Verkehrsrecht

Rechtmäßige Abmahnung wegen fehlender Personenbeförderungserlaubnis

Aktenzeichen  M 23 K 16.4378

Datum:
10.5.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
PBefG PBefG § 25 Abs. 2 S. 1
BayVwVfG BayVwVfG Art. 35 S. 1
FeV FeV § 48

 

Leitsatz

1 Weil die Widerrufsvorschrift des § 25 PBefG in Bezug auf die persönliche Zuverlässigkeit des Unternehmers gerade auf die vorherige Abmahnung nach § 25 Abs. 1 S. 2 PBefG abstellt, ist eine solche Abmahnung auch ohne ausdrückliche Ermächtigungsgrundlage im Personenbeförderungsrecht möglich. (redaktioneller Leitsatz)
2 Dem Taxiunternehmer obliegt die Pflicht, sich insoweit mit den einschlägigen Regelungen vertraut zu machen und entsprechende Hinweise der Behörde sorgfältig zu prüfen. Er kann daher nicht darauf vertrauen, mit einer Erlaubnis zur Beförderung im Linienverkehr auch die erforderliche Erlaubnis zur Fahrgastbeförderung mit Taxi zu haben. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet. Die Abmahnung der Beklagten vom 11. Juni 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13. September 2016 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO).
Die Klage ist zulässig. Nach bisheriger Rechtsprechung der Kammer ist die erhobene Anfechtungsklage statthaft, da die ausgesprochene Abmahnung als Verwaltungsakt im Sinne des Art. 35 Satz 1 BayVwVfG zu qualifizieren ist (vgl. VG München, U.v. 29.6.2016 – M 23 K 15.1416). Selbst wenn in der Abmahnung kein Verwaltungsakt gesehen würde, wäre die Klage jedenfalls als Feststellungsklage nach § 43 VwGO zulässig. Der Kläger hätte dann auch ein berechtigtes Interesse an der Klärung, ob die ausgesprochene Abmahnung zu Recht erfolgte, da sie die Vorstufe zum Widerrufsverfahren darstellen und in diesem zu berücksichtigen sein kann (vgl. VG München, a.a.O.).
Die Klage ist jedoch unbegründet, da die verfahrensgegenständliche Abmahnung vom … Juni 2014 rechtmäßig ist. Der Kläger hat einen die Abmahnung rechtfertigenden Verstoß gegen personenbeförderungsrechtliche Pflichten i.S.d. § 25 Abs. 1 Satz 2 PBefG begangen, indem er persönlich Personen mit dem Taxi befördert hat, ohne im maßgeblichen Zeitpunkt des Transports über die erforderliche Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung mit Taxi zu verfügen. Ermessensfehler sind nicht ersichtlich, insbesondere verstößt die Abmahnung nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.
Eine ausdrückliche Rechtsgrundlage für die Abmahnung existiert im Personenbeförderungsrecht nicht. Allerdings sieht die Widerrufsvorschrift des § 25 PBefG in Bezug auf die persönliche Zuverlässigkeit des Unternehmers gerade die vorherige Abmahnung nach § 25 Abs. 1 Satz 2 PBefG vor.
Gemäß § 25 Abs. 1 Satz 2 PBefG ist die erforderliche Zuverlässigkeit des Unternehmers insbesondere nicht mehr gegeben, wenn in seinem Verkehrsunternehmen trotz schriftlicher Mahnung die der Verkehrssicherheit dienenden Vorschriften nicht befolgt werden oder den Verpflichtungen zuwidergehandelt wird, die dem Unternehmer nach diesem Gesetz oder nach den auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsvorschriften obliegen. Der Regelung ist einerseits zu entnehmen, dass ein einmaliger Verstoß gegen die genannten Vorschriften für einen Widerruf der Genehmigung im Regelfall nicht ausreicht, andererseits, dass der Widerruf wegen Unzuverlässigkeit des Unternehmers zumindest regelmäßig eine Abmahnung voraussetzt. Da der Widerruf gemäß § 25 Abs. 1 Satz 1 PBefG mit zwingender Rechtsfolge ausgestaltet ist und eine sehr einschneidende Maßnahme darstellt, ist zudem der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz besonders zu berücksichtigen. Aus dieser Systematik ist zu folgern, dass Grundlage eines Widerrufs wegen Unzuverlässigkeit nicht lediglich eine hinweisende Ermahnung des Inhalts sein kann, mögliche künftige Verstöße zu unterlassen, sondern dass bereits der Abmahnung ein tatsächlich stattgefundener Verstoß im Sinne von § 25 Abs. 1 Satz 2 PBefG zugrunde liegen muss (vgl. VG München, U.v. 29.6.2016 – M 23 K 15.1416).
