Verkehrsrecht

Entziehung einer Fahrerlaubnis auf Probe bei Verstoß gegen Nachschulungsanordnung

Aktenzeichen  B 1 S 18.881

Datum:
4.9.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 39491
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Bayreuth
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
StVG § 2a Abs. 3

 

Leitsatz

1 Gem. § 2a Abs. 3 StVG ist die Fahrerlaubnis auf Probe zu entziehen, wenn ihr Inhaber einer vollziehbaren Anordnung der zuständigen Behörde zur Nachschulung nach Absatz 2 in der festgesetzten Frist nicht nachgekommen ist. Dass die Anordnung neben ihrer Vollziehbarkeit auch rechtmäßig ist, verlangt § 2a Abs. 3 StVG nach seinem Wortlaut nicht. Zur Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes ist es daher nicht notwendig und vom Gesetz auch nicht gewollt, dass im Rechtsmittelverfahren gegen die Entziehung der Fahrerlaubnis auf Probe inzident die Rechtmäßigkeit der Nachschulungsanordnung geprüft wird (Anschluss BayVGH BeckRS 2013, 48280 u.a.). (redaktioneller Leitsatz)
2 Eine spätere Teilnahme an dem Nachschulungskurs bewirkt keine nachträgliche Änderung derjenigen Sach- und Rechtslage, die für die Entziehung seiner Fahrerlaubnis maßgeblich war; § 2a Abs. 3 StVG knüpft die Entziehung der Fahrerlaubnis allein an den Umstand, dass der verbindlich angeordnete Nachschulungskurs nicht fristgerecht absolviert worden ist. Mit Ablauf dieser Frist wird die Verpflichtung der Verkehrsbehörde zur Entziehung der Fahrerlaubnis begründet, so dass die spätere Teilnahme an dem Nachschulungskurs diese Verpflichtung nicht nachträglich entfallen lässt. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
3. Der Streitwert wird auf 2.500 EUR festgesetzt.
4. Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts wird abgelehnt.

Gründe

I.
Der am … geborene Antragsteller wendet sich gegen die sofortige Vollziehbarkeit der Entziehung seiner Fahrerlaubnis, die ihm am 18. Juli 2016 erteilt wurde (mit einer Probezeit bis zum 18. Juli 2018).
Das Kraftfahrt-Bundesamt teilte dem Zweckverband Zulassungsstelle … (in Folgendem Zweckverband) mit Schreiben vom 14. März 2018 mit, dass der Antragsteller am 29. Dezember 2017 um 7.01 Uhr die zulässige Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 27 km/h überschritten habe. Die zulässige Höchstgeschwindigkeit läge bei 100 km/h. Rechtsgrundlagen für die Ordnungswidrigkeit, die mit einer Geldbuße von 80 EUR geahndet worden sei, seien § 41 Abs. 1 i.V.m. Anlage 2, § 49 StVO, § 24 StVG; 11.3.5 BKat (Datum der Entscheidung: 6. Februar 2018, Rechtskraft: 24. Februar 2018, Tilgungsdatum: 24. August 2018).
Mit Schreiben vom 26. März 2018 hörte der Zweckverband den Antragsteller zur beabsichtigten Anordnung der Teilnahme an einem Aufbauseminar an. Es wurde darauf hingewiesen, dass die Fahrerlaubnis gemäß § 2a Abs. 3 StVG zu entziehen sei, wenn der Anordnung nicht nachgekommen werde.
Nachdem eine Äußerung hierzu nicht erfolgte, ordnete der Zweckverband auf der Grundlage von § 2a Abs. 2 Nr. 1 StVG, § 34 FeV mit Bescheid vom 12. April 2018 (zugestellt am 13. April 2018) an, dass der Antragsteller an einem Aufbauseminar gem. § 2b StVG, § 35 FeV auf eigene Kosten teilzunehmen habe. Eine Bescheinigung über die Teilnahme sei bis zum 12. Juni 2018 vorzulegen. Es wurde verfügt, dass die Anordnung dem Kursleiter bei der Anmeldung vorzulegen sei (Nr. 1). Es wurde darauf hingewiesen, dass die Anordnung gemäß § 2a Abs. 6 StVG i.V.m. § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO für sofort vollziehbar gelte (Nr. 2) und dass sich die Probezeit nach § 2a Abs. 2a StVG um zwei Jahre verlängere.
