Aktenzeichen 3 C 295/17
BGB § 249
Leitsatz
Anwaltskosten sind nicht zu ersetzen, wenn der Geschädigte selbst Rechtsanwalt ist, er sich selbst vertritt und es sich um einfach gelagerten Fall mit von vornherein feststehender Haftung handelt. (Rn. 14)
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrags leistet.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 281,30 € festgesetzt.
Gründe
1. Die zulässige Klage ist unbegründet.
I.
Das Amtsgericht Freyung ist für den Antrag auf Schadensersatz örtlich und sachlich zuständig gemäß §§ 32 ZPO, 23 Nr. 1 GVG.
II.
Die Klage auf Ersatz der vorgerichtlichen Anwaltsgebühren ist unbegründet. Dem Kläger steht gegen den Beklagten kein Anspruch aus § 7 Abs. 1 StVG in Verbindung mit § 249 BGB zu.
Es ist zwischen den Parteien unstreitig, dass die Beklagte aus dem Verkehrsunfall vom 08.06.2017 in voller Höhe für die dem Kläger entstandenen Schäden haftet.
1. Grundsätzlich hat der Schädiger dem Geschädigten die Rechtsverfolgungskosten zur Durchsetzung seines Schadensersatzanspruches zu ersetzen. Dies allerdings nur, soweit diese notwendig waren. Dieser Grundsatz gilt auch für den vorliegenden Fall, dass der Anwalt einen von ihm erlittenen Schaden selbst reguliert.
Voraussetzung für die Ersatzfähigkeit von Anwaltskosten ist aber stets, dass der Geschädigte die Beauftragung eines Anwalts für erforderlich halten durfte. Daran fehlt es, wenn der Schädiger seine Ersatzpflicht dem Grunde und der Höhe nach anerkannt hat und an seiner Zahlungsbereitschaft und -fähigkeit keine Zweifel bestehen.
2. So verhält es sich vorliegend.
a) Der Kläger hat seinen Schaden gegenüber der Beklagten mit Schriftsatz vom 08.06.2017, also noch am Unfalltag selbst, geltend gemacht. Er hat in dem als Anlage K1 vorgelegten Schreiben die Beklagte wird dazu aufgefordert, ihre Eintrittspflicht zu erklären und um Rückantwort bis 25.06.2017 gebeten. Mit Schreiben vom 28.06.2017, vorgelegt als Anlage B1, hat die Beklagte ihre Eintrittspflicht bestätigt und mitgeteilt, dass die erforderlichen unfallbedingten Kosten übernommen werden. Daraufhin hat der Kläger mit Schreiben vom 27.06.2017 gegenüber der Beklagten Reparaturkosten in Höhe von 1.787,80 €, eine Unkostenpauschale in Höhe von 25,00 € sowie Gutachtenkosten in Höhe von 542,64 €, mithin insgesamt also einen Betrag von 2.355,44 € in Rechnung gestellt.
Dieser Betrag wurde von der Beklagten in voller Höhe am 14.07.2017 beglichen. Dieser Sachverhalt ist unstreitig.
b) Auch der dem Unfall zugrunde liegende Sachverhalt ist unstreitig:
Der Kläger fuhr mit seinem Fahrzeug die Staats Straße 2132 in Richtung Bundesstraße 12 bei der Ortschaft F.-Ort. An der Einmündung auf die B12 befindet sich ein Stoppschild, welches der Kläger beachtete und sein Fahrzeug vollständig zum Stillstand brachte. Er hatte vor, nach rechts auf die B12 in nordöstlicher Richtung aufzufahren. Plötzlich und unerwartet fuhr die Lenkerin des bei der Beklagten versicherten Fahrzeugs von hinten auf das Fahrzeug des Klägers auf.
c) Nach der Rechtsprechung des BGH (Urteil vom 08.11.1994, VI ZR 3/94, NJW 1995, 446) gilt Folgendes:
Ist in einem einfach gelagerten Schadensfall die Haftung dem Grunde und der Höhe nach derart klar, dass aus der Sicht des Geschädigten kein Anlass zu Zweifeln an der Ersatzpflicht des Schädigers besteht, so ist für die erstmalige Geltendmachung des Anspruchs gegenüber dem Schädiger bzw. seiner Versicherung die Einschaltung eines Rechtsanwaltes nur dann erforderlich, wenn die Geschädigte selbst hierzu aus besonderen Gründen wie etwa Mangel an geschäftlicher Gewandtheit oder sonstigen Gründen wie etwa Krankheit oder Abwesenheit nicht in der Lage ist, den Schaden selbst anzumelden, in den einfach gelagerten Fällen kann der Geschädigte nämlich grundsätzlich seinen Schaden selbst geltend machen, sodass die sofortige Einschaltung eines Rechtsanwalts ohne besondere Umstände eben gerade nicht als notwendig erachtet werden kann. Vorliegend wurde der Schaden aber schon nach der ersten Anmeldung in der bis dahin geltend gemachten Höhe vollständig reguliert, sodass der Geschädigte nicht sogleich einen Rechtsanwalt hätte beauftragen dürfen.
d) Der Kläger hat auch nicht dafür vorgetragen, dass es sich bei dem vorliegend zu beurteilenden Fall etwa nicht um einen solchen gehandelt hätte, der – wie geschehen – bereits mit einem ersten Aufforderungsschreiben an die Versicherung hätte erledigt werden können. Die vom Kläger vorgetragenen abstrakten Möglichkeiten und Erfahrungen, dass die Schadenregulierung auch bei einfachen Unfallhergängen oft anwaltliche Vertretung erforderlich werden lässt, geben keinen konkreten Anlass, hier aus der vorzunehmenden ex-an-te-Sicht einen Fall zu sehen, bei dem die Einschaltung anwaltlicher Hilfe indiziert gewesen wäre.
II.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
III.
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
IV.
Nichtzulassung der Berufung: § 511 Abs. 4 ZPO.
V.
Streitwert gemäß § 3 ZPO.