Aktenzeichen M 5 K 16.33543
AsylG AsylG § 3 Abs. 1, § 80
ZPO ZPO § 114 Abs. 1
Leitsatz
Die Asylantragstellung als solche und ein längerfristiger Aufenthalt in Deutschland begründen nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit die Gefahr einer politischen Verfolgung iSd § 3 Abs. 1 AsylG bei einer unterstellten Rückkehr nach Syrien. (Rn. 11) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung von Rechtsanwalt … … … … wird abgelehnt.
Gründe
I.
Der Kläger ist syrischer Staatsangehöriger arabischer Volkszugehörigkeit. Er reiste nach eigenen Angaben auf dem Landweg am 15. November 2015 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am 6. Juni 2016 einen Asylantrag, der auf die Zuerkennung internationalen Schutzes (Flüchtlingseigenschaft und subsidiärer Schutz) beschränkt wurde.
Bei der Anhörung vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) am 10. Juni 2016 gab der Kläger an, dass er seit 1995 in Libyen gelebt habe. Dort habe er auch eine lybische Frau geheiratet und eine Familie gegründet. Er sei nach dem Verlust seiner Arbeitsstelle aus Libyen ausgereist. Er habe sich immer nur kurze Zeit in Syrien besuchsweise aufgehalten, zuletzt für 15 Tage im Jahr 2007. Er sei aus Libyen ausgereist, da er dort seit zwei Jahren keine Arbeit mehr habe und die Schulen für die Kinder geschossen seien. Nach Syrien könne er wegen des Kriegs nicht zurück.
Mit Bescheid vom 7. Oktober 2016 hat das Bundesamt dem Kläger den subsidiären Schutzstatus zuerkannt (Nr. 1) und den Asylantrag im Übrigen abgelehnt (Nr. 2). Zur Begründung wurde angegeben, dass weder eine flüchtlingsrechtlich relevante Verfolgungshandlung noch ein flüchtlingsrechtlich relevantes Anknüpfungsmerkmal geschildert oder ersichtlich sei. Der Kläger sei keiner konkreten, individuellen Bedrohungssituation ausgesetzt gewesen. Die allgemeine, schlechte Sicherheitslage im Land insgesamt gesehen reiche nicht aus, als individuell relevanter Verfolgungstatbestand gewertet zu werden.
Gegen den am 12. Oktober 2016 zugestellten Bescheid hat die Klagepartei am 13. Oktober 2016 Klage erhoben und beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung von Nr. 2 des Bescheids vom 7. Oktober 2016 zu verpflichten, dem Klägern die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen, sowie dem Kläger Prozesskostenhilfe zu bewilligen und Rechtsanwalt M. von Lucke, Landsberg/Lech beizuordnen.
Die Asylantragstellung und ein längerfristiger Aufenthalt im Ausland würden vom syrischen Regime als regimefeindliche Handlung gewertet, sodass dem Kläger bei einer Rückkehr mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit die Gefahr politischer Verfolgung drohe.
Die Beklagte hat die Akte vorgelegt.
Bezüglich weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichts- und vorgelegten Behördenakten verwiesen.
II.
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts ist abzulehnen. Denn die Klage hat keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 166 der Verwaltungsgerichtsordnung/VwGO i.V.m. § 114 Abs. 1 Satz 1 der Zivilprozessordnung/ ZPO).
Die Ablehnung der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft durch das Bundesamt mit Bescheid vom 8. April 2016 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). § 3 Abs. 4 des Asylgesetzes/AsylG gibt den Klägern keinen darauf gerichteten Anspruch, denn er ist kein Flüchtling im Sinn des § 3 Abs. 1 AsylG.
Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG ist ein Ausländer – soweit hier von Interesse – Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 560 – Genfer Flüchtlingskonvention), wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Über-zeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in An-spruch nehmen will. Diese Voraussetzungen lag beim Klägern im Zeitpunkt seiner Ausreise aus der Arabischen Republik Syrien nicht vor, noch ergeben sie sich aus Ereignissen, die eingetreten sind, nachdem er sein Herkunftsland verlassen hat.
Der Kläger ist unverfolgt aus Syrien ausgereist. Auch die Asylantragstellung als solche und ein längerfristiger Aufenthalt in Deutschland begründen nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit die Gefahr einer politischen Verfolgung bei einer unterstellten Rückkehr nach Syrien. Ein Nachfluchtgrund besteht nicht allein deshalb, weil der Kläger aus Syrien ausgereist ist, in der Bundesrepublik Deutschland Asyl beantragt und sich seitdem hier aufgehalten hat. Diese Umstände rechtfertigen nicht die begründete Furcht, dass syrische staatliche Stellen den Kläger bei einer Rückkehr in die Arabische Republik Syrien über den Flughafen Damaskus oder eine andere staatliche Kontrollstelle als Oppositionellen betrachten und ihn deshalb wegen einer unterstellten politischen Überzeugung verfolgen würden (so ausdrücklich BayVGH, U.v. 12.12.2016 – 21 B 16.30364 – juris Rn. 28 ff; ebenso: OVG NW, B.v. 6.10.2016 – 14 A 1852/16.A – juris Rn. 14; U.v. 21.02.2017 – 14 A 2316/16.A – juris Rn. 47 ff.; OVG SH, U.v. 23.11.2016 – 3 LB 17.16 – juris Rn. 37; OVG RhPf, U.v. 16.12.2016 – 1 A 10922/16 – juris Rn. 16; anderer Ansicht und überholt: OVG LSA, U.v. 18.7.2012 – 3 L 147/12 – juris; VGH BW, B.v. 19.6.2013 – A 11 S 927/13 – juris; OVG Berlin-Bbg, B.v. 9.1.2014 – OVG 3 N 91.13 – juris; HessVGH, B.v. 27.1.2014 – 3 A 917/13.Z.A. – juris). Beim Kläger kommt hinzu, dass er sich seit 1995 bis auf kurze Besuchsaufenthalte, zuletzt im Jahr 2007, dort nicht mehr aufgehalten hat. Aufgrund seines Alters (49 Jahre) muss der Kläger nicht mit einer Einberufung zur syrischen Armee rechnen. Denn in Syrien besteht eine Wehrdienstpflicht nur bis zum 42. Lebensjahr.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG)