Verkehrsrecht

Bruttoreparaturkosten und deren Verhältnis zum Bruttowiederbeschaffungswert

Aktenzeichen  5 U 74/17

Datum:
6.9.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 141428
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
Bamberg
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 249

 

Leitsatz

Verfahrensgang

5 U 74/17 2017-07-25 Bes OLGBAMBERG OLG Bamberg

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Aschaffenburg vom 30.03.2017, Aktenzeichen 34 O 164/16, wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Aschaffenburg ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 7.679,26 € festgesetzt.

Gründe

Die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Aschaffenburg vom 30.03.2017, Aktenzeichen 34 O 164/16, ist gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil nach einstimmiger Auffassung des Senats das Rechtsmittel offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.
Zur Begründung wird auf den vorausgegangenen Hinweis des Senats Bezug genommen.
Auch die Ausführungen in der Gegenerklärung geben zu einer Änderung keinen Anlass.
Das Erstgericht hat – wie im vorausgegangenen Hinweis ausführlich dargelegt – zutreffend den vom Schadensgutachter vorgenommenen Abzug Neu für Alt bei der Beurteilung der Frage, ob die Bruttoreparaturkosten den Bruttowiederbeschaffungswert übersteigen, außer Betracht gelassen. Es bleibt dabei, dass allein entscheidend die vom Schadensgutachter ermittelten Bruttoreparaturkosten und deren Verhältnis zum Bruttowiederbeschaffungswert sind. Nachdem die relevanten Bruttoreparaturkosten den Wiederbeschaffungswert übersteigen und der Kläger das beschädigte Fahrzeug nach den Unfall unstreitig nicht noch weitere 6 Monate benutzt hat, besteht lediglich ein Anspruch auf den Wiederbeschaffungsaufwand. Dieser Anspruch wurde bereits erfüllt.
Auch wenn der Bundesgerichtshof die streitgegenständliche Rechtsfrage nicht explizit entschieden hat, ergibt sich aber aus den bereits im Hinweis zitierten Entscheidungen, dass Bruttoreparaturkosten im Sinne der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Reparaturkosten inklusive Mehrwertsteuer sind, die anfallen, wenn unter Zugrundelegung der Feststellungen des Schadensgutachters das Fahrzeug repariert wird. Der vom Sachverständigen S. bei den „korrigierten Reparaturkosten“ vorgenommene Abzug Neu für Alt hat dabei außer Betracht zu bleiben. Es handelt sich hier entgegen der Ansicht der Berufung lediglich um eine Vorteilsausgleichung, die bei der Berechnung eines Schadensersatzanspruchs automatisch – bei Vorliegen der Voraussetzungen – vorgenommen wird (vgl. Palandt, BGB, 76. Auflage, § 2017, Vorbemerkung vor § 249 Rn. 67ff; Münchner Kommentar zum BGB, 7. Auflage 2016, § 249 Rn. 348ff). Dogmatisch hat ein solcher gegebenenfalls vorzunehmender Abzug Neu für Alt keine Verminderung der erforderlichen Bruttoreparaturkosten zur Folge. Ein gegebenenfalls vorzunehmender Abzug Neu für Alt steht des Weiteren auch unter dem Vorbehalt der Zumutbarkeit (vgl. Münchner Kommentar a.a.O.). Vorliegend ergeben sich auch keine unterschiedlichen Bewertungsmaßstäbe. Bei der Grenzwertberechnung ist der vom Sachverständigen errechnete Abzug Neu für Alt nicht zu berücksichtigen. Gleiches gilt auch für die vorliegend vorzunehmende Berechnung des Schadensersatzes. Auch bezüglich des Anspruchs auf den Wiederbeschaffungsaufwand bleibt der Abzug Neu für Alt unberücksichtigt, da er von vorneherein nicht zum Tragen kommt.
Aus den vorgenannten Gründen ist daher die gegensätzliche, insoweit auch nicht näher begründete, Rechtsauffassung von Egert, „Der Abzug Neu für Alt in Haftpflicht- und Kaskosachen in VA Verkehrsrecht aktuell, 25.07.2011, abzulehnen. Ein Abzug Neu für Alt ist im Rahmen einer Vorteilsausgleichung bei der Berechnung eines etwaigen Schadensersatzanspruchs bei Vorliegen der Voraussetzungen zu prüfen und gegebenenfalls zu berücksichtigen. Dies hat aber dogmatisch nichts mit der zunächst zu klärenden Frage zu tun, ob die Bruttoreparaturkosten den Bruttowiederbeschaffungswert übersteigen, wonach sich grundsätzlich erst ergibt, ob ein Anspruch lediglich auf den Wiederbeschaffungsaufwand oder auf einen Ersatz für fiktive höhere Reparaturkosten besteht.
Nach alledem ist die Berufung der Klagepartei zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Die Feststellung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des angefochtenen Urteils erfolgte gemäß § 708 Nr. 10 ZPO.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wurde in Anwendung der §§ 47, 48 GKG bestimmt.

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