Aktenzeichen 24 O 304/15
SVG Art. 31 Abs. 1, Art. 32, Art. 34, Art. 36, Art. 39, Art. 45
LugÜ Art. 11 Abs. 2, Art. 9 Abs. 1
Rom II-VO Art. 3, Art. 4 Abs. 2 u. Abs. 3
ZPO § 91, § 708, § 709 S. 1, S. 2, § 711
ZPO § 286, § 293
Leitsatz
Die Rom II-Verordnung ist nach Art. 3 Rom II-VO universell anwendbar, was bedeutet, dass das nach ihr bestimmte Recht nicht nur dann anzuwenden ist, wenn es das Recht eines Mitgliedsstaates der Europäischen Union ist, sondern auch, wenn es sich wie hier beim schweizerischen Recht um drittstaatliches Recht handelt. (Rn. 33) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 7.354,91 € festgesetzt.
Gründe
Die zulässige Klage ist unbegründet und musste abgewiesen werden.
A.
Das Landgericht Amberg ist international zuständig.
Die Begründung eines Gerichtsstands in Deutschland richtet sich nach dem Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 30.10.2007 (Lugano-Abkommen II, im Folgenden: LugÜ), i.K. seit 01.01.2010, hinsichtlich der Schweiz gem. Art. 69 Abs. 5 des Übereinkommens zwischen der Europäischen Union und der Schweizerischen Eidgenossenschaft seit 01.01.2011. Bei der Schweiz richtet sich die Zuständigkeit nach Art. 11 Abs. 2, Art. 9 Abs. 1 LugÜ (vgl. Bachmeier, Regulierung von Auslandsunfällen, 2. Aufl., 2017, § 4 Rn. 513 m.w.N.). Auch der BGH hat zwischenzeitlich das Bestehen eines deutschen Gerichtsstands bestätigt (vgl. Bachmeier, Regulierung von Auslandsunfällen, 2. Aufl., 2017, § 4 Rn. 518 unter Rekurs auf BGH, NZV 2013, 177).
Vorliegend handelt es sich um eine Klage der Geschädigten mit Sitz in Amberg/Deutschland unmittelbar gegen den Versicherer, der im Hoheitsgebiet der Schweiz ansässig ist.
Die internationale Zuständigkeit besteht daher entsprechend Art. 11 Abs. 2, 9 Abs. 1 b) LugÜ.
B.
Die Klage ist unbegründet. Den Klägern steht gegen die Beklagte kein Anspruch aus Art. 61 Abs. 2, Art. 65 des Schweizerischen Straßenverkehrsgesetzes (SVG) i.d.F. vom 01.07.2014 zu.
1. Vorbemerkung:
Die nachfolgenden Rechtsausführungen zum anwendbaren Recht und zum schweizerischen materiellen Recht basieren auf einem Rechtsgutachten des … vom 06.07.2018, und einer Ergänzung vom 01.10.2018. Auf die schriftliche Rechtsauskunft vom 06.07.2018, Blatt 391 ff. der Akte, nebst Ergänzung vom 01.10.2018, Bl. 437 ff. der Akte, wird Bezug genommen.
2. Vorliegend ist gem. Art. 4 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 864/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom II-Verordnung) schweizerisches Recht anzuwenden:
Der Unfall hat sich nach dem in Art. 31, 32 Rom II-Verordnung festgelegten Stichtag des 11.01.2009 ereignet.
Die Rom II-Verordnung ist nach Art. 3 Rom II-VO universell anwendbar, was bedeutet, dass das nach ihr bestimmte Recht nicht nur dann anzuwenden ist, wenn es das Recht eines Mitgliedsstaates der Europäischen Union ist, sondern auch, wenn es sich wie hier beim schweizerischen Recht um drittstaatliches Recht handelt.
Das Haager Übereinkommen über Straßenverkehrsunfälle vom 04.05.1971 ist nicht nach Art. 28 der Rom II-Verordnung vorrangig, da die Bundesrepublik Deutschland dem Übereinkommen bisher nicht beigetreten ist.
Gemäß Art. 4 Abs. 1 der Rom II-Verordnung ist, soweit in der Rom II-Verordnung nicht anderes vorgesehen ist, auf ein außervertragliches Schuldverhältnis aus unerlaubter Handlung das Recht des Staates anzuwenden, in dem der Schaden eintritt, unabhängig davon, in welchem Staat das schadensbegründende Ereignis oder indirekte Schadensfolgen eingetreten sind.
Der Unfall hat in der Schweiz stattgefunden.
Die Ausnahmevorschriften des Art. 4 Abs. 2 und Abs. 3 der Rom II-Verordnung sind nicht einschlägig. Der Fahrer und Halter des bei der Beklagten versicherten Pkws … lebt in der … und hat somit keinen gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt mit der Klägerin, die ihren Sitz in Amberg, Deutschland, hat. Ferner ist keine offensichtlich engere Verbindung mit dem Recht eines anderen Staates nach Art. 4 Abs. 3 Rom II-Verordnung ersichtlich. Für eine Rechtswahl nach Art. 14 der Rom II-Verordnung bestehen ebenfalls keine Anhaltspunkte.
Das anwendbare schweizerische materielle Recht bestimmt gem. Art. 15 Rom II-Verordnung insbesondere Grund und Umfang der Haftung sowie Haftungsausschlüsse und Beschränkungen und Teilungen der Haftung. Es ist weiterhin gem. Art. 17 der Rom II-Verordnung auch für die Sicherheits- und Verhaltensregeln vor Ort maßgeblich. Nach Art. 22 der Rom II-Verordnung sind auch die Beweislastverteilung und etwaige gesetzliche Vermutungen dem schweizerischen Recht zu entnehmen.
Gemäß Art. 18 in Verbindung mit Art. 4 Abs. 1 der Rom II-Verordnung ist auch auf den Direktanspruch der Kläger gegen die Beklagte schweizerisches Recht als Recht am Ort des Schadenseintritts anwendbar.
3. Zur Überzeugung des Gerichts konnte die Klägerin vorliegend nicht beweisen, dass dem Fahrzeugführer … ein schuldhafter und kausaler Verursachungsbeitrag am Verkehrsunfall zur Last zu legen wäre. Eine (Mit-)Haftung der Beklagten scheidet damit aus.
a) Vorliegend ist für die Haftung bei Straßenverkehrsunfällen das SVG in der Fassung vom 01.07.2014 maßgeblich, da sich der Verkehrsunfall am 10.09.2014 ereignet hat. Ein direkter Anspruch gegen die Versicherung ergibt sich aus Art. 65 SVG.
