Strafrecht

Verurteilung wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln jeweils in nicht geringer Menge

Aktenzeichen  1 KLs 24 Js 2053/20

Datum:
14.9.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 47500
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
Weiden
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BtMG § 29a Abs. 1 Nr. 2, § 30 Abs. 1 Nr. 4
StGB § 25 Abs. 2, § 64

 

Leitsatz

1. Der Begriff des Handeltreibens umfasst „jede eigennützige, auf den Güterumsatz gerichtete Tätigkeit“. Eigennützig handelt der Täter, wenn es ihm auf einen persönlichen Vorteil, insbesondere auf die Erzielung von Gewinn ankommt. Sein Handeln muss vom Streben nach Gewinn geleitet sein oder er muss sich sonst irgendeinen persönlichen Vorteil von ihm versprechen, durch den er materiell oder immateriell bessergestellt wird. (Rn. 65) (redaktioneller Leitsatz)
2. Täterschaftliches Handeln setzt folglich voraus, dass der Handelnde selbst eigennützige Bemühungen entfaltet, die darauf gerichtet sind, den Umsatz mit Betäubungsmittel zu ermöglichen oder zu fördern. Nicht ausreichend ist es, wenn ein Beteiligter nur den Eigennutz eines anderen mit seinem Tatbeitrag unterstützen will. (Rn. 65) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Der Angeklagte ist schuldig der unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in Tateinheit mit unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln jeweils in nicht geringer Menge.
2. Er wird deshalb zu einer Freiheitsstrafe von 5 Jahren 6 Monaten verurteilt.
3. Dem Angeklagten wird verboten für die Dauer von einem Monat Fahrzeuge jeglicher Art im Straßenverkehr zu führen. Das Fahrverbot wird mit der Rechtskraft der Entscheidung wirksam, wenn der Führerschein in amtliche Verwahrung gelangt, spätestens jedoch mit Ablauf von vier Monaten seit Eintritt der Rechtskraft.
4. Die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt wird angeordnet. Es wird angeordnet, dass 2 Monate der verhängten Freiheitsstrafe vor der Unterbringung zu vollziehen sind.
5. Das Fahrzeug … letztes amtliches … Kennzeichen … des Einziehungsbeteiligten … wird entschädigungslos eingezogen.
6. Das sichergestellte Navigationsgerät Marke Navitel sowie die sichergestellten 3.494,4 Gramm Cannabis werden eingezogen.
7. Der Angeklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

I.
(Persönliche Verhältnisse)
Der Angeklagte wurde am … in … geboren. Er ist geschieden und … Staatsangehöriger.
Die … Mutter des Angeklagten lebt in … und war früher in einem Pharmabetrieb tätig. Der Vater war Polizist und verstarb vor eineinhalb Jahren im Alter von … Jahren. Der Angeklagte hatte einen älteren Bruder, geboren …. Dieser verstarb vor fünf Jahren an … und hinterließ eine Tochter.
Der Angeklagte wuchs in … auf und besuchte dort zunächst den Kindergarten und sodann neun Jahre lang die Hauptschule. In der Folge erlernte er den Beruf des Kochs und besuchte hierzu drei Jahre lang die Berufsschule in ….
Aufgrund des Krieges in seinem Heimatland ging der Angeklagte nach … wo er ab dem Jahr 2000 als Kellner arbeitete. Im Jahr 2004 machte sich der Angeklagte mit einem Freund mit einer Pizzeria selbstständig. Diese lag in bester Lage am … und warf zunächst hohe Gewinne ab. Nach einer Preiserhöhung aufgrund einer Mieterhöhung blieben die Kunden aus und der Angeklagte ging in die Insolvenz. Die Schließung erfolgte etwa 2013/2014. Das verbliebene Geld wurde im Lauf der folgenden Jahre bedingt durch den hohen Lebensstandard ausgegeben. In der Folge war der Angeklagte lediglich in Minijobs tätig und er gelangte in finanzielle Schwierigkeiten.
… lernte der Angeklagte auch seine seit 2016 von ihm geschiedene Frau kennen, welche ebenfalls als Kellnerin in … tätig war. Aus der Ehe gingen drei Kinder hervor, (… Jahre), … (… Jahre) und … (… Jahre), welche alle bei der Mutter in … leben. Vor seiner Inhaftierung hatte der Angeklagte zu seinen Kindern regelmäßigen Kontakt. Die Familie bewohnte zunächst eine eigene Wohnung, welche nach dem finanziellen Niedergang mit einem Verlust von 40.000,- € verkauft werden musste. Vor der Trennung wohnte die Familie zuletzt in einer Mietwohnung. Zur Trennung und Scheidung kam es aufgrund der finanziellen Probleme auf Betreiben der Ehefrau.
Der Angeklagte befand sich seitdem in keiner partnerschaftlichen Beziehung.
Der Angeklagte ist schuldenfrei und verfügt über kein Vermögen. Er hat keine regelmäßigen Einnahmen, zuletzt war er lediglich unregelmäßig in Aushilfsjobs tätig.
Der Angeklagte blieb bisher von größeren Unfällen und folgenschweren Krankheiten verschont.
Der Angeklagte trinkt seit etwa 2015 regelmäßig Alkohol, etwa zehn Bier täglich.
Seit etwa seinem … Lebensjahr konsumiert der Angeklagte regelmäßig Kokain. Zunächst konsumierte der Angeklagte unregelmäßig, seit etwa 10 Jahren verbrauchte der Angeklagte täglich etwa 1 Gramm Kokain. Andere Betäubungsmittel, beispielsweise Haschisch, Marihuana oder Crystal nahm der Angeklagte nicht.
Der Angeklagte ist in Deutschland nicht vorgeahndet.
Das Fahreignungsregister des Angeklagten weist keinen Eintrag auf.
Der Angeklagte befindet sich in dieser Sache aufgrund des Haftbefehls des Amtsgerichts Weiden in der Oberpfalz vom 28.02.2020 (…) seit 27.02.2020 in Untersuchungshaft in der JVA W..
II. (Tathandlung)
Der Angeklagte verbrachte am 27.02.2020 gegen 13:51 Uhr wissentlich und willentlich als Fahrer des PKW … amtliches … Kennzeichen …, die Menge von 3.494,4 Gramm Marihuana mit einem Wirkstoffgehalt von 403,9 Gramm Tetrahydrocannabinol in acht Paketen auf der Bundesautobahn … über den ehemaligen Grenzübergang … aus der … das Bundesgebiet. Die acht Pakete Marihuana befanden sich in einem durch einen elektromagnetischen Mechanismus gesicherten Hohlraum, der unterhalb der Kofferraumabdeckung verbaut war.