Da auch hierauf keine Äußerung erfolgte, hörte der Zweckverband den Antragsteller zur beabsichtigten Entziehung der Fahrerlaubnis mit Schreiben vom 14. Juni 2018 an. Eine Äußerung hierzu solle bis spätestens „12.06.2018“ erfolgen. In dem Schreiben wurde in einem weiteren Abschnitt darauf hingewiesen, dass die Fahrschule … mitgeteilt habe, dass der Antragsteller am 8. Juni 2018 ein Aufbauseminar beginnen würde. Nach Abschluss des Kurses werde umgehend um die Vorlage der Teilnahmebescheinigung gebeten. Die Angelegenheit wäre dann damit erledigt.
Mit Bescheid vom 23. Juli 2018 (zugestellt am 24. Juli 2018) entzog der Zweckverband dem Antragsteller die Fahrerlaubnis der Klassen AM, B und L (Nr. 1). Er ordnete an, dass der Führerschein spätestens 5 Tage nach der Zustellung des Bescheids bei der Fahrerlaubnisbehörde abzugeben sei (Nr. 2). Für den Fall, dass der Antragsteller dieser Verpflichtung nicht nachkomme, werde ein Zwangsgeld in Höhe von 500 EUR fällig (Nr. 3). Die sofortige Vollziehung der Nrn. 1 und 2 wurde angeordnet (Nr. 4). Es wurde ausgeführt, dass der Verkehrsverstoß vom 29. Dezember 2017 nach der Anlage 12, Abschnitt 1 FeV mit 1 Punkt bewertet werde. Sei gegen den Inhaber einer Fahrerlaubnis während der Probezeit wegen einer Ordnungswidrigkeit eine rechtskräftige Entscheidung ergangen, die nach § 28 Abs. 3 Nr. 1 bis 3 StVG in das Verkehrszentralregister einzutragen sei, so habe die Fahrerlaubnisbehörde die Teilnahme an einem Aufbauseminar anzuordnen, wenn eine schwerwiegende oder zwei weniger schwerwiegende Zuwiderhandlungen begangen wurden. Der Antragsteller sei mit einer Zuwiderhandlung nach Abschnitt A der Anlage 12 zu § 34 FeV aufgefallen (schwerwiegende Zuwiderhandlung). Gemäß § 2a Abs. 3 StVG sei die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn ein Inhaber einer Fahrerlaubnis innerhalb einer gesetzten Frist der Anordnung nach § 2a Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 StVG nicht nachkomme. Dieser Sachverhalt sei vorliegend gegeben. Besondere Gründe seien nicht ersichtlich oder vorgetragen. Weiter folgen Ausführungen zur sofortigen Vollziehung.
Gegen diesen Bescheid ließ der Antragsteller mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 22. August 2018, eingegangen beim Verwaltungsgericht Bayreuth am selben Tage, Klage erheben. Zugleich wurde um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht und beantragt,
Die aufschiebende Wirkung der am 22. August 2018 erhobenen Klage des Antragstellers gegen den Bescheid des Zweckverbands Zulassungsstelle … vom 23. Juli 2018 wird wiederhergestellt.
Zur Begründung wird ausgeführt, dass die Frist zur Vorlage der Teilnahmebescheinigung zu kurz gewesen sei. Der Antragsteller habe sich unmittelbar nach Erhalt des Ausgangsbescheids an die Fahrschule … gewandt. Da der Kurs ausgebucht gewesen sei, sei er auf einen Kurs bei der Fahrschule … verwiesen worden. An diesem Kurs habe er aber wegen Ortsabwesenheit nicht teilnehmen können, sodass er einen Kurs bei … Fahrschule absolviert habe, der am 3. August 2018 begonnen habe und am 24. August 2018 ende. Als Anlage wurden zwei Bestätigungen der Fahrschulen und eine eidesstattliche Versicherung des Antragstellers vom 22. August 2018 (wonach er am Fahrkurs … „wegen Ortsabwesenheit“ nicht habe teilnehmen können) beigefügt. Nach der Bestätigung der Fahrschule … (E-Mail vom 22. August 2018) habe sich der Antragsteller telefonisch gemeldet und mitgeteilt, dass er am Kurs nicht teilnehmen könne. Er sei aufgefordert worden, sich mit der Führerscheinstelle in Verbindung zu setzen und die Angelegenheit selbst zu klären, damit ihm die Fahrerlaubnis nicht entzogen werde.
