Verkehrsrecht

Keine Schadensersatzansprüche gegenüber Daimler wegen unzulässiger Abschaltvorrichtungen

Aktenzeichen  21 U 3241/19

Datum:
18.10.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
MDR – 2020, 163
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
ZPO § 522 Abs. 2
BGB § 826

 

Leitsatz

1. Allein die Tatsache, dass Hersteller (gemeint: VW AG) in anderen Modellen unzulässige Abschalteinrichtungen verwendet haben, begründet keinen „Generalverdacht“ zu deren Lasten (hier: Daimler AG), den diese widerlegen müssten. (Rn. 14) (redaktioneller Leitsatz)
2. Der Umstand, dass andere vom Hersteller produzierte Fahrzeugmodelle von einem Rückruf betroffen sind, bietet keinen hinreichenden Anhalt für die Annahme, dass das konkret in Rede stehende Fahrzeug älteren Baujahrs ebenfalls über unzulässige Abschaltvorrichtungen verfügt. (Rn. 16) (redaktioneller Leitsatz)
3. Vgl. zu Daimler-Fällen auch OLG Koblenz, BeckRS 2019, 25135; OLG Köln, BeckRS 2019, 15640; OLG Stuttgart, BeckRS 2019, 17247; zu BMW: OLG München, BeckRS 2019, 19592. (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

21 U 3241/19 2019-08-14 Hinweisbeschluss OLGMUENCHEN OLG München

Tenor

1. Die Berufung der Klagepartei gegen das Urteil des Landgerichts Ingolstadt vom 08.05.2019, Aktenzeichen 62 O 1305/18, wird zurückgewiesen.
2. Die Klagepartei hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Ingolstadt ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 15.848,50 € festgesetzt.