Das mitgeführte Marihuana diente entsprechend eines gemeinsamen Tatplans des Angeklagten und der gesondert in der … verfolgten … und … den gewinnbringenden Weiterverkauf in … im Raum ….
Über eine Erlaubnis zum Umgang mit Betäubungsmitteln verfügte der Angeklagte, wie er wusste, nicht.
Bei der Fahrt stand der Angeklagte zudem, wie er wissen hätte können uns müssen, unter dem Einfluss des berauschenden Mittels Kokain. Die chemisch-toxikologische Untersuchung der bei ihm am 27.02.2020 um 14:59 Uhr entnommenen Blutprobe ergab Benzoylecgonin in einer Konzentration von 229 ng/ml im untersuchten Blut.
Das Marihuana konnte sichergestellt werden.
III. (Beweiswürdigung)
1. Persönliche Verhältnisse
Der Angeklagte hat die Erhebungen des Sachverständigen … zu seinen persönlichen Verhältnissen, welche dieser im Rahmen der Hauptverhandlung wiedergab, ausdrücklich auf Fragen des Gerichts bestätigt. Der Auszug aus dem Bundeszentralregister und aus dem Fahreignungsregister wurden in der Hauptverhandlung verlesen.
An der Glaubhaftigkeit der Angaben des Angeklagten, welche über den Sachverständigen … eingeführt wurden, bestehen zur Überzeugung der Kammer keinerlei Zweifel.
Die Einlassungen des Angeklagten zu seinem Suchtverhalten werden belegt durch das in die Hauptverhandlung eingeführte Gutachten der forensisch-analytischen Laboratorien … vom 05.06.2020, Blatt 42 bis 44 der Beiakte (Leitzordner), aus welchem sich ergibt, dass die Ergebnisse der Untersuchung der Haarprobe des Angeklagten mit einem regelmäßigen beziehungsweise häufigen Cocain-Konsum vor seiner Verhaftung in Einklang zu bringen sind.
2. Tathandlung
a. Einlassung des Angeklagten
Der Angeklagte, welcher in der Hauptverhandlung erstmals Angaben zur Sache machte, gab an, nicht gewusst zu haben, dass sich im von ihm gefahrenen Pkw Betäubungsmittel befanden.
Er habe den Pkw für einen Bekannten nach Deutschland bringen sollen, da das Auto dort verkauft werden sollte. Er habe beide Schlüssel des Pkws bekommen und ein Navigationsgerät, in welchem das Ziel der Fahrt gespeichert gewesen sei. Er habe das Fahrzeug lediglich nach … zum Käufer bringen sollen und hätte dafür 200-300 € bekommen. In … sei auch ein Hotelzimmer für ihn gebucht worden. Von den Betäubungsmitteln habe er nichts gewusst. Im Kofferraum habe sich lediglich sein Koffer und eine Tüte mit seinen Kosmetika befunden.
Nach Inaugenscheinnahme des aus dem Rechtshilfeverfahren … der Staatsanwaltschaft Weiden i.d.OPf. stammenden Videos der … Behörden vom 27.02.2020 erklärte der Angeklagte ergänzend, ihm seien keine Betäubungsmittel gezeigt worden. Er sei eine der drei Personen auf dem Video. Er sei derjenige, der mit dem Auto wegfahre. Die beiden weiteren Männer auf dem Video seien … und … und er kenne beide. Der Kofferraum des Pkws sei leer gewesen. Er habe seinen Koffer und die Kosmetika reingetan. Er habe sich den Erste-Hilfe-Kasten und das Reifennotfallset zeigen lassen. Beides habe sich im Reserveradfach des Pkws befunden, nachdem der Pkw über kein Reserverad verfüge. Das Reserveradfach habe sich ohne weitere Maßnahmen manuell öffnen lassen. Das Video zeige eben, wie ihm dieses beiden Dinge gezeigt wurden. Betäubungsmittel sah er dabei nicht und von diesen habe er auch nichts gewusst.
Weiter äußerte der Angeklagte auf Rückfrage der Staatsanwaltschaft, er habe das Fahrzeug … zuvor nicht gesehen oder gefahren.
Der Angeklagte räumte weiter ein, vor seiner Inhaftierung täglich Alkohol und Kokain konsumiert zu haben.
b. Feststellung der Kammer
Die Kammer konnte sich im Rahmen einer Gesamtwürdigung sämtlicher in die Hauptverhandlung eingeführter Beweise davon überzeugen, dass sich die Tat, wie unter Ziffer II dargestellt, ereignet hat.
Der Angeklagte hat bis zuletzt in der Hauptverhandlung abgestritten, die angeklagte Tat begangen zu haben. Er hatte angegeben, nichts von den mitgeführten Betäubungsmitteln gewusst zu haben. Er habe lediglich das Fahrzeug nach Deutschland überführen wollen.
Die Kammer erachtet angesichts der erhobenen Beweise seine Einlassung insgesamt als reine Schutzbehauptung, um von seiner zur Überzeugung der Kammer nachgewiesenen Täterschaft bei der verfahrensgegenständlichen Tat abzulenken.
aa. Ergebnis der Beweisaufnahme
Der die Fahrzeugkontrolle durchführende Polizeibeamte … berichtete in der Hauptverhandlung, er habe am 27.02.2020 gegen 13.51 Uhr auf dem Autobahnparkplatz …nen auf der … aus … kommenden Pkw, Marke …, amtliches … Kennzeichen … kontrolliert, dessen Fahrer der Angeklagte gewesen sei. Anlass der Kontrolle sei gewesen, dass aus … der Hinweis gekommen sei, dass sich in diesem Pkw Betäubungsmittel befinden könnten. Der Fahrer des Pkws, der Angeklagte, sei sichtlich nervös gewesen. Nach der Kontrolle der Fahrzeugpapiere sei zunächst ein Wischtest am Lenkrad, Türgriff und Schaltknauf durchgeführt worden und dieser sei positiv auf Kokain ausgefallen. Ein Drogenvortest am Mund des Fahrers sei ebenfalls positiv auf Kokain ausgefallen. Dem Fahrer sei die Weiterfahrt untersagt worden und, nachdem die Durchsuchung des Fahrzeugs zunächst nichts ergeben hätte, sei ein Drogensuchhund mit Hundeführerin hinzugezogen worden.