Die Anfechtungsklage des Antragstellers verspreche Erfolg, da er bereits drei Sitzungen des Aufbauseminars absolviert habe und in Kürze die entsprechende Bescheinigung vorlegen werde.
Mit Schreiben vom 28. August legte der Zweckverband die Verwaltungsakten vor und beantragte,
den Antrag abzulehnen.
Zur Begründung wird ausgeführt, dass sich der Antragsteller schon auf das Schreiben vom 26. März 2018 hätte melden können, was nicht erfolgt sei. Dem Antragsteller sei zudem mit Schreiben vom 14. Juni 2018 abermals rechtliches Gehör gewährt worden. Es wurde weder eine Teilnahmebescheinigung der Fahrschule … noch eine Äußerung zur Anhörung abgegeben. Der Antragsteller habe sich trotz des ausdrücklichen Hinweises der Fahrschule … nicht mit der Fahrerlaubnisbehörde in Verbindung gesetzt. Um die drohende Entziehung der Fahrerlaubnis zu vermeiden, wäre es dem Antragsteller zumutbar gewesen, sich rechtzeitig vor Zustellung des Bescheids am 23. Juli 2018 um die Teilnahme an einem Aufbauseminar (auch in den umliegenden Landkreisen) zu bemühen und die Fahrerlaubnisbehörde über etwaige Schwierigkeiten zu informieren.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichts- und Behördenakten ergänzend Bezug genommen (§ 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO analog).
II.
1. Der Antrag ist bei sachgerechter Auslegung (§§ 88, 122 Abs. 1 VwGO) so zu verstehen, dass der Antragsteller die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen Nr. 1 und die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung gegen Nr. 2 des Bescheids vom 23. Juli 2018 beantragt. Dieser Antrag ist nach § 80 Abs. 5 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Nr. 3 VwGO statthaft. Die Anfechtungsklage gegen die hier gemäß § 2a Abs. 3 StVG angeordnete Entziehung der Fahrerlaubnis auf Probe hat nach § 2a Abs. 6 StVG keine aufschiebende Wirkung. Die Anordnung zur Ablieferung des Führerscheins nach § 47 Abs. 1 Satz 1 FeV war nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO für sofort vollziehbar zu erklären, so dass ein Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung statthaft ist (vgl. BayVGH, B.v. 22.09.2015 – 11 CS 15.1447).
Im Rahmen seiner Entscheidung nach § 80 Abs. 5 VwGO hat das Gericht eine Abwägung vorzunehmen zwischen dem privaten Interesse des Antragstellers, von der sofortigen Durchsetzung der Verfügung vorläufig verschont zu bleiben, und dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts. Hierbei sind zunächst die Erfolgsaussichten des in der Hauptsache eingelegten Rechtsbehelfs zu berücksichtigen. Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage ist in der Regel abzulehnen, wenn diese nach dem derzeitigen Erkenntnisstand aller Voraussicht nach erfolglos bleiben wird; umgekehrt überwiegt bei einer offensichtlichen Erfolgsaussicht der Klage das Aussetzungsinteresse. Erweisen sich die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens als offen, so ist zwischen den widerstreitenden Belangen der Beteiligten abzuwägen und danach zu entscheiden, wessen Interesse bei Beachtung aller Umstände des Einzelfalles größeres Gewicht beigemessen werden muss.
Hiervon ausgehend überwiegt das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der angefochtenen Verfügung, da der von dem Antragsteller eingelegte Rechtsbehelf ausgehend vom derzeitigen Erkenntnisstand aller Voraussicht nach erfolglos bleiben wird.
