Verwaltungsrecht

Abschiebungsanordnung ist aus systematischen Erwägungen als Spezialvorschrift gegenüber der Abschiebungsandrohung anzusehen

Aktenzeichen  M 11 S 17.35189

Datum:
12.4.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG AsylG § 26a, § 29 Abs. 1 Nr. 1 lit. a, § 31 Abs. 4 S. 1, § 34a Abs. 1 S. 1, § 36
VwGO VwGO § 80 Abs. 5 S. 1
VO (EU) Nr. 604/2013 Art. 3 Abs. 2, Art. 20 Abs. 3
AufenthG AufenthG § 60 Abs. 1 S. 3, Abs. 2 S. 2, Abs. 7 S. 1
RL 2013/32/EU Art. 33, Art. 51
RL 2005/85/EG RL 2005/85/EG Art. 25
EMRK EMRK Art. 3

 

Leitsatz

1 Nach Art. 20 Abs. 3 VO (EU) Nr. 604/2013 ist für Kinder, die in einem Mitgliedstaat geboren werden, die Frage der Zuständigkeit für die Bearbeitung des Asylantrags untrennbar mit der Situation ihrer Familienangehörigen, also ihrer Eltern verbunden, sodass der Mitgliedstaat zuständig ist, der für das Asylverfahren der Eltern zuständig war und diesen internationalen Schutz zuerkannt hat. (redaktioneller Leitsatz)
2 Der Asylantrag eines in Deutschland geborenes Kindes, dessen Eltern bereits in einem anderen Mitgliedsstaat ein Asylverfahren – sei es mit positivem oder negativem Ausgang – kann nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 lit a AsylG grds. als unzulässig abgelehnt werden. (Rn. 18) (redaktioneller Leitsatz)
3 § 34a Abs. 1 AsylG ist aus systematischen Erwägungen als Spezialvorschrift zu § 34 Abs. 1 AsylG anzusehen. (Rn. 21) (redaktioneller Leitsatz)
4 Asylbewerber laufen in Italien nicht Gefahr, aufgrund systemischer Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt zu sein (ebenso OVG NRW BeckRS 2016, 52155). (Rn. 28) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers zu 2) gegen Nr. 3 des Bescheids des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 3. März 2017 wird angeordnet. Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.
II. Die Kosten des Verfahrens haben die Antragstellerin zu 1) und die Antragsgegnerin zu je ½ zu tragen.

