Verwaltungsrecht

Ablehnung eines Härtefalls für eine vierte Wiederholungsprüfung

Aktenzeichen  7 ZB 19.2447

Datum:
11.1.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 812
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 1
APO § 10 S. 4

 

Leitsatz

1. Die Berufungszulassung gem. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO war abzulehnen. Das Vorbringen der Berufungsklägerin an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente des angegriffenen Urteils haben keine Zweifel am Ergebnis ergeben (BeckRS 2004, 21684). Das gilt auch dann, wenn das angefochtene Urteil aus anderen Gründen als den unmittelbaren angegriffenen Urteilsgründen richtig ist (a.a.O), z. B. wenn der Grund ohne weiteres auf der Hand liegt und die Klägerin Gelegenheit zur Stellungnahme gehabt hat (BeckRS 2019, 34617). (Rn. 4 – 8) (redaktioneller Leitsatz)
2. Ob ein Härtefall gem. § 10 S. 4 APO vorliegt und die Chancengleichheit gewahrt ist beurteilt sich danach, ob ein Prüfling durch besondere Umstände gehindert gewesen ist, seine Chance voll wahrzunehmen (BeckRS 1990, 08274) und atypische leistungsmindernde Umstände vorliegen, die er nicht oder nur in zu vernachlässigendem Maß zu vertreten hat (BeckRS 2011, 53448). Ob das Tatbestandsmerkmal des Härtefalls ein unbestimmter Rechtsbegriff ist, der der vollen gerichtlichen Kontrolle zugänglich ist (a.a.O) oder es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff mit eingeschränkter gerichtlicher Kontrolle handelt (BeckRS 2004, 22993), war vorliegend nicht entscheidungserheblich. (Rn. 11 – 21) (redaktioneller Leitsatz)
3. Grundsätzlich erlaubt die Zahl der bisherigen Prüfungsmisserfolge Rückschlüsse auf die individuellen Fähigkeiten. Regelmäßig kann aus dem zweimaligen (hier sogar dreimaligen) Misserfolg in einer Prüfung auf das Nichtvorliegen der geforderten individuellen Fähigkeiten geschlossen werden. Was sich auch aus den sonstigen Prüfungsergebnissen der Berufungsklägerin ergibt. Der Misserfolg in der Modulprüfung Rechnungswesen und Kostenmanagement ist damit Ausdruck einer fachspezifischen Leistungsschwäche, die durch die Annahme eines Härtefalls nicht ausgeglichen werden kann und darf. (Rn. 12 und 18) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

AN 2 K 18.556 2019-09-10 Bes VGANSBACH VG Ansbach

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III. In Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 10. September 2019 wird der Streitwert für beide Rechtszüge auf je 12.500 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Die Klägerin studiert seit dem Wintersemester 2012/2013 bei der Beklagten zu 1 im Masterstudiengang Sozialmanagement. Mit ihrem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgt sie ihr Rechtsschutzziel weiter, eine weitere Wiederholungsprüfung als Viertversuch im Modul 3 „Rechnungswesen, Kostenmanagement“ ablegen zu dürfen sowie die Aufhebung ihrer Exmatrikulation zu erreichen.