Ein solcher Verstoß gegen die personenbeförderungsrechtlichen Pflichten des Unternehmers ist, wie in der Abmahnung vom … Juni 2014 gerügt, vorliegend gegeben. Der Kläger hat persönlich Fahrgäste befördert, ohne zu der maßgeblichen Zeit, auf den sich die Abmahnung bezieht, über die nach § 48 Abs. 1 FeV erforderliche Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung mit einem Taxi zu verfügen.
Nach § 48 Abs. 1 FeV bedarf einer zusätzlichen Erlaubnis (Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung), wer ein Kraftfahrzeug führt, wenn in dem Fahrzeug Fahrgäste befördert werden und für diese Beförderung eine Genehmigung nach dem Personenbeförderungsgesetz erforderlich ist. Nach § 48 Abs. 3 Satz 1 FeV ist die Fahrerlaubnis durch einen Führerschein nach Muster 4 der Anlage 8 (Führerschein zur Fahrgastbeförderung) nachzuweisen. Nach § 48 Abs. 4 Nr. 7 FeV ist die Fahrerlaubnis zu erteilen, wenn der Bewerber – falls die Erlaubnis für Taxen gelten soll – in einer Prüfung nachweist, dass er die erforderlichen Ortskenntnisse in dem Gebiet besitzt, in dem die Beförderungspflicht besteht. Nach § 2 PBefG i.V.m. § 1 PBefG und §§ 46 Abs. 2 Nr. 2, 47 PBefG muss im Besitz einer Genehmigung nach dem Personenbeförderungsgesetz sein, wer entgeltlich Personen mit Taxen befördert.
Nach diesen Vorgaben bedurfte der Kläger zur Beförderung von Fahrgästen mit dem Taxi einer Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung nach § 48 Abs. 1 FeV. Diese Fahrerlaubnis musste sich, wie sich aus § 48 Abs. 4 Nr. 7 FeV und § 48 Abs. 3 FeV i.V.m. dem Muster 4 der Anlage 8 zur Fahrerlaubnisverordnung ergibt, gerade auf das Führen eines Taxis beziehen.
Über eine solche Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung mit Taxi verfügte der Kläger zu der insoweit maßgeblichen Zeit, auf die sich die Abmahnung bezieht, gerade nicht. Dennoch hat er persönlich trotzdem Leistungen zur Fahrgastbeförderung mit dem Taxi angeboten. Mit Blick auf den Vortrag des Klägers, er sei mehrfach ohne Beanstandungen kontrolliert worden, liegt es auf der Hand, dass er dies mehrfach und über einen längeren Zeitraum getan hat.
Darin liegt ein Verstoß gegen personenbeförderungsrechtliche Pflichten i.S.d. § 25 Abs. 1 Satz 2 PBefG, da § 48 FeV zweifelsohne der Verkehrssicherheit dient.
Die Abmahnung erscheint auch ermessensgerecht, insbesondere bestehen keine Anhaltspunkte gegen deren Verhältnismäßigkeit.
Das Erfordernis einer zusätzlichen Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung mit Taxi nach § 48 FeV dient maßgeblich dem Schutz der Fahrgäste sowie der Verkehrssicherheit. Seine Einhaltung ist von einem zuverlässigen Unternehmer zu erwarten. Dementsprechend war es vorliegend sachgerecht und angemessen, den Kläger für das pflichtwidrige Verhalten abzumahnen; anders als im Falle des Widerrufs ist hiermit auch noch kein weitreichender Eingriff in die Berufsausübung des Klägers verbunden.
Die Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung nach § 48 FeV soll sicherstellen, dass der Führer eines Fahrzeugs, in dem Fahrgäste befördert werden, die besonderen Anforderungen an die Eignung erfüllt, die der Fahrgasttransport insbesondere mit Blick auf die Sicherheit der Fahrgäste gebietet. Diese Voraussetzungen sollen in einem förmlichen Verfahren geprüft werden und der entsprechende Führerschein als Nachweis die Behörde im Vollzug des Fahrgastbeförderungsrechts von Ermittlungen im Einzelfall befreien. Deshalb stellt bereits die formelle Illegalität im Sinne eines Fehlens des formellen Nachweises