Gründe

I.
Die Antragsteller begehren die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer jeweiligen Klage gegen eine Abschiebungsandrohung.
Die Antragstellerin zu 1) ist nach eigenen Angaben eine im Jahr 1985 geborene somalische Staatsangehörige mit der Clanzugehörigkeit Shekhal. Sie reiste im Oktober 2015 nach Deutschland ein.
Am … März 2016 brachte sie im Bundesgebiet einen Sohn, den Antragsteller zu 2) zur Welt.
Die Antragsteller stellten am 23. Mai 2016 Asylanträge.
Die EURODAC-Abfrage des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) ergab jeweils einen Treffer für Schweden (SE1 …, E-Mail vom 23. Mai 2016, Bl. 34 der Behördenakte), für Italien (IT1 …, E-Mail vom 23. Mai 2016, Bl. 35 der Behördenakte) und für Finnland (FI1 …, E-Mail vom 23. Mai 2016, Bl. 36 der Behördenakte).
Ebenfalls am 23. Mai 2016 führte das Bundesamt mit der Antragstellerin zu 1) ein persönliches Gespräch zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedsstaats zur Durchführung des Asylverfahrens.
Am 17. November 2016 erfolgte die persönliche Anhörung der Antragstellerin zu 1) beim Bundesamt.
Am 14. Februar 2017 führte das Bundesamt mit der Antragstellerin zu 1) erneut ein persönliches Gespräch zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedsstaats zur Durchführung des Asylverfahrens. Hierbei gab die Antragstellerin zu 1) an, dass ihr Asylantrag in Italien anerkannt worden sei und dass sie nicht nach Italien zurück wolle. Das Leben dort sei sehr hart gewesen, weshalb sie nach Finnland und dann nach Schweden gegangen sei, wo ihre Asylanträge aber jeweils nicht anerkannt worden seien. Sie habe große Probleme, keine Unterkunft und kein Essen gehabt, sodass sie im Freien habe schlafen müssen.
In der Akte (Bl. 86 der Behördenakte) befindet sich ein auf den 4. Juni 2014 datiertes Schreiben der italienischen Dublin-Behörde an die finnische Dublin-Behörde, aus der hervorgeht, dass die Antragstellerin (unter verschiedenen „alias-Bezeichnungen“ und variierenden Geburtsdaten) in Italien den subsidiären Schutzstatus und eine bis zum 27. Juni 2016 gültige Aufenthaltserlaubnis erhalten hat.
Das Bundesamt lehnte mit Bescheid vom 3. März 2017 den Asylantrag als unzulässig ab (Nummer 1), verneinte Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG (Nummer 2), forderte die Antragsteller unter Androhung der Abschiebung nach Italien auf, Deutschland innerhalb einer Woche zu verlassen, wobei zusätzlich bestimmt wurde, dass die Antragsteller nicht nach Somalia abgeschoben werden dürfen (Nummer 3). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 Abs. 1 AufenthG wurde auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Nummer 4). Wegen der Begründung wird auf den Bescheid wird verwiesen.
Der Bescheid wurde am 13. März 2017 zugestellt.
Die Antragsteller erhoben am 17. März 2017 zur Niederschrift Klage (M 11 K 17.35187). Gleichzeitig wurde beantragt,
die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsandrohung anzuordnen.
Zur Begründung bezogen sich die Antragsteller auf die Angaben der Antragstellerin zu 1) beim Bundesamt und führten zudem aus, dass die Antragstellerin zu 1) in Italien auf der Straße gelebt habe und sie bei einer Rückkehr um die Gesundheit und Unversehrtheit des Antragstellers zu 2) fürchte, da nicht gewiss sei, ob sie ihn in Italien ausreichend versorgen könne.
Die Antragsgegnerin äußerte sich in der Sache nicht.
Im Übrigen wird auf die Gerichtsakten im hiesigen Verfahren sowie im zugehörigen Klageverfahren (M 11 K 17.35187) und die in elektronischer Form vorliegende Behördenakte verwiesen.
II.
Der Antrag hat teilweise Erfolg.
1. Der zulässige, insbesondere fristgerecht (§ 36 Abs. 3 Satz 1 AsylG) gestellte Antrag des Antragstellers zu 2), die kraft Gesetzes (§ 75 AsylG) ausgeschlossene aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung im streitgegenständlichen Bescheid des Bundesamtes nach § 80 Abs. 5 VwGO anzuordnen, ist begründet, weil ernstliche Zweifel im Sinne des § 36 Abs. 4 AsylG daran bestehen, ob das Bundesamt den Antrag insoweit zurecht als unzulässig abgelehnt und zurecht eine Abschiebungsandrohung nach § 35 AsylG erlassen hat.