Das Verwaltungsgericht hat ihre darauf gerichtete Klage vollständig abgewiesen. Zur Begründung führte es aus, die Klägerin habe keinen Anspruch, auf Grundlage der Härtefallregelung in § 10 Satz 4 der Allgemeinen Prüfungsordnung für die Bachelor- und Masterstudiengänge an der Evangelischen Hochschule für angewandte Wissenschaften – Evangelische Fachhochschule Nürnberg (APO) in der Fassung vom 8. April 2013 zu einer dritten Wiederholungsprüfung im Modul 3 „Rechnungswesen und Kostenmanagement“ antreten zu dürfen. Die Härtefallregelung sei nicht anwendbar, da sie im vorliegenden Fall von den Regelungen über den Prüfungsrücktritt (§ 12 Satz 1 APO) verdrängt werde. Des Weiteren stellte das Verwaltungsgericht fest, dass auch die Voraussetzungen für eine weitere Prüfungswiederholung wegen Härtefalls nicht vorlägen. Denn im Fall der Klägerin sei nicht von einer hinreichenden Aussicht auf einen Prüfungserfolg in der beantragten Wiederholungsprüfung auszugehen. Da die Klägerin damit mangels weiterer Wiederholungsmöglichkeit im Modul 3 eine erforderliche Prüfung (§ 11 Abs. 1 Rahmenprüfungsordnung für die Fachhochschulen – RaPO) endgültig nicht bestanden habe, sei auch die erfolgte Exmatrikulation zu Recht erfolgt (Art. 49 Abs. 2 Nr. 3 BayHSchG).
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die vorgelegte Behördenakte sowie die Gerichtsakten Bezug genommen.
II.
Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Der geltend gemachte Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ist nicht in einer den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügenden Art und Weise dargelegt bzw. liegt nicht vor.
Ernstliche Zweifel im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO sind anzunehmen, wenn in der Begründung des Antrags auf Zulassung der Berufung ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt werden (vgl. etwa BVerfG, B.v. 10.9.2009 – 1 BvR 814/09 – NJW 2009, 3642) und die Zweifel an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente auf das Ergebnis durchschlagen (BVerwG, B.v. 10.3.2004 – 7 AV 4.03 – DVBl 2004, 838/839). Schlüssige Gegenargumente in diesem Sinne liegen dann vor, wenn der Rechtsmittelführer substantiiert rechtliche oder tatsächliche Umstände aufzeigt, aus denen sich die gesicherte Möglichkeit ergibt, dass die erstinstanzliche Entscheidung im Ergebnis unrichtig ist (vgl. BVerfG, B.v. 20.12.2010 – 1 BvR 2011/10 – NVwZ 2011, 546/548). Welche Anforderungen an Umfang und Dichte der Darlegung zu stellen sind, hängt wesentlich von der Intensität ab, mit der die Entscheidung begründet worden ist (Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 124a Rn. 64 m.w.N.).
Richtigkeit eines Urteils i.S.v. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bedeutet nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts Ergebnisrichtigkeit. Diese ist grundsätzlich nicht nach den Entscheidungsgründen zu beurteilen. Deshalb reicht es nicht aus, wenn Zweifel lediglich an der Richtigkeit einzelner Rechtssätze oder tatsächlicher Feststellungen bestehen, auf welche das Urteil gestützt ist. Diese müssen vielmehr zugleich Zweifel an der Richtigkeit des Ergebnisses begründen. Zweifel an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente schlagen nicht auf das Ergebnis durch, wenn das angefochtene Urteil sich aus anderen Gründen als richtig darstellt (BVerwG, B.v. 10.3.2004 – 7 AV 4.03 – juris Rn. 9; Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 124 Rn. 12). Dies gilt jedenfalls dann, wenn der den Erfolg des Zulassungsantrags ausschließende Grund ohne weiteres auf der Hand liegt und die Klägerin vor Ergehen der Entscheidung über den Zulassungsantrag Gelegenheit zur Stellungnahme gehabt hat (vgl. BayVGH, B.v. 12.12.2019 – 8 ZB 18.547 – juris Rn. 20 m.w.N.).
Durch das Vorbringen der Klägerin im Zulassungsverfahren wird die Ergebnisrichtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts nicht ernstlich in Frage gestellt. Auch auf den Hinweis des Verwaltungsgerichtshofs vom 21. Oktober 2020 hat sie keine weiteren Gesichtspunkte aufgezeigt, die Zweifel an der Ergebnisrichtigkeit des angefochtenen erstinstanzlichen Urteils begründen bzw. die weiterer Klärung in einem Berufungsverfahren bedürften.
1. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zulassung zu einer dritten Wiederholungsprüfung im Modul 3 „Rechnungswesen und Kostenmanagement“.
Der Senat lässt vorliegend offen, ob die Feststellungen des Verwaltungsgerichts im angegriffenen Urteil zutreffend sind, dass die Regelung über den Prüfungsrücktritt (§ 12 Satz 1 APO) als lex specialis gegenüber der Härtefallregelung des § 10 Satz 4 APO zu verstehen ist, und damit hier eine Anwendbarkeit von § 10 Satz 4 APO von vornherein ausscheidet. Die Frage, in welchem Verhältnis diese beiden Normen zueinanderstehen, muss vorliegend deshalb nicht geklärt werden, weil die Tatbestandsvoraussetzungen weder der einen noch der anderen Norm gegeben sind.
a) Ungeachtet der Frage, ob die weiteren Voraussetzungen eines wirksamen Prüfungsrücktritts nach § 12 APO vorliegen, ist das Schreiben der Klägerin vom 25. Oktober 2017 zweifelsfrei als Antrag auf Zubilligung einer weiteren Wiederholungsprüfung wegen Härtefalls und nicht als Erklärung eines Prüfungsrücktritts zu verstehen. Es ist als „Härtefallantrag“ überschrieben und inhaltlich darauf gerichtet, dass die Klägerin aufgrund ihrer persönlichen Umstände um eine „weitere Chance“ bittet, ihr Masterstudium beenden zu können und dafür wieder immatrikuliert zu werden. Das Schreiben enthält keine Rücktrittserklärung von der Prüfung am 15. Juli 2017, die darauf gerichtet wäre, diesen erfolglosen letzten Prüfungsversuch zu annullieren. Insbesondere waren keine Atteste zur Glaubhaftmachung einer nachträglichen Prüfungsunfähigkeit beigefügt. Auch ihre Ausführungen im Schreiben vom 28. Dezember 2017 deuten zweifellos darauf hin, dass die Klägerin keinen Rücktritt erklären wollte. Sie führt dort aus, dass sie sich trotz ihrer schwierigen privaten Situation zur Prüfung nicht krankgemeldet habe, sie „habe auch keine Erkältung oder etwas Anderes gehabt“. Es sei ihr aber nicht möglich gewesen, zeitgleich für zwei Prüfungen zu lernen. Damit hat sie jedenfalls keinen Prüfungsrücktritt erklärt.
b) Darüber hinaus liegen auch die Voraussetzungen des § 10 Satz 4 APO (weitere Wiederholung der Prüfung in einem Härtefall) nicht vor. Daher ist es vorliegend nicht erforderlich, das Spezialitätsverhältnis der genannten Rechtsgrundlagen zu klären. Auf die diesbezüglichen Ausführungen der Klägerin in der Begründung ihres Zulassungsantrags kommt es insoweit nicht an.