Gründe

I.
1. Die Parteien streiten um Ansprüche nach einem Pkw-Kauf im Zusammenhang mit dem sogenannten „Diesel-Abgasskandal“.
Der Kläger ist Eigentümer eines PKW Mercedes Benz GLK 350 CDI, Baujahr 2009, den er nach seinem Vortrag am 09.10.2017 zum Preis vom 17.250 € erworben hat.
Der Kläger wirft der Beklagten vor, der Wagen sei von ihr mit einer oder mehreren unzulässigen Techniken zur Manipulation der Abgaswerte ausgestattet worden. Es sei dem Kläger weder zumutbar, abzuwarten, ob ein Rückruf für seinen Wagen erfolge, noch könne bzw. müsse er sein Fahrzeug selbst genauer technisch untersuchen (lassen), um zu ermitteln, inwieweit die Beklagte – wie bei anderen Modellen – auch in diesem Fahrzeug verbotenerweise Manipulationssoftware verwendet habe.
Das Landgericht hat die Klage ohne Beweisaufnahme abgewiesen.
In der Berufung rügt der Kläger, es sei die von ihm angebotene sachverständige Begutachtung durchzuführen zu seiner Behauptung, der Wagen sei wegen Einbaus unzulässiger Abschalteinrichtungen bzw. Thermofenster mangelhaft.
Im Berufungsverfahren beantragt die Klagepartei:
Unter Aufhebung des angegriffenen Urteils,
1.Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 16.280,00 € nebst Zinsen in Höhe von 4 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 9.10.2017 sowie 5 Prozentpunkten seit dem 6.08.2018 Zug um Zug gegen Rückgabe und Rückübereignung des streitgegenständlichen Pkw Mercedes Benz GLK 350 CDI, Fahrgestellnummer: …330 sowie gegen Zahlung einer Nutzungsentschädigung in Höhe von 931,50 € zu zahlen.
2.Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger Schadensersatz zu bezahlen für Schäden, die aus der Manipulation des Fahrzeugs Mercedes Benz GLK 350 CDI, Fahrgestellnummer: …330 durch die Beklagte resultieren.
3.Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten seines Prozessbevollmächtigten in Höhe von 1.100,51 € freizustellen.
Die Beklagtenpartei beantragt die Zurückweisung der Berufung.
Hinsichtlich der Darstellung des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf das angefochtene Urteil des Landgerichts sowie den Hinweisbeschluss des Senats vom 14.08.2019 (Bl. 100 ff. d.A.) Bezug genommen, in dem dargelegt wurde, aus welchen Gründen die Berufung offensichtlich aussichtslos erscheint. Der beabsichtigten Zurückweisung ist der Kläger mit Schriftsatz vom 16.09.2019 (Bl. 108/112 d.A.) entgegen getreten.
2. Die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Ingolstadt vom 08.05.2019, Aktenzeichen 62 O 1305/18, ist gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil nach einstimmiger Auffassung des Senats das Rechtsmittel offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.
Der Senat nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen auf den Hinweisbeschluss vom 14.08.2019 Bezug, in dem bereits ausführlich dargelegt wurde, weshalb das Landgericht zu Recht die Klage ohne Beweisaufnahme abgewiesen hat.
Die Ausführungen im Schriftsatz vom 16.09.2019 (Bl. 108 ff. d.A.) geben keine Veranlassung zu einer anderen Beurteilung. In weiten Teilen wiederholt die Klagepartei lediglich ihre Argumentation, die der Senat aus den im Beschluss vom 14.08.2019 dargelegten Gründen nicht für stichhaltig erachtet.
Ergänzend ist auszuführen:
Der Senat beansprucht weder besondere eigene technische Sachkunde für sich noch geht es um „Vertrauen“ in die Angaben der Beklagten.
Es ist vielmehr umgekehrt: Allein die Tatsache, dass Hersteller in anderen Modellen unzulässige Abschalteinrichtungen verwendet haben, begründet keinen „Generalverdacht“ zu deren Lasten, den diese widerlegen müssten. Für eine Beweislastumkehr ist bei der streitgegenständlichen Sachlage kein Raum. Es kann weiterhin nicht festgestellt werden, dass das Oberlandesgericht Stuttgart unter dem Geschäftszeichen 3 U 101/18 eine instanzbeendende Entscheidung erlassen hätte, die einer Zurückweisung der Berufung des Klägers nach § 522 ZPO entgegen stehen könnte. Eine solche Entscheidung legt der Kläger weder vor noch ist sie recherchierbar.
Es bleibt damit bei dem prozessualen Grundsatz, dass ein Kläger, der Ansprüche geltend macht, die Anspruchsvoraussetzungen darlegen und beweisen muss. Erschöpft sich sein Vorbringen – wie vorliegend – in einer Vermutung „ins Blaue“, für die er keine ausreichenden Umstände dartut, besteht für eine Beweisaufnahme kein Anlass.
Ergänzend stützt sich die Klagepartei auf eine Liste von Fahrzeugtypen der Beklagten, die von Rückrufen betroffen seien, in der unter anderem ein GLK-Fahrzeugmotor enthalten sei, bei dem es sich um ein Nachfolgemodell des streitgegenständlichen Fahrzeugs handele. Wie bereits im Hinweisbeschluss des Senats vom 14.08.2019 ausgeführt, bietet der Umstand, dass andere von der Beklagten produzierte Fahrzeugmodelle von einem Rückruf betroffen sein könnten, keinen hinreichenden Anhalt für die Annahme, dass der vorliegend streitgegenständliche Wagen (Baujahr 2009) ebenfalls über unzulässige Abschaltvorrichtungen verfügt. Gleiches gilt in Bezug auf den von der Klagepartei vorgebrachten Hinweis auf das Angebot freiwilliger Softwareupdates durch die Beklagte, zumal der Vortrag auch insoweit viel zu pauschal bleibt.
II.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Die Feststellung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des angefochtenen Urteils erfolgte gemäß § 708 Nr. 10 ZPO.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wurde in Anwendung der §§ 47, 48 GKG bestimmt. Der bereits im Antrag in Abzug gebrachte Betrag wurde saldiert, für den Feststellungsantrag hat der Senat einen Betrag von 800 € angesetzt.

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