Gemäß dem gegenüber Art. 41 des Schweizerischen Obligationenrechts (OR) vorrangigen Art. 61 Abs. 2 SVG haftet der Halter für einen Sachschaden eines anderen Halters nur, wenn der Geschädigte beweist, dass der Schaden durch Verschulden, vorübergehenden Verlust der Urteilsfähigkeit oder durch fehlerhafte Beschaffenheit des gegnerischen Fahrzeugs verursacht wurde. Hierbei handelt es sich nicht um eine Gefährdungshaftung, sondern um eine verschuldensunabhängige Haftung. Der Klägerin obliegt somit die volle Beweislast für ein Verschulden des Fahrers des bei der Beklagten versicherten Fahrzeugs (Verschuldenshaftung). Der Beweismaßstab richtet sich mithin nach § 286 ZPO.
Die Betriebsgefahr ist sowohl als Haftgrund als auch als Bemesssungsfaktor vollständig außer Acht zu lassen.
Die Klägerin muss auch beweisen, dass ein etwaiger Verstoß gegen schweizerische Verkehrsvorschriften unfallkausal gewesen ist. Ein Verschulden des schädigenden Halters oder dessen Hilfsperson (Lenker) muss nach Artikel 61 Abs. 2 SVG die maßgebliche Schadensursache des Verkehrsunfalls darstellen.
Misslingt dem Geschädigten der Beweis des Verschuldens bzw. der Unfallkausalität, hat der Geschädigte keinen Schadensersatzanspruch.
b) Voranzustellen ist, dass Anhaltspunkte für einen vorübergehenden Verlust der Urteilsfähigkeit des Fahrers des beklagtischen Pkws oder für eine fehlerhafte Beschaffenheit des Beklagtenfahrzeugs i.S.d. Art. 61 Abs. 2 SVG nicht gegeben sind.
c) Die Beweisaufnahme konnte nicht zur Überzeugung des Gerichts ein Verschulden des Fahrzeugführer … ergeben.
Auch konnte die Klägerin nicht den Beweis führen, dass ein etwaiges Verschulden des Herrn … die maßgebliche Schadensursache des Verkehrsunfalls dargestellt hätte, also unfallkausal gewesen wäre.
Dies ergibt sich aus den Angaben des Sachverständigen … und einer umfassenden Würdigung der Angaben aller Zeugen.
Dabei hat sich für das Gericht ergeben, dass bereits nicht ausgeschlossen werden kann, dass Herr … bereits in die Garage eingefahren war, als der Omnibus gegen die rechte Leitplanke stieß, so dass kein sicherer direkter Zusammenhang zwischen dem Anprall des Omnibusses gegen die Leitplanke und dem Fahrverhalten des Herrn … herzustellen ist. Dies würde bedeuten, dass ein Fahrfehler des Omnibusfahrers vorliegt, für den der Unfall dann vermeidbar war; für den Pkw-Fahrer hingegen wäre der Unfall in diesem Fall nicht zu vermeiden gewesen.
Überdies konnte dem Pkw-Fahrer … auch kein schuldhaftes Verhalten, insbesondere keine Verstöße gegen die schweizerischen Straßenverkehrsvorschriften, namentlich Art. 31 SVG, Art. 32 SVG, Art. 34, 36, 39 SVG und Art. 45 SVG, nachgewiesen werden.
Hierzu im Einzelnen:
aa) In seinem schriftlichen Sachverständigengutachten vom 06.10.2017 führt der Sachverständige …, Sachverständiger für Straßenverkehrsunfälle, unter anderem Folgendes aus; auf das schriftliche Sachverständigengutachten vom 06.10.2017, Blatt 250 ff. der Akte, wird Bezug genommen:
Die Fahrbahnbreite der H.straße in … betrage im Verlauf der Rechtskurve 3,7-7,4 m. In Fahrtrichtung des klägerischen Busses sei eine Steigung von 5 bis 7 % vorhanden.
Den Fahrbahnverlauf und die Sichtverhältnisse für den Pkw-Fahrer zeigten die Bilder 36-37 mit den jeweiligen Sichtweiten. Bzgl. der gegenseitigen Sichtverhältnisse sei darauf hinzuweisen, dass im Gegensatz zum Busfahrer die neben der Fahrbahn im Kurvenverlauf befindliche Scheune für den Pkw-Fahrer keine Sichtbeeinträchtigung darstelle, da der 3,65 m hohe Omnibus mit seinem oberen Bereich die Scheune überrage und somit für den Pkw-Fahrer auch dann zu sehen sei, wenn er sich aus dessen Sicht hinter der Scheune befinde.
Nach Auswertung sämtlicher vorliegender objektiver Anhaltspunkte und der durchgeführten Variationsberechnungen sei es sowohl möglich, dass der Busfahrer aufgrund eines Fahrfehlers als auch aufgrund einer Ausweichlenkbewegung nach rechts mit dem Omnibus gegen die rechte Leitplanke gestoßen sei. Zutreffend sei, dass Herr … mit seinem Pkw an den äußeren linken Fahrbahnrand fahren müsse, um in einem Zug nach rechts in seine Garage einzufahren. Im vorliegenden Fall sei aufgrund des fehlenden Kontaktes zwischen dem Omnibus und dem Pkw nicht möglich, eine detaillierte Wegzeitbetrachtung durchzuführen, da nicht objektiv hinreichend genau feststellbar sei, wo sich der Pkw zu welchem Zeitpunkt vor dem Anstoß des Omnibusses gegen die Leitplanke befunden habe. So sei es möglich, dass Herr … mit seinem Pkw bereits in die Garage eingefahren sei, als der Omnibus gegen die rechte Leitplanke gestoßen sei. In diesem Fall sei kein sicherer direkter Zusammenhang zwischen dem Anprall des Omnibusses gegen die Leitplanke und dem Fahrverhalten des Herrn … herzustellen. Dann sei von einem Fahrfehler des Omnibusfahrers und von einer Vermeidbarkeit des Unfalls für ihn auszugehen. Der Unfall wäre in diesem Fall für den Pkw-Fahrer nicht zu vermeiden gewesen.
Die Möglichkeit der Unvermeidbarkeit des Verkehrsunfalles für den Omnibusfahrer bestehe aus technischer Betrachtung nur dann, wenn ihm aus juristischer Sicht eine schreckhafte Lenkbewegung nach rechts bei einem Abstand der Fahrzeuge von mindestens 18 m zueinander und einer Fahrgeschwindigkeit des Omnibusses von rund 20 km/h und des Pkws von rund 15 km/h zur Vermeidung eines Zusammenstoßes zuzubilligen sei. Ausgehend von diesen Entfernungen ergebe sich eine Vermeidbarkeit des Verkehrsunfalls für den Pkw-Fahrer, dass er seinen Pkw in diesem Fall deutlich vor Erreichen seiner Garage zum Stillstand hätte bringen können, wenn er entsprechend auf den entgegenkommenden Omnibus durch Einleitung einer Abbremsung reagiert hätte.