Nachdem der Suchhund aktiv Betäubungsmittel im Auto angezeigt habe, habe man letztlich im Kofferraum des Pkws unter der Ablage, wo eigentlich das Reserverad liegt, einen mit gleichem Stoff bezogenen Kasten gefunden, der durch Klopfen als Hohlraum identifiziert werden konnte und vom Kofferraum unter die Rücksitzbank geragt sei. Nachdem man diesen nicht habe öffnen können, habe man ihn nach Umklappen der Rückbank mit Gewalt aufgehebelt und darin 8 Pakete mit Marihuana gefunden, welche als Spurenträger behandelt worden seien. Erst später hätten Kollegen herausgefunden, dass sich der Schließmechanismus der Kiste nur dann öffnet, wenn man bei angeschalteter Zündung auch das Abblendlicht und den Nebelscheinwerfer anschalten würde und einen Magneten an eine bestimmte Stelle an der C-Säule halten würde. Das Ganze sei sehr professionell gewesen. Das Auto und der Fahrer seien sehr unauffällig gewesen und das Versteck sei sehr schwer zu finden gewesen.
Anhand der in Augenschein genommenen Lichtbildtafel Blatt 64 bis 87 der Beiakte (Leitzordner) erläuterte … dass diese das Versteck sowie den Fund im Versteck zeigen würden und ab Bild 6 chronologisch ab der Kontrolle vom kontrollierten Fahrzeug gefertigt worden seien. Auf Nachfrage des Gerichts gab der Zeuge … an, er könne sich nicht sicher erinnern, ob sich im Pkw ein Verbandskasten befunden habe, jedoch sei vor der Fertigung der Lichtbilder nichts weggenommen worden. Auf Rückfrage der Verteidigung gab der Zeuge an, wenn sich der Verbandskasten im Pkw befunden habe, dann sei er noch immer dort.
Die weitere Kontrollbeamtin, …, gab in der Hauptverhandlung an, nach einem Hinweis aus … den Pkw Marke … auf einem Parkplatz nahe der … Landesgrenze mit dem Kollegen … kontrolliert zu haben. Der Angeklagte als Fahrer des Pkws habe den Eindruck gemacht, unter Betäubungsmitteln zu stehen und sei sehr nervös gewesen. Ein Wischtest am Lenkrad, Türgriff und Schalthebel sei positiv auf Kokain ausgefallen. Nachdem man bei einer ersten Fahrzeugdurchsuchung nichts gefunden habe, sei das Fahrzeug mit Einverständnis des Angeklagten zur Dienststelle verbracht worden. Bei dieser Fahrt sei ihr aufgefallen, dass das Navigationsgerät lief und ein Anruf auf dem Mobiltelefon des Angeklagten einging. Das Fahrzeug habe im Innenraum seltsam gerochen und auffallend viele „Duftbäumchen“ seien im Fahrzeug verteilt gewesen. Beim Angeklagten seien auf der Dienststelle sodann die ärztliche Untersuchung und eine Blutentnahme durchgeführt worden. Danach sei wohl ein Polizeihund gerufen worden. Für sie sei die Kontrolle damit beendet gewesen.
Auf Rückfrage gab die Zeugin an, sie habe mit dem Angeklagten nicht über die Tat gesprochen. Dieser habe sie sehr schlecht verstanden. Bezüglich des Inhalts des Kofferraumes erinnere sie sich lediglich an einen Koffer.
Der polizeiliche Hauptsachbearbeiter …, berichtete in der Hauptverhandlung, er sei nach … gefahren, nachdem in einem … Pkw in einem professionellen Drogenversteck im Kofferraum acht Packungen Marihuana mit knapp vier Kilogramm gefunden worden seien. Der Angeklagte, Fahrer des Pkws, habe keine Angaben zur Sache gemacht. Hintergrund der Kontrolle sei die Bitte aus … gewesen, dieses Fahrzeug zu kontrollieren. Die … Behörden hätten in dem Fahrzeug Betäubungsmittel vermutet, nachdem dieses Fahrzeug den … Behörden im Rahmen von Observationsmaßnahmen im Zusammenhang mit zwei größeren Marihuanaanbauanlagen aufgefallen sei. Dazu habe es auch zwei Tage nach dem Aufgriff des Angeklagten in … größere Kontrollen und Aufgriffe gegeben.
Der Angeklagte sei nach dem Fund dem Ermittlungsrichter vorgeführt worden, habe dort aber auch keine Angaben gemacht.
Daktyloskopische Spuren seien nicht gefunden worden. Am Kofferraum habe man DNA von einem Niederländer gefunden, weshalb man davon ausgehe, dass das Versteck in den Niederlanden eingebaut worden sei. An der Verpackung des Marihuanas habe man die DNA von zwei Personen aus … gefunden.
Das Versteck sei schwer erkennbar gewesen und nur durch das Drücken mehrere Knöpfe und einen Magneten zu Öffnen gewesen. Sobald man den Magneten weggenommen habe, hätte sich das Versteck wieder von selbst verriegelt. Weitere Verstecke habe man im Fahrzeug nicht gefunden.
Anhand der in Augenschein genommenen Lichtbilder Blatt 8 bis 18 der Beiakte (Leitzordner) erläuterte der Zeuge …, dass die eingegeben Zieladresse im Navigationsgerät eine deutsche Adresse in einem Ortsteil von … gewesen sei.
Auf der in Augenschein genommenen Videoaufnahme der … Behörden vom 27.02.2020 in der Straße … in … aus dem Rechtshilfeverfahren … der Staatsanwaltschaft W. i.d.OPf., Blatt 278 des Sonderheftes Rechtshilfeersuchen …, ist zu sehen, wie der Angeklagte sich mit den beiden in … verfolgten … und … am 27.02.2020 gegen 11.54 Uhr zum geparkten Fahrzeug … amtliches … Kennzeichen … begibt und dieses entriegelt. In der Folge ist erkennbar, wie er sich mit … zum Kofferraum des Wagens begibt und diesen öffnet. Im Kofferraum befindet sich bereits der lilafarbene Koffer. Sodann macht … etwas mit seiner linken Hand im Kofferraum und nimmt dann aus einem Bereich am äußeren Ende des Kofferraums ein Päckchen heraus, welches er dem Angeklagten zeigt, wobei er mit der rechten Hand gestikuliert und das Päckchen nach oben und unten bewegt. Anschließend legt … den Gegenstand zurück in den Kofferraum, wobei deutlich erkennbar ist, dass dieser auf einer tieferen Ebene in den Kofferraum verbracht wird, als sich der lilafarbene Koffer befindet. Es ist aufgrund des im Kofferraum befindlichen Koffers und der vom Angeklagten sodann hineingelegten Plastiktüte erkennbar, dass der von … herausgenommene Gegenstand unter dem eigentlichen Kofferraum hervorgeholt wurde, in einem Bereich, wo sich gegebenenfalls ein Reservereifen befinden würde. Während der gesamten Zeit is… mit seinem Mobiltelefon beschäftigt.
