Verkehrsrecht

Untersagung des Führens fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge

Aktenzeichen  W 6 S 20.203

Datum:
4.2.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 9481
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 80 Abs. 5
StVG § 3 Abs. 1
FeV § 3 Abs. 1, Abs. 2, § 11 Abs. 8, § 13 S. 1 Nr. 2 Buchst. c
FeV Nr. 8 der Anlage 4 zur

 

Leitsatz

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 11.250,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller wendet sich gegen die sofortige Vollziehbarkeit des Entzugs seiner Fahrerlaubnis der Klassen A, A1, AM, B, BE, C1, C1E, L, T, C, CE sowie der Untersagung des Führens fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge.
1. Nach einer Mitteilung des Polizeipräsidiums Heilbronn vom 9. Juni 2019 führte der Antragsteller am 8. Juni 2019 gegen 22:45 Uhr in Mosbach ein Fahrrad im öffentlichen Straßenverkehr (zuletzt Kreisverkehr Heilbronner Straße/Hohlweg) in auffälliger Fahrweise. Eine freiwillig durchgeführte Blutuntersuchung ergab eine Blutalkoholkonzentration von 2,49 Promille. Mit Strafbefehl des AG Mosbach vom 23. August 2019 (Az. * … … … …) wurde deshalb gegen den Antragsteller aufgrund fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr (§ 316 Abs. 1 und 2 StGB) eine Geldstrafe in Höhe von 25 Tagessätzen verhängt.
Aufgrund des vorstehenden Sachverhalts forderte das Landratsamt Miltenberg (künftig: Landratsamt) mit Schreiben vom 27. Juni 2019 vom Antragsteller die Vorlage eines medizinisch-psychologischen Gutachtens zur Klärung folgender Fragen: „Ist zu erwarten, dass Sie auch zukünftig das Führen von fahrerlaubnisfreien Fahrzeugen (z.B. Mofas, Fahrräder) und einen die Fahrsicherheit beeinträchtigenden Alkoholkonsum nicht hinreichend sicher trennen werden und liegen als Folge des missbräuchlichen Alkoholkonsums Beeinträchtigungen vor, die das sichere Führen eines fahrerlaubnisfreien Fahrzeugs in Frage stellen? Kann eine durch das Führen fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge evtl. von Ihnen ausgehende Gefahr ggf. durch eine Beschränkung oder durch Auflagen (z.B. zeitliche, örtlich oder sachlich eingeschränktes Verbot) begegnet werden? Ist die Trunkenheitsfahrt mit dem fahrerlaubnisfreien Fahrzeug (Fahrrad) Ausdruck eines Kontrollverlustes, der genauso zu einer Verkehrsteilnahme mit einem fahrerlaubnispflichtigen Kraftfahrzeug der Klasse B, BE, C1, C1E, C, CE führen kann?“ Auf die Folge einer Weigerung bzw. nicht fristgerechten Vorlage des Gutachtens wurde der Antragsteller hingewiesen. Zur Vorlage des Gutachtens wurde eine Frist bis 30. August 2019 eingeräumt. Die Gutachtensaufforderung wurde dem Antragsteller am 29. Juni 2019 zugestellt. Der Antragsteller erklärte sich mit einer Begutachtung einverstanden.
Nach Mitteilung, dass der Antragsteller an einem MPU-Vorbereitungskurs teilnehme, wurde diesem zunächst die Verlängerung der Vorlagefrist bis Ende Oktober 2019 in Aussicht gestellt. Am 5. September 2019 teilte der Antragsteller dem Landratsamt während einer persönlichen Vorsprache mit, dass die medizinisch-psychologische Begutachtung negativ ausgefallen sei. Ausweislich eines Aktenvermerks vom 5. September 2019 bot sich dem Sachbearbeiter der Fahrerlaubnisbehörde bei der Vorsprache des Antragstellers die Gelegenheit, das medizinisch-psychologische Gutachten einzusehen. Der Inhalt des Gutachtens wurde mit dem Antragsteller erörtert; insbesondere wurde der Antragsteller auf scheinbar nicht nachvollziehbare Trinkmengenangaben aufmerksam gemacht. Da sich hierdurch gezeigt habe, dass der Antragsteller nicht offen sei, habe der Gutachter nicht entsprechend explorieren können. Der Antragsteller wurde ausweislich des Aktenvermerks vom Sachbearbeiter zudem auf wissenschaftliche Erkenntnisse aufmerksam gemacht, wonach er mit einer Promillezahl von 2,4 nicht mehr in der Lage hätte sein können, ein Fahrrad zu führen. Das Landratsamt räumte dem Antragsteller dennoch die Möglichkeit ein, bis 8. November 2019 ein neues Gutachten vorzulegen. Ein erneuter Begutachtungsauftrag erging am 24. September 2019.
Mit Schreiben vom 5. November 2019 beantragte der Bevollmächtigte des Antragstellers beim Landratsamt Fristverlängerung zur Vorlage des geforderten Gutachtens bis 29. November 2019. Am 6. Dezember 2019 teilte der Bevollmächtigte des Antragstellers mit, der Antragsteller habe eine weitere Begutachtung und eine Haaranalyse in Auftrag gegeben. Mit Antwort vom 6. Dezember 2019 lehnte das Landratsamt eine weitere Fristverlängerung ab und gab Gelegenheit, bis 20. Dezember 2019 zur beabsichtigten Entziehung der Fahrerlaubnis und der Untersagung des Führens fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge Stellung zu nehmen.
Mit Schreiben vom 20. Dezember 2019 bat der Bevollmächtigte das Landratsamt, die Entscheidung über die förmliche Entziehung zurückzustellen Der Antragsteller habe zwei Mal infolge unzureichender Vorbereitung die medizinisch-psychologische Untersuchung nicht bestanden. Der Antragsteller habe sich nunmehr einer Haarprobe unterzogen, deren Ergebnis erst im neuen Jahr vorliegen werde. Der Antragsteller sei auch bereit, sich unangekündigten Alkoholtests zu unterziehen und sich noch einmal einer MPU-Begutachtung zu stellen.