Im Termin vom 07.12.2017 ergänzte der Sachverständige … seine Ausführungen u.a. wie folgt; auf das Protokoll der öffentlichen Sitzung vom 07.12.2017, Blatt 309 ff. der Akte, wird Bezug genommen:
Er könne keine Aussage dazu treffen, wo sich das Fahrzeug des Zeugen … zum Zeitpunkt des Anschrammens der Leitplanke durch den Omnibus befunden habe. Die zeitlichen Zusammenhänge zwischen den jeweiligen Fahrspuren des Omnibusses und des Fahrzeugs … seien mangels objektiver Spuren nicht nachvollziehbar. Wenn der Fahrer des klägerischen Omnibusses erkenne, dass der Zeuge … mit seinem Pkw auf die linke Spur ausschwenke, dann müsse er auch den Abbiegevorgang gesehen haben, wenn er dort hingeblickt habe. Dies erfordere eine direkte Blickzuwendung des Omnibusfahrers in Richtung Pkw. Hierbei sei zu berücksichtigen, dass die Busfahrer, wie dies beim Ortstermin festgestellt worden sei, beim Durchfahren der Rechtskurve durch Blick in den rechten Außenspiegel kontrollieren würden, ob ein gefahrloses Durchfahren der Kurve mit dem Omnibus ohne Kontakt mit der rechten Leitplanke möglich sei. Wenn man davon ausgehe, dass der Omnibusfahrer mit entsprechendem Blick in den rechten Außenspiegel die Rechtskurve befahren habe, so wäre bei ständiger Kontrolle selbst durch Einleitung einer Abbremsung ein Anstoß gegen die Leitplanke zu vermeiden. Dagegen sei es möglich, dass durch eine bereits eingeleitete Ausweichlenkbewegung nach rechts aufgrund des möglichen Erkennens des Pkws beim Ausscheren nach links und einem anschließenden Kontrollblick nach rechts über den rechten Außenspiegel dennoch einen Anstoß gegen die rechte Leitplanke erfolge. Wenn man den Pkw des Zeugen … auf Höhe des Konsums sehe, könne man auch erkennen, dass der Pkw blinke. Es sei für den Busfahrer sehr schwer erkennbar, dass sich in seiner Fahrtrichtung gesehen links eine Garagenzufahrt befinde. Im Bereich der Anstoßstelle beim Durchfahren der Kurve wäre es nicht möglich gewesen, dass der Pkw an dem Omnibus vorbeifährt.
Des Weiteren machte der Sachverständige … im Termin vom 22.02.2018 u.a. die nachstehenden weiteren Angaben; auf das Protokoll der öffentlichen Sitzung vom 22.02.2018, Blatt 339 ff. der Akte, wird Bezug genommen:
Aus technischer Sicht deckten sich die Angaben des Omnibusfahrers, wonach er den … plötzlich gesehen habe nach dem Ende des Durchfahrens der Kurve, mit den Beobachtungen des Sachverständigen beim Ortstermin. Es hätten mehrere Busse beobachtet werden können, die in gleicher Fahrtrichtung wie das klägerische Fahrzeug unterwegs gewesen seien. Insbesondere sei hier zu beobachten gewesen, dass die Omnibusfahrer beim Durchfahren der Rechtskurve ständig nach links und rechts in die Außenspiegel blickten, um ein gefahrloses Durchfahren dieser Kurve zu gewährleisten. Dies decke sich auch mit den Angaben des Omnibusfahrers, wonach er beim Durchfahren der Rechtskurve zunächst den … nicht bemerkt habe und erst beim Ausfahren aus der Rechtskurve heraus den … plötzlich vor sich wahrgenommen habe.
Schließlich ergänzte der Sachverständige … seine Ausführungen im Termin vom 03.12.2018 wie folgt; auf das Protokoll der öffentlichen Sitzung vom 03.12.2018, Blatt 47 ff., wird Bezug genommen:
Die Angaben der Zeugen … die beide übereinstimmend angegeben hätten, nach vorne aus der Windschutzscheibe des Busses geblickt zu haben, und den Pkw zu diesem Zeitpunkt noch auf sich haben zukommen sehen, deuteten darauf hin, dass sich der Bus zu diesem Zeitpunkt bereits im Kurvenausgangsbereich befunden habe. Unter Berücksichtigung dieser Angaben sei es zumindest aus technischer Sicht auszuschließen, dass sich der Pkw bereits in der Garage befunden habe, als der Anstoß gegen die rechte Leitplanke erfolgt sei. Unter Berücksichtigung dieser Angaben sei es aus technischer Sicht objektiv ebenfalls nicht sicher auszuschließen, dass der Busfahrer aufgrund des entgegenkommenden Pkw-Fahrers aufgrund eines Fahrfehlers, das heiße durch ein übermäßiges Lenken nach rechts, gegen die Leitplanke gestoßen sei. Eine Ausweichlenkbewegung nach rechts in Bezugnahme mit einer zusätzlichen Abbremsung des Busfahrers sei im vorliegenden Fall ebenfalls aus technischer Sicht darstellbar. Für den Pkw-Fahrer ändere sich bzgl. der Vermeidbarkeit nichts. Für den Pkw-Fahrer sei es durchaus möglich gewesen, früher zum Stehen zu kommen, das heiße entsprechend früher anzuhalten und durch entsprechenden Blickkontakt mit dem Busfahrer die Situation zu klären. Es wäre auch sehr wahrscheinlich möglich gewesen, dass der Pkw-Fahrer auch bei einer nicht erfolgten Abbremsung des Busses in die Garage hätte einfahren können ohne eine entsprechende Kollision. Unter Berücksichtigung der Blickposition der Zeugen sei aus technischer Sicht davon auszugehen, dass ein rechts eingeschalteter Blinker des Pkws, wenn er eingeschaltet gewesen wäre, zu sehen gewesen wäre. In dieser Situation hätte der Anhalteweg für den Omnibusfahrer ausgereicht, um vor dem entgegenkommenden Pkw anzuhalten, wie dies auch tatsächlich der Fall war. Aus technischer Sicht bestehe die Unfallursächlichkeit in erster Linie aufgrund der Lenkbewegung des Omnibusfahrers, da er aufgrund der Lenkbewegung nach rechts gegen die rechte Leitplanke gestoßen sei. Aufgrund der dargestellten Situation sei es aus technischer Sicht durchaus nachvollziehbar, dass es auch bei einem Durchfahren des Busses ohne Abbremsung nicht zu einer Kollision mit dem Pkw gekommen wäre und somit der Pkw-Fahrer nach rechts in die Garage hätte einfahren können, ohne dass es eine Kollision zwischen dem Bus und dem Pkw gegeben hätte. Wenn davon ausgegangen werden würde, dass der Blinker am Beklagtenfahrzeug nicht nach rechts gesetzt worden wäre, so ergäbe sich für den Omnibusfahrer aufgrund der örtlichen Gegebenheiten kein sicherer Anhaltspunkt dafür, dass der Pkw-Fahrer tatsächlich versucht bzw. beabsichtigt hätte, nach rechts in seine Garage einzufahren.
bb) Der Sachverständige … ist dem Gericht aus einer Vielzahl von Verfahren als ausgesprochen sachkundiger, zuverlässiger und gründlicher Gutachter bekannt. Das Gericht macht sich die nachvollziehbaren, sachkundigen Ausführungen des Sachverständigen zu eigen und legt diese in eigener Würdigung in ihrer Gesamtheit der Beurteilung zugrunde.
