Aktenzeichen 2 C 1079/19
Leitsatz
1. Den Geschädigten eines Unfallgeschehens trifft bei der Beauftragung eines Sachverständigen keine Obliegenheit, den günstigsten verfügbaren Sachverständigen zu ermitteln. Er darf sich grundsätzlich an einen beliebigen Sachverständigen wenden. (Rn. 3) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Kosten des Sachverständigen sind als Schadensersatz nicht vollständig zu erstatten, wenn er Honorarsätze verlangt, die die ortsüblichen Preise deutlich überschreiten. (Rn. 3) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 140,84 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 20.02.2017 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Die Beklagten haben als Gesamtschuldner die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4. Der Streitwert wird auf 140,84 € festgesetzt.
Gründe
Gemäß § 495 a ZPO bestimmt das Gericht das Verfahren nach billigem Ermessen. Innerhalb dieses Entscheidungsrahmens berücksichtigt das Gericht grundsätzlich den gesamten Akteninhalt.
Die Klage ist zulässig und in der Hauptsache auch voltumfänglich begründet. Vorliegend spielt die Frage, auf welcher Basis die Höhe der ortsüblichen Vergütung zu ermitteln ist, keine entscheidungserhebliche Rolle. Denn die ortsübliche Vergütung kommt nach § 632 Abs. 2 BGB nur dann zum Tragen, wenn die Höhe der Vergütung zwischen den Vertragsparteien nicht bestimmt worden ist. Letzteres ist hier aber gerade der Fall, da der als Anlage K 1 vorgelegte Auftrag zur Gutachtenerstellung gerade eine Honorarvereinbarung beinhaltet, welcher insbesondere auch die beklagtenseits besonders angegriffenen Nebenkosten zu entnehmen sind. Zweifel an der Wirksamkeit des Vertragsschlusses bestehen nicht. Die als Anlage K 3 vorgelegte Abrechnung des Klägers vom 02.01.2017 beruht ersichtlich auf dieser Honorarvereinbarung. Dementsprechend stellt sich wie erwähnt die Frage der Ortsüblichkeit dieses Honorars nicht; dieses ist schlichtweg so vereinbart, weshalb der Zedent zur Zahlung dieses vereinbarten Honorars an den Kläger verpflichtet war. Alternativ hierzu hat sie ihm den entsprechenden Ersatzanspruch gegen die Beklagten abgetreten. Diese Abtretung kann indes an der rechtlichen Bewertung des Vorgangs nichts ändern.
Vor diesem Hintergrund wäre allenfalls die Erforderlichkeit der Einschaltung genau dieses Sachverständigen mit diesen Honorarsätzen durch den Zedenten im Sinne des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB zu prüfen. Insoweit ist aber die ständige Rechtsprechung des BGH zu berücksichtigen, wonach den Geschädigten bei der Beauftragung keine Obliegenheit trifft, den günstigsten verfügbaren Sachverständigen zu ermitteln; der Unfallgeschädigte darf sich vielmehr an einen beliebigen Sachverständigen wenden, der für ihn leicht erreichbar ist oder dem er aus anderen Gründen sein Vertrauen schenkt, da er hinsichtlich der anfallenden Kosten grundsätzlich nur sehr beschränkte Erkenntnismöglichkeiten besitzt. Eine Erforderlichkeit des vereinbarten Gutachterhonorars kann nur dann verneint werden, wenn der ausgewählte Sachverständige, also der Kläger, Honorarsätze verlangt, die die ortsüblichen Preise so deutlich übersteigen, dass dies auch einem ordentlichen und verständigen Menschen auch bei Parallelwertung in der Laiensphäre hätte auffallen müssen; dann liegt ein Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht vor. Von einer deutlichen Überhöhung in diesem Sinne kann hier aber nicht die Rede sein. Selbst die Beklagtenseite geht davon aus, dass ein Honorarbetrag von 505,75 € üblich und erforderlich wäre. Eine Abweichung um rund 140 € bzw. in Relation gesehen um ca. ein Viertel stellt sich angesichts der bereits angesprochenen beschränkten Erkenntnismöglichkeiten des Geschädigten für diesen gerade nicht als so erheblich dar, dass ihm dies in jedem Falle auffallen hätte müssen. Es hat daher bei der Erforderlichkeit und damit der Ersatzfähigkeit des gesamten Rechnungsbetrages zu verbleiben, von dem nach unstreitiger Teilzahlung von 505,05 € noch 140,84 € offen stehen.
Zinsen können jedoch erst ab der Mahnung im Schreiben vom 24.01.207 verlangt werden, da vorher kein Verzug vorlag, auch noch keine endgültige Ablehnung weiterer Zahlungen. Erst mit Schreiben vom 07.03.207 lehnte die Beklagte zu 2) weitere Zahlungen ab. Vorgerichtliche Rechtsanwaltsgebühren können nicht verlangt werden, da sich die Beklagten bei Einschaltung der Prozessbevollmächtigten durch den Kläger noch nicht in Verzug mit der Leistung befunden haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 ZPO. Es liegt lediglich eine geringfügige Zuvielforderung vor, die nur die Nebenkosten betroffen und keinen Gebührensprung veranlasst hat.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in den §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.