Aktenzeichen M 5 S 16.32029
AsylG AsylG § 26a, § 36 Abs. 4
Leitsatz
Der senegalesische Staat nimmt keine Repressionen Dritter hin, sodass nicht davon ausgegangen werden kann, dass bei einer von einem nichtstaatlichen Akteur ausgehenden Verfolgung der Staat nicht in der Lage oder nicht willens ist, Schutz zu gewähren. (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I.
Der Antrag wird abgelehnt.
II.
Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Gründe
I.
Der Antragsteller ist senegalesischer Staatsangehöriger der Volkszugehörigkeit Wolof. Er reiste nach eigenen Angaben über Libyen und Italien am 13. Juli 2014 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte hier am 28. Juli 2014 einen Asylantrag.
Bei seiner Anhörung vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) am 18. Januar 2016 gab er an: Er habe in Dakhar studiert. Als seine Freundin am 13. April ein uneheliches Kind bekommen habe, sei er von deren Familie bedroht worden. Er sei auch mit einem „bösen Zauber“ bedroht worden, wenn er sich seiner Freundin oder deren Kind nähern sollte. Auch von seiner eigenen Familie sei er deswegen beschimpft worden. Auch seine Freunde hätten sich von ihm auf Druck ihrer Eltern zurückgezogen.
Mit Bescheid vom 26. Juli 2016 lehnte das Bundesamt den Antrag auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (Nr. 1) und auf Asylanerkennung (Nr. 2) als offensichtlich unbegründet ab, lehnte den Antrag auf subsidiären Schutz ab (Nr. 3) und stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Nr. 4). Es forderte den Antragsteller auf, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb 1 Woche nach Bekanntgabe dieser Entscheidung zu verlassen, anderenfalls wurde die Abschiebung in den Senegal oder in einen anderen Staat, in den eingereist werden darf oder der zur Rückübernahme verpflichtet ist, angedroht (Nr. 5). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot wurde auf 10 bzw. 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet.
Zur Begründung führte das Bundesamt insbesondere aus:
Die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und die Anerkennung als Asylberechtigter lägen offensichtlich nicht vor, da die Antragstellerpartei keine Verfolgungsmaßnahmen durch den Staat oder zu berücksichtigende, schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen seitens nichtstaatlicher Dritter zu befürchten habe. Soweit der Antragsteller eine Bedrohung seitens der Familie seiner Freundin oder auch seitens seiner eigenen Familie fürchte, müsse davon ausgegangen werden, dass die örtlichen Behörden schutzwillig und auch schutzfähig seien, so dass insoweit Hilfe zur Verfügung gestanden hätte.
Der Bescheid wurde am 2. August 2016 zugestellt.
Gegen diesen Bescheid erhob der Antragsteller am 9. August 2016 Klage (M 5 K 16.32028) und beantragte gleichzeitig im vorliegenden Verfahren,
die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsandrohung anzuordnen.
Er fürchte eine öffentliche Schandstrafung im Beisein der jeweiligen Familien. Dies sei im Senegal nicht ungewöhnlich. Außerdem fürchte er, durch die Familie der Mutter seines Kindes in Auseinandersetzungen zwischen dem senegalesischen Militär und Rebellen verstrickt zu werden. Konkret fürchte er, gezwungen zu werden, sich den Rebellen anzuschließen.
Die Antragsgegnerin legte die Akten vor und stellte keinen Antrag.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte in diesem Verfahren und im Klageverfahren (M 5 K 16.32028) sowie auf die vorgelegte Behördenakte verwiesen.
II.
Der zulässige Antrag ist unbegründet, da keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen (Art. 16a Abs. 4 Grundgesetz – GG, § 36 Abs. 4 Asylgesetz – AsylG).
