso für die Bewertung der Schuld bedeutsamen Umstände (vgl. z.B. BGH NStZ-RR 2016, 325, Rn. 13 bei juris) im Urteil bislang unzureichend beleuchtet wurden (siehe bereits oben; das gleiche Defizit besteht wie dargelegt schon bei den Ausführungen zur Annahme schädlicher Neigungen).
Allerdings ist schon allgemein fraglich, ob dem Erziehungsgedanken bei der Entscheidung über die Verhängung einer Jugendstrafe wegen Schwere der Schuld überhaupt Bedeutung zukommen kann. Die überwiegende Auffassung im Schrifttum verneint das, vgl. z.B. MüKo-StGB/Radtke a.a.O. Rn. 60; Brunner/Dölling, JGG, 13. Aufl. 2017, § 17 JGG Rn. 27; Meier/Rössner/Trüg/Wulf/ Laue a.a.O. Rn. 31; Ostendorf, JGG, 10. Aufl. 2016, § 17 JGG Rn. 4; a.A. Eisenberg, JGG, 20. Aufl. 2018, § 17 JGG Rn. 34 – 35). Eine entsprechende Auffassung wurde zudem durch den Bundesgerichtshof vertreten im Beschluss vom 06.05.2013, Az. 1 StR 178/13 (veröffentlicht in NStZ 2013, 658), wobei dieser allerdings soweit ersichtlich keine weitere Gefolgschaft in der höchstrichterlichen Rechtsprechung gefunden hat, vgl. hierzu z.B. Kölbel JR 2019, 38, 40 f. Zumindest lässt sich die Entwicklung der neueren Judikatur des Bundesgerichtshofs aber dahingehend interpretieren, dass erzieherischen Gründen erst bei der Bemessung der Höhe einer Jugendstrafe eigenständige Bedeutung zuzusprechen ist (vgl. § 18 Abs. 2 JGG), dagegen nicht bereits bei einer auf die Schwere der Schuld gestützten Sanktionswahl nach § 17JGG (vgl. die Darstellungen bei MüKo-StGB/Radtke a.a.O. § 17 JGG Rn. 54; Meier/Rössner/ Trüg/Wulf/Laue, JGG, 2. Aufl. 2014, § 17 JGG Rn. 30 f.).
Dies dürfte im vorliegenden Fall jedoch keiner grundsätzlichen Klärung bedürfen. Denn bei Begehung der ersten der drei angeklagten Taten war der Angeklagte bereits fast 21 Jahre alt. Die zweite und dritte Tat beging er als Erwachsener.
Die Berufungshauptverhandlung fand nur rund vier Monat vor Vollendung seines 23. Lebensjahrs statt; zum Zeitpunkt einer neuen Verhandlung wird sein Alter noch weiter fortgeschritten sein. Das neue Tatgericht wird deshalb zu berücksichtigen haben, dass zumindest dieses Alter deutlich gegen eine eigenständige Gewichtung erzieherischer Belange bei der Entscheidung über die Verhängung einer Jugendstrafe wegen Schwere der Schuld spricht. Denn letztere ist mit zunehmendem Alter eines Heranwachsenden modifiziert zu beurteilen. Dies gilt erst recht, wenn ein Angeklagter, der zur Tatzeit noch Heranwachsender war, im Urteilszeitpunkt bereits Erwachsener ist. In solchen Fällen ist die Zielsetzung der Jugendstrafe anders zu bewerten als etwa bei einem Jugendlichen, der das die Strafmündigkeit begründende Alter gerade erreicht hat. Welches Gewicht den einzelnen Zumessungserwägungen zukommt, ist dabei abhängig vom Einzelfall. Der Tatrichter hat dazu eine umfassende Abwägung vorzunehmen (BGH NStZ 2018, 728, Rn. 10 bei juris). Grundsätzlich bestimmt im Einzelfall der Tatrichter das Verhältnis der Strafzwecke (OLG Hamm a.a.O.).
Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs folgt mit diesen Vorgaben zwar bislang nicht den in der Literatur vertretenen Auffassungen, wonach bei Tätern, die das 21. Lebensjahr vollendet haben, eine Strafzumessung anhand eines Erziehungsbedarfs ganz ausgeschlossen sei (MüKo-StGB/Radtke a.a.O. § 18 JGG Rn. 36; ähnlich Eisenberg JA 2016, 623, 626; derselbe NStZ 2000, 484: zumindest bei einem zum Zeitpunkt der Verurteilung bereits 24-jährigen und damit nicht mehr „Jung-Erwachsenen“ verbiete es sich, auf fortbestehende erzieherische Gründe abzuheben) und daher bei der Anwendung des § 17 JGG die Voraussetzung einer Erziehungsbedürftigkeit und -fähigkeit entfalle, vgl. Eisenberg, JGG, 20. Aufl. 2018, § 17 JGG Rn. 34b; Kölbel JZ 2019, 38, 42). Vielmehr geht der Bundesgerichtshof (z.B. BGH NJW 2002, 73, Rn. 35 bei juris) unter Berufung auf das Bundesverfassungsgericht (BVerfGE 74, 102, 125) grundsätzlich von einer Fortwirkung des staatlichen Erziehungsrechts auf Heranwachsende aus. Für dessen zeitliche Begrenzung sieht das Bundesverfassungsgericht im früheren Volljährigkeitsalter von 21 Jahren einen Anhaltspunkt und hält es ferner für zulässig, die individuelle Verschiedenheit des Reifegrads zu berücksichtigen (vgl. BVerfGE a.a.O., Rn. 61 bei juris). Nunmehr aufgegriffen werden mit der oben genannten Entscheidung (BGH NStZ 2018, 728) jedoch im Schrifttum vertretene Wertungen, wonach mit Blick auf die Regelung in § 3 Satz 1 JGG der Reifegrad des Täters bei Begehung der Tat einen wesentlichen Faktor für den Schweregrad der Einzeltatschuld bildet (MüKo-StGB/Radtke a.a.O. Rn. 65) und die Belange des Schuldausgleichs daher – auch gegenüber dem Erziehungsgedanken – mit dem zunehmenden Alter eines Heranwachsenden gewichtiger werden (Eisenberg a.a.O. Rn. 29a; vgl. auch OLG Hamm a.a.O.; siehe bereits oben Ziff. II.2.b).
Besonders gering zu veranschlagen ist der Stellenwert einer individuellerzieherischen Indikation für die Entscheidung nach § 17 Abs. 2 2. Alt. JGG dann, wenn eine Freiheitsentziehung gar nicht mehr nach den erzieherisch orientierten Maßgaben des Jugendstrafvollzugsrechts erfolgen würde. Aufgrund § 89b Abs. 1 Satz 2 JGG ist dies allein bei Personen der Fall, die weit genug vom Beginn des 24. Lebensjahrs entfernt sind (Kölbel a.a.O. unter Hinweis auf Eisenberg NStZ 2013, 636, 637). Auch in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs wurde diesem Gedanken bereits Gewicht beigemessen (vgl. BGH NStZ 2016, 101, Rn. 5 bei juris). Soweit dem in einer weiteren Entscheidung die Zufallsabhängigkeit des Zeitpunkts der Aburteilung entgegen gehalten wurde sowie die Ausgestaltung des § 89b Abs. 1 Satz 2 JGG als Sollvorschrift, die in Ausnahmefällen auch die Unterbringung eines über 24 Jahre alten Gefangenen im Jugendstrafvollzug zulasse (BGH NStZ 2018, 662, Rn. 22 bei juris), befasst sich jene Entscheidung offensichtlich allein mit der Bemessung der Strafhöhe gemäß § 18 JGG, nicht dagegen mit der Sanktionswahl nach § 17 Abs. 2 JGG.
b) Auch bei der Bestimmung der Höhe einer gegen den Angeklagten zu verhängenden Jugendstrafe kann dem Erziehungsgedanken im Ergebnis nur geringes Gewicht zukommen.
Zwar ist eine Jugendstrafe gemäß § 18 Abs. 2 JGG generell so zu bemessen, dass die erforderliche erzieherische Einwirkung möglich ist. Deshalb hat sich auch die Höhe einer wegen Schwere der Schuld verhängten Jugendstrafe vorrangig an erzieherischen Gesichtspunkten zu orientieren (z.B. BGH NStZ-RR 2011, 385, Rn. 5 bei juris;), wobei aufgrund des verfassungsrechtlichen Schuldgrundsatzes der Tatschuld eine limitierende Funktion nach oben zukommt (vgl. z.B. MüKo-StGB/Radtke, § 18 JGG Rn. 19; Eisenberg, JGG, 20. Aufl. 2018, § 18 JGG Rn. 33).
Das Landgericht hat dies bei seinen Zumessungserwägungen offenkundig zum Ausgangspunkt genommen. Es hat sich dabei allerdings auf die Angabe beschränkt, dass die „unter Würdigung des Erziehungsgedankens“ verhängte Strafdauer „erforderlich, aber auch ausreichend [sei], um auf den Angeklagten erzieherisch einzuwirken“(UA S. 19). Inhaltlich hat es im Gegensatz hierzu allein auf das Geständnis des Angeklagten, die Anzahl der begangenen Taten sowie auf das dabei missbrauchte Vertrauen der Familie der Geschädigten abgestellt (UA S. 18) und sich damit offenbar allein an Strafzumessungsgesichtspunkten orientiert, die auch nach dem allgemeinen Strafrecht zu beachten wären. Ein solches Vorgehen unter lediglich pauschaler, formelhafter Erwähnung des Erziehungsgedankens reicht grundsätzlich nicht aus (st. Rspr.; vgl. etwa BGH a.a.O.; BGH NStZ-RR 2015, 154, Rn. 6 bei juris).
Allerdings gebietet das fortgeschrittene Alter des Angeklagten im vorliegenden Fall tatsächlich, einen „Erziehungsbedarf“ bei der Strafzumessung im engeren Sinn weitgehend außer Betracht zu lassen. Denn dem Erziehungsgedanken kommt bei der Bestimmung von Art und Dauer der Sanktion eines bei Verurteilung erwachsenen Angeklagten nur ein geringes Gewicht zu (BGH NStZ 2016, 101, Rn. 5 bei juris; BGH NStZ 2016, 680, Rn. 19 bei juris; ebenso Brunner/Dölling, a.a.O. § 18 JGG Rn. 31; zur gänzlichen Ablehnung einer Erziehung Erwachsener durch andere Vertreter der Literatur siehe bereits oben unter a)).
Keine weitere Gefolgschaft gefunden haben zwar die in den beiden zuletzt genannten Entscheidungen formulierten und nach Ansicht des Senats bedenkenswerten Überlegungen, wonach der Erziehungsgedanke bei zum Zeitpunkt der Aburteilung über 21 Jahre alten Angeklagten möglicherweise insgesamt kein taugliches Strafzumessungskriterium ist (vgl. bereits oben Ziff. II.2.a zu der bei dieser Altersgruppe veranlassten, in die gleiche Richtung weisenden Modifikation des Anwendungsmaßstabs der Jugendstrafe wegen schädlicher Neigungen). Zudem erscheint die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Stellenwert des Erziehungsgedankens gegenüber erwachsenen Tätern generell nicht ganz einheitlich. Insbesondere ergibt sich aus der bisherigen Judikatur keine starre Altersobergrenze, bis zu der die Berücksichtigung des Erziehungsgedankens unzulässig wäre (vgl. die Darstellung bei BGH NStZ 2018, 662, Rn. 19 bei juris). Während in den beiden oben genannten Entscheidungen des 3. Strafsenats des Bundesgerichtshofs erstinstanzliche Strafaussprüche beanstandet wurden, weil dem Erziehungsgedanken gegenüber einem bei Aburteilung 23 Jahre und sieben Monate alten Angeklagten bzw. gegenüber zwei zum Zeitpunkt der Aburteilung 24 bzw. 26 Jahre alten Angeklagten zu viel Gewicht beigemessen worden sei (BGH NStZ 2016, 101 und NStZ 2016, 680), missbilligte z.B. der
1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs eine Jugendstrafe gegen einen bei Aburteilung 21 Jahre und drei Monate alten Angeklagten, weil der Erziehungsgedanke nicht einmal mit geringem Gewicht in die Zumessungserwägungen eingeflossen war (BGH NStZ-RR 2017, 231, Rn. 2 bei juris). In ähnlicher Weise hob der
2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs die Verurteilung eines zum Zeitpunkt der Urteilsverkündung 22 Jahre und sieben Monate alten Angeklagten auf mit der Maßgabe, bei der Bemessung der Jugendstrafe den Erziehungsgedanken genauer als bisher zu berücksichtigen (BGH StV 2017, 715, Rn. 5 bei juris; siehe zum dortigen Alter des Angeklagten die Angabe bei BGH NStZ 2018, 662, Rn. 19 bei juris). Derselbe Senat billigte eine Jugendstrafe gegen einen bei Urteilsverkündung 21 Jahre und acht Monate alten Angeklagten, weil sich das Tatgericht jedenfalls nicht ausschließlich am Erziehungsgedanken orientiert habe (BGH NStZ 2018, 662, Rn. 17, 23 bei juris). Unter den Strafsenaten des Bundesgerichtshofs besteht jedoch soweit ersichtlich insoweit Einigkeit, als bei im Zeitpunkt der Verurteilung über 21 Jahre alten Angeklagten der Erziehungsgedanke einerseits nicht außer Betracht bleiben darf, andererseits aber nur mit geringem Stellenwert zu veranschlagen ist.
2. Das neue Tatgericht wird zudem zu bedenken haben, dass die Wahl des milderen Rechts nach § 2 Abs. 3 StGB für die früheste abzuurteilende Tat vom Januar bzw. Februar 2016 (siehe hierzu bereits oben Ziff. II.1) davon abhängt, ob im Fall der Anwendung des § 177 StGB n.F. bei einem erwachsenen Täter ein besonders schwerer Fall nach § 177 Abs. 6 Satz 2 Nr. 1 StGB anzunehmen oder aber entgegen der Regelwirkung trotz Vollzug des Beischlafs zu verneinen wäre. Zu dieser Frage hat sich das Berufungsgericht bislang nicht verhalten.
Schon allgemein gilt, dass alle Umstände, die für Erwachsene die Anwendung eines erschwerten oder gemilderten Strafrahmens begründet hätten, auch für die Bemessung einer Jugendstrafe nach § 18 JGG bedeutsam bleiben. Auch ein Jugendgericht muss daher prüfen, ob bei Anwendung von Erwachsenenstrafrecht ein minder schwerer Fall vorläge bzw. ein besonders schwerer Fall trotz Verwirklichung eines Regelbeispiels abzulehnen wäre. Fehlen hierzu – wie im bislang vorliegenden Berufungsurteil – Feststellungen, so lässt dies grundsätzlich befürchten, dass sich Fehler bei dieser Prüfung bei der Bemessung der Höhe der Jugendstrafe zum Nachteil des Angeklagten ausgewirkt haben. Entbehrlich ist die Erörterung einer solchen Konstellation nur dann, wenn sie nach den Feststellungen zu Tat und Täter fern liegt (vgl. z.B. Brunner/Dölling, a.a.O. § 18 JGG Rn. 7 m.w.N.).
Im vorliegenden Fall wirkt sich eine Annahme oder Ablehnung eines besonders schweren Falls jedoch auch auf die Frage aus, ob i.S.d. § 2 Abs. 3 StGB ein milderes Recht feststellbar ist. Nachdem dies anhand einer Vergleichsbetrachtung des konkreten Einzelfalls zu bestimmen ist (vgl. z.B. BGH wistra 2015, 148, Rn. 30 bei juris), ist nicht auf abstrakte Strafdrohungen, sondern auf den konkret anzuwendenden Strafrahmen abzustellen. Kommt das neue Tatgericht zu dem – naheliegenden – Ergebnis, dass für die Tat vom Januar bzw. Februar 2016 nach allgemeinem Strafrecht der Strafrahmen des besonders schweren Falls nach § 177 Abs. 6 Satz 2 Nr. 1 StGB Anwendung fände, so ist dieser Strafrahmen nicht milder als derjenige, der sich nach dem bis November 2016 geltenden Qualifikationstatbestand des § 179 Abs. 5 Nr. 1 StGB a.F. ergäbe. In diesem Fall wäre dem neuen Strafausspruch das zur Tatzeit geltende Recht zugrunde zu legen (vgl. allgemein z.B. Fischer, 66. Aufl. 2019, § 2 StGB Rn. 10a m.w.N.; speziell für das Verhältnis zwischen § 179 Abs. 5 Nr. 1 StGB a.F. und § 177 Abs. 6 Satz 2 Nr. 1 StGB n.F. vgl. BGH NStZ 2018, 33; BGH NStZ-RR 2018, 305, Rn. 27 bei juris, vgl. zudem die Übersichten bei Pfister NStZ 2017, 361, 364 und NStZ 2018, 361, 363).
