Aktenzeichen Au 3 S 16.1351
VwGO VwGO § 80 Abs. 2, Abs. 3 S. 1, Abs. 5
Leitsatz
Es entspricht sachgerechtem, kaufmännischen Verhalten, auch Geschäftsfahrten längerfristig zu dokumentieren. Aufgrund dessen ist ein Wirtschaftsbetrieb grundsätzlich ohne Rücksicht auf die Erinnerung einzelner Personen in der Lage, Geschäftsfahrten nach seinen Kontenbüchern in Verbindung mit Belegmappen, Einsatzplänen oder Ähnlichem zu rekonstruieren und den jeweiligen Fahrzeugführer im Einzelfall festzustellen. (redaktioneller Leitsatz)
Ein Verstoß gegen die sog. Zwei-Wochen-Frist ist unbeachtlich, wenn die verzögerte Anhörung nicht ursächlich für die unterlassene Benennung des Fahrers geworden ist. (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I.
Der Antrag wird abgelehnt.
II.
Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Der Streitwert wird auf EUR 2.400,- festgesetzt.
Gründe
I.
Der Antragsteller begehrt die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen eine Fahrtenbuchauflage.
1. Der 1986 geborene Antragsteller betreibt mit seiner Familie ein Schausteller-Unternehmen. Er ist Halter des Fahrzeugs mit dem amtlichen Kennzeichen … (Mercedes Benz, Kleintransporter „Sprinter“).
Mit dem genannten Fahrzeug wurde am 17. April 2016 um 18.32 Uhr eine Verkehrsordnungswidrigkeit begangen. Hierbei wurde durch den Fahrzeugführer im Bereich … das Rotlicht einer Lichtzeichenanlage missachtet (Dauer der Rotphase bei Überfahren der Haltelinie: 0,8 Sek.). Die Verkehrsordnungswidrigkeit wurde durch ein Messgerät „Traffipax Traffiphot III“ erfasst; hierbei wurde auch ein Lichtbild des Fahrzeugs und des Fahrzeugführers gefertigt.
Mit Schreiben vom 28. April 2016 teilte der Landkreis … dem Antragsteller den Tatvorwurf der Verkehrsordnungswidrigkeit unter Abdruck des Tatlichtbilds mit und bat um Mitteilung des verantwortlichen Fahrzeugführers auf einem beigefügten Zeugenfragebogen.
Am 18. Mai 2016 ging der vom Antragsteller ausgefüllte Zeugenfragebogen beim Landkreis … ein. Der Antragsteller gab hierin an, dass er als Halter des Fahrzeugs nicht gefahren sei. Leider könne er keine Angaben zum Fahrer machen, da man eine große Zirkus-Familie sei und auch Artisten das Fahrzeug fahren würden. Da das Unternehmen nunmehr insolvent und niemand mehr da sei, könne er den Fahrer nicht benennen.
Daraufhin bat der Landkreis … mit Schreiben vom 18. Mai 2016 das Landratsamt … (Ermittlungsdienst), den verantwortlichen Fahrzeugführer vom 17. April 2016 festzustellen.
Mit Schreiben vom 25. Juni 2016 teilte die vom Landratsamt … beteiligte Polizeiinspektion … dem Landkreis … mit, dass unter der angegeben Adresse des Antragstellers zu keinem Zeitpunkt jemand habe angetroffen werden können. Ein Briefkasten für eine schriftliche Vorladung sei nicht vorhanden. Bei den dort gemeldeten Personen handele es sich um Schausteller, die offenbar das ganze Bundesgebiet bereisten. Die Ermittlungen hätten somit keinen Hinweis auf die verantwortliche Fahrzeugführerin ergeben. Daher werde der Vorgang unerledigt zurückgesandt. Abschließend wurde polizeilich der Erlass einer Fahrtenbuchauflage angeregt.
Daraufhin wurde seitens des Landkreises … entschieden, das Ordnungswidrigkeitenverfahren wegen des Rotlichtverstoßes vom 17. April 2016 einzustellen, da der Fahrzeugführer nicht zu ermitteln gewesen sei.
Der gesamte Sachverhalt wurde dem Landratsamt … mit Schreiben des Landkreises … vom 30. Juni 2016 mitgeteilt. Es wurde um Prüfung gebeten, ob dem Antragsteller die Führung eines Fahrtenbuchs auferlegt werden kann.
Mit Schreiben des Landratsamts … vom 22. Juli 2016 wurde dem Antragsteller mitgeteilt, dass ein Antrag des Landkreises … vorliege, aufgrund obigen Sachverhalts eine Fahrtenbuchauflage anzuordnen. Es wurde Gelegenheit zur Äußerung bis zum 5. August 2016 gegeben.
Eine Reaktion des Antragstellers erfolgte nicht.
2. Mit kostenpflichtigem Bescheid des Landratsamts … vom 22. August 2016 – zur Post gegeben am 26. August 2016 – wurde der Antragsteller sodann verpflichtet, für das Kraftfahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen … und für ein etwaiges Ersatzfahrzeug für die Dauer von zwölf Monaten ein Fahrtenbuch zu führen (Ziffer I.1). Die Frist beginne spätestens am dritten Tag nach Zustellung des Bescheids, bei Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung durch das Verwaltungsgericht spätestens am dritten Tag nach Bestandskraft des Bescheids oder nach Aufhebung einer die aufschiebende Wirkung wiederherstellenden Entscheidung (Ziffer I.2). Die Modalitäten des Führens eines Fahrtenbuchs wurden im Einzelnen angegeben (Ziffern I.3 und I.4). Es wurde ferner die sofortige Vollziehung der Ziffer I. angeordnet (Ziffer II.).