Nach Übersendung des Ergebnisses der Haaranalyse des Medizinischen Versorgungszentrums Weiden vom 2. Januar 2020, die dem Antragsteller eine dreimonatige Alkoholabstinenz bescheinigte, teilte das Landratsamt dem Bevollmächtigten des Antragstellers am 15. Januar 2020 fernmündlich mit, dass ein weiteres Abwarten nicht möglich sei.
2. Mit Bescheid vom 20. Januar 2020 entzog das Landratsamt dem Antragsteller die Fahrerlaubnis und untersagte ihm das Führen fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge (Ziffer I). Weiter wurde die Rückgabe des Führerscheins (Nr. …) für die Klassen A, A1, AM, B, BE, C1, C1E, L, T, C, CE und die darin enthaltenen Klassen spätestens innerhalb von fünf Tagen nach Zustellung des Bescheids angeordnet (Ziffer II). Für den Fall der nicht fristgerechten Rückgabe wurde die Wegnahme des Führerscheins durch die Polizei angedroht (Ziffer III). Die sofortige Vollziehung der Ziffern I und II wurde angeordnet (Ziffer IV). Dem Antragsteller wurden schließlich die Kosten des Verfahrens (Gebühr i.H.v. 170,00 EUR und Auslagen i.H.v. 11,01 EUR) auferlegt (Ziffer V und VI).
Zur Begründung wurde ausgeführt, Rechtsgrundlage der Entziehung der Fahrerlaubnis sei § 3 Abs. 1 StVG und § 46 Abs. 1 FeV. Erweise sich jemand als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen, habe ihm die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen. Dies gelte vor allem, wenn Mängel gem. Anlage 4 zur FeV vorliegen. Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken an der Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen begründen, habe die Fahrerlaubnisbehörde unter den in den §§ 11 bis 14 FeV genannten Voraussetzungen durch die Anordnung der Vorlage ärztlicher oder medizinisch-psychologischer Gutachten die Eignungszweifel aufzuklären (§ 3 Abs. 1 Satz 3 StVG, § 46 Abs. 3 FeV). Rechtsgrundlage für die Untersagung der Zulassung zum Führen fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge sei § 3 Abs. 1 FeV. Erweise sich jemand als ungeeignet zum Führen von Fahrzeugen, habe ihm die Fahrerlaubnisbehörde das Führen zu untersagen, zu beschränken oder die erforderlichen Auflagen anzuordnen. Nach § 3 Abs. 2 FeV fänden die §§ 11 bis 14 FeV Anwendung. Die Ungeeignetheit zum Führen von Fahrzeugen bestimme sich bezüglich fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge nach den Vorschriften, die auch für das Führen fahrerlaubnispflichtiger Fahrzeuge gälten, nämlich § 3 Abs. 1, § 2 Abs. 4 StVG und § 46 Abs. 1, § 11 Abs. 1 FeV. Die Forderung nach einem medizinisch-psychologischen Gutachten stütze sich auf § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c FeV. Danach sei ein medizinisch-psychologisches Gutachten beizubringen, wenn ein Fahrzeug im Straßenverkehr mit einer Blutalkoholkonzentration von 1,6 Promille oder mehr geführt wurde. Dies sei hier gegeben, da der Antragsteller ein Fahrzeug (Fahrrad) am 8. Juni 2019 unter Einfluss von 2,49 Promille im Straßenverkehr geführt habe. Die Forderung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens sei daher rechtens gewesen. Weigert sich der Betroffene, sich begutachten zu lassen, oder legt er das zu Recht geforderte Gutachten nicht (fristgerecht) vor, so dürfe die Fahrerlaubnisbehörde daraus auf die Nichteignung zum Führen von Kraftfahrzeugen schließen und die Fahrerlaubnis entziehen (§ 11 Abs. 8 FeV i.V.m. § 3 Abs. 1 StVG und § 46 Abs. 1 FeV). Der Antragsteller habe das medizinisch-psychologische Gutachten spätestens bis 8. November 2019 vorlegen sollen. Dieser Verpflichtung sei er nicht nachgekommen. Daher würden sich die Zweifel der Fahrerlaubnisbehörde an der Fahreignung des Antragstellers zur Gewissheit verdichten, weil aus seinem Verhalten geschlossen werden müsse, dass er Mängel in Bezug auf seine Fahreignung verbergen will. Die Fahrerlaubnis müsse daher entzogen werden (§ 3 Abs. 1 StVG, § 46 Abs. 1 FeV). Ein Ermessen stünde dem Landratsamt bei einer derartigen Konstellation nicht (mehr) zu. Die Pflicht zur Rückgabe des Führerscheins folge zwingend aus § 3 Abs. 2 Satz 3 StVG und § 47 Abs. 1 FeV. Die Androhung unmittelbaren Zwangs beruhe auf Art. 29, 34 und 36 Verwaltungszustellungs- und vollstreckungsgesetz (VwZVG). Sie sei erforderlich und angemessen, da ein anderes Zwangsmittel nicht den angestrebten Erfolg erwarten lasse, nämlich sofort auf den Führerschein zugreifen zu können. Nur der unmittelbare Zwang erlaube einen unmittelbaren und schnellen Zugriff auf den Führerschein und gewährleiste einen zweckentsprechenden und rechtzeitigen Erfolg (Art. 34 Abs. 1 VwZVG). Die sofortige Vollziehbarkeit der Ziffer I des Bescheids sei auf Grundlage des § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO im öffentlichen Interesse angeordnet worden. Der Antragsteller sei durch das Führen eines Fahrzeuges unter Alkoholeinfluss aufgefallen. Es könne derzeit nicht ausgeschlossen werden, dass er auch künftig ein Fahrzeug unter Alkoholeinfluss führen werde. Die bestehenden Eignungszweifel habe er nicht ausgeräumt. Solange nicht gesichert sei, dass der Antragsteller verlässlich und auf Dauer widerstehen kann, Alkohol in einer die Fahrtüchtigkeit beeinträchtigenden Art und Weise zu konsumieren, müsse damit gerechnet werden, dass er wie in der Vergangenheit unter Alkoholeinfluss am Straßenverkehr teilnehmen werde und dabei fremde