Aktenzeichen M 21 S 16.32955
Leitsatz
1 § 30 Abs. 1 AsylG, § 34 Abs. 1 AsylG und Art. 103 Abs. 1 GG sprechen dafür, das Gericht im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes auch die Einschätzung des Bundesamts, dass dem Antragsteller kein subsidiärer Schutzstatus nach § 4 AsylG zuzuerkennen ist und dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 S. 1 AufenthG nicht bestehen, zum Gegenstand seiner Prüfung zu machen hat.(Rn. 29) (redaktioneller Leitsatz)
2 Die Vorausetzungen der Ablehung als offensichtlich unbegründet nach § 30 Abs. 4 AsylG iVm § 3 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 AsylG liegen nicht vor, da Zweifel an der Glaubhaftigkeit des Vortrags hinsichtlich der Begehung einer “schwerwiegenden” nichtpolitischen Straftat im Herkunftsland bestehen. Die Ablehnung des Asylantrags als offensichtlich unbegründet ist insoweit aber im Ergebnis nach § 30 Abs. 1 und 3 Nr. 1 AsylG gerechtfertigt. (Rn. 35 – 40) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Gründe
I.
Der Antragsteller ist nach eigenen Angaben ein lediger, kinderloser Staatsangehöriger der Bundesrepublik Nigeria vom Volk der Edo ohne Personalpapiere oder andere Identitätsnachweise.
In der Befragung zur Identitätsklärung am 28. Juli 2015 gab der Antragsteller gegenüber der Regierung von Oberbayern im Wesentlichen an, er habe Nigeria 2006 verlassen. Von 2007 bis 2011 habe er in Italien gelebt und dort schwarzgearbeitet. Er habe einen Führerschein gehabt, in Nigeria jedoch nie einen Pass beantragt. Sein Führerschein sei in Nigeria, Nummer 67 Usiere Street in Benin City. Das sei ihr Familienhaus. Sein Vater lebe dort. Bis zu seiner Ausreise habe sich der Antragsteller auch dort aufgehalten. Seine Mutter lebe an einem anderen Ort. Er habe sie 2013 zuletzt gesehen und viele Verwandte in Nigeria. Nach der Schule sei der Antragsteller mit seinem Vater aufs Feld gegangen und sei Priesterassistenz für ihn gewesen. Letztes Jahr im März habe er sein Heimatland verlassen.
Der Antragsteller stellte am 6. August 2015 bei der Außenstelle des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden kurz: Bundesamt) in München einen Asylantrag.
Zur Niederschrift über das persönliche Gespräch zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats zur Durchführung des Asylverfahrens gab der Antragsteller am 6. August 2015 bei der Außenstelle des Bundesamts in München im Wesentlichen an, er habe sein Herkunftsland erstmalig am 12. März 2014 verlassen. Er sei über Niger, Libyen und Italien am 22. Mai 2015 nach Deutschland eingereist. Nach Italien (Lampedusa) sei er im April 2015 eingereist und habe sich dort einen Monat lang aufgehalten. Die Frage, ob er in einem anderen Mitgliedstaat internationalen Schutz beantragt oder zuerkannt bekommen habe, verneinte der Antragsteller.
Zur Niederschrift über das persönliche Gespräch zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats zur Durchführung des Asylverfahrens (Zweitbefragung) gab der Antragsteller am 28. August 2015 bei der Außenstelle des Bundesamts in München im Wesentlichen an, er habe Hämorrhoiden und psychische Probleme. Er sei manchmal unruhig, etwa wenn seine Freunde nicht da seien, glaube, dass sie tot seien oder sehe seinen Freund, der in Nigeria getötet worden sei. Er sei derzeit auch sehr vergesslich und könne manchmal nicht schlafen. Er wolle nicht nach Italien überstellt werden, weil es dort kein richtiges Leben gebe. Dort habe er Feinde aus seinem Herkunftsland, die ihn bedrohten. Sie hätten eine Basis in Italien und arbeiteten mit der italienischen Mafia zusammen. In der Schweiz habe er ein bis eineinhalb Jahre gelebt. Er habe dort Asyl beantragt. Der Asylantrag sei aber abgelehnt worden. Er sei von der Schweiz abgeschoben worden. Danach sei er von Nigeria aus nach Italien gereist.
Mit englischsprachigem Schreiben vom 9. Oktober 2015 lehnte die zuständige Dublin-Einheit des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements das Wiederaufnahmegesuch des Bundesamts hinsichtlich des Antragstellers vom 2. Oktober 2015 unter Bezugnahme auf Art. 19 Abs. 3 Dublin-III-VO ab, weil der Antragsteller nach dortiger Ablehnung seines Asylgesuchs am 25. Juni 2013 nach Nigeria zurückgekehrt sei.
Mit englischsprachigem Schreiben vom 4. November 2015 lehnte die zuständige Dublin-Einheit des italienischen Innenministeriums das Wiederaufnahmegesuch des Bundesamts hinsichtlich des Antragstellers vom 31. Oktober 2015 ab, weil es nicht innerhalb der zwei Monatsfrist nach der EURODAC-Treffermeldung gestellt worden sei.
