Verkehrsrecht

Feststellung der Nichtberechtigung zum Führen von fahrerlaubnispflichtigen Kraftfahrzeugen in Deutschland – Entzug einer EU-Fahrerlaubnis wegen Betäubungsmittelmissbrauchs

Aktenzeichen  Au 7 S 16.1848

Datum:
28.4.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Augsburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
FeV FeV § 29 Abs. 3 S. 1 Nr. 3, S. 2, § 47 Abs. 1
StVG StVG § 3 Abs. 2 S. 2
VwGO VwGO § 80 Abs. 2 Nr. 4, Abs. 3

 

Leitsatz

1 Inhaber einer ausländischen Fahrerlaubnis dürfen im Umfang ihrer Berechtigung auch dann in Deutschland Kraftfahrzeuge führen, wenn sie hier keinen ordentlichen Wohnsitz haben. Diese Berechtigung besteht jedoch nicht, wenn die Fahrerlaubnis im Inland bestandskräftig von einer Verwaltungsbehörde entzogen worden ist. (Rn. 68) (redaktioneller Leitsatz)
2 Eine Eintragung im Fahreignungsregister verliert nicht deshalb ihre Wirksamkeit, weil irrig statt des Datums der Entscheidung das Datum der Rechtskraft eingetragen ist. (Rn. 73) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Die Kosten des Verfahrens hat der Antragsteller zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller wendet sich gegen die sofortige Vollziehbarkeit der Feststellung, dass er von seiner österreichischen Fahrerlaubnis in der Bundesrepublik Deutschland nicht Gebrauch machen darf und der Verpflichtung, den österreichischen Führerschein zum Eintrag eines entsprechenden Vermerks vorzulegen.
1. Der im Jahr 1984 geborene Antragsteller war seit dem Jahr 2001 Inhaber einer Fahrerlaubnis der Klasse A1, seit dem Jahr 2002 Inhaber einer Fahrerlaubnis der Klasse B und seit dem Jahr 2003 Inhaber einer Fahrerlaubnis der Klasse A – jeweils mit eingeschlossenen Klassen, ausgestellt durch das Landratsamt ….
Im Januar 2015 erhielt die Fahrerlaubnisbehörde über die Polizeiinspektion … davon Kenntnis, dass gegen den Antragsteller, der damals anscheinend sowohl in Österreich als auch in Deutschland einen Wohnsitz hatte (im Melderegister war er mit einem Wohnsitz im Zuständigkeitsbereich des Landratsamtes … als alleinige Wohnung gemeldet, Bl. 16 der Behördenakten), durch die Staatsanwaltschaft … in einem Strafverfahren wegen Besitzes von Cannabis, Marihuana und Amphetami-nen ermittelt wurde. Die Wohnung des Antragstellers in Österreich war durchsucht worden.
Am 28. Mai 2015 teilte die Polizeiinspektion Flughafen … dem Landratsamt mit, dass gegen den Antragsteller wegen eines Betäubungsmitteldelikts – Schmuggel von Amphetamin in Tabletten- bzw. Kapselform, Schmuggel von Cannabis einschließlich Zubereitungen – ermittelt werde. Der Antragsteller sei am 5. September 2014 auf dem Gelände des Flughafens … beobachtet und dann einer Personenkontrolle unterzogen worden. Bei ihm sei ein gebrauchsfertiger Joint gefunden worden, außerdem eine Dose mit 34 Kapseln sowie eine Haschischpfeife. Der Antragsteller, der angegeben habe, soeben mit dem Flugzeug aus Barcelona gekommen zu sein, habe erklärt, bei den Kapseln handele es sich um ein Medika 3 ment auf Amphetaminbasis, das ihm durch einen … Arzt verschrieben worden sei. Ein entsprechendes Rezept, ausgestellt über 30 Pillen aus dem Jahr 2010, legte er vor, konnte jedoch Namen und Adresse der Apotheke, aus der er die Medikamente später bezogen habe, nicht angeben. Weitere Angaben zur Sache machte er nicht.
Am 15. September 2014 wurde der Polizeiinspektion sodann von einer Apotheke in Österreich eine ärztliche Bescheinigung über eine Verordnung von D, L-Amphe-taminsulfat mit einer Dosierung von 3 x 10 mg pro Tag für den Antragsteller vom 2. April 2014 per Fax übermittelt.