In der Folge ist zu sehen, dass der Angeklagte zunächst die von ihm mitgeführte Plastiktüte in den Kofferraum legt und diesen sodann schließt. Der Angeklagte legt sodann etwas auf die Rücksitzbank und setzt sich dann auf den Fahrersitz des Fahrzeugs, während … auf den Beifahrersitz Platz nimmt und … sich zu diesem ins Auto beugt. Erst nach einer Weile gegen 11:57 Uhr verlässt … das Fahrzeug und geht mit …weg, während der Angeklagte mit dem Wagen wegfährt.
Aus dem mit Einverständnis aller Beteiligter verlesenen Gutachten der forensisch-analytischen Laboratorien Prof. Dr. med. … vom 26.06.2020, Blatt 104 bis 108 der Akte, ergibt sich, dass die acht sichergestellten Pakete ein Nettogesamtgewicht von 3.494,4 Gramm und eine Wirkstoffmenge von 403,9 Gramm Tetrahydrocannabinol aufweisen.
Weiter ergibt sich aus dem in die Hauptverhandlung eingeführten ärztlichen Befundbericht des MVZ Labor … vom 11.03.2020, dass die beim Angeklagten entnommenen Blutprobe eine Konzentration von 229 ng/ml Benzoylecgonin aufwies.
Aus dem in der Hauptverhandlung verlesenen Ärztlichen Bericht des Arztes … vom 27.02.2020 ergibt sich, dass die Blutentnahme beim Angeklagten am 27.02.2020 um 14.59 Uhr stattfand und beim Angeklagten zum Untersuchungszeitpunkt der Einfluss von Betäubungsmitteln nur leicht bemerkbar war.
Der Aktenvermerk des … vom 05.03.2020 zur Öffnung des magnetisch-mechanischen Verstecks (Blatt 8 der Beiakte (Leitzordner)) wurde verlesen.
Aus den in die Hauptverhandlung eingeführten Amtsvermerk der Polizei der … zu den Ergebnissen aus der Observation der Innenräume des Pkws …, vom 23.02.2020, 16.42 Uhr (Sonderheft Übersetzungen aus der Rechtshilfe …) geht hervor, dass zwischen dem Angeklagten und den anderweitig verfolgten … und … am 23.02.2020 ab 16:42 Uhr ein Gespräch in … Sprache geführt wurde, in welchem … angibt, „50 von diesen, Gras für diesen einen“ zu haben. Weiter wird zwischen den Gesprächspartnern besprochen, dass der Angeklagte den Wagen vor der Ausfahrt aus …anken soll, damit er durch Deutschland voll ist und dass er ihm 200,- € für die Fahrt mitgebe. Weiter wird die Fahrtroute besprochen, wobei der Angeklagte über …ahren soll und dann nach der Navigation nach oben bei … oder … nach oben in Richtung … und … und zwischen … und … sei dann dieser … bestätigt weiter im Gespräch, dass … vor Frankfurt sei und gibt an: „nur so, hast Du gesehen, Du öffnest nur“ … „in die Tasche und die wirfst Du raus… dort diese zehn Stück ihnen, diese Packungen, jede Packung ein halbes Kilo … und dort oben diesen vieren und dort wenig … er will irgendjemand noch eine Probe geben, diese, einem … wir werden dann sehen, wohin wie die weitere/zweite Charge … die dritte geben … diese eine dem … und die dritte“. Nach Bestätigung des Angeklagten gibt … weiter an, dass die Dritte der bekomme, der besser zahle und sie zur Hölle gehen sollen.
bb. Gesamtwürdigung
Die Kammer konnte sich im Rahmen einer Gesamtwürdigung sämtlicher in die Hauptverhandlung eingeführter Beweise die Überzeugung bilden, dass sich die Tat, wie in Ziffer II dargestellt, ereignet hat und der Angeklagte insbesondere auch von den Betäubungsmitteln im Fahrzeug wusste und diese bewusst nach … verbrachte.
Bei der Einlassung des Angeklagten handelt es sich zur Überzeugung der Kammer um reine Schutzbehauptungen, um von seiner Täterschaft abzulenken. Diese Einlassung sieht die Kammer durch die in der Hauptverhandlung eingeführten Beweismittel als widerlegt an.
Die Kammer ist davon überzeugt, dass der Angeklagte am 27.02.2020 gegen 13.51 Uhr aus … über die … als Fahrer des Pkw …, amtliches Kennzeichen … 8 Pakete Marihuana mit einem Gesamtnettogewicht von 3.494,4 Gramm und einem Wirkstoffgehalt von 403,9 Gramm Tetrahydrocannabinol, in das Bundesgebiet verbrachte, welche sich in einem durch einen elektromagnetischen Mechanismus gesicherten Hohlraum unterhalb der Kofferraumabdeckung befanden.
Dies ergibt sich zunächst aus der Einlassung des Angeklagten, welcher einräumte, das Fahrzeug von … nach … bis zur Kontrolle geführt zu haben. Dies wird gestützt durch die Angaben der Kontrollbeamtem … und … welche in der Hauptverhandlung berichteten, den Angeklagten als Fahrer des Fahrzeuges in unmittelbarer Grenznähe kontrolliert zu haben und das Fahrzeug zur Polizeiinspektion verbracht zu haben. Weiter ergibt sich die Tatsache, dass sich im betroffenen Pkw acht Pakete mit Marihuana befanden aus den Angaben des Zeugen … und … welche beide jeweils in der Hauptverhandlung berichteten, dass im Fahrzeug unter der Kofferraumabdeckung ein eingebauter Hohlraum aufgefunden wurde, welcher nur mit mehreren Handgriffen geöffnet werden konnte und in welchem sich acht Pakete mit Marihuana befunden hätten, welche als Spurenträger verwandt worden wären. Der Auffindeort des Betäubungsmittels ergibt sich weiter aus den in Augenschein genommenen Lichtbildtafeln. Das Gewicht und die Wirkstoffmenge des Rauschgifts stehen zur Überzeugung des Gerichts fest aufgrund des verlesenen Wirkstoffgutachtens der forensisch-analytischen Laboratorien … vom 26.06.2020.