aa) Nach § 10 Abs. 1 RaPO i.V.m. § 10 Satz 1 APO kann jede Prüfung voraussetzungslos einmal wiederholt werden. § 10 Satz 4 APO regelt, dass auf Antrag der zu prüfenden Person in einem Härtefall eine weitere Wiederholung der Prüfung gestattet werden „kann“. Was unter einem Härtefall zu verstehen ist, ist in der Allgemeinen Prüfungsordnung nicht definiert. Der Begriff des Härtefalls ist daher unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck einer derartigen außerordentlichen weiteren Wiederholungsmöglichkeit auszulegen. Die Möglichkeit einer weiteren Prüfungswiederholung in einem Härtefall soll gewährleisten, dass der prüfungsrechtliche Grundsatz der Chancengleichheit auch in den Fällen gewahrt bleibt, in denen ein Prüfling durch besondere Umstände gehindert gewesen ist, seine Chance voll wahrzunehmen (vgl. OVG NW, U.v. 3.5.1990 – 1 A 2281/89 – juris Rn. 2 zum inhaltlich vergleichbaren Tatbestandsmerkmal „begründeter Ausnahmefall“). Die Vorschrift zielt also darauf ab, einem Prüfling eine außerordentliche Wiederholungsprüfung zu ermöglichen, wenn Gründe für die Annahme bestehen, dass sein bisheriges Versagen in einer Ausnahmesituation wesentlich auch auf atypische leistungsmindernde Umstände zurückzuführen ist, die er nicht oder nur in zu vernachlässigendem Maß zu vertreten hat (SächsOVG, U.v. 16.6.2011 – 2 A 822.10 – juris Rn. 18; VGH BW, B.v. 13.3.1996 – 4 S 1684.95 – juris Rn. 17). Regelmäßig kann aus dem zweimaligen (hier sogar dreimaligen) Misserfolg in einer Prüfung auf das Nichtvorliegen der geforderten individuellen Fähigkeiten geschlossen werden. Ein prüfungsrechtlicher Härtefall liegt dann vor, wenn ausnahmsweise Umstände gegeben sind, die die Zuverlässigkeit dieses Rückschlusses begründeten Zweifeln unterwerfen. Hierbei ist grundsätzlich auch das bisherige Prüfungsergebnis des Prüfungsbewerbers umfassend in den Blick zu nehmen (VGH BW, B.v. 13.3.1996 – 4 S 1684/95 – juris Rn. 18). Je besser ein Prüfungsbewerber bisher abgeschnitten hatte, desto mehr spricht dies für die Annahme, dass der aktuelle Misserfolg auf das Vorliegen atypischer leistungsmindernder Umstände zurückzuführen ist.
bb) Die von der Klägerin geschilderten Umstände begründen keinen Härtefall im Sinne von § 10 Satz 4 APO.
In der obergerichtlichen Rechtsprechung wird die Frage unterschiedlich beantwortet, ob es sich bei dem Tatbestandsmerkmal des Härtefalls als Voraussetzung für die Zulassung einer weiteren Wiederholungsprüfung um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der der vollen gerichtlichen Kontrolle unterliegt (so für das Tatbestandsmerkmal der „außergewöhnlichen Belastung“ SächsOVG, U.v. 16.6.2011 – 2 A 822.10 – juris Rn. 19 m.w.N.), oder ob es sich bei der Frage, ob ein Härtefall vorliegt, um eine prüfungsähnliche Entscheidung handelt, für die der Prüfungsbehörde ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum eingeräumt ist (so NdsOVG, B.v. 1.6.2004 – 2 LA 153.03 – juris Rn. 6 zu der nach der dortigen Rechtsgrundlage erforderlichen Prognose, ob „die bisherigen Leistungen des Studenten erkennen lassen, dass die Erreichung des Studienziels nicht ausgeschlossen ist“). Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat hierzu zuletzt mit Beschluss vom 12. Januar 1989 – 7 CE 88.3403 – (NVwZ-RR 1989, 198) ausgeführt, dass die „Entscheidung über die Zulassung zu einer zweiten außerordentlichen Wiederholungsprüfung in einem „ganz besonderen Ausnahmefall“ […] eine prüfungsähnliche Entscheidung [sei], bei der dem zuständigen Prüfungsausschuss ein Beurteilungsspielraum zusteht“. Ob sich der Senat für das zu prüfende Tatbestandsmerkmal des Härtefalls nach § 10 Satz 4 APO dem anschließt, kann offenbleiben, da es vorliegend auf diese Frage nicht entscheidungserheblich ankommt.