Eine Begutachtung der Fundstücke durch das Bayerische Landeskriminalamt ergab, dass die beim Antragsteller aufgefundenen kleinen, elfenbeinfarbenen Hartgelatinekapseln (32 Stück) eine Zubereitung von Amphetamin mit einem Wirkstoffgehalt von 4,68 mg Amphetamin pro Kapsel enthielten.
Mit Strafbefehl des Amtsgerichts … vom 16. Juni 2015, rechtskräftig seit 10. Juli 2015, wurde der Antragsteller wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln zu einer Geldstrafe verurteilt. Gegenstand der Verurteilung war das Mitführen eines Joints und weiterer 12,96 g Tabak-Marihuana-Gemisch. Wegen der weiteren Straftaten stellte die Staatsanwaltschaft … das Verfahren gemäß § 154 Abs. 1 bzw. § 154a Abs. 1 StPO ein, weil die zu erwartende Strafe angesichts der im Verfahren verfolgten Taten nicht erheblich ins Gewicht fallen würde.
Mit Schreiben vom 28. Oktober 2015 forderte das Landratsamt … den Antragsteller daher auf, ein ärztliches Gutachten einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung beizubringen, das folgende Fragen beantworte:
a) Ist das Konsumverhalten des Betroffenen als
– einmalige,
– gelegentliche oder
– regel- und gewohnheitsmäßige
Einnahme von Cannabis zu bezeichnen?
b) Nimmt bzw. nahm der Betroffene Betäubungsmittel i.S.d. Betäubungsmittelgesetzes oder andere psychoaktiv wirkende Stoffe i.S.d. Straßenverkehrsgesetzes ein, die die Fahreignung nach Anlage 4 FeV in Frage stellen?
Durch den bei der Hausdurchsuchung in Österreich festgestellten Besitz von Can-nabis und Amphetamin bzw. MDMA sowie durch den aus dem Strafbefehl vom 16. Juni 2015 zu ersehenden Besitz von Cannabis und Marihuana und weiter durch den Besitz eines amphetaminhaltigen Medikaments seien Zweifel an der Fahreignung entstanden, zu deren Ausräumung das Gutachten vorzulegen sei.
Die Aufforderung wurde dem Antragsteller am 30. Oktober 2015 zugestellt. Daraufhin teilte er telefonisch dem Landratsamt mit, er habe bereits in … ein Facharztgutachten machen lassen, könne derzeit nicht nach Deutschland kommen, werde sich aber bemühen, dass das Gutachten aus … der Fahrerlaubnisbehörde vorgelegt wird.
Das österreichische Gutachten wurde in der Folgezeit angefordert, jedoch weder dem Antragsteller, noch dem Landratsamt ausgehändigt. Der Antragsteller legte jedoch eine Bestätigung des, Facharzt für Psychiatrie und Neurologie, Psychoanalytiker, Psychotherapeut, aus … vom 27. November 2014 vor, wonach dem Antragsteller Amphetamin (D, L-Amphetamin), in einer Dosierung von 3 x 10 mg pro Tag (Bl. 68 der Behördenakten) verschrieben wird, außerdem einen psychiatrischen Befundbericht dieses Arztes vom 25. März 2016, wonach der Antragsteller an einer ADHS leide und deshalb die Einnahme von D, L-Amphetamin indiziert sei, die Fahrtauglichkeit sei wohl nicht beeinträchtigt (Bl. 74 der Behördenakten).
Das Landratsamt verzichtete auf die Beibringung des unter dem 28. Oktober 2015 angeforderten Gutachtens. Zur Überprüfung der Frage, ob der Antragsteller trotz Einnahme von Amphetamin, einem Betäubungsmittel nach dem Betäubungsmittelgesetz, die erforderliche Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen besitzt, forderte das Landratsamt am 25. Juli 2016 stattdessen ein fachärztliches Gutachten eines Arztes für Rechtsmedizin vom Antragsteller an. Das Gutachten sei spätestens bis 26. September 2016 vorzulegen und solle folgende Fragen beantworten:
„1. Liegt bei dem Untersuchten eine Erkrankung vor, die nach Nr. 1 der Vorbemerkungen der Anlage 4 FeV die Fahreignung in Frage stellt (ADHS)?
Wenn ja: Ist der Untersuchte in der Lage, den Anforderungen zum Führen von Kraftfahrzeugen der Gruppe 1 vollständig gerecht zu werden?
