Verkehrsrecht

Schadensersatzansprüche aus einem Verkehrsunfall

Aktenzeichen  3 C 775/16

Datum:
9.3.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
AG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB BGB § 247, § 280 Abs. 2
StVG StVG § 7 Abs. 1, § 17 Abs. 1
StVO StVO § 2 Abs. 2, § 5 Abs. 4 S. 2

 

Leitsatz

Tenor

1. Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt, an den Kläger 1.597,– € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit 16.07.2016 sowie 255,85 € außergerichtliche Rechtsanwaltskosten nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit 16.07.2016 zu zahlen.
2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
3. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger 60 % und die Beklagten gesamtschuldnerisch 40 %.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar; für den Kläger jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil beizutreibenden Betrags.
Der Kläger darf die gegen ihn gerichtete Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil beizutreibenden Betrags abwenden, falls nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Gründe

I.
Die zulässige Klage ist teilweise begründet.
Dem Kläger steht gegen die Beklagten der geltend gemachte Schadensersatzanspruch gemäß § 7 I StVG bzw. § 115 I VVG in Höhe von 1.597,– € zu.
1. Der Kläger ist als Fahrzeugeigentümer aktivlegitimiert, da ausweislich der als Anlage K3 vorgelegten Bestätigung keine Inanspruchnahme der klägerischen Kaskoversicherung erfolgt ist.
2. Nach der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Beklagte zu 1) gegen das Rechtsfahrgebot gemäß § 2 II StVO verstoßen und während des klägerischen Überholvorgangs nach links auf die Gegen-Fahrbahn geraten ist.
Der Beklagte zu 1) gab selbst informatorisch an, er habe in der leichten Rechtskurve etwas nach links ausholen müssen, um nicht mit dem Anhänger auf das Bankett zu geraten. Vor dem leichten Ausscheren nach links habe er in den rechten Außenspiegel geschaut und den Hänger beobachtet. Das überholende klägerische Fahrzeug habe er erst bewusst wahrgenommen, als es bereits auf Höhe des Führerhauses gewesen sei.
Der Sachverständige Dipl.-Ing. (FH) … kommt in seinem überzeugenden und nachvollziehbaren unfallanalytischen Gutachten aufgrund der Schadensbilder, einer Besichtigung und Vermessung der Unfallstelle sowie rechnergestützter Kollisionsanalysen zu dem Ergebnis, dass sich der Beklagten-Lkw von rechts nach links in die Fahrlinie des klägerischen Fahrzeugs bewegt hat, wobei die Kollision im Hinblick auf die zur Verfügung stehende Gesamt-Fahrbahnbreite grundsätzlich vermeidbar gewesen wäre, wenn der Beklagte zu 1) kontinuierlich am äußersten rechten Fahrbahnrand gefahren wäre. Für den Beklagten zu 1) war der klägerische Pkw zudem beim Blicken in den linken Außenspiegel frühzeitig als überholendes Fahrzeug erkennbar.
Der Seitenabstand der beiden Fahrzeuge hat sich während des Überholvorgangs aufgrund der Fahrbahn-Verengung von 0,8–1 m auf 0,2–0,4 m verringert. Nach den weiteren Feststellungen des Sachverständigen kann in diesem Zusammenhang jedoch nicht ausgeschlossen werden, dass sich das klägerische Fahrzeug um 10 bis maximal 15 cm unmittelbar vor der Kollision nach rechts bewegt und dadurch den bereits äußerst geringen Seitenabstand zum Lkw weiter reduziert hat.
Die Kollision wäre für den Kläger ebenfalls vermeidbar gewesen, wenn er bei Erkennen der Ausscherbewegung des Beklagten-Lkw mit einer ABS-Vollbremsung bzw. einem starken Verzögern und einem Lenken nach links reagiert hätte.
3. Die im Rahmen des § 17 I StVG vorzunehmende Abwägung nach dem Grad der beiderseitigen Verursachungsbeiträge führt vorliegend zu einer Haftungsverteilung von 60 % zu Lasten des Klägers und 40 % zu Lasten der Beklagten.
Dem Beklagten zu 1) ist zwar ein Verstoß gegen § 2 II StVO anzulasten, jedoch hat der Kläger entgegen § 5 IV S. 2 StVO den geforderten ausreichenden Seitenabstand beim Überholen nicht eingehalten. Wenn auf schmaler Straße nur ein geringer Seitenabstand verbleibt – was vorliegend für den ortskundigen Kläger bereits bei Beginn des Überholvorgangs erkennbar war – muss der Überholer grundsätzlich zurückbleiben oder seine Überholabsicht ankündigen und sich mit dem zu Überholenden verständigen (Hentschel „Straßenverkehrsrecht“ 37. Aufl. § 5 StVO, Rdnr. 54).
Der Verursachungsanteil des Klägers ist aufgrund des betriebsgefahrerhöhenden Überholens mit gefährdendem Seitenabstand – trotz der grundsätzlich erhöhten Betriebsgefahr des Beklagten-Lkw’s – deutlich höher zu bewerten.
4. Der dem Grunde nach erstattungsfähige klägerische Schaden beträgt 3.992,51 €.
Neben den unstreitigen Reparaturkosten (3.701,51 €) war eine Pauschale von 25,– € (ständige Rechtsprechung des LG Ansbach – Berufungskammer –) und ein Nutzungsausfallschaden von 266,– € (7 Tage zu je 38,– €) in Ansatz zu bringen. Der klägerische Pkw war aufgrund des Alters (9 Jahre) in die nächstniedrigere Gruppe D nach der Tabelle Küppersbusch einzustufen.
Unter Zugrundelegung der oben genannten Haftungsquote errechnet sich der klägerische Schadensersatzanspruch auf 1.597,– € (40 % aus 3.992,51 €).
In dieser Höhe war der Klage stattzugeben.
5. Der geltend gemachte Zinsanspruch und die außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten sind gemäß §§ 280 II, 286, 288 BGB begründet. Die Klagezustellung erfolgte am 16.07.16 (§ 291 BGB). Die Rechtsanwaltsgebühren wurden entsprechend dem zugesprochenen Betrag reduziert.
Der Feststellungsantrag zur Verzinsung verauslagter Gerichtskosten für die Zeit von deren Einzahlung bis zum Eingang des Kostenfestsetzungsantrags war nach der aktuellen Rechtsprechung des BGH als unbegründet abzuweisen.
Gemäß § 288 I S. 1 BGB ist eine Geldschuld während des Verzugs zu verzinsen. Eine schlüssige Begründung, dass sich die Beklagten mit der Erfüllung der Verzinsungsschuld im Verzug befunden haben, liegt nicht vor (BGH Urteil vom 22.07.2014; VI ZR 357/13).
II.
Kosten: § 92 I ZPO.
III.
Vorläufige Vollstreckbarkeit: §§ 708 Nr. 11, 711, 709 ZPO.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf 4.032,51 € festgesetzt.

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