cc) Die vernommenen Zeugen machten die folgenden Angaben:
(1) Zeuge … (Fahrer des klägerischen Omnibusses):
Der Zeuge … gab im Termin vom 21.07.2016 an (auf das Protokoll der öffentlichen Sitzung vom 21.07.2016, Blatt 162-164 der Akte, wird Bezug genommen), dass er am Ausgang der Kurve plötzlich einen schnellen SUV gesehen habe. Er habe gedacht, bevor es krache, fahre er den Bus rechts ran und in die Leitplanke. Er sei so weit rechts gefahren, wie er gemeint habe, dass es nötig sei, damit der Pkw eventuell vorbeikomme. Der SUV sei auf seiner Seite, er sitze links im Bus, entgegen gekommen. Er sei mit dem Bus etwa 25-30 km/h schnell gewesen. Der SUV sei vielleicht 10-15 m weg gewesen, als er ihn das erste Mal gesehen habe. Er wisse nicht, wie schnell er gewesen sei. Der Pkw habe nicht geblinkt. Er sei schon in der Leitplanke drinnen gewesen, als der Pkw dann in die Garage abgebogen sei. Der Pkw sei für ihn eher schnell dran gewesen. Er sei, als er den SUV gesehen habe, aus der Kurve schon raus gewesen und auf jeden Fall schon über die Brücke drüber gewesen.
In der Sitzung vom 03.12.2018 bekundete der Zeuge … u.a. (auf das Protokoll der öffentlichen Sitzung vom 03.12.2018, Blatt 466-468, wird Bezug genommen), dass er schon am Ausgang der Kurve gewesen sei, als der Unfall passiert sei. Er habe in der Kurve auch in den Spiegel geschaut. In der Kurve sei ihm auf seiner Seite ein schwarzer SUV entgegen gekommen. Er sei dann rechts ran gefahren, um einen Frontalzusammenstoß zu vermeiden. Er sei mit etwa 15-20 km/h unterwegs gewesen. Er habe kein Blinklicht des Fahrzeuges SUV gesehen. Wenn er geblinkt hätte, hätte er anders reagiert, dann wäre ihm klar gewesen, dass er wohl irgendwo einfahren wolle. Als er aus der Kurve raus gefahren sei, habe er das schwarze Fahrzeug das erste Mal gesehen. Für ihn sei der SUV schnell unterwegs gewesen. Er wisse nicht, wie schnell. Man könne dort aber eh nicht so schnell fahren. Er habe einen schwereren Unfall vermeiden wollen. Er sei stehen geblieben, weil er einen Totalzusammenstoß vermeiden habe wollen und gedacht habe, er wolle vielleicht vorbeifahren. Erst, als er schon stehen geblieben und in der Leitplanke gestanden sei, habe er das Auto in die Garage abbiegen sehen, zumindest soweit er sich daran nach vier Jahren jetzt erinnern könne.
(2) Zeugin … (Mitfahrerin im klägerischen Omnibus):
Die Zeugin … teilte im Termin vom 21.07.2016, vgl. Protokoll der öffentlichen Sitzung vom 21.07.2016, Blatt 155 bis 157 der Akte, unter anderem mit, dass sie gesehen habe, dass einer runter fahre und sie gedacht habe, oh je, der fahre uns rein. Die Kurve sei sehr eng zum Rumfahren gewesen. Einen Blinker habe sie bei dem Pkw nicht gesehen. Sie könne ausschließen, dass er geblinkt habe, weil sie sonst nicht gedacht habe, dass er ihnen rein fahre. Es könne schon sein, dass der Bus, als sie aufgestanden sei und den Pkw gesehen habe, möglicherweise schon an der Leitplanke gestanden habe, da etwas gewesen sein müsse, da sie sonst nicht aufgestanden wäre. Der Bus sei nicht schnell gewesen. Sie habe gleich links in der ersten Reihe gesessen und habe nach rechts geschaut. Das Auto sei direkt in der Mitte der Straße heruntergekommen. Das Auto sei normal gefahren, nicht gerast und nicht langsam. Sie könne nicht sagen, wie weit das Auto vom Bus weg gewesen sei, als es verschwunden sei. Sie könne nicht genau sagen, ob sich der Bus noch bewegt habe, als sie das Auto wahrgenommen habe. Sie denke schon. Sie denke, dass der Bus noch ein Stückchen vorne gefahren sei. Sie sei allerdings auf das Auto konzentriert gewesen, sodass sie das nicht genau sagen könne.
Die Zeugin … bekundete im Termin vom 03.12.2018 u.a. (auf das Protokoll der öffentlichen Sitzung vom 03.12.2018, Blatt 468, 469 der Akte, wird Bezug genommen), dass sie nicht wisse, wie schnell das Fahrzeug gewesen sei, das runter gefahren sei. Sie habe nicht gesehen, ob es geblinkt habe oder nicht. Sie hätte es vielleicht gesehen, wenn es geblinkt hätte. Sie wisse es aber nicht. Sie wisse auch nicht, wie schnell der Bus gewesen sei, jedenfalls nicht schnell. Das Auto, das entgegen gekommen sei, sei mehr in der Mitte gefahren. Sie wisse nicht, ob es mehr auf der rechten oder auf der linken Seite gefahren sei.
(3) Zeuge … (Mitfahrer im klägerischen Omnibus):
Der Zeuge … gab im Termin vom 01.07.2016 unter anderem an (auf das Protokoll der öffentlichen Sitzung vom 21.07.2016, Blatt 158-159 der Akte, wird Bezug genommen), dass er einen Jeep auf den Bus habe zufahren sehen. Der Jeep sei ziemlich schnell auf den Bus zugekommen. Er habe gedacht, dass er in den Bus rein fahre. Er meine, dass er mehr auf der linken als auf der rechten Seite gefahren sei. Der Bus sei dann plötzlich verschwunden gewesen. Der Bus sei nicht schnell gewesen, vielleicht etwa 30 km/h. Er könne es wirklich nicht genau sagen. Es sei ja auch eine kleine Kurve gewesen. Der Bus sei dann zur rechten Seite gefahren und es habe einen Schlag gegeben. Der Schlag sei im Fahren gewesen. Er denke, der Pkw sei bei dem Schlag schon in der Garage gewesen. Das wisse er aber nicht genau. Er könne nicht mehr genau sagen, ob bei dem Schlag der Pkw schon weg gewesen sei. Der Jeep sei nicht gerade langsam unterwegs gewesen. Wie schnell er gewesen war, könne er nicht sagen und auch nicht schätzen. Er denke, dass der Pkw wohl eher auf der linken als auf der rechten Seite gefahren sei. Er glaube nicht, dass der Jeep großartig beim Einfahren in die Garage abgebremst habe. Er sei mit ziemlich gleicher Geschwindigkeit den Berg hinunter und in die Garage rein gefahren. Einen Blinker habe er beim Pkw nicht gesehen.