2. Liegt eine medizinische Indikation für die (regelmäßige) Einnahme von Amphetamin und damit zur Wiederherstellung der Fahreignung vor (Patient bezüglich herkömmlicher Behandlungsmethoden und Medikation austherapiert?)?
3. Liegt ein Beigebrauch von sonstigen psychoaktiv wirkenden Stoffen (insbesondere Cannabis) vor?
4. Liegt bei dem Untersuchten eine ausreichende Compliance (u.a. Krankheitseinsichtigkeit, kein Beigebrauch anderer psychoaktiver Substanzen inkl. Alkohol, regelmäßige überwachte Medikamenten- bzw. Cannabiseinnahme [Hinweise auf – ggf. selbst induzierte – Unter- oder Überdosierung]) vor und wird diese auch umgesetzt (Adhärenz)?
5. Sind fachlich einzelfallbegründete regelmäßige Kontrolluntersuchungen (z.B. Monitoring) notwendig?
Wenn ja, in welchem zeitlichen Abstand und wie lange?
Was soll regelmäßig kontrolliert und attestiert werden?
Sind diese hier ausnahmsweise der Fahrerlaubnisbehörde vorzulegen (mit Begründung)?
6. Ist eine fachlich einzelfallbegründete Nachbegutachtung notwendig?
Wenn ja, in welchem zeitlichen Abstand?
7. Liegt – vor dem Hintergrund einer Dauerbehandlung mit Amphetamin grundsätzlich und insbesondere unter dem Einfluss von Amphetamin (z.B. Drogen-Vortest) – die erforderliche Leistungsfähigkeit (Belastbarkeit, Orientierungsleistung, Konzentrationsleistung, Aufmerksamkeitsleistung und Reaktionsfähigkeit) zum sicheren Führen eines Kraftfahrzeuges der Gruppe 1 vor?
Ist anderenfalls eine Kompensation zu prüfen oder wird die Möglichkeit einer Kompensation (z.B. wegen Kumulation von Mängeln) ausgeschlossen?
Ist unter Berücksichtigung besonderer Umstände (z.B. grenzwertige Prozentdränge, gesundheitliche Risikofaktoren, altersbedingter Leistungsabbau) eine fachlich einzelfallbegründete Nachuntersuchung der Leistungsfähigkeit (der Gruppe 1) notwendig?
Wenn ja, in welchem zeitlichen Abstand?.”
Die Anordnung wurde dem Antragsteller am 26. Juli 2016 zugestellt.
Unter dem 11. August 2016 teilte die Bezirkshauptmannschaft … dem Landratsamt mit, dass der Antragsteller im Besitz einer deutschen Lenkberechtigung sei und seinen Wohnsitz nach Österreich verlegt habe, am 10. August 2016 habe er die Ausstellung eines neuen Führerscheins beantragt. Im Zuge des Amtshilfeverfahrens werde um Erhebung und Bericht ersucht, ob gegen die Ausstellung eines österreichischen Führerscheines Bedenken bestünden.
Eine Ermittlung der Meldedaten ergab, dass der Antragsteller am 4. August 2016 nach Österreich verzogen war. Das Landratsamt teilte der Bezirkshauptmannschaft … die Zweifel an der Fahreignung mit und informierte über das laufende Entzugsverfahren.
Da das fachärztliche Gutachten in der Folgezeit nicht vorgelegt wurde, entzog das Landratsamt … dem Antragsteller mit Bescheid vom 18. Oktober 2016 die Fahrerlaubnis der Klassen A, B und enthaltene Klassen (Nr. I.1. des Bescheids), verpflichtete den Antragsteller, den Führerschein unverzüglich, jedoch spätestens innerhalb von fünf Tagen nach Zustellung des Bescheids bei der Führerscheinstelle abzuliefern (Nr. I.2. des Bescheids), drohte ein Zwangsgeld an für den Fall der Nichteinhaltung der Ablieferungspflicht (Nr. I.3.) und ordnete die sofortige Vollziehung der Nrn. und I.2. an (Nr. II. des Bescheids).
Der Bescheid wurde dem Prozessbevollmächtigten des Antragstellers am 20. Oktober 2016 zugestellt.