Die Kammer ist jedoch auch entgegen den Angaben des Angeklagten davon überzeugt, dass dieser davon Kenntnis hatte, dass sich die aufgefundenen Betäubungsmittel im von ihm geführten Pkw befanden und er diese bewusst nach … verbringen und gemäß seinen mit … und … gefassten Planes an einen Abnehmer weitergeben wollte.
Hierfür sprechen aus Sicht der Kammer zunächst die Angaben der kontrollierenden Polizeibeamten. So gaben … und … beide übereinstimmend an, der Angeklagte sei bei der Kontrolle auffallend nervös gewesen. Weiter gab die Zeugin …, im Wagen sei ihr bereits auf der Fahrt zum Präsidium ein eigenartiger Geruch aufgefallen sowie die Tatsache, dass unnatürlich viele Duftbäume verwendet wurden. Die Kammer ist insoweit davon überzeugt, dass auch der Angeklagte, welcher mit dem Pkw eine weitaus längere Strecke zurückgelegt hatte, hiervon Kenntnis genommen haben musste. Zudem gründet die Überzeugung der Kammer auf den Erkenntnissen aus dem in Augenschein genommenen Video. Hierauf ist deutlich zu erkennen, dass der Angeklagte vom anderweitig verfolgten … vor dem Start seiner Reise nach Deutschland einen Gegenstand aus dem Kofferraum gezeigt bekam, welcher erkennbar tiefer lag, als der ebenfalls bereits im Kofferraum befindliche Koffer das Angeklagten, und welcher erkennbar wieder tiefer in den Kofferraum zurückgelegt wurde, als die Plastiktüte des Angeklagten oder der lilafarbene Koffer. Aufgrund der Tatsache, dass dieser Gegenstand, der vom Aussehen her stark an eines der aufgefunden – mit dem Marihuana gefühlten – Pakete erinnert und just an der Stelle hervorgeholt und wieder verstaut wird, an der in der Folge die Betäubungsmittel aufgefunden wurden, ist die Kammer davon überzeugt, dass auf dem Video zu sehen ist, wie dem Angeklagten vom anderweitig verfolgten … eines der acht Betäubungsmittelpakete gezeigt wird. Die Einlassung des Angeklagten, er habe sich zu diesem Zeitpunkt lediglich den Erste-Hilfe-Kasten zeigen lassen, wertet die Kammer als reine Schutzbehauptung, insbesondere in Anbetracht der Tatsache, dass sich der Erste-Hilfe-Kasten, wie auf den in Augenschein genommenen Lichtbild 13 Blatt 71 der Beiakte (Leitzordner) erkennbar, auf der gleichen Ebene mit dem Koffer und der Plastiktüte des Angeklagten befindet und nicht dort, wo der Gegenstand vom anderweitig verfolgten … entnommen und zurückgelegt wurde. Dem steht auch nicht die Tatsache entgegen, dass das Fahrzeug zu diesem Zeitpunkt nicht in Betrieb war. Zwar sind nach den Erkenntnissen der ermittelnden Beamten mehrere Bedienungsschritte erforderlich, um das verbaute Depot zu öffnen, dennoch ist aus Sicht der Kammer nicht ausgeschlossen, dass sich eines der Pakete noch außerhalb des Depots befand oder den Beteiligten eine weitere, den Ermittlungsbehörden unbekannt gebliebene Möglichkeit, das Depot zu öffnen oder offenen zu halten, zur Verfügung stand.
Letztlich stützt sich die Überzeugung der Kammer auch auf den verlesenen Amtsvermerk der Polizei der … zu den Ergebnissen aus der Observation der Innenräume des Pkws … Kennzeichen … vom 23.02.2020, 16.42 Uhr (Sonderheft Übersetzungen aus der Rechtshilfe …). Aus diesem Gespräch des Angeklagten mit den anderweitig verfolgten … und … ergibt sich nach Überzeugung der Kammer, dass der Angeklagte in diesem Gespräch Anweisungen bezüglich der Route erhielt, über die Funktion des Verstecks aufgeklärt wurde („nur so, hast Du gesehen, Du öffnest nur“), und er angewiesen wurde, die Betäubungsmittel in eine Tasche zu geben und diese beim Empfänger rauszuwerfen. Die Tatsache, dass das Ziel des Angeklagten am 27.02.2020 laut dessen Navigationsgerät … war, welches tatsächlich auf der Strecke nach … und vor … legt, sowie dass jedes der aufgefundenen Pakete um die 500 Gramm wog, sowie dass über Gras gesprochen wird, zeigen jeweils, dass entgegen der Einlassung des Angeklagten dieser von den Betäubungsmitteln wusste und er diese nach … erbringen wollte und er in deren Vertrieb eingebunden war.
Die Einlassung des Angeklagten widerspricht auch deshalb der Lebenserfahrung, da es jedenfalls unwirtschaftlich wäre, ein Fahrzeug mit einem derartigen Versteck auszustatten und dieses sodann zu verkaufen. Auch insoweit ergeben sich Zweifel an der Einlassung des Angeklagten.
Jedenfalls in der Gesamtschau all dieser Aspekte ist die Kammer davon überzeugt, dass der Angeklagte über die im Pkw befindlichen Betäubungsmittel informiert war und diese nach Deutschland zum Abnehmer verbringen wollte, um sich hierdurch auch selbst einen unbekannt gebliebenen Anteil am Gewinn zu sichern. Vor allem das mit den weiteren Beteiligten geführte Gespräch zeigt, dass der Angeklagte in die weiteren Absatzentscheidungen eingebunden war und insoweit bewusst und gewollt mit den anderweitig verfolgten … und … zusammenarbeitete.
Die Kammer ist letztlich auch davon überzeugt, dass der Angeklagte am 27.02.2020 das Fahrzeug unter der Wirkung von Kokain führte. Bezüglich der Fahrereigenschaft resultiert diese Überzeugung aus den Angaben der Zeugen … und der Zeugin … Hinsichtlich der Tatsache, dass der Angeklagte unter dem Einfluss von Kokain stand, resultiert die Überzeugung aus dem ärztlichen Bericht des Arztes … vom 27.02.2020 sowie dem ärztlichen Befundbericht des … vom 11.03.2020.
3. Schuldfähigkeit
Nach den glaubhaften und überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen … war der Angeklagte zur Überzeugung der Kammer als voll schuldfähig anzusehen.
Nach den Ausführungen der Kontrollbeamten in der Hauptverhandlung konnte beim Angeklagten im Rahmen der Kontrolle bzw. anlässlich der Festnahme lediglich festgestellt werden, dass dieser auffällig nervös war. Weiter wurden vom untersuchenden Arzt auch ausweislich des ärztlichen Berichts keine Ausfallerscheinungen bemerkt. Auch unter Berücksichtigung der übrigen glaubhaften und schlüssigen Ausführungen des Sachverständigen … konnten beim Angeklagten keine Eingangsmerkmale des § 20 bzw. § 21 StGB festgestellt werden.