1. Gemäß Art. 16a GG, § 36 Abs. 4 AsylG kann das Verwaltungsgericht auf Antrag nach § 80 Abs. 5 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) die Aussetzung der Abschiebung anordnen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen. Im Rahmen der Entscheidung über einen solchen Antrag ist im Hinblick auf den durch Art. 19 Abs. 4 GG gebotenen effektiven Rechtschutz zu prüfen, ob das Bundesamt zurecht davon ausgegangen ist, dass der geltend gemachte Anspruch auf Asylanerkennung bzw. auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylG offensichtlich nicht besteht – wobei eine nur summarische Prüfung nicht ausreicht – und ob dieser weiterhin Bestand haben kann (BVerfG, B. v. 2.5.1984 – 2 BvR 1413/83 – BVerfGE 67, 43). Offensichtlich unbegründet ist ein Asylantrag dann, wenn die Voraussetzungen für die Anerkennung als Asylberechtigter (Art. 16a GG) und die Voraussetzungen des § 3 AsylG offensichtlich nicht vorliegen (§ 30 Abs. 1 AsylG). Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts liegen ernstliche Zweifel im Sinne von Art. 16a Abs. 4 Satz 1 GG vor, wenn erhebliche Gründe dafür sprechen, dass die Maßnahme einer rechtlichen Prüfung wahrscheinlich nicht Stand hält (BVerfG, U. v. 14.5.1996 – 2 BvR 1516/93 – BVerfGE 94, 166 ff.), was nach ständiger Rechtsprechung aber nicht anzunehmen ist, wenn an der Richtigkeit der tatsächlichen Feststellungen vernünftiger Weise keine Zweifel bestehen und sich bei einem solchen Sachverhalt nach allgemein anerkannter Rechtsauffassung die Abweisung geradezu aufdrängt (BVerfG, B. v. 5.2.1993 – 2 BvR 1294/92 – InfAuslR 1993, 196).
2. An der Rechtmäßigkeit der insoweit seitens des Bundesamtes getroffenen Entscheidungen bestehen hier keine derartigen ernstlichen Zweifel.
a) Die Anerkennung als Asylberechtigter scheidet bereits deswegen aus, weil der Antragsteller über Italien und damit aus einem sicheren Drittstaat in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland eingereist ist (Art. 16a Abs. 2 Satz 1 GG i. V. m. § 26a Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 AsylG).
Aber auch ein Verfolgungs- oder Lebensschicksal, das die Zuerkennung einer Rechtsstellung als Asylberechtigter oder als Flüchtling rechtfertigen würde, ist vorliegend aus dem Vortrag des Antragstellers nicht erkennbar. Das Gericht folgt daher der zutreffenden Begründung der Antragsgegnerin im angegriffenen Bescheid, auf die verwiesen wird (§ 77 Abs. 2 AsylG).
Soweit der Antragsteller auf Nachstellungen seitens der Familie der Mutter seines Kindes und seitens seiner eigenen Familie verweist, stellen diese keine asylrechtlich relevanten Maßnahmen dar. Dem Lagebericht des Auswärtigen Amtes zu Senegal (Stand: 21.11.2015) lassen sich keine Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass der senegalesische Staat grundsätzlich nicht schutzbereit und -fähig wäre. Soweit der Antragsteller den Schutz des senegalesischen Staates durch dessen Polizei und Justiz nicht in Anspruch nehme wollte, um seiner Familie entsprechende Probleme zu ersparen, liefert dies auch keinen beachtlichen Schutzgrund. Denn widersprüchlich dazu wird vorgetragen, dass der senegalesische Staat sich nicht mit familiären Problemen beschäftige. Dies spricht eher dafür, dass die Probleme des Antragstellers nicht derart gravierend sind, dass ein Handlungsbedarf durch Sicherheitskräfte besteht.
Im Übrigen kann der Antragsteller auch auf andere Landesteile im Senegal ausweichen. Dass dies – entgegen dem Lagebericht – nicht möglich wäre, hat der Antragsteller nicht substantiiert dargelegt.
b) Das Bundesamt hat im Übrigen auch zu Recht die Zuerkennung subsidiären Schutzes (§ 4 AsylG) und das Vorliegen von Abschiebungsverboten gemäß § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG abgelehnt.
Das Gericht nimmt auch insoweit auf die Begründung des Bundesamtes Bezug (§ 77 Abs. 2 AsylG).
Soweit der Antragsteller in seiner Klagebegründung vom 11. August 2016 außerdem die Befürchtung äußert, seitens der Familie der Mutter seines Kindes gezwungen zu werden, sich Rebellen anzuschließen, erscheint diese Befürchtung schon deshalb nicht glaubhaft, weil sie erstmals im gerichtlichen Verfahren geäußert wurde, obwohl der Antragsteller bereits bei seiner Anhörung durch das Bundesamt aufgefordert wurde, alle Tatsachen vorzutragen, die seine Furcht vor Verfolgung oder eines sonst drohenden ernsthaften Schadens begründen.
Vor diesem Hintergrund ist die nach Maßgabe der §§ 34, 36 Abs. 1 Satz 1 AsylG i. V. m. § 59 AufenthG erlassene Abschiebungsandrohung nicht zu beanstanden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).