Mit Bescheid vom 28. Oktober 2016 drohte das Landratsamt unmittelbaren Zwang an, falls die Ablieferungspflicht nicht innerhalb von fünf Tagen ab Zustellung dieses Bescheids erfüllt werde. Der Bescheid wurde dem Prozessbevollmächtigten des Antragstellers am 3. November 2016 zugestellt.
Am 2. November 2016 ging beim Landratsamt ein Schreiben der Bezirkshauptmannschaft … ein, in dem diese mitteilte, dass am 18. Oktober 2016 nach Abklärung mit dem Amtsarzt für den Antragsteller ein österreichischer Führerschein 35 ausgestellt worden sei. Der deutsche Führerschein wurde an das Landratsamt übersandt.
Mit Schreiben vom 8. November 2016 hob das Landratsamt den Bescheid vom 28. Oktober 2016 (Androhung unmittelbaren Zwangs wegen Ablieferung des Führerscheins) auf.
Der Bescheid vom 18. Oktober 2016 wurde in der Folgezeit vom Antragsteller nicht angefochten.
Mit Bescheid vom 22. November 2016 stellte das Landratsamt … fest, dass die österreichische Fahrerlaubnis den Antragsteller nicht berechtigt, auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland fahrerlaubnispflichtige Kraftfahrzeuge zu führen (Nr. 1 des Bescheids). Der Antragsteller wurde verpflichtet, seinen österreichischen Führerschein unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb einer Frist von 14 Tagen nach Zustellung des Bescheids bei der Führerscheinstelle vorzulegen um einen entsprechenden Sperrvermerk eintragen zu lassen (Nr. 2 des Bescheids). Die sofortige Vollziehung der Verpflichtungen in Nrn. 1 und 2 des Bescheids wurde angeordnet (Nr. 3 des Bescheides); für den Fall, dass der Pflicht zur Vorlage des Führerscheins nicht fristgerecht nachgekommen werde, wurde ein Zwangsgeld in Höhe von 500,00 EUR angedroht (Nr. 4 des Bescheids).
Zur Begründung wird insbesondere ausgeführt, dass die Entziehung der deutschen Fahrerlaubnis zugleich die Wirkung der Aberkennung des Rechts, von der österreichischen Fahrerlaubnis im Bundesgebiet Gebrauch zu machen, habe, da der österreichische Führerschein vor Zustellung des Bescheids vom 18. Oktober 2016 ausgehändigt worden sei. Die Zuständigkeit bezüglich des Entzugsverfahrens liege weiterhin beim Landratsamt …. Ein ausländischer Führerschein sei zur Eintragung eines Sperrvermerks vorzulegen, wenn die Fahrerlaubnis entzogen, die fehlende Fahrberechtigung festgestellt oder eine Beschränkung oder eine Auflage angeordnet worden seien. Der Antragsteller habe seine Fahreignung inzwischen nicht wieder erlangt.
Die sofortige Vollziehung des Bescheids sei im besonderen öffentlichen Interesse angeordnet worden. Das private Interesse des Antragstellers am Gebrauch seiner Fahrerlaubnis müsse gegenüber der Notwendigkeit effektiver Gefahrenabwehr im Straßenverkehr zurückstehen. Es liege im besonderen öffentlichen Interesse, dass die Polizei bei Verkehrskontrollen nicht über die Gültigkeit eines Führerscheins getäuscht werden könne. Es liege auch im besonderen öffentlichen Interesse, mögliche Sicherheitsrisiken für andere Verkehrsteilnehmer zu minimieren. Die Eintragung des Sperrvermerks greife demgegenüber nicht so schwerwiegend in die privaten Rechte des Antragstellers ein, dass dagegen das öffentliche Interesse an der möglichen Verhinderung von Täuschungshandlungen sowie des Ausschlusses von Sicherheitsrisiken zurückstehen müsse. Aus diesem Grund könne die Wirksamkeit der Maßnahme auch nicht bis zu einer verwaltungsgerichtlichen Klärung zurückgestellt werden.
Der Bescheid wurde dem Antragsteller bzw. seinem Prozessbevollmächtigten am 25. November 2016 zugestellt.
Unter dem 15. Dezember 2016 teilte der Antragsteller dem Landratsamt mit, er könne derzeit nicht nach … kommen allein um dort seinen Führerschein vorzuzeigen. Er sei jedoch bereit, bis zur Klärung der Rechtslage auf den Einsatz des Führerscheins im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland zu verzichten.