Zur Begründung wurde u. a. angegeben, dass der Fahrer, der die Ordnungswidrigkeit am 17. April 2016 mit dem auf den Antragsteller zugelassenen Fahrzeug … begangen habe, nicht zu ermitteln gewesen sei. Es habe sich um einen erheblichen Verkehrsverstoß gehandelt (Rotlichtmissachtung mit Geldbuße i. H. v. EUR 90,- und Eintragung eines Punkts im Verkehrszentralregister). Nach Würdigung aller Umstände – auch dem Umstand, dass hinsichtlich des betreffenden Fahrzeugs bislang kein Verkehrsverstoß bekannt worden sei – sei die Verpflichtung zum Führen eines Fahrtenbuchs für eine Dauer von zwölf Monaten erforderlich und angemessen. Ein zeitnaher Vollzug liege im Interesse der Sicherheit des Straßenverkehrs, um auch schon in der Zeitspanne bis zum Eintritt der Bestandskraft des Bescheides bei etwaigen Verkehrszuwiderhandlungen die Person des verantwortlichen Fahrzeugführers sicher ermitteln zu können. Daher sei die sofortige Vollziehung angeordnet worden.
3. Hiergegen hat der Antragsteller am 22. September 2016 Klage erhoben (Az. Au 3 K 16.1350), über die noch nicht entschieden ist. Mit Klageerhebung hat der Antragsteller beantragt (sinngemäß),
die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid des Landratsamts … vom 22. August 2016 wiederherzustellen.
Der Bescheid sei rechtswidrig. Es fehle bereits an der Tatbestandsvoraussetzung des § 31a StVZO, dass der verantwortliche Fahrzeugführer der Verkehrsordnungswidrigkeit trotz aller angemessenen und zumutbaren behördlichen Maßnahmen nicht zu ermitteln gewesen sei. Dass sich der Antragsteller bei Erhalt der Anhörung mehr als 14 Tage nach dem Verkehrsverstoß nicht mehr erinnere, wer das Fahrzeug am 17. April 2016 geführt habe, sei entschuldbar. Der Antragsteller habe überdies im Zeugenfragebogen konkret den Kreis der in Betracht kommenden Fahrer benannt; dies seien alle erwachsenen Personen, die im Zirkus tätig sind. Es sei behördlich bei Zirkusreisenden ersichtlich nicht ausreichend bzw. zielführend gewesen, in den Sommermonaten schlicht an der gemeldeten Wohnanschrift Fahrerermittlungen durchzuführen. Der jeweilige Standort des Zirkus wäre behördlich unschwer über Nachfragen beim Antragsteller selbst, Internetrecherchen oder Anfragen bei den Meldebehörden zu ermitteln gewesen. Insbesondere eine Nachfrage beim Antragsteller sei zumutbar und erfolgsversprechend gewesen, da dieser bereits im Zeugenfragebogen seine grundsätzliche Mitwirkungsbereitschaft signalisiert habe. Im Kreis der mitreisenden Zirkusmitarbeiter wäre der verantwortliche Fahrzeugführer vom 17. April 2016 ohne weiteres zu ermitteln gewesen. Unabhängig davon sei die Anordnung einer Fahrtenbuchauflage auch ermessensfehlerhaft, der Bescheid lasse Ermessenserwägungen nicht erkennen. Zudem sei die Fahrtenbuchauflage unverhältnismäßig, da ein erstmaliger Verkehrsverstoß inmitten stehe, der nicht zu einem Fahrverbot führe; auch die Dauer von zwölf Monaten sei zu lang.
4. Das Landratsamt … beantragt für den Antragsgegner,
den Antrag abzulehnen.
Insoweit werde zunächst auf die Begründung des gegenständlichen Bescheids verwiesen. Die Zeugenbefragung durch den Landkreis … vom 28. April 2016 sei mit Blick auf den Tattag der Verkehrsordnungswidrigkeit vom 17. April 2016 rechtzeitig erfolgt. Unabhängig davon sei die sog. Zwei-Wochenfrist keine starre Grenze, zumal sich der Antragsteller vorliegend gar nicht auf zeitlich bedingte Erinnerungslücken berufen habe. Es treffe auch nicht zu, dass der Antragsteller den in Betracht kommenden Fahrerkreis im Zeugenfragebogen derart konkret benannt habe, dass polizeiliche Ermittlungen im Zirkusumfeld erfolgsversprechend gewesen wären. Denn der Antragsteller habe lediglich ohne Namensnennungen auf eine „große Zirkus-Familie“ inkl. Artisten Bezug genommen. Überdies habe er angegeben, dass das Unternehmen nunmehr insolvent und ohnehin niemand mehr da sei. Nachdem die Polizeiinspektion … an der gemeldeten Wohnanschrift des Antragstellers niemanden angetroffen habe und auch kein Briefkasten für die Zustellung einer schriftlichen Vorladung vorhanden gewesen sei, seien weitere behördliche Ermittlungen unverhältnismäßig gewesen. Vor dem Hintergrund der zuvor vom Antragsteller mitgeteilten Insolvenz sei auch eine Ermittlung der jeweiligen Gastspielorte des Zirkus von vornherein entbehrlich gewesen. Unabhängig davon sei der behördliche Versuch, über das Internet die Gastspielorte des Zirkus zu ermitteln, erfolglos geblieben. Der streitgegenständliche Bescheid sei auch ermessensfehlerfrei. In den Bescheidsgründen sei dargelegt worden, dass ein Verkehrsverstoß mit erheblichem Verkehrsgefährdungspotential gegeben sei, der eine Fahrtenbuchauflage rechtfertige. Die behördliche Entscheidung sei unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls getroffen worden. Auch die Dauer der Fahrtenbuchauflage sei mit Blick auf die Eintragung eines Punkts in das Fahreignungsregister verhältnismäßig.