Zur Begründung wird zunächst auf die zutreffenden Ausführungen im Bescheid vom 23. Juli 2018 Bezug genommen und diese zum Gegenstand der Begründung der vorliegenden Entscheidung gemacht (§ 117 Abs. 5 VwGO). Ergänzend ist Folgendes auszuführen:
a) Gem. § 2a Abs. 3 StVG ist die Fahrerlaubnis auf Probe zu entziehen, wenn ihr Inhaber einer vollziehbaren Anordnung der zuständigen Behörde zur Nachschulung nach Absatz 2 in der festgesetzten Frist nicht nachgekommen ist. Dass die Anordnung neben ihrer Vollziehbarkeit auch rechtmäßig ist, verlangt § 2a Abs. 3 StVG nach seinem Wortlaut nicht.
Die Rechtmäßigkeit der Anordnung ist auch kein ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal. Ist die Anordnung vollziehbar, weil sie – wie hier – bestandskräftig geworden ist, verbietet sich eine Überprüfung ihrer Rechtmäßigkeit schon aus allgemeinen Grundsätzen des Verwaltungsrechts. Wird ein Verwaltungsakt innerhalb der Anfechtungsfristen nicht angefochten, ist sein Inhalt unabhängig davon verbindlich, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für seinen Erlass vorgelegen haben. Etwas anderes gilt nur, wenn der Verwaltungsakt wegen besonders schwerer und offenkundiger Fehler – für die hier in Bezug auf die Nachschulungsanordnung nichts ersichtlich ist – gem. Art. 44 BayVwVfG nichtig ist. Ist die Nachschulungsanordnung rechtzeitig angefochten, so ist sie, wenn sie auf § 2a Abs. 2 Nr. 1 StVG beruht, ebenfalls vollziehbar. Dies folgt aus § 2a Abs. 6 StVG, der die aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Anfechtungsklage ausschließt. Hält der Betroffene die Nachschulungsanordnung für rechtswidrig, muss er gegen deren sofortige Vollziehbarkeit einstweiligen Rechtsschutz nach § 80 Abs. 4 oder 5 VwGO erwirken, wenn er die Rechtsfolge des § 2a Abs. 3 StVG vermeiden will. Zur Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes ist es nicht notwendig und vom Gesetz auch nicht gewollt, dass im Rechtsmittelverfahren gegen die Entziehung der Fahrerlaubnis auf Probe inzident die Rechtmäßigkeit der Nachschulungsanordnung geprüft wird (OVG Sachsen-Anhalt, B.v 08.07.1998 – B 1 S 477/98 – juris Rn. 3 – 5, ebenso VG Karlsruhe, B.v. 13.02.2008 – 9 K 4351/07; OVG Magdeburg, B.v. 08.07.1998 – B 1 S 477/98 – juris; BayVGH B.v. 07.11.2011 – 11 CS 11.2109 – juris).
Der Antragsteller ist hier unstreitig seiner Pflicht zur Vorlage der Nachschulungsanordnung, die im Bescheid vom 12. April 2018 verfügt wurde, nicht bis zum angeordneten Datum (12. Juni 2018) nachgekommen. (Das Gericht hält, ohne dass es darauf ankommt, die vom Bevollmächtigten des Klägers monierte Frist zur Ableistung des Aufbauseminars für angemessen, vgl. hierzu Knop in Münchener Kommentar zum StVR, 1. Auflage 2016, § 2a StVG Rn. 25-28, beck-online). Der Bescheid wurde vom Antragsteller nicht angefochten, so dass dieser bestandkräftig geworden ist. Nach § 2a Abs. 3 StVG ist dem Inhaber einer Fahrerlaubnis, der einer vollziehbaren Anordnung der zuständigen Behörde zur Teilnahme an einem Aufbauseminar nach § 2a Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 StVG in der festgesetzten Frist nicht nachgekommen ist, zwingend die Fahrerlaubnis zu entziehen, ohne dass die Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen festgestellt werden muss. Die Fahrerlaubnis wird nicht wegen fehlender Eignung gemäß § 3 Abs. 1 StVG entzogen; vielmehr ist im Rahmen des § 2a Abs. 3 StVG allein die Nichtbefolgung der auferlegten Maßnahme die Grundlage der Fahrerlaubnisentziehung (VG des Saarlandes, B.v. 18.09.2014 – 6 L 1080/14 – juris).