Mit Bescheid vom 4. Januar 2017 wurde erneut unmittelbarer Zwang angedroht, falls die Verpflichtung zur Vorlage des Führerscheins nicht innerhalb von 14 Tagen ab Zustellung dieses Bescheids vollzogen werde.
2. Gegen den Bescheid vom 22. November 2016 ließ der Antragsteller durch seinen Prozessbevollmächtigten am 27. Dezember 2016 Klage erheben mit dem Ziel der Aufhebung des Bescheids (Au 7 K 16.1847).
Gleichzeitig wurde beantragt,
die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 22. November 2016 anzuordnen.
Zur Begründung wird insbesondere vorgetragen, der angefochtene Bescheid sei rechtswidrig, so dass die aufschiebende Wirkung der Klage wiederherzustellen sei. Das Landratsamt werfe dem Antragsteller ausschließlich Handlungen und Krankheiten vor, die sich bisher nur außerhalb des Territoriums der Bundesrepublik Deutschland ausgewirkt hätten. Es gebe in Deutschland keine Konsumfeststellung. Der Besitz der Drogen sei bereits geahndet. Die Amphetamine seien nach ärztlicher Weisung und ohne Begleitprobleme in Österreich eingenommen worden und hätten sich nur dort ausgewirkt. Dem Antragsteller werde nicht vorgeworfen, in Deutschland ein Fahrzeug unter dem Einfluss von Rauschmitteln geführt zu haben. Es sei rechtlich unzulässig von Besitz auf Konsum zu schließen. Die deutschen Behörden seien für das Verfahren nicht zuständig. Der Führerschein der österreichischen Behörden sei in Kenntnis aller Umstände, auch des deutschen Verfahrens, ausgestellt worden. Das österreichische Strafverfahren sei eingestellt worden, nach österreichischem Recht seien keine die Fahrtauglichkeit einschränkenden Umstände, insbesondere auf das medikamentös hervorragend behandelte ADHS zu erkennen. Österreichisches Recht könne insoweit nicht von deutschen Behörden angewandt werden. Der österreichische Führerschein stelle kein bloßes Ersatzdokument vor, sondern gerade eine den österreichischen Regeln vollständig entsprechende EU-Fahrerlaubnis. Wegen des unstreitigen Wohnortwechsels nach Österreich hätten auch offenkundig die formellen Voraussetzungen für dessen Ausstellung vorgelegten. Die deutschen Behörden könnten daher nicht einfach so Konsum annehmen. Eine Abstinenz könne ohne Nachweis des Konsums nicht verlangt werden. Die Fahreignung sei nach allem nicht in Zweifel zu ziehen.
3. Für den Antragsgegner beantragt das Landratsamt,
den Antrag abzulehnen.
Wegen der Begründung wird auf den Schriftsatz vom 23. Januar 2017 Bezug genommen.
4. Der Antragsteller hat seinen österreichischen Führerschein nach Aktenlage bisher nicht vorgelegt.
Im Fahreignungsregister 2016 findet sich eine Eintragung vom 6. Dezember 2016, bezeichnet als „unanfechtbarer Entzug der Fahrerlaubnis“, als Datum der Entscheidung ist der 22. November 2016 eingetragen, das Landratsamt hat beim Kraftfahrt-Bundesamt die Korrektur des Datums beantragt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.
II.
Der Antrag nach § 80 Abs. 5 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) ist zulässig und führt aber in der Sache nicht zum Erfolg.
1. Der Antrag ist nach § 122 Abs. 1, § 88 VwGO dahingehend auszulegen, dass die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage gegen die Nrn. 1 und 2 des Bescheids vom 22. November 2016 wiederherzustellen, gegen die gemäß Art. 21a des Bayerischen Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetzes – VwzVG -kraft Gesetzes sofort vollziehbare Nr. 4 des Bescheids anzuordnen ist.
Der Antrag ist in dieser Fassung zulässig.