Die bisherige Erwägung des Landgerichts, wonach die Tat nach altem Recht ein Verbrechen, nach neuem Recht dagegen nur mehr ein Vergehen darstellt (UA S. 16), trägt ein gegenteiliges Ergebnis in diesem Fall nicht. Ein Wechsel der Deliktsart als solcher spielt für die Anwendung des § 2 Abs. 3 StGB keine Rolle, insbesondere wenn ein reduzierter Strafrahmen durch einen neu vorgesehenen besonders schweren Fall ausgeglichen wird (vgl. BGH NStZ 1999, 32, Rn. 17 bei juris; BGH NStZ 1999, 556; a.A. MüKo-StGB/Schmitz, 3. Aufl. 2017, § 2 StGB, Rn. 51). Im Jugendstrafrecht gilt zumindest für Heranwachsende nichts anderes. Zwar übernimmt § 4 JGG die Differenzierung von Verbrechen und Vergehen auch für das Jugendgerichtsgesetz und macht sie inhaltlich von den Strafrahmen des allgemeinen Strafrechts abhängig. Nachdem aber für § 2 Abs. 3 StGB die konkret zu erwartenden Strafen zu vergleichen sind und die Strafrahmen des allgemeinen Strafrechts bei der Bemessung einer Jugendstrafe nicht gelten (§ 18 Abs. 1 Satz 3 JGG), spielt die Deliktsart in diesem Zusammenhang keine eigenständige Rolle. Das gilt auch bei der Entscheidung, ob eine Jugendstrafe wegen Schwere der Schuld zu verhängen ist (vgl. z.B. MüKo-StGB/Radtke a.a.O. § 17 JGG Rn. 66). Soweit im Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 21.12.2017, Az. 4 StR 461/17, Rn. 2 bei juris, § 177 StGB n.F. aufgrund seiner Deliktsart angewandt wurde, war die Tat eines Jugendlichen betroffen, mit deren Einordnung als Vergehen der niedrigere Strafrahmen des § 18 Abs. 1 Satz 1 JGG statt demjenigen des § 18 Abs. 1 Satz 2 JGG verbunden war.
Sofern aber das neue Tatgericht – etwa aufgrund der nachzuholenden Feststellungen zur subjektiven Tatseite und zur Persönlichkeit des Angeklagten – zu dem Schluss gelangen sollte, dass nach allgemeinem Strafrecht ein besonders schwerer Fall nach § 177 Abs. 6 Satz 2 Nr. 1 StGB zu verneinen wäre, so hätte es das neue Recht anzuwenden und sich, soweit dieser bei der Bemessung einer Jugendstrafe Relevanz besitzt, am Strafrahmen des § 177 Abs. 2 Nr. 1 StGB zu orientieren. Nachdem eine Beischlafshandlung vorlag, wäre dann auch die Bezeichnung der Tat im Schuldspruch als „Vergewaltigung“ trotz Verneinung der Regelwirkung des § 177 Abs. 6 Satz 2 Nr. 1 StGB weiterhin zutreffend (vgl. z.B. BGH NJW 2001, 2185, Rn. 7, 9 bei juris; LK/Hörnle, 12. Aufl. 2009, § 177 StGB Rn. 213; Fischer a.a.O. § 177 StGB Rn. 162; a.A. MüKo-StGB/Renzikowski, 3. Aufl. 2017, § 177 StGB Rn. 209).

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