(1) Die Beklagte zu 1 hat im streitgegenständlichen Bescheid ausgeführt, das Vorbringen der Klägerin vermöge die Annahme eines Härtefalls nicht zu rechtfertigen. Zwar könnten die von ihr angeführten Gerichtsverhandlungen grundsätzlich geeignet sein, einen Härtefall zu begründen, jedoch habe die Klägerin am selben Prüfungstag (15.7.2017) an einer weiteren Prüfung teilgenommen (Modul 3: „Finanzierung diakonisch-sozialer Organisationen: Leistungs- und Entgeltvereinbarung“). Diese habe sie mit der Note 3,7 bestanden. Vor dem Hintergrund, dass die Klägerin am selben Tag eine weitere Prüfung mit Erfolg abgelegt habe, sei eine aus den Gerichtsverhandlungen herrührende psychische Beeinträchtigung nicht als erheblich anzusehen. Der Misserfolg in der Modulprüfung Rechnungswesen und Kostenmanagement sei vielmehr Ausdruck einer fachspezifischen Leistungsschwäche, die durch die Annahme eines Härtefalls nicht ausgeglichen werden könne und dürfe.
(2) Unterliegt das Tatbestandsmerkmal „Vorliegen eines Härtefalls“ als unbestimmter Rechtsbegriff voller gerichtlicher Kontrolle, ist die Entscheidung der Beklagten zu 1 nicht zu beanstanden.
Die von der Klägerin angeführten Termine mit Bezug auf den Sorgerechtsstreit am 18. März 2017 (sonstiger Termin, z.B. Jugendamt) und am 18. April 2017 (Gerichtstermin) haben drei bzw. vier Monate vor dem Prüfungstag am 15. Juli 2017 stattgefunden. Dass sich aus diesen relativ weit zurückliegenden Terminen in der konkreten Prüfungssituation kausale Belastungen für die Klägerin ergeben haben, die eine weitere Wiederholungsprüfung wegen Härtefalls rechtfertigen, ist schon nicht dargelegt. Insbesondere ist nicht ausgeführt, inwiefern die Klägerin daran gehindert war, sich ausreichend vorzubereiten bzw. präsentes Wissen abzurufen. Ärztliche Atteste, die einen Nachweis dafür erbringen, dass sie aufgrund des Sorgerechtsstreits mit ihrem früheren Ehemann relevant erkrankt war, hat sie nicht vorgelegt. Vielmehr ergibt sich aus ihrem Vorbringen gegenüber der Beklagten zu 1, dass sie sich aufgrund ihrer persönlichen Situation nicht in medizinischer Behandlung befunden hat. Weitere persönliche Belastungen im engeren zeitlichen Umgriff der Prüfung hat sie ebenfalls nicht dargelegt. Ihrem Härtefallantrag fehlen jegliche Ausführungen dazu, warum sie am Prüfungstag 15. Juli 2017 zwar in der Lage war, die Modulprüfung „Finanzierung diakonisch-sozialer Organisationen: Leistungs- und Entgeltvereinbarung“ erfolgreich abzulegen, es ihr jedoch unmöglich war, am selben Tag im Rahmen der Prüfung „Rechnungswesen und Kostenmanagement“ eine ausreichende Prüfungsleistung abzuliefern. Dies hätte sie jedoch nach § 10 Satz 5 APO bereits im Antragsschreiben ausführen müssen. Aus ihren Ausführungen im Schreiben vom 28. Dezember 2017 an die Beklagte zu 1 wird deutlich, dass der Misserfolg in der streitgegenständlichen Prüfung insbesondere darauf zurückzuführen ist, dass es der Klägerin nicht möglich gewesen ist, sich zeitgleich auf zwei Prüfungen vorzubereiten. Dies mag aufgrund der von der Klägerin geschilderten privaten Umstände durchaus nachvollziehbar sein. Sie hätte auf dieses Vorbereitungsdefizit jedoch im Vorfeld der Prüfung reagieren müssen und kann dies nicht erst im Nachgang tun.