Rechtsgüter beeinträchtigen könnte. Das Interesse der Allgemeinheit an der Sicherheit des Straßenverkehrs und der aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 Grundgesetz ableitbare Auftrag zum Schutz vor erheblichen Gefahren für Leib und Leben würden es gebieten, hohe Anforderungen an die Eignung zum Führen von Fahrzeugen zu stellen. Stehe wie vorliegend die Nichteignung fest, fordere es der Schutz der übrigen Verkehrsteilnehmer regelmäßig, die Entziehung der Fahrerlaubnis ohne jeden weiteren Aufschub wirksam werden zu lassen. Es könne im Interesse der Allgemeinheit nicht akzeptiert werden, dem Antragsteller bis zum Eintritt der Bestandskraft der Entziehungsverfügung zu gestatten, weiterhin Fahrzeuge im öffentlichen Straßenverkehr zu führen. Die Abwägung der gegenseitigen Interessen habe unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes ergeben, dass eine andere Maßnahme oder ein weiteres Zuwarten zur Sicherung der Rechte anderer Verkehrsteilnehmer nicht möglich und angemessen gewesen sei. Die Fahrerlaubnis sei daher mit sofortiger Wirkung zu entziehen und das Führen fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge zu untersagen. Wegen der sofortigen Vollziehbarkeit der Ziffer II (Rückgabeanordnung) sei auf § 47 Abs. 1 Satz 2 FeV zu verweisen. Danach bestehe die Pflicht zur Ablieferung oder Vorlage auch, wenn die Entscheidung angefochten wurde, die Behörde jedoch die sofortige Vollziehung ihrer Verfügung angeordnet hat. Solange der Antragsteller im Besitz seines Führerscheins sei, bestehe die Gefahr, dass dieser missbräuchlich eingesetzt werde. § 47 Abs. 1 Satz 2 FeV könne nur so verstanden werden, dass er einen besonderen Fall des gesetzlichen Sofortvollzugs im Sinne von § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO enthalte. Die Kostenentscheidung beruhe auf § 6a Abs. 1 Nr. 1a und Abs. 2 StVG i.V.m. §§ 1, 2 und 4 der Gebührenordnung für Maßnahmen im Straßenverkehr (GebOSt) i.V.m. Gebührennummer 206. Der Bescheid wurde dem Bevollmächtigten des Antragstellers am 23. Januar 2020 zugestellt.
3. Am 27. Januar 2020 erhob der Antragstellers Klage gegen den Bescheid vom 20. Januar 2020 (W 6 K 20.202), über die noch nicht entschieden ist.
Ebenfalls am 27. Januar 2020 beantragte der Antragsteller im zugrundeliegenden Verfahren sinngemäß,
die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 20. Januar 2020 wiederherzustellen und dem Antragsgegner aufzugeben, die vom Antragsteller am 27. Januar 2020 abgegebene Fahrerlaubnis unverzüglich wieder an den Antragsteller zurückzugeben.
Zur Begründung wurde ausgeführt, für die verhängnisvolle Fahrradfahrt sei ein „Herrenausflug“ ursächlich gewesen. Die Herren hätten des Öfteren angehalten und einer nach dem anderen habe eine Runde Schnaps und Bier spendiert. Da der Ausflug den ganzen Tag andauerte und zwischendurch immer wieder Fahrrad gefahren wurde, habe der Antragsteller den Überblick über den Alkoholkonsum verloren. Der Antragsteller habe sich aufgrund der Anordnung des Landratsamtes am 14. Oktober 2019 einer medizinisch-psychologischen Begutachtung durch den TÜV Süd Life Service unterzogen und dort angegeben, dass er seit der Trunkenheitsfahrt keinen Alkohol mehr getrunken habe. Da er sich zuvor nicht habe rechtlich beraten lassen, habe er es allerdings unterlassen, sich ab dem Tattag einer Alkoholkontrolle durch Urinproben oder Haaranalysen zu unterziehen. Der Gutachter habe festgestellt, dass der Antragsteller kooperationsbereit und um Offenheit bemüht sei und sich selbstkritisch zum Vorliegen der früheren eigenen Alkoholproblematik geäußert habe. Der Gutachter habe es für glaubhaft angesehen, dass der Antragsteller seinen Alkoholkonsum komplett eingestellt habe. Dennoch sei er der Ansicht gewesen, die eingeleitete Änderung des Alkoholtrinkverhaltens bestehe erst seit kurzer Zeit, sodass noch nicht von einer gefestigten Verhaltensänderung auszugehen sei. Es könne laut Gutachter noch nicht begründet werden, dass die angegebene Verhaltensänderung stabil sei. Der Gutachter habe zum Beleg der Alkoholabstinenz ein Kontrollprogramm bestehend aus sechs unangekündigten Clean-Kontrollen im Verlauf von 12 Monaten empfohlen. Das Gutachten sei vom Antragsteller nicht vorgelegt worden, weil die Eignung zum Zeitpunkt der Erstellung des Gutachtens nicht festgestellt worden sei. Die auf anwaltlichen Rat hin inzwischen eingeholte Haaranalyse vom 2. Januar 2020 beziehe sich zwar nur auf die letzten drei Monate, lasse aber die Angabe des Antragstellers glaubhaft erscheinen, wonach er seit dem 8. Juni 2019 nicht mehr getrunken habe. Der Antragsteller nehme seit Erhalt seiner Fahrerlaubnis beanstandungsfrei am Straßenverkehr teil, insbesondere sei er noch nie wegen Trunkenheitsfahrten aufgefallen. Seit dem 9. Februar 1998 sei er bei einem Baustoffunternehmen als LKW-Fahrer beschäftigt. Er sei bislang weder durch seine Verhaltensweise noch durch Alkoholkonsum negativ aufgefallen. Der Antragsteller habe sechs Monate dem Alkoholkonsum entsagt und beanstandungsfrei am Straßenverkehr teilgenommen. Die Entziehung der Fahrerlaubnis sei deshalb unverhältnismäßig. Stattdessen hätte dem Antragsteller für die nächsten sechs Monate eine Auflage erteilt werden können, sich regelmäßigen Alkoholkontrollen zu unterziehen, etwa durch Urinproben oder Haaranalysen.