Durch Aktenvermerk vom 29. Dezember 2015 hielt das Bundesamt insbesondere fest, die weitere Bearbeitung erfolge nunmehr im nationalen Verfahren.
Auf entsprechende Bitte des Bundesamts um Amtshilfe erstellte das Gesundheitsamt des Landratsamts Dachau unter dem 30. November 2015 ein Gutachten hinsichtlich des Antragstellers (Bl. 90 ff. der Bundesamtsakte). Darin wurde im Wesentlichen ausgeführt, dieser sei am 26. Oktober 2015 im Beisein eines Dolmetschers amtsärztlich untersucht worden. Zudem sei eine psychiatrische Begutachtung erforderlich gewesen, die am 20. November 2015 von Herrn Dr. L.-K., Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, durchgeführt worden sei. Beim Antragsteller habe sich zum Zeitpunkt der Untersuchung kein Anhalt für eine psychische Erkrankung gefunden. Bei ihm sei die (Flug-) Reisefähigkeit gegeben. Er wolle in sein Heimatland Nigeria zurückkehren. Bei ihm bestehe bei einer Rückreise kein Risiko einer Eigen- oder Fremdgefährdung. Weitere Untersuchungen durch Fachärzte seien nicht erforderlich.
Eingangs der Niederschrift über die Anhörung des Antragstellers am 31. August 2016 bei der Außenstelle des Bundesamts in München wurde festgehalten, dass die Angaben im „Teil 1 der Niederschrift zum Asylantrag“ mit ihm abgeglichen worden seien. Mit Ausnahme der Schreibweise seines Familiennamens seien die übrigen Angaben korrekt.
In der weiteren Anhörung gab der Antragsteller im Wesentlichen an, er habe sein Heimatland 2006 im November oder Dezember verlassen. 2006 sei er aus Nigeria zunächst in den Niger gegangen und von dort weiter nach Libyen. Dort sei er zunächst sechs Monate inhaftiert gewesen, bevor er mit dem Schiff nach Italien gebracht worden sei. Dort sei er im Sommer 2007 angekommen und etwa vier Jahre, bis 2011, geblieben. In diesem Jahr sei er in die Schweiz gereist, wo er zunächst für drei Monate inhaftiert worden sei. Nach seiner Entlassung sei er bis 2013 in der Schweiz geblieben. Danach habe er sich entschlossen, in sein Heimatland zurückzukehren und sei mit einer vom Roten Kreuz organisierten Maschine nach Nigeria geflogen. Dort sei er aber nur eine Woche gewesen, bevor er erneut über den Niger und Libyen nach Italien gegangen sei, wo er wohl im Mai 2015 angekommen sei. In der Schweiz habe er einen Asylantrag gestellt, wisse aber nicht, wie entschieden worden sei. Er habe zunächst über Dublin zurück nach Italien geführt werden sollen. Später sei aber entschieden worden, dass niemand mehr nach Italien müsse. Deshalb sei er auch entlassen worden und habe die Schweiz vor der Entscheidung über seinen Antrag verlassen. In Italien habe er von 2007 bis 2011 keine Papiere gehabt und auf der Straße gelebt. Sein Vater sei bereits verstorben. Seine Mutter lebe in Benin City. Der Antragsteller habe keinen Beruf erlernt und auch nicht gearbeitet.
Während er in der Schule gewesen sei habe er für vielleicht zwei Jahre einer Geheimorganisation namens „Anuta“ angehört. Nachdem er die Schule verlassen gehabt habe, habe ihn ein Freund zu einer anderen Organisation namens „Eiye“ gebracht. Die Gruppe sei der Regierung bekannt gewesen. Ursprünglich sei das die Bewegung „Black Axe“ gewesen, aber ihre Gruppe sei ein Ableger gewesen. Im Prinzip habe sie das gleiche Vorgehen gehabt, ihre Farbe sei aber blau gewesen. Sie hätten die Arbeit für die Regierung erledigt. Das sei von Wahlfälschung bis zu Exekutionen gegangen. Der Antragsteller sei irgendwann ein Mitglied des Exekutionskommandos geworden. Sie seien insgesamt zwölf Mitglieder in ihrer Zone gewesen. Jede Zone habe einen „Ellord“ gehabt, der in der Zone die Befehle gegeben habe. Der Antragsteller habe selbst an unzähligen Exekutionen teilgenommen und selbst acht Menschen exekutiert. Ihm sei besonders eine schwangere Frau mit zwei kleinen Kindern in Erinnerung geblieben, die verbrannt worden seien. Die Exekutionen hätten sie meistens mit Schusswaffen begangen. In den Kämpfen mit anderen Gruppen hätten sie oft Beile genutzt, Schusswaffen seien in spontanen Situationen nicht zur Hand gewesen. Auch in diesen Auseinandersetzungen habe er viele Menschen