Zur Überzeugung der Kammer war folglich von der vollen Schuldfähigkeit des Angeklagten auszugehen.
IV. (Rechtliche Würdigung)
1. Strafbarkeit des Tathandelns
Indem der Angeklagte am 27.02.2020 3.494,4 Gramm Marihuana mit einer Wirkstoffmenge von 403,9 Gramm Tetrahydrocannabinol von der … über den ehemaligen Grenzübergang … in das Bundesgebiet brachte um dieses gewinnbringend weiter zu veräußern, hat sich der Angeklagte der unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge rechtlich zusammentreffend mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gemäß §§ 29 a Abs. 1 Nr. 2, 30 Abs. 1 Nr. 4, 3 Abs. 1, 1 Abs. 1, Anlage II zu § 1 BtmG, 52 StGB strafbar gemacht.
Der Grenzwert der nicht geringen Menge beträgt bei Cannanbisprodukten 7,5 g Tetrahydrocannabinol, vgl. BGH, Urteil vom 18.07.1984, Az. 3 StR 183/84.
Aus dem eingeführten Rauschgiftgutachten der Forensisch-Analytischen Laboratorien, … vom 26.06.2020 ergibt sich, dass das in den Paketen enthaltene Marihuana einen Gehalt von 403,9 Gramm Tetrahydrocannabinol aufweist, so dass der Grenzwert der nicht geringen Menge um das 53,85-fache überschritten wurde.
Damit hat der Angeklagte das Tatbestandsmerkmal der unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge erfüllt, indem er die Drogen von … nach … verbrachte.
Neben der unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge hat sich der Angeklagte tateinheitlich im Sinne des § 52 StGB hierzu auch des täterschaftlichen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge nach § 29 a I Nr. 2 BtMG strafbar gemacht.
Der Begriff des Handeltreibens umfasst „jede eigennützige, auf den Güterumsatz gerichtete Tätigkeit“ (vgl. BGH, Beschluss vom 26.10.2010, Az: GSSt. 1/5). Eigennützig handelt der Täter, wenn es ihm auf einen persönlichen Vorteil, insbesondere auf die Erzielung von Gewinn ankommt (vgl. BGH, Beschluss vom 06.11.2012, Az: 2 StR 410/12). Sein Handeln muss vom Streben nach Gewinn geleitet sein oder er muss sich sonst irgendeinen persönlichen Vorteil von ihm versprechen, durch den er materiell oder immateriell bessergestellt wird (vgl. BGH a.a.O.). Täterschaftliches Handeln setzt folglich voraus, dass der Handelnde selbst eigennützige Bemühungen entfaltet, die darauf gerichtet sind, den Umsatz mit Betäubungsmittel zu ermöglichen oder zu fördern (vgl. BGH, Beschluss vom 24.09.2014, Az: 2 StR 276/14). Nicht ausreichend ist es, wenn ein Beteiligter nur den Eigennutz eines anderen mit seinem Tatbeitrag unterstützen will (vgl. BGH, a.a.O.).
Insoweit ist zu sehen, dass der Angeklagte beim Transport der Betäubungsmittel von … aus mit Grenzübertritt sowie bei der geplanten Übergabe vor Ort ein nicht unerhebliches Risiko einging und auch Fahrtkosten und Zeit investierte, so dass bei Zugrundelegung der allgemeinen Lebenserfahrung davon auszugehen ist, dass der Angeklagte aus der Tat auch einen gewissen, wenngleich nicht genau feststellbaren Gewinn erzielen wollte und damit ein erhebliches Eigeninteresse an der Tat hatte, so dass zur Überzeugung der Kammer der Angeklagte bei den Taten im Rahmen einer Gesamtwürdigung auch eigennützig handelte, zumal jegliche Anhaltspunkte für ein altruistisches Handeln auf Seiten des Angeklagten fehlen.
2. Verwirklichung einer Ordnungswidrigkeit
Indem der Angeklagte am 27.02.2020 gegen 13:51 Uhr auf der Bundesautobahn … Gemeindegebie … den Pkw. …, amtliches … Kennzeichen …, führte, wobei er, wie er hätte wissen können und müssen unter dem Einfluss von Kokain stand, hat sich der Angeklagte des fahrlässigen Führens eines Kraftfahrzeuges unter dem Einfluss berauschender Mittel gemäß § 24 a Abs. 2 und 3 StVG schuldig gemacht.
Nach § 24 a Abs. 2 S. 1 StVG begeht derjenige eine Ordnungswidrigkeit, der im Straßenverkehr ein Kraftfahrzeug unter der Wirkung eines in der Anlage zu dieser Vorschrift genannten berauschenden Mittels führt. Eine solche Wirkung liegt gemäß § 24 a Abs. 2 S. 2 StVG vor, wenn eine dieser in der Anlage angeführte Substanz im Blut nachgewiesen wird. Dies ist für das Kokain die Substanz Benzoylecgonin als dessen Abbauprodukt.
Weiter ist § 24 a Abs. 2 S. 2 StVG dahingehend verfassungsgemäß auszulegen, dass eine Konzentration festgestellt sein muss, die es entsprechend dem Charakter der Vorschrift als eines abstrakten Gefährdungsdelikts als möglich erscheinen lässt, dass der untersuchte Kraftfahrzeugführer am Straßenverkehr teilgenommen hat, obwohl seine Fahrtüchtigkeit eingeschränkt war.
Der Grenzwert liegt bei Benzoylecgonin bei 75 ng/ml (OLG Hamm NZV 2007, 248). Ab diesem Wert besteht die überwiegende Wahrscheinlichkeit einer Beeinträchtigung der Fahrtauglichkeit, die die Sanktionierung durch das abstrakte Gefährdungsdelikt legitimiert.
Aus dem in die Hauptverhandlung eingeführten ärztlichen Befundbericht des … vom 11.03.2020 ergibt sich, dass die beim Angeklagten entnommenen Blutprobe eine Konzentration von 229 ng/ml Benzoylecgonin aufwies. Mithin ist der Grenzwert deutlich überschritten.
Das Überschreiten des Grenzwertes belegt darüber hinaus, dass innerhalb der letzten 24 Stunden Kokain konsumiert wurde (OLG Hamm NZV 2007, 248). Der Angeklagte, der aufgrund eines zeitnahen Konsums – er nahm Kokain täglich – jedenfalls hätte wissen können und müssen, dass er Gefahr läuft, die zulässigen Grenzwerte zu überschreiten, und dennoch das Fahrzeug im Straßenverkehr führte, handelte fahrlässig.
