Strafrecht

Tatrichterliche Überzeugungsbildung: Erforderliche Darlegungen im Strafurteil bei Anschluss des Tatgerichts an die Ausführungen des Sachverständigen hinsichtlich der Ursächlichkeit der Tathandlung für den Erfolgseintritt

Aktenzeichen  1 StR 668/18

Datum:
10.4.2019
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
BGH
Dokumenttyp:
Beschluss
ECLI:
ECLI:DE:BGH:2019:100419B1STR668.18.0
Normen:
§ 261 StPO
§ 267 StPO
Spruchkörper:
1. Strafsenat

Verfahrensgang

vorgehend LG Bayreuth, 23. Juli 2018, Az: 111 Js 6015/17 – 1 Ks

Tenor

1. Das Urteil des Landgerichts Bayreuth vom 23. Juli 2018 wird aufgehoben mit den zugrundeliegenden Feststellungen,
a) soweit der Angeklagte T.  wegen Mordes in Tateinheit mit Diebstahl verurteilt worden ist,
b) im gesamten diesen Angeklagten betreffenden Rechtsfolgenausspruch mit Ausnahme der für das Waffendelikt festgesetzten Einzelfreiheitsstrafe.
2. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird als unbe-gründet verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels des Angeklagten T.  , an eine andere als Schwurgericht zuständige Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Mordes in Tateinheit mit Diebstahl in Tatmehrheit mit vorsätzlichem unerlaubten Führen einer Schusswaffe zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe (als Gesamtstrafe) verurteilt. Die auf eine Verfahrensrüge und die Verletzung sachlichen Rechts gestützte Revision hat in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg.
2
1. Die Verfahrensrüge hat aus den vom Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift aufgeführten Gründen keinen Erfolg.
3
2. Die Verurteilung wegen des vorsätzlichen unerlaubten Führens einer Schusswaffe weist ebenso wie die hierfür ausgeurteilte Einzelfreiheitsstrafe keinen Rechtsfehler auf.
4
3. Jedoch kann der Schuldspruch wegen Mordes keinen Bestand haben. Der Generalbundesanwalt hat hierzu ausgeführt:
„Die Feststellungen, auf denen die Verurteilung wegen des Tötungsdelikts beruht, werden von der im Urteil dargelegten Beweiswürdigung nicht getragen.
a) Die Strafkammer hat rechtsfehlerfrei belegt, dass der Beschwerdeführer die Person war, die dem Geschädigten die Schläge gegen den Kopf zugefügt hat. Auch die Feststellung, dass der Geschädigte die Treppe, die von seinen Wohnräumen im Untergeschoss zur Außentür des Anwesens führt, hinuntergestürzt ist und sich dabei tödliche Verletzungen zugezogen hat, wird von den Beweiswürdigungsausführungen beanstandungsfrei gestützt.
b) Soweit das Tatgericht hingegen festgestellt hat, der Beschwerdeführer habe den Geschädigten auf den Stufen oder am Kopfende der Treppe geschlagen und Letzterer sei infolge dieser Schläge gestürzt, ist die Beweiswürdigung lückenhaft. Das Tatgericht hat nicht erörtert, wie es zu dieser Überzeugung gelangt ist. Den Urteilsausführungen lässt sich lediglich entnehmen, dass auch die in der Hauptverhandlung gehörten rechtsmedizinischen Sachverständigen gefolgert hätten, der Geschädigte sei infolge der Wucht der Schläge die Treppe hinabgestürzt (UA S. 62). Die Strafkammer erläutert jedoch nicht, woraus die Sachverständigen diesen Schluss gezogen haben.
Die beanstandungsfrei bewiesenen Feststellungen, dass der Beschwerdeführer den Geschädigten geschlagen hat und dass der Geschädigte die Treppe hinuntergestürzt ist, können nicht als Beleg herangezogen werden, dass die Schläge an oder auf der Treppe erfolgt sind. Sie lassen Raum für die Möglichkeit, dass der Geschädigte die Schläge erhalten hat, bevor er sich auf der Treppe befand, und diese sodann ohne unmittelbare Einwirkung des Beschwerdeführers hinabgestürzt ist. Es liegen nämlich keine Feststellungen dazu vor, ob die von den Schlägen verursachten Verletzungen den Geschädigten handlungs- und fortbewegungsunfähig gemacht haben. Des Weiteren kommt in Betracht, dass der Beschwerdeführer den Geschädigten erst nach dessen Sturz geschlagen haben könnte.
c) Das Urteil beruht auf diesem Rechtsfehler, denn ohne die Feststellung, dass der Geschädigte auf Grund der Schläge des Beschwerdeführers die Treppe hinuntergestürzt ist, fehlt es an einer Tatsachengrundlage für die Annahme, der Beschwerdeführer habe den Tod des Geschädigten verursacht. Das Tatgericht hat nämlich auch keine Feststellungen dazu getroffen, ob die Schläge des Beschwerdeführers gegen den Kopf des Geschädigten auch ohne den Treppensturz tödliche Folgen gehabt hätten und ob sie den Treppensturz selbst dann verursacht hätten, wenn sie erfolgt sein sollten, bevor der Geschädigte die Treppe betrat. Aus dem gleichen Grund ist auch der Tötungsvorsatz des Beschwerdeführers nicht tragfähig festgestellt, weil dieser mangels sonstiger Beweismittel nur aus dem äußeren Tatgeschehen hergeleitet werden konnte.“
5
Dem kann sich der Senat nicht verschließen.
6
4. Damit entfällt die für diese Tat festgesetzte Einzelstrafe, was der Gesamtstrafe die Grundlage entzieht. Das neue Tatgericht wird auch Gelegenheit haben, erneut die Voraussetzungen des § 64 StGB zu prüfen.
Jäger     
        
Cirener     
        
Fischer
        
Bär     
        
Leplow     
        

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