angegriffen, er wisse nicht, wie viele an den Wunden gestorben seien. Der Antragsteller sei auch selbst unzählige Male angegriffen und verletzt worden. Er habe unzählige Vergewaltigungen begangen oder daran teilgenommen. Wenn ein Mann nicht habe getötet werden sollen, habe es geheißen, seine Frau oder seine Tochter solle vergewaltigt werden. Sie seien dann in Gruppen zu den Opfern gegangen und hätten die Frauen vergewaltigt. Das sei fast täglich, mindestens aber alle zwei Tage gewesen. Die Probleme seien eigentlich Kämpfe mit anderen Gruppen gewesen, es habe dann ein großes Blutvergießen gegeben. Die Kämpfe habe es fast jedes Jahr gegeben. Der beste Freund des Antragstellers sei von der Gruppe weggerannt. Er wisse, dass sein Freund mittlerweile tot sei. Nachdem sein Freund weggerannt sei, sei er noch länger bei der Gruppe geblieben. Er habe aber immer weniger Lust gehabt, Aufträge auszuführen. Er habe irgendwann ein Mädchen kennengelernt, das er sehr gemocht habe. Sie sei später von seinen Leuten vergewaltigt worden. Der Antragsteller sei auf die drei Männer, die das getan hätten, sehr wütend geworden. Er habe sie konfrontiert und sie hätten ihn beschuldigt, seinem besten Freund geholfen zu haben. Da der Antragsteller so wütend gewesen sei, sei er nicht mehr zu allen Aufträgen gegangen. Er habe begonnen zu überlegen, ob er wegrennen könnte. Seine einzige Chance wäre aber gewesen, einer anderen Gruppe beizutreten, weil Polizei und Armee keine Hilfe gewesen wären. Wenn man die Gruppe verlasse und sie angreife oder sich ihnen entgegen stelle, töteten sie dich und deine Familie. Wenn man nur wegrenne, seien sie nicht hinter der Familie her. Sein letzter Auftrag sei es gewesen, einen Bankdirektor zu töten. Der Angriff sei aber fehlgegangen. Auf der Flucht seien sie von der Armee beschossen worden. Eines ihrer Mitglieder sei getötet worden, sie anderen seien nur knapp entkommen. Das sei der Moment gewesen, in dem der Antragsteller beschlossen habe, von der Gruppe wegzurennen. Er habe von einem Freund aus der Gruppe gewusst, dass nach ihm gesucht werde. Der Antragsteller habe gewusst, dass ihm als Mitglied des Exekutionskommandos der Weg zur Gruppe offen gestanden sei, solange er sie nicht attackiert gehabt oder verraten habe. Das habe er aber nicht gewollt.
Erst nach zwei oder drei Jahren hätten die Leute in Italien herausgefunden, dass er ein Mitglied der „Eiye“ gewesen und weggerannt sei. Der Zonen-Boss dort habe dem Antragsteller gesagt, dass er der Gruppe in Italien wieder beitreten solle, sonst würde er getötet. Der Antragsteller habe eine Freundin in Italien gehabt, die Gruppe habe sie ihm weggenommen. Er habe deshalb das Auto des Mannes, mit dem seine Freundin nach ihm zusammen gewesen sei, angezündet. Das zähle nicht als Angriff, da es nicht die Person sei. Es sei zu einer großen Verpuffung gekommen und das ganze Gesicht des Antragstellers sei verbrannt gewesen. Die Polizei in Italien habe vermutet, dass er das Auto angezündet habe und habe ihn zwar festgenommen, aber wieder gehen lassen. Da erkennbar gewesen wäre, dass er das Auto angezündet gehabt habe, sei er 2013 von Italien aus in die Schweiz gegangen.
Die Gruppe in Nigeria habe ihm gesagt, dass er zurückkommen könnte, sie würden ihm vergeben. Er sei darüber sehr glücklich gewesen. Deshalb sei er aus der Schweiz zurück nach Nigeria geflogen. Ein Freund aus der Gruppe habe ihn gefragt, in welchem Hotel er dort sei. Der Antragsteller habe gesagt, er sei im Palm Hotel, wo er zwar nicht gewesen sei, es aber habe beobachten können. In der dritten Nacht hätten sie das Hotel angegriffen. Da habe der Antragsteller gewusst, dass sie ihm nicht vergeben würden. Sie seien auch zu seinem Haus gegangen und hätten seine Mutter bedroht. Er habe das Land nach nur einer Woche wieder verlassen müssen.
Auf Frage antwortete der Antragsteller, er sei niemals wegen seiner Vergehen in Nigeria zur Rechenschaft gezogen worden. In Italien habe er nicht nochmals für die Gruppe gearbeitet. Im Falle seiner Rückkehr nach Nigeria würde er entweder von seiner Gruppe oder von einer anderen Gruppe getötet.
