Aktenzeichen 1 Ws 544/16, 1 Ws 545/16, 1 Ws 546/16
BayStVollzG Art. 71, Art. 73, Art. 208
StPO § 28 Abs. 2 S. 2, § 338 Nr. 3
Leitsatz
Im Rechtsmittelverfahren nach dem Strafvollzugsgesetz ist der die Richterablehnung zurückweisende Beschluss nur zusammen mit dem gegen die Entscheidung in der Hauptsache zur Verfügung gestellten Rechtsmittel, nämlich der Rechtsbeschwerde, angreifbar (§ 120 Abs. 1 StVollzG ivm § 338 Nr. 3, § 28 Abs. 2 S. 2 StPO) und zwar mit einer Verfahrensrüge in der durch § 118 Abs. 2 S. 2 und Abs. 3 StVollzG vorgeschriebenen Form (vgl. OLG Stuttgart BeckRS 9998, 33672). (Rn. 10) (redaktioneller Leitsatz)
Verfahrensgang
SR StVK 768/16 2016-11-10 Bes LGREGENSBURG LG Regensburg
Tenor
Die Rechtsbeschwerde des Verurteilten gegen den Beschluss der auswärtigen kleinen Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Regensburg bei dem Amtsgericht Straubing vom 10.11.2016 wird auf seine Kosten unter Festsetzung des Beschwerdewertes auf 150,00 € als offensichtlich unbegründet verworfen.
Gründe
I.
Mit Beschluss vom 27.10.2016 hat die auswärtige kleine Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Regensburg bei dem Amtsgericht Straubing den Antrag des Verurteilten vom 19.10.2016 auf Ablehnung des Richters am Amtsgericht S… wegen Besorgnis der Befangenheit durch den abgelehnten Richter als unzulässig verworfen.
Mit Beschluss vom 09.11.2016 hat die auswärtige kleine Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Regensburg bei dem Amtsgericht Straubing den Antrag des Verurteilten vom 31.10.2016 auf Ablehnung von Richter am Amtsgericht S… wegen Besorgnis der Befangenheit durch Richterin am Amtsgericht G… zurückgewiesen.
Mit Beschluss vom 10.11.2016 hat die auswärtige kleine Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Regensburg bei dem Amtsgericht Straubing den Antrag des Verurteilten vom 10.10.2016 auf gerichtliche Entscheidung durch Richter am Amtsgericht S… auf seine Kosten unter Festsetzung des Gegenstandswertes auf 150,00 Euro zurückgewiesen.
Wegen des Verfahrensganges und der den angegriffenen Beschlüsse zugrunde liegenden Sachverhalte wird auf die Ausführungen der jeweiligen Beschlüsse Bezug genommen.
Gegen diese Beschlüsse hat der Verurteilte am 30.11.2016 zur Niederschrift des Urkundsbeamten des Amtsgerichts Straubing Rechtsbeschwerde eingelegt, auf deren Inhalt der Senat ebenfalls Bezug nimmt.
Die Generalstaatsanwaltschaft Nürnberg hat mit Vorlageschreiben vom 08.12.2016 Stellung genommen, der Verurteilte mit Schreiben vom 20.12.2016, 04.01.2017 und 16.01.2017. Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt der jeweiligen Schreiben verwiesen.
II.
Die Rechtsbeschwerde vom 30.11.2016 ist zulässig (nachfolgend 1.). Sie ist jedoch unbegründet, da der Verurteilte hinsichtlich der Beschlüsse vom 27.10.2016 und vom 09.11.2016 keine ordnungsgemäße Rüge der Verletzung des formellen Rechts erhoben hat (nachfolgend 2.) und hinsichtlich des Beschlusses vom 10.11.2016 keine formellen oder sachlichen Fehler zum Nachteil des Verurteilten ersichtlich sind (nachfolgend 3.).
1. Die Rechtsbeschwerde des Verurteilten ist zulässig. Sie ist gemäß Art. 208 BayStVollzG i.V.m. § 116 Abs. 1 StVollzG statthaft und nach Art. 208 BayStVollzG i.V.m. § 118 Abs. 1, Abs. 2 und Abs. 3 StVollzG form- und fristgerecht eingelegt. Da der Verurteilte auch die allgemeine Sachrüge erhoben hat, kommt es hier noch nicht darauf an, ob die Rügen der Verletzung formellen Rechts ordnungsgemäß erhoben sind. Zudem liegen die Voraussetzungen des Art. 208 BayStVollzG i.V.m. § 116 Abs. 1 StVollzG vor, weil die Überprüfung der Entscheidung zur Fortbildung des Rechts und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geboten ist.