5. Mit Beschluss des Gerichts vom 24. Oktober 2016 wurde der Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Einzelrichter übertragen.
6. Bezüglich weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten verwiesen.
II.
Der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO hat keinen Erfolg.
1. Die Anordnung des Sofortvollzugs im streitgegenständlichen Bescheid genügt den formellen Anforderungen. Nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO ist in den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Dabei sind an den Inhalt der Begründung keine zu hohen Anforderungen zu stellen (Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 80 Rn. 43). Für bestimmte Arten behördlicher Anordnungen – hierzu zählen Fahrtenbuchauflagen – ist das Erlassinteresse mit dem Vollzugsinteresse identisch (vgl. Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 80 Rn. 36). Dadurch wird zwar im Einzelfall eine Abwägung zwischen den Interessen der Beteiligten nicht entbehrlich. Diese darf sich im Wesentlichen jedoch auf die Prüfung beschränken, ob nicht wegen der besonderen Umstände des Falls die sofortige Vollziehung ausnahmsweise weniger dringlich als im Normalfall ist. Da sich § 31a StVZO mit einer abstrakten Wiederholungsgefahr begnügt, die daran anknüpft, dass der verantwortliche Fahrer bei Begehung des Verkehrsverstoßes anonym geblieben ist, genügt es für die Annahme eines Ausnahmefalls nicht bereits, dass keine Hinweise auf eine konkrete Wiederholungsgefahr vorliegen. Im gerichtlichen Verfahren erfolgt zudem keine materielle Überprüfung der Begründung der Behörde nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO, sondern es wird eine eigene Interessenabwägung durchgeführt (vgl. zum Ganzen: BayVGH, B.v. 26.3.2015 – 11 CS 15.247 – juris Rn. 9; B.v. 23.2.2015 – 11 CS 15.6 – juris Rn. 10; B.v. 30.8.2011 – 11 CS 11.1548 – juris Rn. 37-39).
Hiervon ausgehend sind die Erwägungen des Landratsamts zur Begründung des Sofortvollzugs rechtlich nicht zu beanstanden. Die erforderliche Abwägung zwischen dem Interesse des Antragstellers, das von ihm verlangte Fahrtenbuch bis zur Klärung der Rechtmäßigkeit dieser Anordnung in einem gerichtlichen Hauptsacheverfahren nicht führen zu müssen, und den öffentlichen Belangen, die eine umgehende Durchsetzbarkeit dieser Verpflichtung geboten erscheinen lassen, findet sich in den beiden letzten Absätzen unter Ziffer II. der Gründe des streitgegenständlichen Bescheids (Blatt 21 der Verwaltungsakte). Das Landratsamt hat insoweit ausgeführt, Sinn und Zweck der Fahrtenbuchauflage seien Gründe der Verkehrssicherheit sowie die Interessen der anderen Verkehrsteilnehmer. So diene die Maßnahme der sicheren Aufklärung zukünftiger Verkehrsverstöße. Eine solche sei jedoch nicht möglich, wenn durch die Einlegung von Rechtsmitteln die Wirksamkeit der Maßnahme bis zur Bestandskraft des Bescheids hinausgezögert werden könnte. Die Voraussetzungen eines Sonderfalls, bei dem im Rahmen der Begründung der Sofortvollzugsanordnung einzelfallbezogen hätte aufgezeigt werden müssen, warum der Eintritt der aufschiebenden Wirkung nicht hingenommen werden kann, hat der Antragsteller nicht dargelegt.
2. Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung der Klage im Falle des vorliegenden § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO ganz oder teilweise wiederherstellen.
Das Gericht trifft im Rahmen des § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO eine eigene, originäre Entscheidung über die Aussetzung oder Aufhebung der Vollziehung auf Grundlage der sich im Zeitpunkt seiner Entscheidung darbietenden Sach- und Rechtslage. Es hat dabei die Interessen des Antragstellers und das öffentliche Interesse an einer sofortigen Vollziehung gegeneinander abzuwägen. Besondere Bedeutung kommt dabei den Erfolgsaussichten in der Hauptsache zu, soweit sie im Rahmen der hier nur möglichen und gebotenen summarischen Überprüfung beurteilt werden können (vgl. zum Ganzen: BayVGH, B.v. 18.8.2014 – 20 CS 14.1675 – juris Rn. 2).
Die vom Gericht anzustellende Interessenabwägung fällt vorliegend zugunsten des Antragsgegners aus. Nach derzeitigem Erkenntnisstand bestehen keine durchgreifenden Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der Verpflichtung des Antragstellers zur Führung eines Fahrtenbuchs. Die insoweit in der Hauptsache erhobene Klage wird voraussichtlich erfolglos bleiben (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Die nach Landesrecht zuständige Behörde kann gemäß § 31a Abs. 1 Satz 1 StVZO gegenüber einem Fahrzeughalter für ein oder mehrere auf ihn zugelassene oder künftig zuzulassende Fahrzeuge die Führung eines Fahrtenbuchs anordnen, wenn die Feststellung eines Fahrzeugführers nach einer Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften nicht möglich war. Die Verwaltungsbehörde kann ein oder mehrere Ersatzfahrzeuge bestimmen, § 31a Abs. 1 Satz 2 StVZO.