Mit Bescheid vom 5. September 2016 lehnte das Bundesamt die Anträge auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (Ziffer 1.), auf Asylanerkennung (Ziffer 2.) und auf subsidiären Schutz (Ziffer 3.) als offensichtlich unbegründet ab, stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Ziffer 4.) und drohte dem Antragsteller mit einer Ausreisefrist von einer Woche die Abschiebung nach Nigeria an (Ziffer 5.). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG wurde auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Ziffer 6.). Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Voraussetzungen für die Zuerkennung internationalen Schutzes und die Anerkennung als Asylberechtigter lägen offensichtlich nicht vor. Soweit der Antragsteller vortrage, er fürchte Verhaftung durch die derzeitige nigerianische Regierung wegen seiner früheren Tätigkeiten für die Gang „Eiye“ bzw. nach dem Verlassen dieser Gruppe die Tötung durch diese oder eine rivalisierende Gruppe könne dies schon deshalb nicht zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft führen, da es offensichtlich an einem für eine politische Verfolgung notwendigen Anknüpfungsmerkmal fehle. Vorliegend sei (auch) der Tatbestand des § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AsylG gegeben. Ausweislich seiner ausführlichen Angaben in der Bundesamtsanhörung habe der Antragsteller selbst erklärt, dass er einem Exekutionskommando angehört habe, an unzähligen Exekutionen teilgenommen und in acht Fällen Menschen selbst exekutiert habe. Darüber hinaus habe er Vergewaltigungen in nicht präzisierter Anzahl begangen. Dabei gehe es unzweifelhaft um nichtpolitische Straftaten. Nach alledem erfülle der Antragsteller den Ausschlusstatbestand des § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AsylG. Damit sei auch die Anerkennung als Asylberechtigter ausgeschlossen. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung subsidiären Schutzes lägen somit ebenfalls offensichtlich nicht vor, weil ein Ausschlussgrund nach § 4 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, Satz 2 AsylG vorliege. Abschiebungsverbote lägen ebenfalls nicht vor. Die derzeitigen humanitären Bedingungen in Nigeria führten nicht zu der Annahme, dass bei Abschiebung des Antragstellers eine Verletzung des Art. 3 EMRK vorliege. Es drohe ihm auch keine individuelle Gefahr für Leib oder Leben, die zur Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 AufenthG führen würde. Zwar habe der Antragsteller in der Zweitbefragung Dublin am 28. August 2015 gesundheitliche Probleme vorgetragen, jedoch lägen ausweislich einer amtsärztlichen Untersuchung vom 26. Oktober 2015 sowie einer psychiatrischen Begutachtung vom 20. November 2015 keine Hinweise auf eine psychische Erkrankung vor. Die Abschiebungsandrohung sei gemäß § 34 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 59 AufenthG zu erlassen. Die Ausreisefrist von einer Woche ergebe sich aus § 36 Abs. 1 AsylG. Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG werde gemäß § 11 Abs. 2 AufenthG auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet. Diese Befristung sei angemessen, Anhaltspunkte für eine kürzere Fristsetzung aufgrund schutzwürdiger Belange seien weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. In der Bundesamtsakte befindet sich kein Nachweis zur Zustellung dieses Bescheids.
Am 13. September 2016 erhob der Kläger zur Niederschrift der Rechtsantragsstelle des Bayerischen Verwaltungsgerichts München Klage und beantragte, den Bundesamtsbescheid vom 5. September 2016 aufzuheben, die Beklagte zu verpflichten, festzustellen, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft vorliegen, die Beklagte zu verpflichten, ihn als Asylberechtigten anzuerkennen, die Beklagte zu verpflichten, den subsidiären Schutzstatus zuzuerkennen und die Beklagte zu verpflichten festzustellen, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG bestehen.
Über die Klage (M 21 K 16.32954) ist noch nicht entschieden.
Zugleich beantragte der Antragsteller am 13. September 2016 zur Niederschrift der Rechtsantragsstelle des Bayerischen Verwaltungsgerichts München, hinsichtlich der Abschiebungsandrohung die aufschiebende Wirkung seiner Klage anzuordnen.
Zur Klage- und Antragsbegründung nahm der Antragsteller auf seine Angaben gegenüber dem Bundesamt Bezug. Er könne nicht in seine Heimat zurück, habe hier Arbeit im Gartenbau und eine Freundin. In Kopie legte er dem Gericht einen Arztbrief des Isar-Amper-Klinikums München Ost vom 10. September 2016 vor. Darin wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Antragsteller habe sich vom 9. September 2016 bis zum 10. September 2016 in dortiger stationärer Behandlung befunden. Diagnosen: (F43.2) Anpassungsstörungen. (F43.1) V.a. posttraumatische Belastungsstörung. Es handele sich um die erste stationär-psychiatrische Aufnahme des Antragstellers im Haus, der von der Polizei aufgrund suizidaler Äußerungen nach Erhalt einer Abschiebungsverfügung zur Aufnahme gebracht worden sei. Er habe gesagt, nicht vorzuhaben, sich umzubringen. Er habe von einem toten Freund berichtet, der ihm in seinen Träumen und teilweise auch tagsüber begegne, V.a. Flashbacks. Einen weiteren stationären Aufenthalt zur medikamentösen Einstellung und gegebenenfalls Unterstützung im Rahmen des Abschiebeverfahrens habe der Antragsteller abgelehnt. Daher sei am 10. September 2016 auf seinen ausdrücklichen Wunsch die Entlassung erfolgt. Es bestehe kein Anhalt für akute Selbst- oder Fremdgefährdung. Es werde eine weitere psychiatrische Betreuung empfohlen.