2. Der Verurteilte hat hinsichtlich der Ablehnungsentscheidungen (Beschlüsse vom 27.10.2016 und vom 09.11.2016) keine ordnungsgemäßen Verfahrensrügen, die die Voraussetzungen des § 118 Abs. 2 Satz 2 StVollzG erfüllen würden, erhoben.
a) Der hiesige 2. Strafsenat hat in Übereinstimmung mit der herrschenden Meinung im Beschluss vom 01.03.2007 (Az.: 2 Ws 73/07; siehe auch Senatsbeschluss vom 26.10.2016, Az.: 1 Ws 283/16 – 1 Ws 284/16; Arloth, StVollzG, 3 Aufl., § 116 Rn. 5 m.w.N.) dazu ausgeführt
„Nach § 120 Abs. 1 StVollzG sind auf das Rechtsbeschwerdeverfahren in erster Linie die Vorschriften der Strafprozessordnung über die Revision entsprechend anzuwenden. Gemäß §§ 338 Nr. 3, 28 Abs. 2 Satz 2 StPO ist daher der die Richterablehnung zurückweisende Beschluss nur zusammen mit dem gegen die Entscheidung in der Hauptsache vom Strafvollzugsgesetz zur Verfügung gestellten Rechtsmittel, nämlich der Rechtsbeschwerde, angreifbar und zwar mit einer Verfahrensrüge in der durch § 118 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 3 StVollzG vorgeschriebenen Form (OLG Stuttgart MDR 1986, 79).
Wird eine Verfahrensrüge erhoben, so müssen die den Mangel enthaltenden Tatsachen in der Rechtsbeschwerdeschrift so vollständig angegeben werden, dass das Rechtsbeschwerdegericht allein anhand der Begründung, ohne Bezugnahme auf Unterlagen, feststellen kann, ob der Verfahrensfehler – die Richtigkeit des Vorbringens unterstellt – zu bejahen ist (vgl. Calliess-Müller/Dietz StVollzG 10. Aufl. § 118 Rn. 2 m.w.N.). … Es müssen … auch die Tatsachen bezeichnet werden, die die Fehlerhaftigkeit des gerichtlichen Beschlusses ergeben (OLG Düsseldorf VRS Band 64, 40).“
b) Diesen Voraussetzungen genügen die erhobenen Rügen nicht. Der Verurteilte trägt lediglich vor, in welchen anderen StVK-Verfahren er Richter am Amtsgericht Semmler bereits wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt hatte und welche anderweitigen Befangenheitsbeschlüsse durch das Oberlandesgericht schon aufgehoben wurden, ohne jedoch die von ihm in vorliegendem Verfahren gestellten Anträge und die daraufhin ergangenen Gerichtsbeschlüsse ihrem vollen oder zumindest wesentlichen Inhalt nach mitzuteilen. Dem Senat ist somit eine Überprüfung allein anhand des Rechtsbeschwerdevorbringens verwehrt.
3. Die Rechtsbeschwerde hat auch hinsichtlich der in der Hauptsache ergangenen Sachentscheidung (Beschluss vom 10.11.2016) keinen Erfolg, da die Überprüfung der angefochtenen Entscheidung unter Berücksichtigung des Begründungsvorbringens zur Rechtsbeschwerde keinen formellen oder sachlichen Fehler aufgezeigt hat.
a) Die Strafvollstreckungskammer hat die angefochtene Entscheidung vom 10.11.2016 sehr ausführlich und sorgfältig begründet. Sie hat insbesondere auch die Gesetzesmaterialien zu Art. 71 und 73 BayStVollzG und den Beschluss des hiesigen 2. Strafsenats vom 01.03.2007 (Az.: 2 Ws 73/07), soweit dieser die Erhebung eines „Energiekostenbeitrages“ betrifft, ausgewertet und die dort getroffenen Wertungen zutreffend berücksichtigt. Der Senat folgt der angefochtenen Entscheidung deshalb in vollem Umfang.
b) Hinsichtlich der Angemessenheit der nunmehr erhobenen Kostenbeteiligung in Höhe von monatlich 3,00 Euro ist lediglich besonders hervorzuheben, dass mit dieser Pauschale nicht nur die Stromkosten für ein Fernsehgerät abgegolten werden, sondern ausweislich der Bekanntmachung vom Juni 2016 sowohl die Betriebs- als auch Stromkosten für ein Fernsehgerät und darüber hinaus zugleich die Stromkosten für sämtliche weiteren elektronischen Geräte. Die Kostenpauschale liegt damit eher am unteren Rand des rechtlich Zulässigen. Darüber hinaus steigen die Strompreise in Bayern gerichtsbekannt, ab 2017 werden die Abschlagspauschalen sogar deutlich angehoben. Soweit sich der Verurteilte zum Beweis des Gegenteils auf eine Videotext-Veröffentlichung im Bayerischen Fernsehen vom 29.11.2016, 20.50 Uhr, Seite 128, beruft, wonach die Verbraucher im November 2016 für Energie und Sprit insgesamt 2,7 % weniger hätten zahlen müssen, ist festzustellen, dass sich – ebenfalls gerichtsbekannt – lediglich die Spritpreise günstiger entwickelt hatten.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf Art. 208 BayStVollzG i.V.m. § 121 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 StVollzG.
5. Die Festsetzung des Geschäftswertes beruht auf §§ 60, 65, 52 Abs. 1 GKG.