Der Zeuge … erklärte im Termin vom 03.12.2018 (auf das Protokoll der öffentlichen Sitzung vom 03.12.2018, Blatt 470, 471 der Akte, wird Bezug genommen), dass er gesehen habe, dass ein Jeep direkt auf den Bus zufahre. Er habe gedacht, der fahre in den Bus rein. Er habe nicht gesehen, dass der Jeep geblinkt habe. Dann habe es auch schon gekracht. Er wisse nicht mehr, wo das Auto gewesen sei, ob es schon in der Garage gewesen sei, als es gekracht habe. Es sei alles ziemlich nacheinander gegangen. Der Jeep sei auf den Bus drauf zugekommen. Er sei in Richtung der Mitte des Busses auf den Bus zugefahren und dann rechts in die Garage eingebogen. Er könne nicht schätzen, wie schnell der Jeep gefahren sei. Er könne nicht so langsam gewesen sein. Er sei dann in einem Zug in die Garage rein gefahren. Der Bus sei ganz langsam gefahren. Der Pkw sei aus dessen Fahrtrichtung links gefahren und habe dann ausgeholt, damit er in seine Garage einfahren könne. Er sei direkt auf den Bus zugefahren. Er habe den Pkw durch die Windschutzscheibe gesehen und nicht durch die Seitenscheibe nach vorn.
(4) Zeugin … (Mitfahrerin im klägerischen Omnibus):
Die Zeugin … machte im Termin vom 21.07.2016 folgende Angaben; auf das Protokoll der öffentlichen Sitzung vom 21.07.2016, Blatt 159-162, wird Bezug genommen: Es sei ein Gegenfahrzeug auf sie zugeschossen gekommen und sie habe gedacht, der sei lebensmüde. Plötzlich sei er dann verschwunden. Er sei kerzengerade auf den Bus zu herunter gefahren. Sie habe keinen Blinker sehen können. Bzgl. der Geschwindigkeit des Busses könne sie nur schätzen. Er sei langsam um die Kurve herum gefahren. Sie habe in der ersten Reihe auf der rechten Sitzreihe, linker Platz, gesessen. Der Pkw sei mit seiner Geschwindigkeit in die Garage hinein gefahren. Sie könne nicht sagen, wie schnell er genau gefahren sei. Er sei auf jeden Fall schnell auf sie zu gefahren und habe nicht geblinkt. Der Bus sei gestanden, als der Pkw in der Garage verschwunden gewesen sei. Sie wisse nicht mehr, ob der Bus noch gefahren sei oder schon gestanden habe, während sie das Auto gesehen habe. Sie könne nicht mehr sagen, ob der entgegenkommende Pkw schon verschwunden gewesen sei, als der Krach mit der Leitplanke und Bus passiert sei. Das sei zu lange her. Sie sei der Meinung, dass der Pkw noch auf sie zu gekommen sei, als der Bus mit der Leitplanke kollidiert sei.
Im Termin vom 03.12.2018 teilte die Zeugin … weiter mit (auf das Protokoll der öffentlichen Sitzung vom 03.12.2018, Blatt 469, 470 der Akte, wird Bezug genommen), dass das Auto kerzengerade auf den Bus zugekommen sei. Sie habe gedacht, der sei lebensmüde. Sie wisse nicht, wie schnell das Fahrzeug gewesen sei, jedenfalls sehr schnell. Sie denke, es sei mittig und leicht rechts gefahren. Das Auto habe nicht geblinkt, sonst hätte sie ja nicht vermutet, dass er sich umbringen wolle. Sonst hätte sie ja geschaut, was links sei. Sie wisse nicht, wie schnell der Bus gefahren sei, jedenfalls langsam, weil er in die Kurve hinein gefahren sei. Sie wisse nicht, ob das Auto schon weg gewesen sei, als es gekracht habe. Sie habe nach vorne geschaut, als sie das Auto gesehen habe, nicht zur Seite.
In ihrer Vernehmung vor der … am 10.09.2014, Anlage B1, hatte die Zeugin … unter anderem angegeben, dass sie das entgegenkommende Fahrzeug bereits habe sehen können, als der Bus in die Kurve hineingefahren sei. Auf die entsprechende Niederschrift, welche im Termin vom 21.07.2016 mit der Zeugin besprochen wurde, wird Bezug genommen.
(5) Zeuge … (Fahrer des beklagtischen Pkws):
Der Zeuge … wurde im Wege der Rechtshilfe vom Bezirksgericht am 05.12.2016 vernommen; auf das Protokoll der Zeugeneinvernahme vom 05.12.2016, Blatt 221-225, wird Bezug genommen. Er gab unter anderem folgendes an: Er habe an seinem Fahrzeug den Blinker gesetzt, anfangs Bündnerzaun, beim ehemaligen Konsum …. Er sei höchstens 15 km/h gefahren, er habe ja da abbremsen müssen, bevor er in die Garage gefahren sei. Er sei auf der rechten Fahrbahn vor dem Abbiegen in die Garage gefahren. Dann bei der Treppe bei seinem Haus sei er auf die linke Seite ausgeschwenkt, um in die Garage hineinfahren zu können. Beim Abbiegen in die Garage habe sich der Bus etwa in der Mitte der Brücke, eher ein wenig gegen den Ausgang der Kurve, befunden. Der Bus sei beim Abbiegen in die Garage etwa 10 oder 12 m von ihm entfernt gewesen. Er sei noch gefahren, der Bus sei nicht schnell gewesen. Er schätze die Geschwindigkeit mit 10-12 km/h des Busses. Der Bus sei schon in der Leitplanke gewesen, als sie ausgestiegen seien. Er habe die Kollision nicht gesehen, er habe ein Krachen oder Geräusch nicht wahrgenommen. Er gehe davon aus, dass das ganze passiert sei, als er bereits in der Garage gewesen sei. Als er den Bus das erste Mal gesehen habe, sei er auf der Höhe des ehemaligen Konsums in Schmitten gewesen, auf Höhe der ehemaligen Sägerei. Als sie den Bus das erste Mal gesehen hätten, habe sich der Bus anfangs der Brücke befunden.
(6) Zeugi… (Beifahrerin im beklagtischen Pkw):
Die Zeugin … wurde im Wege der Rechtshilfe vom Bezirksgericht am 05.12.2016 vernommen. Auf das Protokoll der Zeugeneinvernahme vom 05.12.2016, Blatt 215-219 der Akte, wird Bezug genommen. Sie gab unter anderem an, dass der Fahrer des Pkw …, ihr Ehemann, den Blinker auf Höhe des alten … gestellt habe. Sie könne nicht sagen, wie schnell der Pkw … gewesen sei, aber nicht schnell. Er habe ja ausholen müssen, um in die Garage einzubiegen. Der Pkw … habe sich vor dem Abbiegen in die Garage auf der rechten Fahrspur befunden, habe den Blinker betätigt, sei auf die linke Straßenseite hinüber in den Bereich der Leitplanke geschwenkt und sei dann rechts in die Garage hinein gebogen. Sie könne nicht sagen, wo sich der Bus beim Einbiegen befunden habe. Sie könne nicht sagen, wo sich der Bus zum Zeitpunkt, als sie abgebogen seien, befunden habe. Sie glaube, dass der Bus noch in Bewegung gewesen sei. Der Bus sei langsam gefahren. Ihr Mann sei sicherlich nicht ohne Abbremsen eingebogen.