Die Nichtteilnahme am Aufbauseminar führt unmittelbar zur Entziehung der Fahrerlaubnis, ohne dass der Fahrerlaubnisbehörde hierbei ein Ermessen eingeräumt wäre (VG München, U.v. 28.10.2008 – M 1 K 08.3364 – juris). Maßgeblich ist allein die (objektive) Fristversäumung, auf ein Verschulden kommt es grundsätzlich nicht an (OVG Berlin-Brandenburg, B.v. 25.04.2012 – OVG 1 S 53.12 – juris).
b) Die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Entziehung der Fahrerlaubnis ist auch nicht deshalb wiederherzustellen, weil der Antragsteller während des Aussetzungsverfahrens an einem entsprechenden Nachschulungskurs teilgenommen hat. Eine spätere Teilnahme an dem Nachschulungskurs bewirkt keine nachträgliche Änderung derjenigen Sach- und Rechtslage, die für die Entziehung seiner Fahrerlaubnis maßgeblich war und ist. Denn § 2a Abs. 3 StVG knüpft die Entziehung der Fahrerlaubnis allein an den Umstand, dass der verbindlich angeordnete Nachschulungskurs nicht fristgerecht absolviert worden ist. Mit Ablauf dieser Frist wird die Verpflichtung der Verkehrsbehörde zur Entziehung der Fahrerlaubnis begründet. Die spätere Teilnahme an dem Nachschulungskurs lässt diese Verpflichtung nicht nachträglich entfallen. Der Entziehungstatbestand des § 2a Abs. 3 StVG ist auch dann noch gegeben, wenn die Nachschulung später absolviert wird. Dass die Entziehung der Fahrerlaubnis in Fällen dieser Art Bestand hat, stellt für den Kraftfahrer keine unverhältnismäßige Belastung dar, weil ihm die Möglichkeit eröffnet ist, die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis zu beantragen (VGH Kassel, B.v.26.08.1992 – 2 TH 760/92 – NZV 1993, 87 – beck-online). Der Antragsteller ist somit im Rahmen eines Neuerteilungsverfahrens gehalten, sich an die Fahrerlaubnisbehörde zu wenden.
c) Die Fahrerlaubnisentziehung war auch verhältnismäßig. Die Unverhältnismäßigkeit der Maßnahme könnte allenfalls dann angenommen werden, wenn der Betroffene entweder noch während des Fristlaufs gegenüber der Verkehrsbehörde dartut, dass er auf Grund besonderer Gegebenheiten gehindert gewesen sei, die ihm gesetzte Frist einzuhalten, und deshalb um deren Verlängerung bitte und sich die Behörde dieser Bitte zu Unrecht verschlossen hätte, oder falls er sich erst nach deren Ablauf meldet, zusätzlich dartut, dass er über diese Unmöglichkeit der Einhaltung der gesetzten Frist für die Teilnahme am Aufbauseminar hinaus außerdem auch noch ohne Verschulden außer Stande gewesen sei, diese Hinderungsgründe fristgerecht vorzubringen, jedoch der Anordnung sobald wie möglich Folge leisten werde bzw. zwischenzeitlich bereits Folge geleistet habe (VG München, U.v. 28.10.2008 – M 1 K 08.3364 – juris Rn. 16).
