Verkehrsrecht

Ersatzpflichten beim fehlenden Nachweis eines einverständlich herbeigeführten Verkehrsunfalls

Aktenzeichen  2 O 4788/12

Datum:
14.10.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
München II
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB BGB § 812, § 823 Abs. 2
StGB StGB § 263
ZPO ZPO § 286

 

Leitsatz

Kann über die bei einem Verkehrsunfall eingetretene Beschädigung eines Fahrzeugs hinaus nicht festgestellt werden, dass Geschädigter und Schädiger in Bezug auf die Herbeiführung des Unfalls einvernehmlich gehandelt haben, so scheidet ein Anspruch des Haftpflichtversicherers gegen den Geschädigten auf Rückzahlung bereits geleisteten Schadensersatzes aus § 812 BGB oder § 823 Abs. 2 BGB iVm § 263 StGB aus. (Rn. 9) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Widerklage wird abgewiesen.
3. Die Gerichtskosten tragen der Kläger und die Beklagte je zur Hälfte. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1) trägt der Kläger. Im übrigen tragen die Parteien ihre außergerichtlichen Kosten selbst
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien dürfen jeweils die Vollstreckung des vollstreckenden Gegners gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrag abwenden, wenn nicht der Gegner vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Gründe

Die zulässige Klage erwies sich als unbegründet. Die zulässige Widerklage erwies sich gleichfalls als unbegründet.
Die beide an dem Rechtsstreit und dem diesem zugrunde liegenden unfallbeteiligten Personen haben seinen Angaben machte der Kläger durchaus einen glaubhaften Eindruck, allerdings zeigte er in seiner Aussage auch Punkte, bei denen der Kläger doch etliche unwahrscheinliche Zufälle und Umstände schilderte. Unmöglich sind diese allerdings nicht. Merkwürdig ist, dass man sich zunächst auf einem Parkplatz verabredet habe, die Insassen, der Zeuge … und die Beklagte zu 1 sich dann gestritten hätten, ausgestiegen seien und dass danach zufällig der Zeuge … in den von der Beklagten zu 1 gelenkten Fahrzeug hinter dem Kläger mit seinem Fahrzeug gewesen sei und er diesen aufgenommen habe und es kurz danach zu diesem Verkehrsunfall gekommen sei. Derartiges ist möglich, erzeugt aber Argwohn. Weiter fällt es schwer zu glauben, dass der Kläger der Ansicht gewesen sei, dass sich der Zeuge … und die Beklagte zu 1 erst nach dem Unfall kennengelernt hätten. Nach den Bekundungen der Zeugin … fällt es schwer, dies zu glauben. Wie sie berichtete, dass der Zeuge …it der Beklagten zu 1 ein Liebespaar gewesen seien und dass der Kläger mit dem Zeugen … bereits vor dem Unfall das Kasino, in dem die Zeugin und die Beklagte zu 1 seinerzeit Arbeitskollegen waren, aufgesucht habe. Es fällt schwer zu glauben, dass dem Kläger dies entgangen sein sollte, unmöglich ist dies allerdings nicht. Zudem erwies sich die Aussage der Zeugin auch in dem Punkt als nicht verlässlich, in dem sie angegeben hat, der Kläger die Beklagte zu 1 und der Zeuge … hätten das Kasino bereits vor dem Unfall am gleichen Tage aufgesucht. Dies widerspricht nicht nur den Angaben des Klägers, sondern auch denen der Beklagten zu 1. Auch ist in Rechnung zu stellen, dass der Kläger nicht sonderlich gut deutsch spricht. Andererseits ist es auch so, dass die Unfallörtlichkeit eine doch auch zur Nachtzeit nicht unbefahrene Straße für die Inszenierung eines gestellten Unfalls nicht besonders günstig ist. Es ist mit Zeugen zu rechnen und solche sind nach den Angaben der Beteiligten auch an der Unfallstelle eingetroffen. Dies betrifft nicht so sehr den Unfallhergang als solchen, sondern den Umstand, dass nach den Angaben der Beklagten zu 1 ein Fahrertausch vorgenommen wurde, der nämlich nach ihren Angaben hinter dem Fahrer sitzende Beklagte zu 1 als Fahrerin dieses Fahrzeugs auftreten sollte.