Sie habe ein Geräusch oder ein Krachen gehört. Zu diesem Zeitpunkt hätten sie sich bereits in der Garage befunden. Als sie den Bus zum ersten Mal wahrgenommen hätten, hätte ihr Mann schon den Blinker gesetzt. Sie hätten sich auf Höhe des ehemaligen … beim R.weg befunden. Der Bus sei bei de… zum Vorschein gekommen.
cc) In Anbetracht der Zeugenaussagen kann das Gericht keine sichere Überzeugung davon gewinnen, dass sich der Bus zu dem Zeitpunkt, als die im Bus sitzenden Zeugen diesen noch auf sich zukommen sahen, bereits am Kurvenausgang befunden hätte (mit der Konsequenz, dass dann aus technischer Sicht ausgeschlossen wäre, dass sich der Pkw bereits in der Garage befunden hätte, als der Anstoß des Busses gegen die rechte Leitplanke erfolgte).
Zwar kam der Sachverständige … im letzten Termin vom 03.12.2018 unter Berücksichtigung der Aussagen der Zeugen …, welche übereinstimmend in diesem Termin davon gesprochen hatten, nach vorne aus der Windschutzscheibe des Busses geblickt zu haben, zu dem Ergebnis, dass sich der Bus zu diesem Zeitpunkt bereits im Kurvenausgangsbereich befunden habe.
Das Gericht kann aber die entsprechenden Aussagen der Zeugen nicht als Anknüpfungspunkte für die sachverständige Beurteilung zugrunde legen. Denn der Zeuge … gab im Termin vom 01.07.2016, also noch im näheren zeitlichen Abstand zum Unfall, an, dass er denke, dass der Pkw bei dem Schlag (damit meinte er die Kollision mit der Leitplanke) schon in der Garage gewesen sei. Zwar teilte er auch mit, dies nicht mehr genau zu wissen. In Anbetracht dieser Angabe ist das Gericht aber nicht davon überzeugt, dass der sachverständigen Beurteilung die o.g. Anknüpfungspunkte zugrunde gelegt werden müssten. Zudem hat die Zeugin … bei ihrer Vernehmung am Unfalltag angegeben, dass sie das entgegenkommende Fahrzeug bereits habe sehen können, als der Bus in die Kurve hingefahren sei. Das Gericht verkennt nicht, dass sie bei einer späteren Vernehmung angab, dass sie der Meinung sei, dass der Pkw noch auf sie zu gekommen sei, als der Bus mit der Leitplanke kollidiert sei. Allerdings hatten die beiden Zeugen vom Unfallhergang insgesamt kein sicheres Wissen mehr, was in Anbetracht des Zeitablaufs auch nicht verwunderlich erscheint. Damit kann das Gericht auch nicht davon ausgehen, dass ausgerechnet die Blickrichtung noch sicher erinnert werden würde, wenn schon nicht die Einzelheiten des Kerngeschehens erinnerlich sind und teils divergierend angegeben werden.
Das Gericht kann hier auch nicht allein auf die Angaben des Zeugen … abstellen, der von Anfang an konstant angegeben hatte, dass er den SUV das erste Mal am Ausgang der Kurve gesehen habe. Auch gab er an, dass das Auto in die Garage gefahren wäre, als der Bus schon in der Leitplanke stand. Jedoch teilte der Zeuge … auch mit, dass er in der Kurve auch in den Spiegel geschaut habe. Wie der Sachverständige … mitteilte, ist ein permanentes Schauen in die Spiegel bei Busfahrern in dieser Kurve auch typisch, da diese damit beschäftigt seien, auf diese Weise den Bus ohne Anstoß durch die Kurve zu manövrieren. Damit lässt sich nicht ausschließen, dass der SUV bereits zu einem früheren Zeitpunkt im Blickfeld des Zeugen … war, dieser den SUV aber erst später wahrgenommen hat. Zudem handelt es sich bei dem Zeugen … um den Busfahrer des beschädigten Busses der Klägerin, womit ein gewisses Eigeninteresse daran, einen für ihn günstigen Unfallhergang zu schildern, nicht ausgeschlossen werden kann. Außerdem lässt sich diese Aussage des Zeugen … auch nicht mit der Angabe des Fahrers des beklagtischen Pkws in Einklang bringen, wonach sich der Bus etwa in der Mitte der Brücke, eher ein wenig gegen den Ausgang der Kurve, befunden haben soll. Dieser war weiter davon ausgegangen, dass sich die Kollision ereignete, als er bereits in der Garage gewesen sei. Auch die Zeugin … glaubte, dass der Bus beim Abbiegen noch in Bewegung gewesen sei. Als sie ein Geräusch oder Krachen gehört habe, hätte sich der Pkw bereits in der Garage befunden. Auch bei diesen beiden Zeugen handelt es sich, wie das Gericht nicht verkennt, um Zeugen, welche ein gewisses Eigeninteresse haben könnten, den Unfallhergang ebenfalls für sich günstig zu schildern, da ihr Pkw beim Unfall beschädigt wurde. Das Gericht vermag hier keinem Zeugen der beiden „Lager“ mehr Glauben zu schenken als dem anderen.
Dementsprechend kann gemäß der Angaben des Sachverständigen … in seinem Ausgangsgutachten vom 06.10.2017 nicht ausgeschlossen werden, dass Herr … mit seinem Pkw bereits in die Garage eingefahren sei, als der Omnibus gegen die rechte Leitplanke gestoßen ist. Hiervon ausgehend ist dann auch kein sicherer direkter Zusammenhang zwischen dem Anprall des Omnibusses an die Leitplanke und dem Fahrverhalten des Herrn … herzustellen. Die erforderliche Kausalität des Fahrverhaltens des beklagtischen Pkws ist damit nicht nachgewiesen.
dd) Weiterhin ist kein Verschulden des Fahrers des beklagtischen Pkws zur Überzeugung des Gerichts nachgewiesen.
Ein Verhalten ist schuldhaft, wenn es dem Handelnden persönlich zum Vorwurf reicht, weil er sich in der gegebenen Situation anders hätte handeln sollen und können. Der Vorwurf gründet sich also darauf, dass sich der Anspruchsgegner unrichtig verhalten hat, obgleich es ihm bei nötiger Sorgfalt oder Aufmerksamkeit oder bei gutem Willen möglich gewesen wäre, sich richtig zu verhalten. Als Verschuldensform ist Vorsatz und Fahrlässigkeit denkbar. Im Anwendungsbereich des Art. 61 Abs. 1 SVG liegt die Fahrlässigkeit des Halters typischerweise in der Verletzung von Verkehrsregeln nach Art. 26 ff. SVG. Die Verkehrsregelverletzung schafft eine Art Vermutung für das Vorliegen eines schuldhaften Verhaltens.