Der Antragsgegner beantragte,
den Antrag abzulehnen.
Zur Begründung wurde auf die Ausführungen des Bescheids vom 20. Januar 2020 verwiesen. Ergänzend wurde ausgeführt, dem Antragsteller sei entgegenkommend die Möglichkeit eingeräumt worden, ein zweites Gutachten erstellen zu lassen. Am 20. Dezember 2019 sei dem Landratsamt mitgeteilt worden, dass auch das zweite Gutachten negativ ausgefallen sei. Auch dieses sei vom Antragsteller nicht vorgelegt worden. Dem Ansinnen des Antragstellers, sich einer dritten Begutachtung zu unterziehen, sei nicht zugestimmt worden. Da die geforderten Gutachten nicht vorgelegt worden seien, hätten dem Antragsteller auch keine weiteren Hinweise gegeben oder Auflagen erteilt werden können, die in den Gutachten eventuell enthalten waren.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte, die Verfahrensakte W 6 K 20.202 und die beigezogene Behördenakte verwiesen.
II.
Der Antrag hat keinen Erfolg, denn er ist teilweise unzulässig. Soweit der Antrag zulässig ist, ist er jedenfalls unbegründet.
1. Der Antrag ist unzulässig, soweit der Antragsteller begehrt, dem Antragsgegner aufzugeben, den abgelieferten Führerschein unverzüglich wieder an den Antragsteller herauszugeben. Für diesen Antrag fehlt das Rechtsschutzbedürfnis. Denn für den Fall, dass der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO erfolgreich ist, ist nichts dafür vorgetragen und auch nicht ersichtlich, dass der Antragsgegner nicht von sich aus die Konsequenzen hieraus ziehen und dem Antragsteller seinen Führerschein zurückgeben würde (vgl. BayVGH, B.v. 12.3.2007 – 11 CS 06.2028 – juris).
2. Der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der am 27. Januar 2020 eingelegten Klage gegen den Bescheid vom 20. Januar 2020 hinsichtlich dessen Ziffern I und II ist zwar zulässig, aber unbegründet.
Die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage des Antragstellers gegen die Entziehung der Fahrerlaubnis sowie die Untersagung des Führens fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge (Ziffer I des Bescheides) sowie gegen die Verpflichtung zur Ablieferung des Führerscheins (Ziffer II des Bescheides) entfällt im vorliegenden Fall, weil die Behörde gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO die sofortige Vollziehung angeordnet hat.
Nach § 80 Abs. 5 VwGO kann das Gericht die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs im Fall des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO ganz oder teilweise wiederherstellen. Das Gericht prüft, ob die formellen Voraussetzungen für die Anordnung der sofortigen Vollziehung gegeben sind. Im Übrigen trifft es eine eigene Abwägungsentscheidung anhand der in § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO normierten Kriterien. Hierbei ist das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung gegen das Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs abzuwägen. Bei dieser Abwägung sind die Erfolgsaussichten in der Hauptsache dann von maßgeblicher Bedeutung, wenn nach summarischer Prüfung von der offensichtlichen Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit des streitgegenständlichen Verwaltungsakts und der Rechtsverletzung des Antragstellers auszugehen ist. Jedenfalls hat das Gericht die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs bei seiner Entscheidung mit zu berücksichtigen, soweit diese sich bereits übersehen lassen. Sind diese im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung offen, ist eine reine Interessenabwägung vorzunehmen.
Der Antragsgegner hat die Anordnung der sofortigen Vollziehung in ausreichender Weise gemäß § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO begründet. Die Begründung der Anordnung des Sofortvollzugs im streitgegenständlichen Bescheid genügt den formell-rechtlichen Anforderungen. Sie zeigt, dass sich der Antragsgegner des Ausnahmecharakters der Vollzugsanordnung bewusst war und enthält die Erwägungen, die er für die Anordnung des Sofortvollzugs als maßgeblich angesehen hat.
Eine summarische Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache, wie sie im Sofortverfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO erforderlich und ausreichend ist, ergibt, dass die Anfechtungsklage gegen den Bescheid vom 20. Januar 2020 voraussichtlich insoweit keinen Erfolg haben wird, als dem Antragsteller die Fahrerlaubnis entzogen und ihm die unverzügliche Ablieferung seines Führerscheins auferlegt wurde (2.1). Die Erfolgsaussichten der Klage sind bezüglich der Untersagung des Führens fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge derzeit offen (2.2). Allerdings ergibt insoweit sowie auch in Bezug auf die Entziehung der Fahrerlaubnis eine von den Erfolgsaussichten der Hautsache losgelöste gerichtliche Abwägung ein überwiegendes öffentliches Interesse an der Aufrechterhaltung der sofortigen Vollziehung des Bescheids vom 20. Januar 2020 (2.3).
2.1 Nach der im Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage hat die Anfechtungsklage des Antragstellers gegen den Entzug seiner Fahrerlaubnis voraussichtlich in der Hauptsache keinen Erfolg, da der Entzug rechtmäßig war und den Antragsteller nicht in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG i.V.m. § 46 Abs. 1 Satz 1 FeV hat die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich deren Inhaber als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn Erkrankungen oder Mängel nach den Anlagen 4, 5 oder 6 zur FeV vorliegen und dadurch die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen ist (§ 46 Abs. 1 Satz 2 FeV). Nach Nr. 8 der Anlage 4 zur FeV ist zum Führen von Fahrzeugen insbesondere nicht geeignet, wer Alkohol missbräuchlich konsumiert oder an einer Alkoholabhängigkeit leidet.
Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken gegen die Eignung des Fahrerlaubnisinhabers zum Führen von Kraftfahrzeugen begründen, finden gemäß § 46 Abs. 3 FeV die §§ 11 bis 14 FeV entsprechend Anwendung. Die Fahrerlaubnisbehörde hat damit die Möglichkeit zur Aufklärung der Fahreignung eines Fahrerlaubnisinhabers die Beibringung eines medizinischen oder medizinisch-psychologischen Gutachtens anzuordnen. Weigert sich der Betroffene, sich untersuchen zu lassen oder bringt er der Fahrerlaubnisbehörde das von ihr geforderte Gutachten nicht fristgerecht bei, so darf sie bei ihrer Entscheidung gemäß § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV auf die Nichteignung des Betroffenen schließen. Voraussetzung ist allerdings insoweit, dass der Betroffene bei der Anordnung auf diese Rechtsfolge gem. § 11 Abs. 8 Satz 2 FeV hingewiesen wurde, dass die Untersuchungsanordnung rechtmäßig ist und die Weigerung ohne ausreichenden Grund erfolgte (BVerwG, U.v. 9.6.2005 – 3 C 25/04 – DAR 2005, 581; BayVGH, B.v. 25.6.2008 – 11 ZB 08.1123 – juris). In materieller Hinsicht setzt die Rechtmäßigkeit der Anordnung der Untersuchung vor allem voraus, dass sie den Grundsätzen der Anlassbezogenheit und Verhältnismäßigkeit genügt (vgl. BayVGH, B.v. 11.2.2008 – 11 C 08.1030 – juris).
Die Anordnung vom 27. Juni 2019 zur Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens ist nicht zu beanstanden, da die Voraussetzungen des § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c FeV vorlagen. Der Antragsteller hatte unstreitig am 8. Juni 2019 im öffentlichen Straßenverkehr ein Fahrrad in alkoholisiertem Zustand geführt. Eine in unmittelbarem Anschluss an die Fahrt durchgeführte Blutuntersuchung hat eine Blutalkoholkonzentration von 2,49 Promille ergeben. Nach § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c FeV ist zur Klärung von Eignungszweifeln bei Alkoholproblematik ein medizinisch-psycholo-gisches Gutachten anzuordnen, wenn der Betreffende ein Fahrzeug – wozu auch ein Fahrrad zu zählen ist – im Straßenverkehr bei einer Blutalkoholkonzentration von 1,6 Promille oder mehr oder einer Atemalkoholkonzentration von 0,8 mg/l oder mehr führt. Die Teilnahme am Straßenverkehr in erheblich alkoholisiertem Zustand stellt mit jedem Fahrzeug eine gravierende Gefahr für die Sicherheit des Straßenverkehrs dar. Da eine festgestellte Blutalkoholkonzentration von 1,6 Promille oder mehr den Verdacht eines die Fahreignung ausschließenden Alkoholmissbrauchs begründet, muss die Fahrerlaubnisbehörde den Eignungszweifeln nachgehen, unabhängig davon, welches Fahrzeug geführt worden ist. Auch sonst begegnet die Aufforderung zur Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtes vom 27. Juni 2019 keinen rechtlichen Bedenken. Insbesondere wurde der Kläger ausdrücklich auf die Folgen der Nichtbeibringung des Gutachtens gem. § 11 Abs. 8 Satz 2 FeV hingewiesen. Es wurde mit § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c FeV die für die vorliegende Konstellation zutreffende Rechtsgrundlage benannt. Die konkrete Fragestellung ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Diese ist im Hinblick auf die zu klärenden Fahreignungsbedenken anlassbezogen und auch angemessen und verhältnismäßig. Auch die zunächst gestellte Frist zur Beibringung des Gutachtens bis zum 30. August 2019 (ca. 8 Wochen; die Anordnung wurde zugestellt am 29.6.2019) war ausreichend bemessen, um eine Begutachtung durchführen zu können.
Der Antragsteller teilte ausweislich eines qualifizierten Aktenvermerks (Bl. 20 d. A.) dem Landratsamt im Rahmen einer persönlichen Vorsprache am 5. September 2019 mit, dass die fristgerecht durchgeführte medizinisch-psychologische Begutachtung negativ ausgefallen ist. Dem Sachbearbeiter des Landratsamtes wurde Gelegenheit gegeben, das negative Gutachten einzusehen. Der Inhalt des Gutachtens wurde inhaltlich mit dem Antragsteller besprochen. Der Antragsteller wurde hierbei vom Sachbearbeiter des Landratsamtes auf die nicht nachvollziehbaren Trinkmengenangaben aufmerksam gemacht. Da sich hierdurch gezeigt habe, dass der Antragsteller nicht offen sei, habe der Gutachter nicht entsprechend explorieren können. Der Antragsteller wurde auf die wissenschaftlichen Erkenntnisse aufmerksam gemacht, wonach er mit einer Promillezahl von 2,4 im Normalfall nicht mehr in der Lage hätte sein können, ein Fahrrad zu führen. Die Dokumentation des Gesprächsinhalts gem. Aktenvermerk vom 5. September 2019 zeigt, dass der Antragsteller das geforderte medizinisch-psychologische Gutachten dem Landratsamt zur Kenntnis brachte und es dem Sachbearbeiter soweit zugänglich war, dass dieser sowohl das Ergebnis als auch die inhaltlichen Feststellungen des Gutachters erfassen und bewerten konnte. Hiernach ist davon auszugehen, dass auf Grundlage des zurecht geforderten und dem Landratsamt – wenn auch nur für kurze Zeit – zugänglich gemachten medizinisch-psychologischen Gutachtens – dessen Schlüssigkeit und Nachvollziehbarkeit im summarischen Eilverfahren mangels Vorlage nicht geprüft werden konnte – bereits die Nichteignung des Antragstellers zum Führen fahrerlaubnispflichtiger Fahrzeuge feststand. Der Entzug der Fahrerlaubnis des Antragstellers war voraussichtlich aus diesem Grunde bereits wegen Ungeeignetheit gem. § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG i.V.m. § 46 Abs. 1 Satz 1 FeV ohne weitere Ermittlungsmaßnahmen (§ 11 Abs. 7 FeV) zulässig und geboten.