Durch Schriftsatz vom 10. Oktober 2016 ließ der Antragsteller zur weiteren Klage-und Antragsbegründung im Wesentlichen ausführen, es werde ergänzend beantragt, das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot unabhängig von der Beurteilung der übrigen Anträge aufzuheben. Der Asylantrag sei nicht offensichtlich unbegründet. Bei einer Ablehnung als offensichtlich unbegründet hätten auch der Grund und das Verhalten nach der Flucht aus der Gruppe Eiye beurteilt werden müssen. Es habe keine Auseinandersetzung mit dem Hintergrund der Gruppe Eiye stattgefunden. Die Voraussetzungen subsidiären Schutzes lägen vor. Konkret befürchte der Antragsteller, bei einer Rückkehr nach Nigeria von der Gruppe Eiye verfolgt zu werden. Dabei könne er sich insbesondere nicht an die Polizei wenden, da er sonst aufgrund seiner Taten innerhalb der Gruppe Probleme mit der Polizei bekommen würde. Darüber hinaus sei nicht auszuschließen, dass dem Antragsteller politische Verfolgungsmaßnahmen allein aufgrund der Asylantragstellung drohen würden. Eine erneute gesundheitliche Untersuchung des Antragstellers sei unabdingbar, weil er zuletzt bei Erhalt des Bescheids suizidale Äußerungen getätigt habe. Im Übrigen sei das Einreise- und Aufenthaltsverbot unverhältnismäßig. Der Antragsteller sei derzeit in einem festen Arbeitsverhältnis erwerbstätig und die Erwerbstätigkeit würde auch weitergehen. Das habe das Bundesamt ignoriert.
Im dem Schriftsatz vom 10. Oktober 2016 in Kopie beigefügten Arbeitszeugnis des Antragstellers vom 28. September 2016 wurde im Wesentlichen ausgeführt, er sei als Helfer im Garten- und Landschaftsbau hoch motiviert und zeige ein außerordentlich hohes Maß an Initiative und Leistungsbereitschaft. Er sei auch höchstem Zeitdruck und Arbeitsaufwand stets gewachsen gewesen. Seine Arbeitsergebnisse seien stets guter Qualität gewesen. Da man mit den Leistungen des Antragstellers stets in höchstem Maße zufrieden gewesen sei, sei ihm ein Angebot für den Wiedereinstieg unterbreitet worden für den Fall, dass es die Witterungsverhältnisse wieder zuließen.
Mit Schriftsatz vom 14. Dezember 2016 ließ der Antragsteller in Kopie einen Arztbrief des Isar-Amper-Klinikums Fürstenfeldbruck wohl vom 12. Dezember 2016 übermitteln. In ihm wird ihm nach dortigem Aufenthalt vom 9. Dezember 2016 bis zum 12. Dezember 2016 eine Anpassungsstörung (F43.2) diagnostiziert. Im Übrigen wird auf den Inhalt dieses Arztbriefs verwiesen.
Mit Schreiben vom 1. Februar 2017 übersandte das Bundesamt dem Gericht in Kopie ein Schreiben der Staatsanwaltschaft München II vom 13. Dezember 2016 demzufolge von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gegen den Antragsteller wegen Mordes gemäß § 152 Abs. 2 StPO abgesehen wurde.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten zu Eil- und Klageverfahren und auf die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.
II.
Der zulässige Eilantrag ist unbegründet.
Gemäß Art. 16a Abs. 4 Satz 1 Halbs. 1 GG wird die Vollziehung aufenthaltsbeendender Maßnahmen insbesondere in Fällen, die offensichtlich unbegründet sind, durch das Gericht nur ausgesetzt, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Maßnahme bestehen. Im Anschluss an Art. 16a Abs. 4 Satz 2 GG bestimmt § 36 Abs. 4 Satz 1 AsylG, dass die Aussetzung der Abschiebung nur angeordnet werden darf, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen. Tatsachen und Beweismittel, die von den Beteiligten nicht angegeben worden sind, bleiben unberücksichtigt, es sei denn, sie sind gerichtsbekannt oder offenkundig (Art. 16a Abs. 4 Satz 2 GG, § 36 Abs. 4 Satz 2 AsylG). „Ernstliche Zweifel“ im Sinne des Art. 16a Abs. 4 Satz 1 Halbs. 1 GG liegen dann vor, wenn erhebliche Gründe dafür sprechen, dass die Maßnahme einer rechtlichen Prüfung wahrscheinlich nicht standhält (vgl. BVerfG, U.v. 14.5.1996 – 2 BvR 1516/93 – juris Rn. 99).