(1) Für ein vorsätzliches Handeln des … ist weder etwas vorgetragen noch sonst ersichtlich.
(2) Verstöße des Fahrers des beklagtischen Pkw gegen die Verkehrsvorschriften des SVG sind nicht zur Überzeugung des Gerichts nachgewiesen.
Art. 31 SVG:
Der Pkw-Fahrer … hat nicht gegen Art. 31 SVG verstoßen, wonach der Führer das Fahrzeug ständig so zu beherrschen hat, dass er seinen Vorsichtspflichten nachkommen kann. Beherrschen bedeutet nach der schweizerischen Literatur, dass der Fahrer Herr der Maschine bleibt, diese also dorthin fährt, wo er will. Es ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass … beim Einfahren in seine Garage die Beherrschung über seinen Pkw verloren hätte.
Art. 32 SVG:
Auch ein Verstoß gegen Art. 32 SVG liegt nicht vor.
Nach Art. 32 SVG ist die Geschwindigkeit stets den konkreten Umständen anzupassen, namentlich den Besonderheiten von Straßen-, Verkehrs- und Sichtverhältnissen. Diese Verhaltenspflicht wird in Art. 4 Abs. 1 der schweizerischen Verkehrsregelverordnung (VRV) konkretisiert. Nach Art. 4 Abs. 1 VRV darf ein Fahrzeugführer nur so schnell fahren, dass er innerhalb der überblickbaren Strecke anhalten kann.
Wie sich aus den Ausführungen des Sachverständigen … ergibt, bestanden beim Zufahren auf die Unfallörtlichkeit keine Sichtbehinderungen für den Fahrer des bei der Beklagten versicherten Pkws; der klägerische Omnibus mit einer Höhe von 3,65 m konnte auch eine im Kurvenverlauf befindliche Scheune überragen. Die Geschwindigkeit des Beklagtenfahrzeugs betrug beim Einfahren in die Garage laut eigener Angaben 15 km/h. Auch die übrigen Zeugen sprachen zwar davon, dass der Pkw schnell gewesen sei, relativierten dies aber dahingehend, dass man in der Kurve nicht habe so schnell fahren können. Der Sachverständige konnte hierzu aufgrund einer fehlenden Kollision keine näheren Angaben machen.
Es ist damit nicht nachgewiesen, dass der Pkw-Fahrer den konkreten Umständen entsprechend zu schnell gefahren wäre.
Art. 34. 36. 39 SVG:
In Art. 34 Abs. 1 SVG ist das allgemeine Rechtsfahrgebot auf schweizerischen Straßen konstituiert. Art. 34 Abs. 3 SVG verpflichtet den Fahrzeugführer, beim Ändern der Fahrtrichtung auf den Gegenverkehr Rücksicht zu nehmen. Nach Art. 36 Abs. 1 SVG muss sich, wer nach rechts abbiegen will, an den rechten Straßenrand halten.
Verstöße des Pkw-Fahrers gegen diese Verkehrsvorschriften sind nicht nachgewiesen.
Das Rechtsfahrgebot ist vorliegend nicht verletzt, da nach den Feststellungen des Sachverständige … der Pkw-Fahrer … mit seinem Pkw an den äußeren linken Fahrbahnrand fahren musste, um mit seinem Pkw in einem Zug in seinen Garage einzufahren. Es war ihm also nicht möglich, in die Garage in einem Zug abzubiegen, ohne den linken Fahrbahnstreifen zu benutzen. Ein Anhalten und Rangieren von der rechten Fahrbahnseite aus hätte wiederum den Einbiegevorgang vor der Kurvensituation zeitlich verlängert, was wiederum sowohl für den nachfolgenden Verkehr als auch für den aus der Kurve kommenden Gegenverkehr gefährlicher gewesen wäre.
Das Gericht verkennt nicht, dass der Fahrer bei einer Aushollenkbewegung nach der Gegenseite nach Art. 13 Abs. 5 VRV besonders vorsichtig fahren und nötigenfalls anhalten muss, um andere Fahrzeuge durchzulassen. Jedoch kann vorliegend nicht nachgewiesen werden, dass der Pkw-Fahrer durch seine Aushollenkbewegung tatsächlich den Gegenverkehr, sprich den klägerischen Bus, gefährdet hat. Der Sachverständige … konnte mangels eines Kontaktes zwischen dem Bus und dem Pkw nicht feststellen, wo sich der Pkw zu welchem Zeitpunkt vor dem Anstoß des Busses gegen die Leitplanke befunden hat. So war es nach seinen Erläuterungen, wie bereits unter cc) ausgeführt, auch möglich, dass sich der Pkw zum Zeitpunkt des Anstoßes bereits in der Garage befunden hat (vgl. hierzu cc). Es war dann also kein sicherer direkter Zusammenhang zwischen dem Fahrmanöver des Pkws und dem Anprall des Busses an die Leitplanke gegeben. Der Unfall wäre dann für den Pkw-Fahrer nicht zu vermeiden gewesen. In einer solchen Konstellation ist nicht nachgewiesen, dass der Pkw-Fahrer Veranlassung gehabt hätte, hier vor dem Bus anzuhalten, zumal der Sachverständige … auch mitteilte, dass der Pkw-Fahrer auch bei einer nicht erfolgten Abbremsung des Busses in die Garage hätte einfahren können ohne eine entsprechende Kollision. Es ist damit nicht ausgeschlossen, dass der Pkw noch einen ausreichenden Abstand zum Bus hatte, um seinen Einbiegevorgang abzuschließen, ohne den Fahrer des Busses – objektiv betrachtet – zu einem Abbremsen oder Ausweichen zu bewegen.
Nach alledem ist auch kein Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot nachgewiesen.
Ferner ist kein Verstoß gegen Art. 39 SVG nachgewiesen. Gem. Art. 39 Abs. 1 lit. a Var. 3 SVG muss ein geplantes Abbiegen durch den Richtungsanzeiger bekannt gegeben werden.
Die Zeugen, welche dem klägerischen Lager zuzuordnen sind, also Fahrer und Mitfahrer des klägerischen Omnibusses, gaben zwar insofern übereinstimmend an, keinen Blinker gesehen zu haben; demgegenüber gaben aber die Zeugen aus dem Lager der Beklagten, nämlich Fahrer und Beifahrer des beklagtischen Pkws, an, den Blinker bereits rechtzeitig und in deutlicher Entfernung von der Abbiegestelle gesetzt zu haben. Insofern kann das Gericht hier nicht von einem entsprechenden Verstoß durch fehlendes Setzen des Blinkers ausgehen, da keine Veranlassung besteht und nichts dafür spricht, den Zeugen der Klagepartei mehr Glauben zu schenken als den Zeugen auf Seiten der Beklagten. Ein Verstoß gegen Art. 39 SVG ist damit nicht nachgewiesen.