Die Voraussetzungen des § 31a StVZO sind im Fall des Antragstellers bei summarischer Prüfung gegeben.
a) Die Feststellung des verantwortlichen Fahrzeugführers nach der Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften vom 17. April 2016 war vorliegend nicht möglich.
aa) Die Feststellung des Kraftfahrzeugführers ist i. S. v. § 31a Abs. 1 Satz 1 StVZO unmöglich, wenn die Behörde nach den Umständen des Einzelfalls alle angemessenen und zumutbaren Maßnahmen getroffen hat, um ihn zu ermitteln. Art und Ausmaß der Ermittlungen hängen insbesondere von der Art des jeweiligen Verkehrsverstoßes und der Bereitschaft des Kraftfahrzeughalters zur Mitwirkung bei der Feststellung des Fahrers ab (vgl. etwa BVerwG, U.v. 17.12.1982 – 7 C 3.80 – BayVBl 1983, 310; B.v. 21.10.1987 – 7 B 162/87; B.v. 23.12.1996 – 11 B 84/96 – juris; BayVGH, B.v. 23.2.2015 – 11 CS 15.6 – juris). Lehnt der Fahrzeughalter unter ausdrücklichem Hinweis auf sein Zeugnisverweigerungsrecht die Mitwirkung an der weiteren Aufklärung ab, so ist es der Behörde regelmäßig nicht zuzumuten, wahllos zeitraubende, jedoch kaum Aussicht auf Erfolg bietende Ermittlungen nach dem Fahrzeugführer zu betreiben (BVerwG, U.v. 17.12.1982, 7 C 3.80 – BayVBl 1983, 310; siehe zum Ganzen: BayVGH, B.v. 23.6.2015 – 11 CS 15.950 – juris Rn. 14; B.v. 12.3.2014 – 11 CS 14.176 – juris Rn. 9).
Der Fahrzeughalter ist für sein Fahrzeug verantwortlich und daher erster Ansprechpartner für die Ermittlungsbehörden. Ein Fahrzeughalter ist auch bei fehlender subjektiver Fähigkeit zur Identifizierung einer im Rahmen der Verkehrsordnungswidrigkeit gefertigten Lichtbildaufnahme insoweit zur Mithilfe bei der Aufklärung verpflichtet, dass er zumindest den Personenkreis der möglichen Fahrzeugführer gegenüber der Straßenverkehrsbehörde einzuschränken hat. Unterbleiben Angaben zum Personenkreis der möglichen Fahrzeugführer, sind weitere Ermittlungen in der Regel nicht erforderlich und eine Fahrtenbuchauflage gegen den Fahrzeughalter gerechtfertigt (vgl. BayVGH, B.v. 8.3.2013 – 11 CS 13.187 – juris Rn. 19; B.v. 23.2.2015 – 11 CS 15.6 – juris Rn. 15; OVG NW, B.v. 21.4.2008 – 8 B 491/08 – juris Rn. 9; siehe zum Ganzen: BayVGH, B.v. 16.4.2015 – 11 ZB 15.171 – juris Rn. 11; B.v. 29.4.2008 – 11 CS 07.3429 – juris Rn. 16).
Darüber hinaus trifft einen Kaufmann nach § 6 Abs. 1 HGB zwar aus der Buchführungspflicht nach dem Handelsgesetzbuch über die Geschäftsvorfälle „in ihrer Entstehung und Abwicklung“ keine unmittelbare Pflicht, Fahrtenbücher oder Einsatzpläne vorzuhalten. Jedoch entspricht es unabhängig von der Reichweite dieser Vorschriften sachgerechtem, kaufmännischen Verhalten, auch Geschäftsfahrten längerfristig zu dokumentieren. Anders als etwa bei der Benutzung eines privaten Kraftfahrzeugs durch verschiedene Familienmitglieder liegt dies im kaufmännischen Eigeninteresse, schon um Vorkehrungen gegen missbräuchliche Verwendungen der Fahrzeuge für Privatfahrten zu treffen oder in Schadensfällen Ersatzansprüche belegen zu können. Es kann angesichts der Dokumentationsobliegenheit unterstellt werden, dass ein Wirtschaftsbetrieb grundsätzlich ohne Rücksicht auf die Erinnerung einzelner Personen in der Lage ist, Geschäftsfahrten nach seinen Kontenbüchern in Verbindung mit Belegmappen, Einsatzplänen oder Ähnlichem zu rekonstruieren und den jeweiligen Fahrzeugführer im Einzelfall festzustellen. Nachdem es sich um eine Obliegenheit handelt, kommt es auch nicht darauf an, ob im konkreten Einzelfall tatsächlich eine Dokumentation der Fahrten in der einen oder anderen Form erfolgt ist. Wird der Obliegenheit nicht entsprochen, trägt der betroffene Betrieb das Risiko, dass die fehlende Feststellbarkeit des Fahrers zu seinen Lasten geht. In einer solchen Situation ist auch nicht von Relevanz, soweit die Vorlage von Lichtbildern zu einem Verkehrsversstoß nicht oder nicht in hinreichender Qualität möglich ist. Es ist nicht Aufgabe der Ermittlungsbehörden, innerbetriebliche Vorgänge aufzuklären, denen die Geschäftsleitung weitaus näher steht (vgl. VGH BW, B.v. 30.11.2010 – 10 S 1860/10 – NJW 2011, 628 m. w. N.). Die Polizei kann daher bei einem Unternehmen davon ausgehen, dass dort Unterlagen vorhanden sind, die Aufschluss über die Person des Fahrers im Tatzeitpunkt geben können. Es ist daher in einer solchen Situation grundsätzlich ausreichend, bei einem Unternehmen anzurufen und Auskunft aus diesen Unterlagen zu verlangen (vgl. zum Ganzen: BayVGH, B.v. 16.4.2015 – 11 ZB 15.171 – juris Rn. 12; B.v. 14.5.2013 – 11 CS 13.606 – juris Rn. 12; B.v. 29.4.2008 – 11 CS 07.3429 – juris Rn. 15; B.v. 17.1.2013 – 11 ZB 12.2769 – juris Rn. 3/5).