Nicht ganz so überzeugend war die Einlassung der Beklagten zu 1. Neben der Behauptung der Tathandlung, dass der Zeuge … den Anstoß am klägerischen Fahrzeug durchgeführt hätte, obwohl bereits Lichter eines Fahrzeugs zu sehen gewesen seien, ist es auch nicht ganz stimmig, wenn die Beklagte zu 1 angibt, sie wäre mit dem Zeugen … nicht zusammengezogen, weil sie eine Tochter habe, sich aber andererseits von ihm dazu hat überreden lassen, mit dem ihrem vormaligen Freund gehörenden Fahrzeug einen Unfall zu stellen, bzw. dieses Fahrzeug für einen gestellten Unfall zur Verfügung zu stellen. Andererseits spricht es auch wieder für die Beklagte zu 1, dass sie eine eingeplante Straftat offenbart hat, eine Handlung, die gemeinhin nicht leichtfertig begangen wird. Dass die Beklagte zu 1 möglicherweise in einem widerstreitenden Beziehungsgeflecht zwischen den Zeugen … und … gestanden hat, kann sowohl die Beteiligung an einem gestellten Unfall und das nachträgliche Abrücken von dieser Beteiligung erklären, wie auch möglicherweise eine Falschbezichtigung. Der Sachverständige konnte im Ergebnis zur Klärung der Frage, welche Vorfallsschilderung zutreffend sei, nichts beitragen. Er hielt die Vorfallsschilderung des Klägers für möglich, konnte aber mangels hinreichender Anknüpfungstatsachen und Dokumentationen eine definitive Stellungnahme nicht abgeben. Eine solche hätte wiederum lediglich nur Indizwirkung, da, wie der Sachverständige seinem mündlich erstatteten Gutachten voransetzt, er über subjektive Intentionen in unfallanalytischer Sicht keine Stellungnahme abgeben kann. Soweit der Sachverständige unter biomechanischen Gesichtspunkten eine Verletzung des Klägers für unwahrscheinlich hält, was im Übrigen auch dazu führt, dass der Nachweis einer unfallkausalen Verletzung des Klägers verneint werden muss, so bedeutet dies andererseits nicht, wie der Sachverständige ebenfalls ausgeführt hat, dass der Kläger bei dem Geschehen nicht verletzt worden ist. Dies kann ebenfalls nicht als bewiesen angenommen werden. Soweit schließlich der Kläger und seine Ehefrau die Beklagte zu 1 zur Änderung ihrer Aussage zu bewegen suchten, kann dies sowohl eine Einwirkung auf die Beklagte zu 1 sein, eine wahre Bezichtigung, wie auch eine unwahre Bezichtigung des Klägers gegenüber der Polizei zurückzunehmen.
Im Ergebnis kann nicht festgestellt werden über die Beschädigung des klägerischen Fahrzeugs hinaus, ob es sich um eine einverständliche Schädigung des Klägers durch den Zeugen … gehandelt hat oder eine von der Beklagten zu 1 verursachte schuldhafte Schädigung. Gleichfalls kann nicht festgestellt werden, dass der Kläger bei diesem Unfall verletzt wurde. Dies bedeutet, dass der Kläger für den von ihm geltend gemachten Schaden beweisfällig geblieben ist mit der Folge, dass die Klage abzuweisen ist. Umgekehrt hat die Beklagte zu 2 für einen Rückforderungsanspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung nach § 812 bzw. 823 Abs. 2 i.V.m. § 263 StGB ebenfalls nicht den Beweis einer entsprechenden strafbaren Handlung bzw. einer ungerechtfertigten Bereicherung des Klägers erbracht. Die Widerklage war somit gleichfalls abzuweisen.
Kosten: § 92 ZPO.
Vorläufige Vollstreckbarkeit: § 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Jetzt teilen:

Ähnliche Artikel