V. (Strafausspruch)
1. Regelstrafrahmen
Der Straftatbestand der unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gemäß § 30 I Nr. 4 BtMG sieht einen Regelstrafrahmen von 2 Jahren bis zu 15 Jahren (§ 38 Abs. 2 StGB) vor und der Straftatbestand des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln gem. § 29 a Abs. 1 Nr. 2 BtMG einen solchen von einem Jahr bis zu 15 Jahren (§ 38 Abs. 2 StGB).
2. Strafrahmenverschiebung
Das Gesetz sieht in den §§ 30 Abs. 2, 29 a Abs. 2 BtMG für minder schwere Fälle der unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und für minder schwere Fälle des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge einen Strafrahmen von 3 Monaten bis zu 5 Jahren vor.
Die Kammer hat das Vorliegen eines minder schweren Falles aufgrund einer Gesamtabwägung aller Umstände des Einzelfalles vorliegend verneint.
Für die Annahme eines minder schweren Falles kommt es darauf an, dass das gesamte Tatbild einschließlich aller subjektiven Momente und der Täterpersönlichkeit vom Durchschnitt der erfahrungsgemäß vorkommenden Fälle in einem Maße abweicht, welches die Anwendung des Regelstrafrahmens als nicht geboten erscheinen lässt. Bei der dann vorzunehmenden Gesamtwürdigung sind alle Umstände heranzuziehen, die für die Wertung der Tat und der Täterpersönlichkeit in Betracht kommen, gleichgültig ob sie der Tat innewohnen, sie begleiten, ihr vorausgehen oder ihr nachfolgen.
Zunächst war zugunsten des Angeklagten zu sehen, dass dieser in … nicht vorgeahndet ist. Ferner war zugunsten des Angeklagten auch seine besondere Haftempflindlichkeit zu berücksichtigen, da der Angeklagte sich das erste Mal in Haft befindet, der deutschen Sprache nicht mächtig ist und aufgrund der räumlichen Entfernung seit Monaten bereits ohne Kontakt zu seinen Familienangehörigen bzw. Bekannten ist.
Zudem war zu würdigen, dass es sich bei der eingeführten Droge in Form des Marihuanas um eine sog. „weiche Droge“ handelte und diese von durchschnittlicher Qualität war.
Weiter war zu berücksichtigen, dass die Betäubungsmittel sichergestellt werden konnten und mithin, wenn auch nicht aufgrund des Zutuns des Angeklagten, nicht in den Verkehr gelangten.
Schließlich war auch zu sehen, dass zugunsten des Angeklagten mangels anderweitiger Anhaltspunkte davon auszugehen war, dass sich sein aus der Tat erwirtschafteter Gewinn im unteren Bereich bewegte.
Zudem ist zu berücksichtigen, dass der Angeklagte selbst betäubungsmittelabhängig ist und die Tat mutmaßlich zur Finanzierung des eigenen Drogenkonsums beging.
Andererseits war zu sehen, dass der Angeklagte eine erhebliche Menge an Betäubungsmitteln, welche die festgelegte nicht geringe Menge deutlich, nämlich um das 53,85-fache überschritt, einführte und die gesamte Menge zum Weiterverkauf bestimmt war. Insoweit war auch zu würdigen, dass sich der Angeklagte der transportierten Menge bewusst war und insoweit nicht lediglich mit dolus eventualis handelte.
Ferner war zulasten des Angeklagten zu würdigen, dass dieser bei der Tat sehr professionell und planvoll vorging, was von einer hohen kriminellen Energie zeugt. So war das Versteck für die Betäubungsmittel zuvor in ein unauffälliges Fahrzeug eingebaut worden, sehr schwer zu erkennen und nur durch die gleichzeitige Durchführung vierer verschiedener Aktionen zu öffnen.
Zudem war auch zu sehen, dass der Angeklagte durch die Tat zugleich den Tatbestand zweier tateinheitlich begangener Tatbestände sowie einer Ordnungswidrigkeit verwirklichte, was ebenfalls, wenngleich nicht mit erheblichem Gewicht, bei der Findung des Strafrahmens zu berücksichtigen war.
Nach Abwägung all dieser Umstände kam die Kammer zu dem Ergebnis, dass hier ein Abweichen vom Regelstrafrahmen nicht angezeigt war, da die Tat nicht derart von den übrigen durchschnittlich vorkommenden Fällen nach unten abweicht, dass die Anwendung des Ausnahmestrafrahmens eines minder schweren Falles als geboten erschien.
Die Kammer verkannte dabei insbesondere auch nicht, dass für die Annahme eines minder schweren Falles nicht das Vorliegen ganz außergewöhnlicher Milderungsgründe erforderlich ist. Es ist insoweit bereits ausreichend, wenn im Rahmen der anzustellenden Gesamtwürdigung ein beträchtliches Überwiegen der strafmildernden Umstände – wie hier nicht – festgestellt werden kann, vgl. BGH, Beschluss vom 19.02.2015, Az: 2 StR 343/14.
Gemäß 52 Abs. 2 StGB war die Strafe dabei aus den § 30 Abs. 1 BtMG zu schöpfen, da dieser im Verhältnis zu § 29 a Abs. 1 BtMG die schwerere Strafe androht.
3. Strafzumessung
Die Kammer hält unter nochmaliger Abwägung sämtlicher für und gegen den Angeklagten sprechenden Gesichtspunkte, insbesondere unter nochmaliger Berücksichtigung der bereits bei der Strafrahmenfindung dargestellten Erwägungen, auf der Grundlage des Regelstrafrahmens des § 30 Abs. 1 BtMG eine Freiheitsstrafe von 5 Jahren und 6 Monaten für tat- und schuldangemessen.
4. Nebenfolge
Die Straftat und die Ordnungswidrigkeit wurden durch eine Handlung des Angeklagten verwirklicht. Mithin ist gemäß § 21 Abs. 1 S. 1 OWiG nur das Strafgesetz anzuwenden. Jedoch kann gemäß § 21 Abs. 1 S. 2 OWiG auf die Nebenfolge der Ordnungswidrigkeit erkannt werden.
Gegen den Angeklagten war mithin gemäß § 25 Abs. 1 S. 2 StVG ein Fahrverbot für die Dauer von einem Monat zu verhängen (BKatV Anlage lfd. Nr. 241), nachdem das Fahreignungsregister des Angeklagten keine Eintragungen aufweist.