bb) Unter Berücksichtigung obiger Grundsätze wurden vorliegend im Ordnungswidrigkeitenverfahren behördlich nach den Umständen des Einzelfalls alle angemessenen und zumutbaren Maßnahmen getroffen, um den verantwortlichen Fahrer zu ermitteln.
Klarzustellen ist zunächst, dass der Antragsteller im Zeugenfragebogen vom 13. Mai 2016 (Blatt 7 der Verwaltungsakte) den Personenkreis der möglichen Fahrzeugführer gegenüber der Straßenverkehrsbehörde nicht derart hinreichend eingeschränkt hat, dass weitere behördliche Ermittlungen gerechtfertigt gewesen wären. Der Antragsteller hat insoweit lediglich angegeben, den verantwortlichen Fahrer nicht benennen zu können, da man eine „große Circus-Familie“ sei und auch Artisten das Fahrzeug fahren würden. Zugleich gab er an, dass das Unternehmen insolvent („pleite“) und niemand – gemeint waren offenbar die ehemaligen Mitarbeiter – da sei. Ausgehend von diesen Angaben des Antragstellers waren keine weiteren Ermittlungen veranlasst. Eingedenk des durchaus eine jedenfalls grobe Identifizierung erlaubenden Tatlichtbilds (Blatt 2 und 4 der Verwaltungsakte), das eine jüngere Frau zeigen dürfte, hat das Gericht bereits Zweifel, ob der Antragsteller die verantwortliche Fahrerin nicht schützen wollte und deshalb keine Namensnennung im Zeugenfragebogen erfolgt ist. Soweit man zugunsten des Antragstellers eine Identifikation der Fahrerin verneint, hat der Antragsteller jedenfalls sinngemäß der Behörde zu verstehen gegeben, dass es sich bei der Fahrerin um keine Familienangehörige, sondern eine angestellte (ehemalige) Zirkus-Mitarbeiterin gehandelt habe. Denn eine Familienangehörige hätte der Antragsteller anhand der durchaus aussagekräftigen Qualität des Tatlichtbilds ohne weiteres erkennen können und müssen. Hiervon ausgehend ist jedoch im Lichte der weiteren Angaben des Antragstellers im Zeugenfragebogen, dass das Schaustellerunternehmen zwischenzeitlich insolvent sei und die ehemaligen Mitarbeiter nicht mehr vor Ort seien, letztlich nicht ersichtlich, welche weiteren behördlichen Ermittlungen bei dieser Sachlage noch zielführend bzw. verhältnismäßig gewesen wären. Insbesondere hatte der Antragsteller im Zeugenfragebogen auch nicht etwa konkrete Namen nebst Kontaktdaten der als Fahrer in Frage kommenden Mitarbeiter benannt, die einen Abgleich mit dem Tatlichtbild oder weitere polizeiliche Befragungen erlaubt hätten. Vor diesem Hintergrund geht auch der Einwand der Antragstellerseite, die Behörde hätte doch die jeweiligen Gastspielorte des – entgegen der eigenen Angaben des Antragstellers offenbar doch nicht insolventen – Zirkus ausfindig machen können, von vornherein ins Leere. Hinsichtlich des seitens der Antragstellerseite nicht bestrittenen Fehlens eines Briefkastens an der gemeldeten Wohnanschrift gilt zudem, dass es Sache des Antragstellers ist, das Erforderliche für einen regelmäßigen Zugang und Kontrolle seines Postverkehrs zu veranlassen, um die wegen der Besonderheiten seines Berufs als Schausteller häufige Abwesenheit von seinem Wohnsitz auszugleichen (vgl. VG Aachen, U.v. 3.4.2007 – 2 K 3875/04 – juris Rn. 29).
Unabhängig davon ist im Fall des Antragstellers – wie ausgeführt – zu fordern, dass der Betreiber eines Schausteller-Unternehmens grundsätzlich ohne Rücksicht auf die Erinnerung einzelner Personen in der Lage ist, Geschäftsfahrten nach seinen Kontenbüchern in Verbindung mit Belegmappen, Einsatzplänen oder Ähnlichem zu rekonstruieren und den jeweiligen Fahrzeugführer im Einzelfall festzustellen. Eine wie hier gleichwohl fehlende Feststellbarkeit des Fahrers geht daher ohne weiteres zulasten des Antragstellers. In diesem Kontext ist auch nicht von Relevanz, sollte der Antragsteller als Künstler formal kein Gewerbetreibender sein (vgl. § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG). Denn maßgeblich für die gesteigerten Dokumentationsobliegenheiten ist nicht die formale rechtliche Einordnung der Tätigkeit; maßgeblich ist vielmehr, dass die Gründe für die gebotenen Aufzeichnungen (Vorkehrungen gegen missbräuchliche Verwendungen der Fahrzeuge für Privatfahrten, Belege für Ersatzansprüche in Schadensfällen) auch bei freiberuflichen Tätigkeiten greifen.
cc) Einer Fahrtenbuchauflage steht vorliegend auch nicht entgegen, dass die erstmalige polizeiliche Befragung des Antragstellers zum Verkehrsverstoß vom 17. April 2016 mit Schreiben des Landkreises … vom 28. April 2016 (Blatt 4 der Verwaltungsakte) erfolgt ist.