Da dem Bundesamt bei seiner Entscheidung über die Offensichtlichkeit kein Einschätzungsspielraum und kein Ermessen zusteht, darf das Gericht die Begründung für die offensichtliche Unbegründetheit auswechseln (vgl. VG München, B. v. 29.8.2013 – M 24 S. 13.30753 – juris Rn. 27).
Das Gericht hat im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes auch die Einschätzung des Bundesamts, dass dem Antragsteller kein subsidiärer Schutzstatus nach § 4 AsylG zuzuerkennen ist und dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht bestehen, zum Gegenstand seiner Prüfung zu machen. Dies ist zwar der gesetzlichen Regelung in § 36 AsylG nicht unmittelbar zu entnehmen, dafür sprechen jedoch § 30 Abs. 1 AsylG, § 34 Abs. 1 AsylG und Art. 103 Abs. 1 GG (vgl. BVerfG, B.v. 17.7.1996 – 2 BvR 1291/96 – juris Rn. 3).
Gemessen an diesen Maßstäben bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angegriffenen, an die Ausreisefrist von einer Woche (§ 36 Abs. 1 AsylG) anknüpfenden Abschiebungsandrohung. Im Einzelnen:
Im Ergebnis bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Ablehnung des Asylantrags als offensichtlich unbegründet. Die im Bundesamtsbescheid angeführten Gründe tragen die Ablehnung des Asylantrags als offensichtlich unbegründet jedoch nicht.
Die Erwägung des Bundesamts, es fehle nach dem Vorbringen des Antragstellers an einem für eine politische Verfolgung notwendigen Anknüpfungsmerkmal, trägt eine Ablehnung des Asylantrags als offensichtlich unbegründet nach § 30 Abs. 1 AsylG schon deshalb nicht, weil sie sich inhaltlich nicht mit der Frage subsidiären Schutzes (§ 4 AsylG) auseinandersetzt. Das wäre aber erforderlich gewesen, weil nach § 13 Abs. 2 Satz 1 AsylG mit jedem Asylantrag die Anerkennung als Asylberechtigter sowie internationaler Schutz im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 2 AsylG, der auch subsidiären Schutz umfasst, beantragt wird.
Ebenso wenig trägt die Erwägung des Bundesamts, der Asylantrag sei auch deshalb als offensichtlich unbegründet abzulehnen (§ 30 Abs. 4 AsylG), weil die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AsylG vorlägen.
Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach § 3 Abs. 1 AsylG, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden (§ 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AsylG).
§ 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AsylG dient wie Art. 1 F Buchst. b GFK dem Ausschluss „gemeiner Straftäter“, denen man den Flüchtlingsschutz vorenthalten wollte, um den Status eines „bona fide refugee“ aus Gründen der Akzeptanz in der internationalen Gemeinschaft nicht in Misskredit zu bringen. Daher rechtfertigt nicht jedes kriminelle Handeln des Schutzsuchenden vor seiner Einreise einen Ausschluss von der Flüchtlingsanerkennung. Vielmehr muss der Straftat zunächst ein gewisses Gewicht zukommen, wofür internationale und nicht lokale Standards maßgeblich sind. Es muss sich also um ein Kapitalverbrechen oder eine sonstige Straftat handeln, die in den meisten Rechtsordnungen als besonders schwerwiegend qualifiziert ist und entsprechend strafrechtlich verfolgt wird (vgl. BVerwG, U.v. 4.9.2012 – 10 C 13/11 – juris Rn. 20 m.w.N.).
Zugleich muss die Tat nichtpolitisch sein. Dazu ist auf den Delikttypus sowie auf die der konkreten Tat zugrunde liegenden Motive und die mit ihr verfolgten Zwecke abzustellen. Nichtpolitisch ist eine Tat, wenn sie überwiegend aus anderen Motiven, etwa aus persönlichen Beweggründen oder Gewinnstreben begangen wird (vgl. zu all dem BVerwG, U.v. 4.9.2012 – 10 C 13/11 – juris Rn. 21).
Bei der Prüfung des Ausschlussgrunds des § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AsylG ist zu berücksichtigen, dass die notwendige individuelle Verantwortlichkeit eine Verantwortlichkeit im strafrechtlichen Sinne erfordert, wobei allerdings mit Blick auf die zugrunde liegenden tatsächlichen Umstände das im Vergleich zum Strafrecht abgesenkte Beweismaß genügt. Soweit – wie hier – keine Kriegsverbrechen oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit in Betracht zu ziehen sind und daher nicht zugleich § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AsylG mit dem dynamischen Verweis auf die Regelungen im Römischen Statut des Internationalen Strafgerichtshofs vom 17. Juli 1998 eingreift, liegt mangels einheitlicher internationaler Kriterien sowohl für Täterschaft und Teilnahme als auch für Rechtfertigungs- und Entschuldigungsgründe grundsätzlich zunächst eine Orientierung an den Regeln des nationalen Strafrechts nahe (vgl. zu all dem BVerwG, U.v. 4.9.2012 – 10 C 13/11 – juris Rn. 24 m.w.N.).