2. Der Antrag ist jedoch unbegründet.
a) Die Begründung für die Anordnung des Sofortvollzugs entspricht den formellen Anforderungen des § 80 Abs. 2 Nr. 4, Abs. 3 VwGO. Nach dieser Vorschrift hat die Behörde unter Würdigung des jeweiligen Einzelfalls darzulegen, warum sie abweichend vom Regelfall der aufschiebenden Wirkung, die Widerspruch und Klage grundsätzlich zukommt, die sofortige Vollziehbarkeit des Verwaltungsakts angeordnet hat (vgl. BayVGH, B.v. 27.3.2012 – 11 CS 12.201 – juris Rn. 22). Dabei sind allerdings an den Inhalt der Begründung keine zu hohen Anforderungen zu stellen (Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014 § 80 Rn. 43). Insbesondere bei Kraftfahrern, denen die erforderliche Eignung zum Führen eines Kraftfahrzeugs fehlt, ist das Erlassinteresse regelmäßig mit dem Vollzugsinteresse identisch (Schmidt, a. a. O. § 80 Rn. 36). Demgemäß hat die Behörde hier das besondere Interesse am sofortigen Vollzug unter Bezug auf den Einzelfall hinreichend begründet.
b) Bei der Entscheidung über den Antrag, die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage wiederherzustellen bzw. anzuordnen hat das Gericht eine eigene Ermessensentscheidung zu treffen. Im Rahmen dieser Entscheidung ist das Interesse des Antragstellers, zumindest vorläufig weiter von seiner Fahrerlaubnis Gebrauch machen zu können, gegen das Interesse der Allgemeinheit daran, dass dies unverzüglich unterbunden wird, abzuwägen. Ausschlaggebend im Rahmen dieser Abwägungsentscheidung sind in erster Linie die Erfolgsaussichten des Rechtsmittels, dessen aufschiebende Wirkung angeordnet oder wiederhergestellt werden soll, hier also diejenigen der Klage vom 27. Dezember 2016. Lässt sich schon bei summarischer Prüfung eindeutig feststellen, dass der angefochtene Verwaltungsakte offensichtlich rechtswidrig ist und den Betroffenen in seinen Rechten verletzt, so dass die Klage mit Sicherheit Erfolg haben wird (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO), kann kein öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts bestehen. Für eine Interessenabwägung, die zugunsten des Antragstellers ausgeht, ist andererseits im Regelfall kein Raum, wenn keine Erfolgsaussichten in der Hauptsache bestehen.
c) So liegt die Sache hier. Die Klage wird mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht zum Erfolg führen. Der angefochtene Bescheid ist wohl rechtmäßig, so dass eine Anordnung/Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung im überwiegenden Interesse des Antragstellers nicht in Betracht kommt. Gegenstand des Verfahrens ist dabei nicht der – bestandskräftig gewordene – Bescheid, mit dem dem Antragsteller das Rechts zum Führen von Kraftfahrzeugen in Deutschland aberkannt worden war, sondern (nur) die hierauf basierende Feststellung der Nichtberechtigung ei nerseits und Pflicht zur Vorlage des Führerscheins andererseits, wie sie im Bescheid vom 22. November 2016 angeordnet wurde.
d) Dieser Bescheid ist zunächst formell rechtmäßig. Insbesondere ist das Landratsamt gemäß § 73 Abs. 3 FeV örtlich für die Maßnahmen zuständig, da der Antragsteller keinen Wohn- oder Aufenthaltsort im Inland (mehr) hat.
Der Bescheid ist auch materiell rechtmäßig. Rechtsgrundlage für die Feststellung, dass die österreichische Fahrerlaubnis den Antragsteller nicht berechtigt, auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland fahrerlaubnispflichtige Kraftfahrzeuge zu führen, ist § 29 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 der Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr (Fahrerlaubnis-Verordnung – FeV).
Gemäß § 29 Abs. 1 FeV dürfen Inhaber einer ausländischen Fahrerlaubnis im Umfang ihrer Berechtigung auch dann in Deutschland Kraftfahrzeuge führen, wenn sie hier keinen ordentlichen Wohnsitz haben, wie es beim Antragsteller inzwischen nach Aktenlage der Fall ist.
Gemäß § 29 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 FeV besteht diese Berechtigung jedoch nicht, wenn die Fahrerlaubnis im Inland bestandskräftig von einer Verwaltungsbehörde entzogen worden ist.
Diese Voraussetzung liegt hier vor.