Mangels Vorahndungen war gemäß § 25 Abs. 2 a StVG zudem anzuordnen, dass das Fahrverbot erst wirksam wird, wenn der Führerschein in amtliche Verwahrung gelangt, spätestens jedoch mit Ablauf von vier Monaten seit Eintritt der Rechtskraft.
VI. (Unterbringung in einer Entziehungsanstalt)
Die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt gemäß § 64 StGB war anzuordnen.
Nach § 64 StGB soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn eine Person den Hang hat, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt wird, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, und wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge eines Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird.
Bezüglich des Angeklagten konnte die Kammer – sachverständig durch den Sachverständigen … beraten – das Vorliegen eines Hanges feststellen.
Von einem Hang kann dabei grundsätzlich ausgegangen werden, wenn eine eingewurzelte, auf psychische Disposition zurückgehende oder durch Übung erworbene intensive Neigung besteht, immer wieder Rauschmittel zu konsumieren, wobei diese Neigung noch nicht den Grad einer psychischen Abhängigkeit erreicht haben muss. Hinzutreten muss, dass der Angeklagte die Rauschmittel im „Übermaß“ konsumiert.
Dies kann unter anderem dann bejaht werden, wenn der Angeklagte aufgrund einer psychischen Abhängigkeit sozial gefährdet oder gefährlich erscheint, vgl. BGH, Beschluss vom 31.03.2011, Az: 1 StR 109/11 sowie BGH, Beschluss vom 10.08.2007, Az: 2 StR 344/07.
Bezüglich des Angeklagten konnte die Kammer – sachverständig beraten – das Vorliegen eines Hanges feststellen.
So führte der Sachverständige … schlüssig aus, dass beim Angeklagten im Zusammenhang mit dem Betäubungsmittelkonsum finanzielle Probleme entstanden seien und sich hieraus der soziale Abstieg ergeben habe. Insbesondere der Umstand, dass er trotz Gesundheit und körperlicher Leistungsfähigkeit nicht mehr in der Lage war, eine regelmäßig bezahlte Arbeitstätigkeit auszuüben, spreche deutlich für suchtmittelbedingte Folgen. Der Angeklagte habe weiter erhebliche Mengen Alkohol und Kokain konsumiert, habe über Jahre keine Abstinenzsituation mehr gezeigt und sei seinem Suchtmittelkonsum bis zur Inhaftierung völlig unkritisch gegenübergestanden, weshalb auch aus klinischen Aspekten ein Hang zu bestätigen sei.
Die Kammer schließt sich insoweit den Ausführungen des Sachverständigen … an.
Vor diesem Hintergrund ist die Kammer auch davon überzeugt, dass bezüglich des Angeklagten die weiteren Voraussetzungen des § 64 StGB erfüllt sind.
Ein Zusammenhang zwischen der Suchtmittelproblematik des Angeklagten einerseits und der ihm zur Last gelegten Tat andererseits konnte festgestellt werden. So ist davon auszugehen, dass die Erlöse aus der Tat mangels anderer Einnahmequellen zumindest auch der Finanzierung der eigenen Sucht dienen sollten. Insofern ist davon auszugehen, dass das erfolgreiche Absolvieren einer Suchtherapie die Kriminalprognose des Angeklagten entscheidend verbessern könnte. Andererseits ist aufgrund der finanziellen Situation des Angeklagten davon auszugehen, dass dieser, sofern seine Sucht unbehandelt bleibt, ähnlich gelagerte Delikte zu deren Finanzierung begehen wird, insbesondere aufgrund dessen, dass die Sucht des Angeklagten zuletzt derartige Ausmaße annahm, dass zu deren Finanzierung erhebliche Einnahmen erforderlich waren und der Angeklagte weder über weitere Rücklagen verfügt noch laufende Einnahmen hat.
Die Kammer schließt sich auch den schlüssigen Ausführungen des Sachverständigen an, wonach bezüglich des Angeklagten auch hinreichende Aussichten dafür bestehen, dass er im Rahmen der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt in dem Sinne therapiert werden könne, dass er künftig ein drogenfreies Leben führen könne und Therapiehindernisse nicht festgestellt werden könnten. Der Angeklagte verfügt über hinreichende intellektuelle Fähigkeiten, um den Therapieinhalten problemlos folgen zu können. Insbesondere war die – noch – bestehende Sprachbarriere, die jedoch während der Therapie abgebaut werden kann, nicht als Therapiehindernis anzusehen.
Die Anordnung des Vorwegvollzuges beruht auf § 67 Abs. 2 StGB.
Unter Berücksichtigung einer – angesichts der Sprachbarriere – voraussichtlichen Therapiedauer von zwei Jahren waren noch neun Monate Vorwegvollzug anzuordnen, wobei die bisher erlittene Untersuchungshaft hierauf anzurechnen ist. Der Angeklagte hat bisher knapp sieben Monate Untersuchungshaft erlitten. Mithin war noch der Vorwegvollzug von weiteren zwei Monaten anzuordnen.
VII. (Einziehung)
Die sichergestellten 3.494,4 Gramm Marihuana waren gemäß § 33 BtMG, § 74 Abs. 1 StGB und soweit sie den anderweitig Verfolgten … und … zustanden gemäß § 33 BtMG, §§ 74, 74 a Nr. 2 StGB einzuziehen.
Das sichergestellte Navigationsgerät, Marke Navitel, war als Tatmittel gemäß § 33 BtMG, §§ 74 Abs. 1, 74 a Nr. 1 StGB einzuziehen, da es als Tatmittel vorsätzlich zur Verfügung gestellt worden war.
Der sichergestellte Pkw. …, letztes amtliches … Kennzeichen … des Einziehungsbeteiligten … war gemäß § 74 b Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 Nr. 1 a StGB entschädigungslos einzuziehen. Aufgrund der untrennbaren Verbauung eines Betäubungsmittelverstecks im Fahrzeug besteht die Gefahr, dass dieses zukünftig für weitere rechtswidrige Taten genutzt wird. Damit war es, unabhängig von der Eigentümerstellung eines Dritten, gemäß § 74 b StGB einzuziehen. Die Einziehung erfolgt entschädigungslos, da die Tatsache des aufwändigen Einbaus des Fahrzeuges bereits belegt, dass der Eigentümer, welchem dieser Umbau bewusst sein musste, mindestens leichtfertig dazu beigetragen hat, dass das Fahrzeug als Tatmittel verwendet worden ist.
VIII. (Kosten)
Die Kostenentscheidung basiert auf §§ 464, 465 Abs. 1 StPO.

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