angesichts der Bedeutung der geschützten Rechtsgüter, insbesondere der Sicherheit der Fahrgäste, einen erheblichen Verstoß dar. Aber auch in materieller Hinsicht stellt sich der vorliegende Verstoß als erheblich dar, auch wenn dem Kläger für die Erteilung der Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung mit Taxen im maßgeblichen Zeitraum wohl allein die Voraussetzung des Nachweises der Ortskunde nach § 48 Abs. 4 Nr. 7 FeV gefehlt hat. Diese Ortskundeprüfung ist vom Verordnungsgeber ausdrücklich als Voraussetzung für die Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung mit Taxen normiert worden. Sie dient nicht nur der Sicherheit der Fahrgäste, sondern auch der Verkehrssicherheit allgemein, da nicht oder nicht ausreichend ortskundige Fahrer den Verkehr gefährden und seine Flüssigkeit beeinträchtigen können (vgl. BayOBLG, B.v. 08.04.1971, RReg. 5 St 506/71 Owi – NJW 1971, 1620; Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 42. Aufl., 2013, § 48 FeV Rn. 29). Hinzu kommt das berechtigte Interesse der Fahrgäste an einem schnellen und kostengünstigen Erreichen des benannten Zieles.
Nach dem Gesamtbild der Genehmigungshistorie, wie sie sich aus den Akten ergibt, geht das Gericht davon aus, dass dem Kläger das Fehlen der erforderlichen Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung mit einem Taxi durchaus bewusst war bzw. er dies zumindest hätte erkennen müssen. In dem ihm ausgehändigten Führerschein waren einerseits die Transportmittel Taxi und Mietwagen unverkennbar ausgestrichen. Der zu Grunde liegende, vom Kläger eigenhändig unterschriebene Antrag vom … Januar 2010 war weiter und dem korrespondierend, im Unterschied zu den beiden vorangegangenen Anträgen aus den Jahren 2007 und 2008 auf „PKW im Linienverkehr“ beschränkt. Zudem muss andererseits bei lebensnaher Betrachtung davon ausgegangen werden, dass dem Kläger als Taxiunternehmer das Erfordernis der Ortskundeprüfung bekannt war, zumal die Beklagte darauf bereits anlässlich des Antrags aus 2007 hingewiesen hatte.
Dass und wie die Beklagte die Anträge aus den Jahren 2007 und 2008 eingestellt hat, ist insoweit unerheblich, da es jedenfalls an einer positiven Erlaubnis fehlte; eine Fiktion kennt das Gesetz insoweit nicht. Das Fehlen einer förmlichen Ablehnung konnte insoweit auch kein Vertrauen des Klägers begründen, zumal die Anträge aus den Jahren 2007 und 2008 durch den späteren, gegenständlich beschränkten Antrag vom … Januar 2010 wohl auch überholt wurden.
Doch selbst wenn dem Kläger der Verstoß nicht bewusst gewesen sein sollte, hätte er jedenfalls erheblich gegen seine unternehmerischen Sorgfaltspflichten verstoßen. Dem Taxiunternehmer obliegt die Pflicht, sich insoweit mit den einschlägigen Regelungen vertraut zu machen und entsprechende Hinweise der Behörde sorgfältig zu prüfen. Diese Erwägungen kommen hier umso mehr zu tragen, als die Beklagte in der personenbeförderungsrechtlichen Genehmigung vom 18. Januar 2012 unter Verweis auf § 48 FeV darauf hingewiesen hatte, eingesetzte Fahrer müssten im Besitz einer Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung mit den erforderlichen Ortskenntnissen (Ortskundeprüfung) sein.
Nicht streitgegenständlich hingegen ist die Frage, welches Gewicht der abgemahnte Verstoß angesichts des Zeitablaufs – mittlerweile über drei Jahre – und der Nachholung des Erlaubnisverfahrens nach § 48 FeV noch hat und inwieweit er ggf. im Rahmen eines Widerrufsverfahrens nach § 25 Abs. 1 PBefG noch verwertbar wäre.
Bedenken gegen die Nebenentscheidungen von Bescheid und Widerspruchsbescheid sind weder geltend gemacht noch erkennbar.
Die Klage war somit mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 Absatz 2 VwGO i. V. m. § 708 ff. ZPO.

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