Grundsätzlich gehört es zu einem angemessenen Ermittlungsaufwand der Verfolgungsbehörde, den Fahrzeughalter unverzüglich, d. h. regelmäßig innerhalb von zwei Wochen von der mit seinem Kraftfahrzeug begangenen Zuwiderhandlung zu benachrichtigen (vgl. BVerwG, U.v. 13.10.1978 – VII C 77.74). Die Zweiwochenfrist stellt jedoch kein formales Tatbestandskriterium des § 31a Abs. 1 StVZO sowie keine starre Grenze dar. Vielmehr beruht die Fristbestimmung auf dem Erfahrungssatz, dass eine Person Vorgänge des persönlichen Lebensbereichs aus den letzten 14 Tagen im Regelfall wird erinnern oder jedenfalls noch rekonstruieren können. Die Zweiwochenfrist gilt hingegen nicht für vom Regelfall abweichende Gestaltungen, in denen bei typisierender Betrachtung auch eine spätere Anhörung zur effektiven Rechtsverteidigung genügt. Gleiches gilt, wenn feststeht, dass die Rechtsverteidigung des Fahrzeughalters durch dessen verzögerte Anhörung nicht beeinträchtigt worden ist, da diese nicht ursächlich für die unterbliebene Feststellung des Fahrers gewesen ist. An einem derartigen Kausalzusammenhang fehlt es etwa, wenn die Ergebnislosigkeit der Ermittlungen nicht auf vor Einstellung des Bußgeldverfahrens bzw. Verfolgungsverjährung geltend gemachten Erinnerungslücken des Fahrzeughalters beruht, sondern z. B. auf seiner fehlenden Bereitschaft, zur Aufklärung des Sachverhalts – insbesondere durch Eingrenzung des möglichen Täterkreises und Förderung der Täterfeststellung durch Nachfragen im Kreise der Nutzungsberechtigten – beizutragen. Von einer ausnahmsweisen Nichtgeltung der Zweiwochenfrist ist ferner auszugehen, wenn ein Kaufmann im Sinne des Handelsrechts oder sonstiger Gewerbetreibender Halter des Fahrzeugs ist, mit dem die Verkehrszuwiderhandlung begangen worden ist. In diesem Fall ist die verzögerte Anhörung nicht ursächlich für die unterbliebene Feststellung des Fahrers, da eine Identifizierung des Fahrzeuglenkers keine Anforderungen an das Erinnerungs-, sondern an das Erkenntnisvermögen des Fahrzeughalters stellt (vgl. zum Ganzen: BVerwG, B.v. 14.5.1997 – 3 B 28/97 – juris; BayVGH, B.v. 18.2.2016 – 11 BV 15.1164 – juris Rn. 18; B.v. 14.5.2013 – 11 CS 13.606 – juris Rn. 13; B.v. 8.3.2013 – 11 CS 13.187 – juris Rn. 18; B.v. 8.11.2010 – 11 ZB 10.950 – juris Rn. 9; B.v. 10.10.2006 – 11 CS 06.607 – juris Rn. 20; VG Augsburg, U.v. 19.6.2012 – Au 3 K 12.287 – juris Rn. 20).
Hiervon ausgehend ist gegen das behördliche Vorgehen im Fall des Antragstellers rechtlich nichts zu erinnern.
Nach Aktenlage ist zwar in der Tat unklar, ob die sog. Zwei-Wochenfrist vorliegend eingehalten worden ist. So trägt das Schreiben des Landkreises … vom 28. April 2016 (Blatt 4 der Verwaltungsakte) ein Datum, das nur elf Tage nach dem Verkehrsverstoß vom 17. April 2016 liegt; jedoch ist in der Verwaltungsakte kein Postauslaufstempel oder Zustellungsnachweis enthalten. Bei Unerweislichkeit trägt die Verfolgungsbehörde die materielle Beweislast für die rechtzeitige Anhörung und den Zugang des Anhörungsschreibens (vgl. BayVGH, U.v. 18.2.2016 – 11 BV 15.1164 – juris Rn. 20).
Letztlich kann der rechtzeitige Zugang des Anhörungsschreibens jedoch offenbleiben. Denn selbst wenn man zugunsten des Antragstellers von einer Versäumung der sog. Zwei-Wochenfrist ausginge, führt dies nicht zur Rechtswidrigkeit der Fahrtenbuchauflage. Grund hierfür ist zum einen, dass vorliegend für die Nichtbenennung des verantwortlichen Fahrers nicht etwa ein aufgrund Zeitablaufs mangelndes Erinnerungsvermögen ursächlich war; hierauf hat sich der Antragsteller im Ordnungswidrigkeitenverfahren – wie ausgeführt – zu keiner Zeit berufen. Zum anderen wäre eine verzögerte Anhörung auch deshalb nicht ursächlich für die unterbliebene Feststellung des Fahrers, da eine Identifizierung des Fahrzeuglenkers im Fall des Antragstellers, der – wie ausgeführt – ein Schaustellerunternehmen mit erhöhten Dokumentationsobliegenheiten betreibt, keine Anforderungen an das Erinnerungs-, sondern an das Erkenntnisvermögen des Fahrzeughalters stellt.
b) Der gegenständliche Verkehrsverstoß vom 17. April 2016 ist auch geeignet, die Anordnung eines Fahrtenbuchs zu rechtfertigen.
