Aktenzeichen 20 O 15681/16
BGB § 249, § 250 S. 2, § 251 Abs. 2 S. 1
Leitsatz
Reparaturkosten in mehr als dreifacher Höhe des festgestellten Wiederbeschaffungsaufwands sind auch dann unverhältnismäßig und somit gemäß § 251 Abs. 2 S. 1 BGB nicht zu ersetzen, wenn der Geschädigte das verunfallte Fahrzeug vor 28 Jahren neu gekauft hat, es regelmäßig und ununterbrochen in einer Vertragswerkstätte hat warten lassen und er nicht vorhat, ein weiteres Fahrzeug zu erwerben. (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 4.706,00 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 02.03.2016 zu zahlen.
2. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger weitere 492,54 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 02.03.2016 zu zahlen.
3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
4. Von den Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger 65 % und die Beklagten als Gesamtschuldner 35 % zu tragen.
5. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Die zulässige Klage ist nur in der zugesprochenen Höhe begründet, denn die Beklagtenseite haftet zwar für den Unfall zu 100 %, jedoch nicht für die unverhältnismäßigen Aufwendungen, die der Kläger getätigt hat, um seinen inzwischen 31 Jahre alten PKW Mercedes Benz weiterfahren zu können.
Gemäß den §§ 7, 17, 18 StVG i.V.m. 115 VVG und § 249 BGB haften die Beklagten auf den ausgeurteilten Betrag.
Sowohl aus der Anhörung der beiden am Unfall beteiligten Fahrer als auch aus dem plausiblen und überzeugenden Gutachten des Sachverständigen Herrn … ergibt sich eindeutig, dass der Unfall für den Kläger unvermeidbar war und, wie die Klagepartei zutreffend vorgetragen hat, durch einen Spurwechsel des beklagtischen LKW zustande kam.
Bereits in der mündlichen Verhandlung vom 07.02.2017 ergaben sich einige Ungereimtheiten in den Angaben des Beklagten zu 1), so gab er beispielsweise entgegen dem schriftsätzlichen Beklagtenvortrag nicht an, dass er auf der mittleren Spur gefahren sei, sondern vielmehr dass er auf der rechten Spur gefahren war.
Auch die Art und Weise, wie er anhand seines Smartphones das angebliche Schleudern des Klägerfahrzeugs schilderte, wirkte derart übertrieben, dass diesen Angaben kein Glauben geschenkt werden konnte.
Zuletzt aber entscheidend sind die Feststellungen des Sachverständigen, die nachvollziehbar und plausibel die Version der Klagepartei für den Unfallhergang bestätigen.
Zur Schadenshöhe ist jedoch nur der Wiederbeschaffungsaufwand geschuldet und nicht die Reparaturkosten in Höhe von € 11.765,30, denn dieser Reparaturaufwand ist unverhältnismäßig und somit gemäß § 251 Abs. 2 Satz 1 BGB nicht zu ersetzen, vgl. BGH, Urteil vom 15.10.1991, Az. VI ZR 67/91 und fortgesetzte stetige Rechtsprechung.
Alle übrigen Schadenspositionen wurden im Laufe des Rechtsstreits unstreitig gestellt bzw. anerkannt, so dass insgesamt die ursprünglich beantragten € 4.706,00 zuzusprechen waren.
Rechtsanwaltskosten sind ebenfalls gemäß § 249 BGB aus dem berechtigten Betrag von € 4.706,00 geschuldet. Der Freistellungsanspruch nach § 249 Abs. 1 BGB ist gemäß § 250 Satz 2 BGB in einen auf Geldzahlung gerichteten Anspruch übergegangen durch die endgültige Leistungsverweigerung der Beklagtenseite.
Zinsen sind gemäß den §§ 286, 288 BGB geschuldet.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht § 709 ZPO.
Verkündet am 25.09.2018