Nach Artikel 39 Abs. 2 SVG entbindet eine erfolgte Zeichengebung nicht von der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt. Ein Sorgfaltsverstoß ist ebenfalls nicht nachgewiesen.
Art. 45 SVG:
Nach Art. 45 Abs. 1 S. 2 SVG hat auf Straßen mit starkem Gefälle und auf Bergstraßen an Stellen, wo das Kreuzen schwierig ist, in erster Linie das abwärts fahrende Fahrzeug rechtzeitig anzuhalten. Eine Legaldefinition für Gefälle oder Bergstraßen existiert nicht. Nach der Rechtsprechung des schweizerischen Bundesgerichts kann zumindest auch eine relativ schmale und kurvenreiche Straße unter Art. 45 Abs. 1 SVG fallen, auch wenn sie im konkreten Unfallbereich nur ein verhältnismäßig geringes Gefälle von 5,7-6,6 % hat.
Art. 45 Abs. 1 S. 2 SVG ist vorliegend bereits nicht anwendbar, da der konkrete Unfallbereich mangels einer Berührung der Fahrzeuge nicht feststeht und sich laut Sachverständigengutachten hier auch Abschnitte mit einem Gefälle von 5 %, also unter 5,7 %, befinden. Die Fahrbahnbreite variiert mit 3,7-7,4 Metern ebenfalls sehr (um das Doppelte); es sind auch Bereiche vorhanden, welche nicht als relativ schmal zu qualifizieren wären.
Ohnehin aber wäre dem Fahrer des beklagtischen Pkw ein Verstoß gegen Art. 45 Abs. 1 S. 2 SVG nicht nachweisbar. Wie bereits ausgeführt, kann ein Fahrfehler des Fahrers des klägerischen Busses nicht ausgeschlossen werden. Es ist nicht ausgeschlossen, dass der Pkw in die Garage eingefahren ist, ohne den Bus vorwerfbar zu gefährden. Auf die obigen Ausführungen wird Bezug genommen.
(3) Auch ein sonstiges fahrlässiges Handeln des …-über die unter (2) genannten Verstöße hinaus – ist nicht nachgewiesen. Das ihm von der Klägerin vorgeworfene Fehlverhalten beschränkt sich auf die bereits geprüften möglichen Verstöße.
ee) Letztlich kann auch dahinstehen, ob ein im deutschen Recht zu Lasten der Beklagtenpartei geltender Anscheinsbeweis im vorliegenden Fall zur Anwendung kommen kann.
Ein solcher ist nämlich bereits deshalb nicht gegeben, weil es zu keiner Berührung der Fahrzeuge kam und nicht nachgewiesen ist, dass der beklagtische Pkw das Fahrmanöver des klägerischen Busses kausal hervorgerufen hätte.
ff) Etwas anderes ergibt sich entgegen den Erwägungen der Klagepartei auch nicht aus dem Urteil des Kantonsgerichts von Graubünden vom 29.05.2017, bei den klägerischen Anlagen befindlich (Anlage zum Schriftsatz des Klägervertreters vom 20.11.2017, Blatt 299-305 der Akte).
Zwar hat das Kantonsgericht von … den Führer des klägerischen Omnibusses bzgl. eines Verstoßes gegen die Verkehrsregeln im Zusammenhang mit dem Unfallereignis am 29.05.2017 vollständig freigesprochen.
Hieraus ergibt sich jedoch nicht, dass damit ein Verschulden des Fahrers des beklagtischen Pkws feststehen würde.
Voranzustellen ist, dass das Zivilgericht nach deutschem Verfahrensrecht nicht an die Erkenntnisse eines ausländischen Strafgerichts gebunden ist. Die Darstellung und Anwendung ausländischen Rechts in einem ausländischen Strafurteil kann eine gewisse Indizwirküng im Rahmen des § 293 ZPO entfalten.
Aus dem genannten Urteil geht hervor (Seite 9 des Urteils unter 3 b), dass die Beweislast für die dem Angeklagten zur Last gelegte Tat auch in der Schweiz grundsätzlich beim Staat, also bei den Strafbehörden, liegt und dass an diesen Beweis hohe Anforderungen zu stellen sind. Verlangt wird hiernach mehr als eine bloße Wahrscheinlichkeit, nicht aber ein absoluter Beweis der Täterschaft. Weiterhin geht aus dem Urteil auf Seite 12 unter 5 c) aa) und bb) hervor, dass das Gericht von ca. 10 m zwischen den beiden Fahrzeugen ausging (vgl. Hierzu auch Seite 17, unterer Absatz des Urteils).
Damit musste das Kantonsgericht von …-ebenso wie dies in Deutschland der Fall istvon der Unterschuldvermutung ausgehen, sodass Zweifel zugunsten des dortigen Angeklagten, des Busfahrers, gingen. Im vorliegenden Fall hat demgegenüber der Kläger etwaige Verursachungsbeiträge des gegnerischen Pkws zu beweisen. Die Ausgangsbasis ist damit eine andere.
Außerdem ist das Kantonsgericht von …, wie sich aus den Gründen ergibt, bei seiner Urteilsfindung von anderen Anknüpfungstatsachen ausgegangen, als sie hier durch die Sachverständigenbegutachtung durch den Sachverständigen … festgestellt werden konnten. Dort wurde von einem Abstand von 10 m ausgegangen (vgl. Urteil S. 13 unter bb); vorliegend hat sich aber entsprechend der Erläuterungen des Sachverständigen ein Abstand zwischen den Fahrzeugen in einer Spanne von rund 9-10 bis max. 15-20 m ergeben. Das Vorgericht war von einer größeren Distanz als das Kantonsgericht von …, nämlich 16 m, ausgegangen (vgl. Urteil S. 13 unter bb). Bei dieser Ausgangslage war die Vorinstanz von einem Verschulden des Busfahrers ausgegangen.
Das Gericht muss sich vorliegend auf die im hiesigen Verfahren ergebenden Anknüpfungstatsachen und sachverständigen Feststellungen beziehen. Eine Übertragung der Gesichtspunkte aus dem o.g. Urteil scheidet damit aus.
Sofern das damalige Gericht zu der Auffassung kam, dass der Pkw den rechten Blinker nicht rechtzeitig gesetzt habe, konnte diese Feststellung im vorliegenden Verfahren ebenfalls nicht getroffen werden, da hierzu die Zeugenaussagen divergieren, vgl. hierzu schon oben.
4. Da eine Haftung der Beklagten dem Grunde nach ausscheidet, besteht auch kein Anspruch auf Zinsen und auf Zahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten nebst Pauschalen und Mehrwertsteuer.
C.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit basiert auf §§ 708, 711 und 709 S. 1, S. 2 ZPO.