Das Landratsamt hat dem Antragsteller die Fahrerlaubnis bestandskräftig entzogen. Der Entzug der Fahrerlaubnis erfolgte mit Bescheid vom 18. Oktober 2016. Dieser Bescheid wurde in der Folgezeit nicht angefochten und ist daher bestandskräftig. Es kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass dieser Bescheid etwa ins Leere gegangen sei, weil der Antragsteller noch vor Zustellung dieses Bescheids (20. Oktober 2016) seine österreichische Fahrerlaubnis erhalten hatte. Der Entzug der Fahrerlaubnis hat in diesem Fall die Wirkung der Aberkennung des Rechts, von der – ausländischen – Fahrerlaubnis im Inland Gebrauch machen zu dürfen (§ 3 Abs. 2 Satz 2 StVG).
Gemäß § 29 Abs. 3 Satz 3 FeV gilt dies für EU-Fahrerlaubnisse – wie sie der Antragsteller besitzt – nur, wenn die Maßnahme nach § 29 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 FeV (also der Entzug der Fahrerlaubnis) im Fahreignungsregister eingetragen und nicht nach § 29 des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) getilgt ist. Hieraus folgt, dass der Inhaber der EU-Fahrerlaubnis auch in Deutschland von ihr Gebrauch machen darf, wenn keine Eintrag im Fahreignungsregister über den Entzug besteht.
Der Entzug der Fahrerlaubnis wurde hier jedoch im Fahreignungsregister eingetragen, wenn auch dort als Datum der Entscheidung der 22. November 2016 genannt wird, was so vom Landratsamt jedoch nicht übermittelt wurde (Bl. 143 der Behördenakte), vielmehr war dieser Tag als Datum der Rechtskraft der Entziehungsentscheidung genannt. Eine Tilgung nach § 29 StVG ist noch nicht erfolgt und erfolgt gemäß § 29 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Buchst. b) StVG i.V.m. § 28 Abs. 3 Nr. 6 StVG auch erst 10 Jahre nach Unanfechtbarkeit der Entziehungsentscheidung (§ 29 Abs. 4 Nr. 3 StVG).
Der Antragsteller hat aufgrund des bestandskräftigen Bescheids vom 18. Oktober 2016 somit in Deutschland keine Fahrberechtigung.
Gemäß § 29 Abs. 3 Satz 2 FeV durfte die Behörde somit auch die in Nr. 1 des angefochtenen Bescheids enthaltene Feststellung der Nichtberechtigung mittels eines Verwaltungsakts treffen.
3. Damit erweist sich auch die angeordnete Vorlage zur Eintragung des Sperrvermerks in den österreichischen Führerschein (Nr. 2. des Bescheidstenors) als rechtmäßig gemäß § 3 Abs. 2 Satz 2, 3 StVG i.V.m. § 47 Abs. 1 FeV.
4. Die Zwangsgeldandrohung beruht auf Art. 29 ff, 36 des Bayer. Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetzes (VwZVG). Gegen die Zweiwochenfrist für die Vorlage des Führerscheins zur Eintragung des Sperrvermerks bestehen keine Bedenken, insbesondere wurde sie im Hinblick auf den Auslandsaufenthalt des An tragstellers erheblich länger gefasst, als bei den Behörden in ähnlich gelagerten Fällen üblich.
5. Da die Klage auf Aufhebung des streitgegenständlichen Bescheids aller Voraussicht nach erfolglos bleiben wird, überwiegt das öffentliche Interesse an der Sicherheit des Straßenverkehrs das private Interesse des Antragstellers, bis zur Entscheidung in der Hauptsache vom Vollzug des Bescheids verschont zu werden.
Aber auch eine von den Erfolgsaussichten unabhängige Interessenabwägung ergibt hier ein Überwiegen der Sicherheitsinteressen der anderen Verkehrsteilnehmer über die privaten Interessen des Antragstellers. Der Antragsteller hat keinen Wohnsitz in Deutschland (mehr). Durch eine zeitweilige Untersagung des Führens von Kraftfahrzeugen im Inland ist er daher zwar in seiner Bewegungsfreiheit eingeschränkt, es ergibt sich hierdurch jedoch eine vergleichsweise geringe Beeinträchtigung.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 3 Nr. 2, § 52 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes (GKG) i.V.m. Nrn. 46.1, 46.3 und 1.5 des Streitwertkatalogs 2013 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit. Für die Fahrerlaubnis der Klasse A und B war jeweils ein Streitwert in Höhe von 5.000, – EUR anzusetzen. Der sich so ergebende Wert von 10.000,- EUR war im Verfahren des vorläufigen Rechtschutzes um die Hälfte zu reduzieren.

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