Dem Antragsteller wurde dennoch vom Landratsamt entgegenkommend die Gelegenheit gewährt, eine erneute medizinisch-psychologische Begutachtung bis 8. November 2019 vorzulegen. Ob im Hinblick auf die Bestimmung des § 11 Abs. 7 FeV überhaupt ein erneutes Gutachten angefordert werden konnte und ob es für die Beibringung eines weiteren Gutachtens in formeller Hinsicht einer erneuten Anordnung gegenüber dem Antragsteller gem. § 11 Abs. 6 FeV einschließlich eines neuerlichen Hinweises gem. § 11 Abs. 8 Satz 2 FeV bedurft hätte, um auf dessen Nichtvorlage gestützt von der Nichteignung des Antragstellers gem. § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV ausgehen zu können, kann hier dahinstehen, da – wie aufgezeigt – bereits das der Fahrerlaubnisbehörde am 5. September 2019 zur Kenntnis gebrachte erste medizinisch-psychologische Gutachten den Entzug der Fahrerlaubnis stützte. Im Übrigen ist auch die zweite medizinisch-psychologische Begutachtung des Antragstellers nach dessen Angaben negativ ausgefallen.
Eine Wiederherstellung der Fahreignung (Nr. 8.2 bzw. Nr. 8.4 der Anlage 4 zur FeV) vor dem für den Entzug der Fahrerlaubnis maßgeblichen Zeitpunkt der Behördenentscheidung belegt auch nicht die vom Antragsteller eingeholte Haaranalyse des Medizinischen Versorgungszentrums Weiden vom 17. Dezember 2019. Diese attestiert dem Antragsteller eine Alkoholabstinenz von ca. drei Monaten, mithin ab Mitte Oktober. Der für eine Wiederherstellung der Fahreignung geforderte grundlegende Einstellungswandel samt gefestigter Verhaltensänderung, welche eine nachhaltige, sprich hinreichend motivierte und ausreichend stabile Änderung des Alkoholtrinkverhaltens erfordert, wird durch eine bloße Abstinenz von drei Monaten nicht belegt. Alleine die mit der Haaranalyse aufgezeigte „Trinkpause“ bietet für sich genommen keine ausreichende Gewähr für eine positive Verhaltensprognose, da sie schlimmstenfalls auch eine typische Begleiterscheinung eines bereits fortgeschrittenen Alkoholmissbrauchs sein kann (Schubert/Huetten/Rei-mann/Graw, Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung, Kommentar, 3. Aufl. 2018, S. 266).
Nachdem der Antragsteller das Landratsamt mit E-Mail vom 20. Dezember 2019 informierte, dass er die medizinisch-psychologische Untersuchung zwei Mal nicht bestanden hat, war das Landratsamt gem. § 11 Abs. 7 FeV auch nicht gehalten, dem Antragsteller Gelegenheit zur Einholung eines dritten Gutachtens einzuräumen. Fällt die medizinisch-psychologische Begutachtung negativ aus, besteht grundsätzlich kein Anspruch auf die Beibringung eines oder mehrerer weiterer Gutachten. Der staatliche Schutzauftrag fordert grundsätzlich eine rasche Aufklärung bestehender Fahreignungszweifel. Dem Antragsteller konnte daher kein Aufschub bis zu einem entfernten Zeitpunkt in der Zukunft eingeräumt werden, zu dem er möglicherweise die erforderliche Abstinenz nachweisen und dadurch seine Fahreignung wiedererlangen kann (vgl. Dauer in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 44. Aufl. 2017, § 11 FeV Rn. 45). Nachdem der Antragsteller das Landratsamt selbst über zwei negative medizinisch-psychologische Untersuchungen informierte, bestand deshalb keine Veranlassung zur Einräumung einer dritten Begutachtung.
Das mit rechtskräftigem Strafbefehl des AG Mosbach vom 23. August 2019 (Az. * … … … …) abgeschlossene Strafverfahren gegen den Antragsteller wegen der fraglichen Trunkenheitsfahrt am 8. Juni 2019 entfaltete schließlich im Zeitpunkt des behördlichen Entzugs der Fahrerlaubnis mit Bescheid vom 20. Januar 2020 auch keine Sperrwirkung mehr.
Die Entziehung der Fahrerlaubnis, die zurecht auf § 3 Abs. 2 Satz 3 StVG und § 47 Abs. 1 FeV gestützte Aufforderung zur Rückgabe des Führerscheins sowie die weiteren Regelungen im Bescheid sind nicht zu beanstanden und werden sich nach alledem im Hauptsacheverfahren voraussichtlich als rechtmäßig erweisen. Insoweit wird zur Vermeidung weiterer Wiederholungen auf die Ausführungen im Bescheid vom 20. Januar 2020 verwiesen (§ 117 Abs. 5 VwGO analog).
2.2 Ob sich die in Ziffer I des Bescheids vom 20. Januar 2020 ausgesprochene Untersagung des Führens fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge als rechtmäßig erweisen wird, ist im Zeitpunkt des summarischen Verfahrens nicht mit hinreichender Sicherheit feststellbar.
Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 FeV hat die Fahrerlaubnisbehörde das Führen von Fahrzeugen oder Tieren zu untersagen, wenn sich jemand als ungeeignet oder nur noch bedingt geeignet dafür erweist. Gemäß der Verordnungsbegründung zu § 3 FeV gilt diese Vorschrift für Personen, die kein fahrerlaubnispflichtiges Kfz führen, sondern in anderer Weise am Straßenverkehr teilnehmen, z.B. als Fahrrad- und Mofafahrer und Lenker von Fuhrwerken (vgl. BR-Drs. 443/98, S. 237; Dauer in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 46. Aufl. 2019, § 3 FeV Rn 10). Es gilt der Eignungsbegriff des § 2 Abs. 4 StVG, allerdings mit der Einschränkung, dass für die Anwendung des § 3 nur solche Mängel relevant sind, die sich auf das Führen von nicht fahr-erlaubnispflichtigen Fahrzeugen beziehen. Die Ungeeignetheit oder bedingte Eignung zum Führen von Fahrzeugen bestimmt sich somit grundsätzlich nach den Vorschriften, die auch für das Führen fahrerlaubnispflichtigen Kfz gelten. Danach ist geeignet, wer die notwendigen körperlichen und geistigen Anforderungen erfüllt und nicht erheblich oder nicht wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder gegen Strafgesetze verstoßen hat. Die §§ 11 – 14 FeV finden gemäß § 3 Abs. 2 FeV entsprechende Anwendung, um Eignungszweifel zu klären bzw. eine behördliche Entscheidung über die Untersagung, Beschränkung oder die Anordnung von Auflagen vorzubereiten. Entsprechend anwendbar ist damit auch die Anlage 4 zu den §§ 11, 13 und 14 FeV, jedenfalls soweit sich Mängel auch auf das Führen von nicht fahrerlaubnispflichtigen Fahrzeugen beziehen. Im Hinblick auf die entsprechende Anwendung dieser Vorschriften auf die Untersagung des Führens fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge ist zu prüfen, ob die in Bezug genommenen Regelungen nach ihrem Sinn und Zweck Anwendung finden können. Das ist bei der Regelung des § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c FeV, die allgemein auf eine unter erheblichem Alkoholeinfluss stattfindende Fahrt mit einem Fahrzeug abstellt, der Fall (BayVGH, U.v. 1.10.2012 – 11 BV 12.771 – juris). Auch in Bezug auf die Überprüfung der Fahreignung des Antragstellers zum Führen fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge war das Landratsamt deshalb gem. § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c FeV gehalten, ein medizinisch-psychologisches Gutachten anzufordern, da der Antragsteller ein Fahrzeug (Fahrrad) im Straßenverkehr mit einer Alkoholkonzentration von (deutlich) über 1,6 Promille geführt hat (vgl. HessVGH, U.v. 6.10.2010 − 2 B 1076/10 – NJW 2011, 1753).
Eine auf die entsprechende Anwendung von Nr. 8 der Anlage 4 FeV gestützte Untersagung des Führens fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge setzt allerdings die Feststellung voraus, dass die betreffende Person gerade auch zum Führen fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge ungeeignet ist. Ob und inwieweit das vom Antragsteller mit dem Sachbearbeiter des Landratsamtes in der persönlichen Vorsprache am 5. September 2019 erörterte Gutachten eine differenzierte prognostische Auseinandersetzung in Bezug auf die alkoholbedingte Fahreignung des Antragstellers zum Führen fahrerlaubnispflichtiger sowie auch im Hinblick auf fahrerlaubnisfreie Fahrzeuge enthielt, lässt sich alleine anhand der Ausführungen des Aktenvermerks vom 5. September 2019 allerdings nicht feststellen.
Ferner äußerte sich der Bayerische Verwaltungsgerichtshof mit noch nicht rechtskräftigem Urteil vom 17. Januar 2020 (Az. 11 B 19.1274) nunmehr dahingehend, dass maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage im Falle der Untersagung des Führens fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge grundsätzlich der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung sei. Die Revision wurde zugelassen, da vorgenannte Rechtsfrage klärungsbedürftig ist. Es kann deshalb nicht ausgeschlossen werden, dass es im Hauptsacheverfahren für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage in Bezug auf die Untersagung des Führens fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge auf die Eignung des Klägers im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ankommen wird. Für diesen Fall kann im Eilverfahren nicht ausgeschlossen werden, dass der Antragsteller die vom Antragsgegner im Zeitpunkt des Bescheiderlasses verneinte Geeignetheit zum Führen von fahrerlaubnisfreien Fahrzeugen im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung bereits wiedererlangt haben wird. Hinsichtlich der Untersagung des Führens fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge sind die Erfolgsaussichten der Hauptsache deshalb offen.
2.3 Die gebotene Abwägung der gegenseitigen Interessen zeigt allerdings, dass insgesamt kein überwiegendes Interesse des Antragstellers an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage besteht. Denn es ist nicht verantwortbar, den Antragsteller bis zur eventuellen Bestandskraft des Bescheids vom 20. Januar 2020 mit fahrerlaubnispflichtigen sowie fahrerlaubnisfreien Fahrzeugen am öffentlichen Straßenverkehr teilnehmen zu lassen. Die sicherheitsrechtliche Fahrerlaubnisentziehung sowie die Untersagung des Führens fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge sind präventive Maßnahmen zum Schutz der Sicherheit im Straßenverkehr. Es besteht ein erhebliches Interesse der Allgemeinheit, vor Kraftfahrern geschützt zu werden, die ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen sind. Gleiches gilt für Führer fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge, wie etwa Fahrrädern. Denn die Gefahr schwerer Unfälle durch betrunkene Fahrradfahrer ist mitnichten zu vernachlässigen. Sie besteht in erheblichem Maße, z.B. dann, wenn motorisierte Verkehrsteilnehmer wegen des unkontrollierten Verhaltens eines alkoholisierten Radfahrers unvorhersehbar ausweichen müssen und mit anderen Fahrzeugen kollidieren (BayVGH, B.v. 28.1.2013 – 11 ZB 12.2534 – juris). Der Entzug der Fahrerlaubnis sowie die Untersagung des Führens fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge mag im Einzelfall einschneidende Folgen für die Lebensführung des Betroffenen haben, wie vorliegend für die berufliche Situation des Antragstellers. Jedoch können persönliche Härten beim Entzug der Fahrerlaubnis, der als sicherheitsrechtliche Maßnahme im Interesse der Allgemeinheit ergeht, nicht berücksichtigt werden.