Für die – hier entscheidende – Überzeugungsbildung, dass der Ausschlussgrund des § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AsylG erfüllt ist, reicht es aus, dass die Annahme der Begehung entsprechender Verbrechen aus schwerwiegenden Gründen gerechtfertigt ist. Ein Beweisstandard, wie er etwa im Strafrecht verlangt wird, ist hierfür nicht erforderlich. Vielmehr ergibt sich aus der Qualifizierung als „schwerwiegend“, dass die Anhaltspunkte für die Begehung der in § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AsylG genannten Straftat von erheblichem Gewicht sein müssen. Schwerwiegend sind die Gründe in der Regel dann, wenn klare und glaubhafte Indizien für die Begehung derartiger Taten vorliegen (vgl. zu all dem BVerwG, U.v. 31.3.2011 – 10 C 2/10 – juris Rn. 26 m.w.N.).
Ausgehend von diesem Beweismaßstab hat das Bundesamt zu Unrecht angenommen, dass im Fall des Antragstellers die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AsylG vorliegen. Im Ergebnis liegen keine klaren und glaubhaften Indizien für die Begehung einer Vielzahl von Erschießungen und Vergewaltigungen durch den Antragsteller als Bandenmitglied vor. Das Bundesamt hätte für eine Entscheidung nach § 30 Abs. 4 i.V.m. § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AsylG vorliegend in jedem Fall die Glaubhaftigkeit des Vortrags des Antragstellers würdigen müssen, weil es an jeglichen objektiven Indizien für seinen Verfolgungsvortrag fehlt. Diese Glaubhaftigkeitsbeurteilung ist seitens des Bundesamts zu Unrecht unterblieben.
Das Vorbringen des Antragstellers ist in wesentlichen Punkten nicht substantiiert und in sich widersprüchlich. Es ist insgesamt so unglaubhaft, dass das Gericht – ohne dass es entscheidungserheblich auf sie ankommt – größte Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Antragstellers hat. Die Ablehnung des Asylantrags als offensichtlich unbegründet ist im Ergebnis nach § 30 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1 AsylG, nicht aber nach § 30 Abs. 4 i.V.m. § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AsylG gerechtfertigt. Im Einzelnen:
In der Befragung zur Identitätsklärung am 28. Juli 2015 hat der Antragsteller gegenüber der Regierung von Oberbayern angegeben, sein Vater lebe in Benin City. Seine Mutter lebe an einem anderen Ort. Er habe sie 2013 zuletzt gesehen und sei nach der Schule mit seinem Vater aufs Feld gegangen und Priesterassistenz für ihn gewesen. Dagegen hat der Antragsteller in der Bundesamtsanhörung am 31. August 2016 ohne jede Erläuterung behauptet, sein Vater sei bereits verstorben, seine Mutter lebe in Benin City und er selbst habe nicht gearbeitet.
Die auch für den Antragsteller erkennbar in einem weiten Sinn zu verstehende Frage, ob er in einem anderen Mitgliedstaat internationalen Schutz beantragt habe, hat er zur Niederschrift über das persönliche Gespräch zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats zur Durchführung des Asylverfahrens am 6. August 2015 bei der Außenstelle des Bundesamts in München verneint. Erst in der Zweitbefragung beim Bundesamt, die – auch für den Antragsteller erkennbar – erst notwendig geworden war, nachdem sich hinsichtlich des Antragstellers EURODAC-Treffer ergeben hatten, hat er dann eingeräumt, in der Schweiz Asyl beantragt zu haben.
Das gesamte Kernvorbringen des Antragstellers zu seiner angeblichen Bandenmitgliedschaft und den Taten, die er angeblich als Bandenmitglied begangen hat, ist inhaltlich so detailarm, dass es ihm nicht abgenommen werden kann. Es fehlen insbesondere konkrete Zeit- und Umstandsangaben zu all den einschneidenden Ereignissen, die der Antragsteller als Bandenmitglied erlebt haben will, insbesondere zu den angeblich von ihm begangenen Straftaten. Im Einzelnen:
So hat es der Antragsteller in der Bundesamtsanhörung etwa an jeglicher Erläuterung dazu fehlen lassen, wie, wann und warum genau es „einem Freund“ gelungen sein sollte, ihn zu einer anderen Organisation namens „Eiye“ „zu bringen“.
„Irgendwann“, so der Antragsteller in der Bundesamtsanhörung, sei er ein Mitglied des Exekutionskommandos dieser Gruppierung geworden. Wenn das wirklich der Fall gewesen wäre, hätte sich der Antragsteller insbesondere an den konkreten Zeitpunkt dieses für ihn einschneidenden Ereignisses erinnern können.