Es handelte sich vorliegend bei der inmitten stehenden Missachtung des Rotlichts um einen Verkehrsverstoß i. S. v. § 24 StVG i. V. m. § 37 StVO, § 49 Abs. 3 Nr. 2 StVO. Dieser wird nach Nr. 132 der Anlage zu § 1 Abs. 1 der Bußgeldkatalog-Verordnung (Bußgeldkatalog – BKat) mit einer Regelgeldbuße von EUR 90,– ohne Fahrverbot geahndet. Daneben ist hierfür gemäß Nr. 3.2.19 der Anlage 13 zu § 40 FeV i. d. F. seit 1. Mai 2014 die Eintragung von einem Punkt im neuen Fahreignungs-Bewertungssystem vorgesehen. Nach der bis zum 30. April 2014 gültigen Rechtslage wären gemäß Nr. 5.17 der Anlage 13 zu § 40 FeV a. F. drei Punkte im Verkehrszentralregister einzutragen gewesen.
Bereits im Fall der erstmaligen Begehung eines Verkehrsverstoßes, der – wie hier – im Fall seiner Ahndung zur Eintragung von wenigstens einem Punkt im (ehemaligen) Verkehrszentralregister geführt hätte, ist die Auferlegung eines Fahrtenbuchs gerechtfertigt und verhältnismäßig, da es sich um einen Verkehrsverstoß von einigem Gewicht i. S. v. § 31a Abs. 1 Satz 1 StVZO handelt. Nicht erforderlich ist, dass es zu einer konkreten Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer gekommen ist (vgl. BVerwG, U.v. 17.5.1995 – 11 C 12/94 – BVerwGE 98, 227/229; B.v. 9.9.1999 – 3 B 94/99 – BayVBl 2000, 380). Ferner ist es nicht erforderlich, dass eine Wiederholungsgefahr besteht (BVerwG, B.v. 23.6.1989 – 7 B 90/89 – NJW 1989, 2704), so dass auch die bloße Androhung einer Fahrtenbuchauflage für den Fall einer erneuten Zuwiderhandlung, bei der der verantwortliche Fahrzeugführer nicht festgestellt werden kann, unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit kein milderes, ebenfalls in Betracht kommendes Mittel wäre (zuletzt BayVGH, B.v. 18.11.2013 – 11 CS 13.1950 – juris Rn. 11; vgl. zum Ganzen: BayVGH, B.v. 12.3.2014 – 11 CS 14.176 – juris Rn. 10).
c) Die Anordnung einer Fahrtenbuchauflage ist auch ermessensfehlerfrei.
Zunächst ist klarzustellen, dass – entgegen der Auffassung der Antragstellerseite – vorliegend kein Ermessensausfall gegeben ist. Fraglich kann insoweit allein sein, ob Ermessenserwägungen in der Begründung des Bescheids hinreichend zum Ausdruck kommen und einen Ermessensausfall ausschließen. Insoweit ist in der Begründung des Bescheids zwar kein ausdrücklicher Abschnitt zur Ermessensausübung enthalten. Gegen einen Ermessensausfall spricht jedoch, dass insoweit auf den Rotlichtverstoß vom 17. April 2016 sowie dessen Qualifizierung als schwerwiegenden Verkehrsverstoß, der die Fahrtenbuchauflage rechtfertige, abgehoben wurde (Ziffer II. des Bescheids, Blatt 21 der Verwaltungsakte, erster und zweiter Absatz). Dies sind Feststellungen und Erwägungen, die jedenfalls auch der Ebene der Ermessungsbetätigung zugeordnet werden können. Zudem hat das Landratsamt ausgeführt, dass nach „Würdigung aller Umstände, auch der Tatsache, dass mit dem verfahrensgegenständlichen Fahrzeug bisher noch kein Verkehrsverstoß bekannt geworden ist, „…“die Auferlegung eines Fahrtenbuchs für die Dauer von 12 Monaten erforderlich und angemessen“ sei (Ziffer II. des Bescheids, Blatt 21 der Verwaltungsakte, dritter Absatz). Je gewichtiger ein unaufgeklärter Verkehrsverstoß ist und je geringer die im Verfahren gezeigte Bereitschaft des Fahrzeughalters zur Mitwirkung an der Sachverhaltsaufklärung, umso eher kann die Behörde dies auf der Ermessensebene ohne ausgreifende Erläuterung berücksichtigen (vgl. zum Ganzen: VGH BW, B.v. 30.11.2010 – 10 S 1860/10 – juris Rn. 16).
Auch die behördliche Ermessensentscheidung, die Dauer der Fahrtenbuchauflage auf zwölf Monate festzulegen, ist nicht zu beanstanden.
§ 31a StVZO enthält keine Aussage darüber, für welche Zeitspanne die Führung eines Fahrtenbuchs anzuordnen ist. Die Beantwortung dieser Frage bleibt vielmehr dem pflichtgemäßen Ermessen der Behörde überlassen, die hierbei lediglich die zwingenden Vorgaben der Rechtsordnung, insbesondere den Gleichbehandlungs- und den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, zu beachten hat. Ein Fall intendierten Ermessens kann jedoch insoweit angenommen werden, als die Führung eines Fahrtenbuches den ihr zugedachten Zweck nur dann erfüllen kann, wenn sie für eine gewisse Dauer angeordnet wird, wobei sechs Monate im „unteren Bereich einer effektiven Kontrolle“ liegen. Verlangt die öffentliche Verwaltung hingegen vom Halter des Tatfahrzeugs die Führung eines Fahrtenbuchs für eine deutlich längere Zeit als ein halbes Jahr, darf sie nach Art. 39 Abs. 1 Satz 3 BayVwVfG nicht darauf verzichten, nachvollziehbar zu erläutern, warum sie sich für die gewählte Zeitspanne entschieden hat (vgl. BVerwG, U.v. 17.5.1995 – 11 C 12-94 – juris; vgl. zum Ganzen: BayVGH, B.v. 14.5.2013 – 11 CS 13.606 – juris Rn. 14; B.v. 18.5.2010 – 11 CS 10.357 – juris Rn. 25).
