Aktenzeichen SR StVK 241/14
Leitsatz
Verfahrensgang
2 Ws 409/19 2019-07-23 Bes OLGNUERNBERG OLG Nürnberg
Tenor
1. Der Beschluss vom 13.11.18, abgeändert durch die Beschlüsse vom 20.11.18 und 06.12.18 sowie 14.05.19 wird dahingehend abgeändert, dass Ziffer IV. 4. und V. 6 nunmehr lauten wie folgt:
IV. 4.: Er hat sich in Abständen von 2 Wochen nach näherer Weisung der dortigen Therapeuten bei der forensischen Fachambulanz/Psychiatrie Weissenhof/Weinsberg vorzustellen, (§ 68b Abs. 1 S. 1 Nr. 11 StGB).
V. 6.: Er hat sich in ambulante Nachbehandlung bei der forensischen Fachambulanz/Psychiatrie Weissenhof/Weinsberg zu begeben, den Anordnungen des therapeutischen Personals Folge zu leisten und Hausbesuche zu dulden. Die therapeutischen Gespräche haben in Abwesenheit der Mutter … stattzufinden, sofern dies nicht von den zuständigen Therapeuten ausdrücklich gestattet wurde.
2. Der Antrag der Bevollmächtigten … vom 06.09.19 auf Erledigterklärung der Maßregel nach § 67d VI StGB wird zurückgewiesen.
Die Kammer weist zudem darauf hin, dass weitere gleichartige Eingaben in dieser Sache nicht mehr verbeschieden werden.
Gründe
I.
Mit Schreiben vom 16.08.19 teilte die Fachambulanz Ansbach mit, dass der Betroffene seinen Wohnsitz nach 74564 Crailsheim gewechselt habe, sodass nunmehr die forensische Fachambulanz/Psychiatrie Weissenhof/Weinsberg zuständig sei.
Mit Verfügung vom 22.08.19 wurden die Beteiligten darauf hingewiesen, dass eine entsprechende Beschlussänderung beabsichtigt ist.
Staatsanwaltschaft Passau und Führungsaufsichtsstelle teilten daraufhin mit, dass mit einer Beschlussänderung Einverständnis bestehe. Weitere Äußerungen hierzu gingen nicht ein.
Aufgrund des Wohnsitzwechsels war die namentliche Änderung der nunmehr zuständigen Fachambulanz veranlasst. Die Entscheidung beruht auf §§ 68d, 68b StGB.
II.
Der Antrag der Bevollmächtigten … vom 06.09.19, dass der Maßregelvollzug für erledigt wird mit Nichteintritt der Führungsaufsicht war zurückzuweisen.
Die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus ist gem. Abs. 6 S. 1 Alt. 1 für erledigt zu erklären, wenn die Voraussetzungen nicht mehr vorliegen, sei es dass die psychische Störung des Täters nicht mehr besteht oder dass zumindest dessen Gefährlichkeit entfallen ist (OLG Braunschweig NStZ-RR 2015, 190 (191)). Dabei ist eine integrative Betrachtung vorzunehmen, nämlich eine Auseinandersetzung mit der Bedeutung der von dem Untergebrachten begangenen Taten und deren indizieller Bedeutung für seine zukünftige Gefährlichkeit ebenso wie mit der Art und der Bedeutung der von dem Untergebrachten zum gegenwärtigen Zeitpunkt in Freiheit zu erwartenden Taten und dem Grad der Wahrscheinlichkeit ihrer Begehung (OLG Bamberg NStZ-RR 2014, 245). Hat sich die Gefährlichkeit lediglich verringert, kommt nur eine Aussetzung gem. Abs. 2 in Betracht. Abs. 6 S. 1 findet über seinen Wortlaut hinaus auch Anwendung, wenn die Unterbringung von Anfang an fehlerhaft war, weil sie auf der Annahme falscher Tatsachen beruhte, va also einem fehlerhaften Gutachten (BGH NStZ 2009, 323 (324); OLG Jena NStZ-RR 2011, 61; OLG Frankfurt a. M. NStZ-RR 2005, 252; LG Landau NStZ-RR 2007, 354; LG Marburg NStZ-RR 2007, 356; Fischer Rn. 23; a.A. OLG Dresden NStZ-RR 2005, 338). Etwas anderes gilt aber, wenn die Fehleinweisung auf reinen Rechtsfehlern beruhte, da diese nur im Erkenntnisverfahren mit der Revision oder Wiederaufnahme korrigiert werden können (BVerfG NStZ-RR 2007, 29 (30); 2015, 59; OLG Frankfurt a. M. NStZ-RR 2005, 252; 2008, 324 (325); OLG Jena NStZ-RR 2011, 61; LG Landau NStZ-RR 2007, 354; LG Marburg NStZ-RR 2007, 356; LG Berlin NStZ-RR 2011, 223; Fischer Rn. 23; zur nachträglichen Sicherungsverwahrung in solchen Fällen vgl. OLG Hamm NStZ-RR 2015, 207). Nach dem Willen des Gesetzgebers muss für die Beendigung der Unterbringung nach Abs. 6 jegliches „Restrisiko“ ausgeschlossen sein (amtl. Begr. RegE BT-Drs. 15/2887, 15; Lackner/Kühl/Heger Rn. 10b); Zweifel gehen zu Lasten des Untergebrachten (OLG Braunschweig NStZ-RR 2016, 77). Liegt der Defektzustand noch vor, ist unerheblich, ob der Untergebrachte für die deswegen zu erwartenden künftigen Straftaten voraussichtlich als voll verantwortlich anzusehen sein wird; in solchen Fällen ist – ohne dass es auf die Erheblichkeit der Schuldfähigkeitsverminderung ankommt – die Fortdauer der Unterbringung anzuordnen, wenn die Gefahr besteht, der Untergebrachte werde infolge seines Zustandes weitere erhebliche rechtswidrige Straftaten begehen (OLG Braunschweig NStZ-RR 2015, 190 (191); 2016, 77; OLG Stuttgart Die Justiz 2007, 325), vgl. (BeckOK StGB/Ziegler, 43. Ed. 1.8.2019, StGB § 67d Rn. 15).
Diese Voraussetzungen liegen jedoch nicht vor. Es wird diesbezüglich auf die nach wie vor gültigen Begründungen der oben genannten Beschlüsse verwiesen.
Es ist weder die Erkrankung des Betroffenen weggefallen noch ist dessen Gefährlichkeit derart weggefallen, dass jegliches Restrisiko ausgeschlossen werden kann. Hierfür gibt es keine Anhaltspunkte, auch keine, die sich aus dem Antrag vom 06.09.19 ergeben würden. Diesbezüglich wurde vielmehr auch durch das OLG Nürnberg im Beschluss vom 28.06.18 bestätigt, dass vom Betroffenen mit einer Wahrscheinlichkeit hohen Grades aufgrund der bestehenden schizophrenen Erkrankung Taten ähnlich der Anlasstaten drohen. Jegliches Restrisiko kann demnach gerade nicht ausgeschlossen werden. Die Unterbringung wurde aus Verhältnismäßigkeitsgründen zur Bewährung ausgesetzt. Es verbleibt demnach bei der Führungsaufsicht und eine Erledigterklärung ist nicht angezeigt, da deren Voraussetzungen nicht vorliegen.
Die Kammer weist zudem darauf hin, dass weitere gleichartige Eingaben in dieser Sache nicht mehr verbeschieden werden.