Verkehrsrecht

Erstattungsfähigkeit des Rückstufungsschadens nach Inanspruchnahme der Kaskoversicherung bei anteiliger Unfallverursachung

Aktenzeichen  332 C 16442/16

Datum:
14.12.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
DAR – 2017, 154
Gerichtsart:
AG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
ZPO ZPO § 256 Abs. 1

 

Leitsatz

Anders als beim Verlust des Schadensfreiheitsrabattes in der Haftpflichtversicherung ist die Rückstufung in der Vollkaskoversicherung für den Geschädigten selbst bei anteiliger Unfallverursachung Folge des unfallbedingten Fahrzeugschadens (Anschluss an BGH BeckRS 2006, 08347). (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin zu 33% sämtliche Schäden zu ersetzen, die aus der Inanspruchnahme ihrer Vollkaskoversicherung bei der … Versicherungs-Aktiengesellschaft (…) aus Anlass des Verkehrsunfalls vom 16.12.2015 entstanden sind und entstehen werden.
2. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 147,56 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 12.08.2016 zu zahlen.
3. Die Beklagten haben als Gesamtschuldner die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten können die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrags leistet.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 700,00 € festgesetzt.

Gründe

Die zulässige Klage ist in vollem Umfang begründet.
Die Klägerin kann die Feststellung verlangen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin 33% sämtlicher Schäden zu ersetzen, die aus der Inanspruchnahme ihrer Vollkaskoversicherung aus Anlass des streitgegenständlichen Verkehrsunfall entstanden sind und entstehen werden.
Das für die Feststellungsklage erforderliche und vom Amts wegen zu prüfende Feststellungsinteresse im Sinne des § 256 Abs. 1 ZPO ist für den künftigen Schaden jedenfalls zu bejahen, weil noch nicht mit der erforderlichen Sicherheit feststeht, ob und inwieweit sich die Rückstufung im Vermögen der Geschädigten tatsächlich nachteilig auswirken wird (vgl. Senatsurteil vom 03.12.1991 – VI ZR 140/91).
Soweit der Antrag der Klägerin den Zeitraum bis zur Schriftsatzfrist im schriftlichen Verfahren betrifft, könnte die Klägerin den Schaden zwar beziffern. Doch die Feststellungsklage ist ingesamt zulässig, weil sich der Schaden noch in der Fortentwicklung befindet (vgl. Bundesgerichtshof-Urteil vom 21.02.1991 – III ZR 204/89).
Entgegen der Ansicht der Beklagten ist der Rückstufungsschaden in der Vollkaskoversicherung trotz des anteiligen Mitverschuldens des Geschädigten eine adäquate Folge des Unfalls. Anders als beim Verlust des Schadensfreiheitsrabatts in der Haftpflichtversicherung, bei dem es sich lediglich um einen allgemeinen Vermögensnachteil in der Form des Folgeschadens handelt (BGHZ, 66, 398), ist die Rückstufung in der Vollkaskoversicherung für den Geschädigten eine Folge seines unfallbedingten Fahrzeugschadens (Senatsurteil BGHZ, 44, 382, 387).
Für den Fall der Vollhaftung des Schädigers ist dies unstreitig.
Nicht richtig ist die Auffassung, dass im Falle anteiliger Mithaftung des Geschädigten der Prämienschaden allein in Folge der Regulierung der durch den Geschädigten selbst zu tragenden Schäden eintrete, dem liegt ein rechtsfehlerhaftes Verständnis des Ursachenszusammenhangs im Haftungsrecht zugrunde. Es kommt nicht darauf an, ob ein Ereignis, die „ausschließliche“ oder „alleinige“ Ursache des Schadens ist; auch eine Mitursächlichkeit, sei sie auch nur „Auslöser“ neben erheblichen anderen Umständen, steht einer Alleinursächlichkeit in vollem Umfang gleich (vgl. Senatsurteil vom 19. April 2005 – VI ZR 175/04; vom 20. November 2001 – VI ZR 77/0, VersR 202, 200, 201).
Auch bei anteiliger Schadensverursachung haftet der Schädiger demensprechend für den Rückstufungsschaden, der dadurch eintritt, dass der Geschädigte die Kaskoversicherung in Anspruch nimmt (vgl. zum ganzen Urteil Bundesgerichtshof, Urteil vom 25.04.2006, VI ZR 3605).
Im Streitfall haftet die Beklagtenseite zu 1/3.
Die Abrechnung des gesamten Unfallschadens über die Vollkaskoversicherung hat den Rückstufungsschaden der Klägerin zur Folge, der durch den Beklagten zu 2) mitverursacht worden ist. Der Nachteil der effektiven Prämienerhöhung trat, unabhängig von der Schuldfrage, allein dadurch ein, dass überhaupt Versicherungsleistungen in Anspruch genommen wurden. Da der Unfall als das den Schaden begründende Ereignis teils von dem Beklagten zu 1), teils von der Klägerin zu vertreten ist, ist auch der Rückstufungsschaden entsprechend 2/3 zu 1/3 zu teilen (Senatsurteil BGHZ, 44, 382, 387 f; Oberlandesgericht Karlsruhe, VersR 1992, 67, 68) (vgl. zum Ganzen Bundesgerichtshof-Urteil vom 25.04.2006, VI ZR 3605).
Mithin kann die Klägerin hier die Feststellung der Ersatzpflicht der Beklagten zu 33% für sämtliche Schäden verlangen, die aus der Inanspruchnahme ihrer Vollkaskoversicherung aus Anlass des streitgegenständlichen Verkehrsunfalls entstanden sind, ersetzt verlangen.
Daneben kann die Klägerin Ersatz der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten unter Zugrundelegung einer 1,3-Gebühr aus dem Gegenstandswert der berechtigten Klageforderung von 700,- € zuzüglich pauschaler Auslagen und der Mehrwertsteuer, mithin 147,56 €, ersetzt verlangen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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