Ob die Dauer einer Fahrtenbuchauflage mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz in Einklang steht, ist mit Blick auf den Anlass der Anordnung und den mit ihr verfolgten Zweck unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zu beurteilen. Als Kriterium für ihre zeitliche Bemessung ist vor allem das Gewicht der festgestellten Verkehrszuwiderhandlung heranzuziehen. Bei der Festlegung der Dauer einer Fahrtenbuchauflage wird daneben das Verhalten zu würdigen sein, das der Fahrzeughalter im Zusammenhang mit den Bemühungen der Behörde an den Tag gelegt hat, eine mit seinem Kraftfahrzeug begangene Verkehrszuwiderhandlung aufzuklären. Denn je mehr sich ein Fahrzeughalter darum bemüht, zu der Tataufklärung beizutragen, desto weniger wird unter dem Gesichtspunkt der Gefahrenabwehr Anlass bestehen, ihn hierzu für künftige Fälle durch eine Fahrtenbuchauflage anzuhalten (vgl. BayVGH, B.v. 30.8.2011 – 11 CS 11.1548, Rn. 31; VGH BW, B.v. 28.5.2002 – 10 S 1408/01 – VRS Bd. 103 [2002], S. 140/141). Die Mitwirkung des Halters besteht in diesen Fällen darin, den Fahrer des Tatfahrzeugs zu nennen, das Bestreiten des Verkehrsverstoßes ist keine Mitwirkung in diesem Sinne (siehe zum Ganzen: BayVGH, B.v. 24.6.2013 – 11 CS 13.1079 – juris Rn. 14).
Ausgehend von den obigen Anforderungen ist die gegenständliche Dauer der Fahrtenbuchauflage von zwölf Monaten ermessensfehlerfrei und auch verhältnismäßig. Hinsichtlich der Dauer hat das Landratsamt vorliegend maßgeblich auf die Schwere des ungeahndet gebliebenen Verstoßes vom 17. April 2016 abgestellt; denn die Dauer der Fahrtenbuchauflage von zwölf Monaten wird in den Gründen des Bescheids unmittelbar im Anschluss an die Ausführungen zur Erheblichkeit des Verkehrsverstoßes und seines nicht unerheblichen abstrakten Gefährdungspotentials behandelt (Ziffer II. des Bescheids, Blatt 21 der Verwaltungsakte, zweiter und dritter Absatz). Unter diesem auch nach der Rechtsprechung für die Dauer zentralen Gesichtspunkt ist die Verpflichtung zum Führen eines Fahrtenbuchs für die Dauer von zwölf Monaten bei einer Ordnungswidrigkeit, die mit einer Bewertung von einem Punkt im Fahreignungsregister sowie einem Bußgeld von EUR 90,– belegt ist, nicht zu beanstanden. Dies folgt bereits daraus, dass es sich vorliegend bei dem Rotlichtverstoß vom 17. April 2016 um eine Ordnungswidrigkeit gehandelt hat, die stets eine besondere Gefährlichkeit für die Sicherheit des Straßenverkehrs aufweist, die nicht erst angenommen werden kann, wenn es sich um einen qualifizierten Rotlichtverstoß i. S. d. Nr. 132.1, 132.2 und 132.3 der Anlage zu § 1 Abs. 1 BKatV handelt (vgl. BayVGH, B.v. 18.5.2010 – 11 CS 10.357 – juris Rn. 14 f. – Fahrtenbuchauflage für die Dauer von 12 Monaten bei Verstoß gegen Rotlichtphase länger als 1 Sek.; VG Oldenburg, B.v. 14.3.2005 – 7 B 770/05 – juris Rn. 15). Insbesondere hinsichtlich der Verhältnismäßigkeit der Dauer ist überdies vorliegend zu berücksichtigen, dass der Antragsteller an der Identifizierung des verantwortlichen Fahrzeugführers nicht hinreichend – etwa durch konkrete Namensnennungen – mitgewirkt hat.
Ermessensfehler i. S. v. § 114 VwGO sind somit vorliegend nicht ersichtlich. Ohnehin könnten nicht hinreichende behördliche Ermessenserwägungen insbesondere zur Dauer einer Fahrtenbuchauflage gemäß Art. 45 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 BayVwVfG i. V. m. § 114 Satz 2 VwGO im Hauptsacheverfahren grundsätzlich nachgeholt werden (vgl. BayVGH, B.v. 18.5.2010 – 11 CS 10.357 – juris Rn. 25-27; VGH BW, B.v. 30.11.2010 – 10 S 1860/10 – juris Rn. 17).
3. Nach alledem war der Antrag abzulehnen.
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung basiert auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG unter Zugrundelegung des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (Ausgabe 2013). Gemäß Nr. 46.11 des Streitwertkatalogs sind bei Fahrtenbuchauflagen EUR 400,– je Monat anzusetzen; dies ergibt bei einer – wie hier – zwölfmonatigen Fahrtenbuchauflage einen Betrag von EUR 4.800,-. Dieser war im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gemäß Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs zu halbieren.