Auch unter Einbeziehung des bisherigen Studienverlaufs der Klägerin wird deutlich, dass der Misserfolg in der streitgegenständlichen Prüfung nicht auf das Vorliegen atypischer leistungsmindernder Umstände zurückzuführen ist. Wie sie selbst im Rahmen ihres Zulassungsantrags vorbringt, hat die Klägerin etliche Prüfungen erst im zweiten oder dritten Anlauf bestanden. Dies spricht ebenfalls gegen das Vorliegen atypischer leistungsmindernder Umstände, die zum Versagen in der zweiten Wiederholungsprüfung im Modul 3: „Rechnungswesen und Kostenmanagement“ geführt haben. Grundsätzlich erlaubt die Zahl der bisherigen Prüfungsmisserfolge Rückschlüsse auf die individuellen Fähigkeiten. Das von der Klägerin insoweit angeführte Argument, sie absolviere ihr Studium in Teilzeit neben ihrer Berufstätigkeit und schon daher sei es naheliegend, dass sie eher Prüfungen wiederholen müsse als Vollzeitstudierende, vermag diesen Eindruck nicht zu erschüttern. Denn nach § 3 Halbs. 1 der Studien- und Prüfungsordnung Masterstudiengang Sozialmanagement vom 20. Mai 2010 handelt es sich beim Studium der Klägerin um ein Studium, das ausschließlich in Teilzeitform erfolgt.
(3) Ist hingegen davon auszugehen, dass der Beklagten zu 1 bei der Beurteilung der Frage, ob ein Härtefall vorliegt, ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer prüfungsrechtlicher Beurteilungsspielraum eingeräumt ist, wären dessen Grenzen in verfassungsrechtlich relevanter Weise nur überschritten, wenn die Prüfungsbehörde Verfahrensfehler begangen, anzuwendendes Recht verkannt, von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen, allgemeingültige Bewertungsmaßstäbe verletzt oder sich von sachfremden Erwägungen hat leiten lassen. Dies ist – wie ausgeführt – nicht ersichtlich.
Die von der Klägerin dargelegten Umstände rechtfertigen damit nicht die Annahme einer so außergewöhnlichen Situation, dass vom Vorliegen eines Härtefalls auszugehen wäre.
cc) Da im Fall der Klägerin keine atypische Sondersituation vorgelegen hat, die die Annahme eines Härtefalls rechtfertigt, kann offenbleiben, ob die Feststellung des Verwaltungsgerichts zutreffend ist, dass weitere Voraussetzung – auf Tatbestands- oder Ermessensebene – für einen Anspruch nach § 10 Satz 4 APO eine hinreichende Erfolgsprognose für die Wiederholungsprüfung wäre. Da der Senat auf diese Frage nicht entscheidungserheblich abstellt, kommt es auch auf die diesbezüglichen Ausführungen der Klägerin im Zulassungsantrag nicht an.
c) Ebenfalls unerheblich sind die Ausführungen der Klägerin zur Frage, ob die Entscheidung, ihr einen weiteren Prüfungsversuch zu versagen, im Einzelfall verhältnismäßig war. Die Frage der Verhältnismäßigkeit stellt sich vorliegend nicht. Mangels Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen besteht bereits kein Anspruch der Klägerin auf Zulassung zu einer dritten Wiederholungsprüfung, ohne dass es auf weitergehende Ermessenserwägungen noch ankommt.
2. Da die Klägerin damit die Modulprüfung „Rechnungswesen und Kostenmanagement“ endgültig nicht bestanden hat, kann sie die Masterprüfung im Studiengang Sozialmanagement nicht mehr bestehen (§ 11 Abs. 1 RaPO). Die Exmatrikulation (Art. 49 Abs. 2 Nr. 3 BayHSchG) ist daher nicht zu beanstanden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
Der Streitwert für beide Rechtszüge war in Abänderung des angefochtenen Beschlusses des Verwaltungsgerichts gemäß § 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2, § 47 Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG auf je 12.500 Euro festzusetzen. Der Verwaltungsgerichtshof legt für die Höhe der Streitwertfestsetzung Nr. 18.1 und 36.1 der Empfehlungen des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (abgedruckt in Eyermann, VwGO) zu Grunde.
Dieser Beschluss, mit dem die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig wird (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO), ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

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