Eine Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes kommt nur dann in Betracht, wenn hinreichend gewichtige Gründe dafür sprächen, dass der Antragsteller nicht bzw. nicht mehr fahrungeeignet ist und sich abschätzen ließe, dass das von ihm ausgehende Gefahrenpotenzial nicht nennenswert über dem des Durchschnitts aller motorisierten Verkehrsteilnehmer liegt. Dafür bestehen vorliegend aber keine ausreichenden Anhaltspunkte. Alleine die durch eine Haaranalyse belegte dreimonatige Abstinenz des Antragstellers kann die fortbestehenden Zweifel an seiner Fahreignung nicht ausräumen. Mit der Etablierung der 1,6 Promille-Grenze (§ 13 S. 1 Nr. 2 Buchst. c FeV) hat der Gesetzgeber der schon lange bestehenden und nicht mehr durchgreifend angezweifelten wissenschaftlichen Erkenntnis Rechnung getragen, dass ein Verkehrsteilnehmer, der diese Alkoholkonzentration erreichen und sich gleichwohl noch koordiniert in den Straßenverkehr begeben kann, die Vermutung regelmäßigen, übermäßigen Alkoholkonsums und eines Verlusts des Trennungsvermögens im Hinblick auf die Teilnahme am Straßenverkehr begründet (vgl. BR-Drs. 443/98, S. 6). Der Grund hierfür liegt in der Erkenntnis, dass Personen, die Blutalkoholwerte von über 1,6 Promille erreichen und Fahrzeuge im Straßenverkehr führen, regelmäßig an einer dauerhaft ausgeprägten Alkoholproblematik leiden. Nicht an Alkohol gewöhnte Personen sind in diesem Zustand kaum in der Lage, ihr Fahrzeug aufzufinden, es in Gang zu setzen und es über eine gewisse Strecke zu bewegen. Dies gilt auch bzw. besonders bei einem Fahrrad, dessen Gebrauch ein gesteigertes Maß an Balance erfordert und damit besondere Anforderungen an den Gleichgewichtssinn stellt (HessVGH, U.v. 6.10.2010 − 2 B 1076/10 – NJW 2011, 1753). Bereits bei einer Trunkenheitsfahrt mit einer Blutalkoholkonzentration von 1,6 Promille besteht die wissenschaftlich fundierte Annahme, dass der Fahrer über deutlich normabweichende Trinkgewohnheiten und eine ungewöhnliche Giftfestigkeit verfügt. Diese Personen werden auch doppelt so häufig rückfällig wie Personen mit geringeren Blutalkoholkonzentrationen (vgl. BR-Drucks. 443/98, S. 6). Da der Antragsteller mit einer nochmals deutlich über den vorgenannten Grenzwerten liegenden Blutalkoholkonzentration von 2,49 Promille in der Lage war, ein Fahrrad im Rahmen einer längeren Radtour im Straßenverkehr zu führen, deutet dies auf eine tieferliegende Alkoholproblematik hin, von deren gesicherter und dauerhafter Überwindung durch den bloßen Nachweis einer dreimonatige Abstinenz nicht ausgegangen werden kann (vgl. Schubert/Huetten/Reimann/Graw, Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung, Kommentar, 3. Aufl. 2018, S. 266). Hierauf deuten im Übrigen auch die vom Antragsteller referierten Ausführungen des medizinisch-psychologischen Gutachtens vom 14. Oktober 2019 hin. Der Gutachter sei darin zum Ergebnis gekommen, die eingeleitete Änderung des Alkoholtrinkverhaltens des Antragstellers bestehe erst seit kurzer Zeit, sodass noch nicht von einer ge-festigten Verhaltensänderung auszugehen sei. Der Gutachter habe zum Beleg der Alkoholabstinenz ein Kontrollprogramm bestehend aus sechs unangekündigten Clean-Kontrollen im Verlauf von 12 Monaten empfohlen. Auch deshalb sprechen überwiegende Gründe dafür, dass von einer Wiedererlangung der Fahreignung des Antragstellers zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht ausgegangen werden kann.
Daher wäre es im Hinblick auf die Sicherheit im öffentlichen Straßenverkehr nicht nur unverantwortbar, den Antragsteller bis zur abschließenden Entscheidung in der Hauptsache einstweilig die Teilnahme am Straßenverkehr mit erlaubnispflichtigen Kraftfahrzeugen zu erlauben, sondern auch mit fahrerlaubnisfreien Fahrzeugen. Vorliegend war gerade eine Fahrradfahrt des Antragstellers in stark alkoholisiertem Zustand Anlass für den Entzug der Fahrerlaubnis sowie die Untersagung des Führens fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge. Damit besteht eine begründete Annahme für die Gefahr, dass der Antragsteller in überschaubarer Zukunft ein fahrerlaubnisfreies Fahrzeug im Zustand der Nichteignung führen wird und so zu einer konkreten Gefahr für andere Verkehrsteilnehmer werden könnte.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
4. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 63 Abs. 2 GKG i.V.m. Nr. 1.5 sowie Nr. 46.1, 46.3 und 46.4, 46.14 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit. Die Fahrerlaubnisklassen B, BE sowie die mitumfassten Klassen L und T sind hierbei mit dem Auffangwert (5.000,00 EUR) zu bewerten; ebenso die Klasse A sowie die mitumfassten Klassen A1, AM. Die Fahrerlaubnisklassen C, CE sowie die mitumfassten Klassen C1, C1E sind mit 7.500,00 EUR zu bewerten. Für die Untersagung des Führens fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge ist der Auffangwert maßgeblich. Danach ergibt sich ein Streitwert von 22.500,00 EUR, der im Eilverfahren zu halbieren ist.

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