Die Fahrerlaubnisbehörde hörte den Antragsteller zu beabsichtigten Entziehung der Fahrerlaubnis mit Schreiben vom 14. Juni 2018 an. Zwar enthielt dieses Schreiben einen Schreibfehler, dass eine Äußerung bis spätestens „12.06.2018“ erfolgen solle. In dem Schreiben wurde aber auch darauf hingewiesen, dass die Fahrschule … mitgeteilt habe, dass der Antragsteller am 8. Juni 2018 ein Aufbauseminar beginnen würde. Nach Abschluss des Kurses werde umgehend um die Vorlage der Teilnahmebescheinigung gebeten. Die Angelegenheit wäre dann damit erledigt. Somit ging die Fahrerlaubnisbehörde ausreichend auf die Belange des Antragstellers ein. Für den Antragsteller musste klar sein, dass er sich unmittelbar nach Abschluss des Kurses (Fahrschule …*) bei der Fahrerlaubnisbehörde melden musste. Dies teilte ihm zusätzlich die Fahrschule … mit (Blatt 4 der Gerichtsakte: E-Mail der Fahrschule an den Antragsteller: „Aufforderung, er solle sich mit der Führerscheinstelle in Verbindung setzen und die Angelegenheit selbst klären, damit ihm die Fahrerlaubnis nicht entzogen wird.“). Der Antragsteller äußerte sich weder zu dem Schreiben vom 14. Juni 2018 noch teilte er der Fahrerlaubnisbehörde mit, dass er an dem Aufbauseminar der Fahrschule … nicht teilnehmen werde. Die nunmehr erst im Klage und Antragsverfahren geäußerte Entschuldigung der nicht erfolgten Teilnahme an dem Aufbaukurs der Fahrschule … wegen „Ortsabwesenheit“ ist nicht ausreichend, da der Antragsteller nicht ausgeführt hat, was die Gründe für die Ortsabwesenheit waren, d.h. ob er auf die Ortsabwesenheit Einfluss hatte oder diese unverschuldet herbeigeführt wurde. Da der Fahrerlaubnisbehörde diese Gründe auch erst im Klage und Antragsverfahren mitgeteilt wurden, kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass die Fahrerlaubnisentziehung unverhältnismäßig war, da die Behörde von alldem keine Kenntnis haben konnte (vgl. hierzu: Dauer in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 43. Auflage 2015, § 42 a StVG Rn. 42 m.w.N.).
d) Soweit der Antrag darauf gerichtet ist, die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Abgabeverpflichtung des Führerscheins (Nr. 2 des Bescheids) wiederherzustellen, bleibt dieser ebenfalls ohne Erfolg. Zwar hat sich die Anordnung nicht durch die zwischenzeitlich erfolgte Ablieferung des Führerscheins erledigt, sondern stellt einen Rechtsgrund für das Einbehalten des Dokuments dar (BayVGH, B.v. 06.10.2017 – 11 CS 17.953 – juris Rn. 9, B.v. 12.02.2014 – 11 CS 13.2281 – juris Rn. 22). Jedoch ist sie als begleitende Anordnung, die für sofort vollziehbar erklärt wurde, geboten, um die Ablieferungspflicht nach § 47 Abs. 1 FeV durchzusetzen, nachdem dem Antragsteller die Fahrerlaubnis zu Recht und sofort vollziehbar entzogen worden ist.
Nicht zu beanstanden ist auch die Zwangsgeldandrohung in Nr. 3 dieses Bescheids, da insoweit die allgemeinen und besonderen Vollstreckungsvoraussetzungen gegeben sind.
2. Der Antrag wird daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abgelehnt.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 53 Abs. 2 und § 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG) i.V.m. Ziffern 1.5 und 46.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (NVwZ-Beilage 2013, 57).
3. Aus den obenstehenden Ausführungen ist der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts abzulehnen, da dem Begehren des Antragstellers keine Erfolgsaussicht zugesprochen werden kann.
Gemäß § 166 VwGO, §§ 114 ff. ZPO erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Wird Prozesskostenhilfe bewilligt, so ist in Verfahren ohne Anwaltszwang nach § 121 Abs. 2 ZPO ein Anwalt beizuordnen, wenn die Vertretung durch einen Anwalt erforderlich ist.
Hinreichende Erfolgsaussicht für Rechtsverfolgung oder -verteidigung liegt vor, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt des Antragstellers aufgrund seiner Sachdarstellung und der vorhandenen Unterlagen für zutreffend oder zumindest vertretbar hält und in tatsächlicher Hinsicht mindestens von der Möglichkeit der Beweisführung überzeugt ist. Es muss also aufgrund summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür bestehen, dass der Antragsteller mit seinem Begehren durchdringen wird (Zöller/Philippi, ZPO, 21. Auflage, § 114, Rn. 19, m.w.N.). Dies liegt, wie ausgeführt, nicht vor.

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