In der Bundesamtsanhörung hat der Antragsteller schlicht behauptet, selbst an „unzähligen“ Exekutionen teilgenommen, selbst acht Menschen exekutiert und „unzählige“ Vergewaltigungen begangen oder daran teilgenommen zu haben. Bis auf die pauschale Aussage, ihm sei besonders eine schwangere Frau mit zwei Kindern in Erinnerung geblieben, war der Antragsteller in der Bundesamtsanhörung nicht dazu in der Lage, diese schweren Selbstbezichtigungen zeitlich und inhaltlich näher zu präzisieren. Das ist ein weiteres, bereits für sich genommen schwer gewichtiges Indiz dafür, dass der Antragsteller die Taten, die er auch sich zugeschrieben hat, weder selbst begangen noch sonst wie erlebt hat.
Der Antragsteller hat in der Bundesamtsanhörung auch nicht mitgeteilt, woher er wissen will, dass sein angeblich „von der Gruppe weggerannter Freund“ mittlerweile tot sein soll. Deswegen ist der Schluss darauf gerechtfertigt, dass insoweit nur eine Steigerung des Vorbringens vorliegt, welche die angebliche Gefahr, in welcher der Antragsteller im Falle seiner Rückkehr schweben soll, unterstreichen soll.
„Irgendwann“ will der Antragsteller ein Mädchen, das seine Freundin geworden sein soll, kennen gelernt haben, das „später“ durch drei Männer „seiner Leute“ vergewaltigt worden sein soll. Wenn dieses für den Antragsteller angeblich einschneidende, auch erste Fluchtgedanken auslösende Ereignis wirklich stattgefunden hätte, hätte er sich insbesondere an den Zeitpunkt der angeblichen Vergewaltigung seiner Freundin erinnern können.
Wenn der Antragsteller wirklich Mitglied einer schwerkriminellen Bande gewesen wäre, wäre es – entgegen seiner Einlassung beim Bundesamt – wohl kaum seiner Wut anheimgestellt gewesen, ob er nach der angeblichen Vergewaltigung seiner Freundin noch „zu allen Aufträgen geht“.
Auch die Schilderung zum angeblich letzten (Mord-)Auftrag, der für den Antragsteller von besonderer Einprägsamkeit gewesen sein müsste, weil er ihn als fluchtauslösendes Ereignis dargestellt hat, ist sowohl in inhaltlicher als auch in zeitlicher Hinsicht völlig vage geblieben. Auch dieser Auftrag kann ihm daher nicht geglaubt werden.
Dagegen, dass die vom Antragsteller vorgetragene Verfolgungsgeschichte der Wahrheit entspricht, spricht insgesamt nicht zuletzt, dass er gegenüber dem Gesundheitsamt des Landratsamts Dachau laut dessen Gutachten vom 30. November 2015 angegeben hat, er wolle in sein Heimatland Nigeria zurückkehren.
Ernstliche Zweifel bestehen auch nicht an der Rechtmäßigkeit der Verneinung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG. Es fehlt insbesondere bereits an der Glaubhaftmachung einer lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankung im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG.
Laut dem Gutachten des Gesundheitsamts des Landratsamts Dachau vom 30. November 2015 hat zum Zeitpunkt der damaligen Untersuchungen kein Anhaltspunkt für eine psychische Erkrankung des Antragstellers bestanden. Diese amtsärztliche Einschätzung wird durch die Gesamtschau der (nachfolgenden) Umstände nicht widerlegt, sondern bestätigt.
Der Arztbrief des Isar-Amper-Klinikums München Ost vom 10. September 2016, der lediglich den Verdacht auf eine posttraumatische Belastungsstörung äußert, trägt die in ihm enthaltene Diagnose von Anpassungsstörungen (F43.2) beim Antragsteller nicht.
Nach der Klassifikation F43.2 der ICD-10-GM-Version 2016 handelt es sich bei Anpassungsstörungen um Zustände von subjektiver Bedrängnis und emotionaler Beeinträchtigung, die im Allgemeinen soziale Funktionen und Leistungen behindern und während des Anpassungsprozesses nach einer entscheidenden Lebensveränderung oder nach belastenden Lebensereignissen auftreten. Bereits zum Vorliegen dieser Kriterien lässt sich dem Arztbrief des Isar-Amper-Klinikums München Ost vom 10. September 2016 nichts Substantielles entnehmen. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass dem Antragsteller in seinem Arbeitszeugnis vom 28. September 2016 als Helfer im Garten- und Landschaftsbau eine hohe Motivation und ein außerordentlich hohes Maß an Initiative und Leistungsbereitschaft bescheinigt wird, wären ärztliche Ausführungen zum Gesichtspunkt der Behinderung sozialer Funktionen und Leistungen erforderlich gewesen. Hinzu kommt, dass Arztbrief des Isar-Amper-Klinikums München Ost vom 10. September 2016 jedenfalls auch insofern auf einer unvollständigen Tatsachengrundlage beruht, als er sich nicht mit dem Gutachten des Gesundheitsamts des Landratsamts Dachau vom 30. November 2015 auseinandersetzt.
Der Arztbrief des Isar-Amper-Klinikums Fürstenfeldbruck vom 12. Dezember 2016 leidet jedenfalls auch an den vorstehend dargelegten Mängeln und rechtfertigt daher keine andere Beurteilung.
Kosten: § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).