Zwar ist wohl zutreffend, dass, wie das Bundesamt im streitgegenständlichen Bescheid ausführt, grundsätzlich gemäß Art. 20 Abs. 3 Dublin-VO für Kinder, die in einem Mitgliedstaat geboren werden, die Frage der Zuständigkeit für die Bearbeitung des Asylantrags untrennbar mit der Situation ihrer Familienangehörigen, also ihrer Eltern verbunden ist, sodass der Mitgliedstaat zuständig ist, der für das Asylverfahren der Eltern zuständig war und diesen internationalen Schutz zuerkannt hat (was auch Erwägungsgrund 15 der Dublin III-VO entspreche), obwohl die Mitgliedstaaten die Dublin-VO auf Ausländer, die in einem Mitgliedstaat bereits internationalen Schutz erhalten haben, nicht mehr anwenden (vgl. nur BayVGH, B. v. 17.08.2015 – 11 B 15.50110 – juris Rn. 14). Der Asylantrag eines in Deutschland geborenes Kindes, dessen Eltern bereits in einem anderen Mitgliedsstaat ein Asylverfahren – sei es mit positivem oder negativem Ausgang – kann daher grundsätzlich als unzulässig abgelehnt werden. Dies allerdings nicht aufgrund der Regelung des § 29 Abs. 1 Satz 2 AsylG, da das Kind in diesem Fall, anders als seine Eltern, nicht bereits internationalen Schutz in einem Mitgliedsstaat erhalten hat. Vielmehr kann dies aufgrund der Regelung des § 29 Abs. 1 Nr. 1 a) AsylG, da ein anderer Mitgliedsstaat, nämlich derjenige in dem das Verfahren der Eltern durchgeführt wurde, für die Prüfung des Asylantrags des Kindes zuständig ist, erfolgen. Hieraus folgt jedoch, dass in dieser Konstellation für im Bundesgebiet geborene Kinder ein Dublin-Verfahren durchzuführen ist (vgl. auch BayVGH, B. v. 17.08.2015 – 11 B 15.50110 – juris Rn. 16).
Die Aufrechterhaltung der Nr. 1 des streitgegenständlichen Bescheids dürfte hinsichtlich des Antragstellers zu 2) aber bereits daran scheitern, dass die Zuständigkeit zur inhaltlichen Prüfung des Asylantrags auf die Bundesrepublik übergegangen ist. Für die Berechnung der Frist zur Stellung des Aufnahmegesuchs ist hier wohl nicht auf die EURODAC-Treffermeldungen abzustellen, da diese nur die Antragstellerin zu 1) betreffen. Jedoch ist auch im Falle der Anwendbarkeit der Dreimonatsfrist ab Stellung Asylantrags des Art. 21 Abs. 1 Unterabsatz 1 bzw. Art. 23 Abs. 2 Unterabsatz 2 Dublin III-VO diese abgelaufen, ohne dass ein entsprechendes Gesuch gestellt worden ist. Das erste Informationsersuchen an die anderen Mitgliedsstaaten datiert erst auf den 22. Februar 2017 (Bl. 71 ff. der Behördenakte) und erfolgte damit bereits evident außerhalb der Frist von 3 Monaten nach Stellung des Asylantrags am 23. Mai 2016.
Hinsichtlich der Ausreiseaufforderung und der Abschiebungsandrohung in Nr. 3 des streitgegenständlichen Bescheids folgt aus all dem, dass diese rechtswidrig ist, weil es insoweit an einer Rechtsgrundlage fehlt und der Antragsteller zu 2) hierdurch in seinen Rechten verletzt wird, da vorliegend lediglich eine Abschiebungsanordnung in Betracht gekommen ist.
Das Verwaltungsgericht Ansbach führt hierzu zutreffend aus (vgl. VG Ansbach, U. v. 27.06.2016 – AN 14 K 15.50289 – juris Rn. 20 – 25):
„Nach § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG ordnet das Bundesamt die Abschiebung an, wenn der Ausländer in einen sicheren Drittstaat (§ 26a AsylG) oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 27a AsylG) abgeschoben werden soll, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Von dieser Möglichkeit hat das Bundesamt vorliegend keinen Gebrauch gemacht, sondern lediglich unter Fristsetzung einer Ausreisefrist von 30 Tagen nach § 38 Abs. 1 AsylG den Kläger zur Ausreise aufgefordert und ihr für den Fall der nicht fristgerechten Ausreise die Abschiebung als sogenanntes milderes Mittel angedroht. Der Wortlaut des § 34a Abs. 1 AsylG lässt dies eindeutig nicht zu, vielmehr räumt die Regelung dem Bundesamt bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen von vornherein kein Ermessen ein. Da es somit an einer Rechtsgrundlage für eine Abschiebungsandrohung fehlt, ist diese objektiv rechtswidrig (vgl. dazu auch BVerwG, B.v. 23.10.2015, 1 B 41/15 – juris; BayVGH, B.v. 23.11.2015 – 21 ZB 15.30237 – juris; VG Berlin, U.v. 30.3.2016 – 23 K 323.14 A – juris; U.v. 4.6.2015 – 23 K 906.14 A -, juris; VG Ansbach, U.v. 12.4.2016 – AN 3 K 16.50013 -, juris; U.v. 14.3.2016 – AN 14 K 15.50509 -, juris; U.v. 5.2.2016 – AN 14 K 15.50478 – juris; VG Regensburg, U.v. 19.4.2016 – Aktenzeichen RO 4 K 15.32008 -, juris; VG Gelsenkirchen, U.v. 19.2.2016 – 2a K 2466/15.A – juris; VG Stade, U.v. 15.12.2015 – 4 A 980/15 -, juris; VG Düsseldorf, U.v. 3.7.2015 – 8 K 2181/15.A – juris; U.v. 29.6.2015 – 13 K 3215/15.A -, juris; a.A. VG Schleswig-Holstein, U.v. 4.12.2015 – 10 A 25/15 -, juris).
Entgegen der Auffassung der Beklagten kann die Androhung der Abschiebung auch nicht als zulässiges milderes Mittel gegenüber der Anordnung angesehen werden (so auch VG Berlin, U.v. 30.3.2016 – 23 K 323.14 A – juris; U.v. 4.6.2015 – 23 K 906.14 A -, juris; VG Ansbach, U.v. 12.4.2016 – AN 3 K 16.50013 -, juris; U.v. 14.3.2016 – AN 14 K 15.50509 -, juris; U.v. 5.2.2016 – AN 14 K 15.50478 – juris; VG Regensburg, U.v. 19.4.2016 – Aktenzeichen RO 4 K 15.32008 -, juris; VG Gelsenkirchen, U.v. 19.2.2016 – 2a K 2466/15.A – juris; VG Stade, U.v. 15.12.2015 – 4 A 980/15 -, juris; VG Düsseldorf, U.v. 3.7.2015 – 8 K 2181/15.A – juris; U.v. 29.6.2015 – 13 K 3215/15.A -, juris). Dagegen spricht neben dem klaren Wortlaut des § 34 a Abs. 1 AsylG, dass der Gesetzgeber die Formulierung „bedarf es nicht“ in anderen Regelungszusammenhängen so versteht, dass die erwähnte Alternative gerade ausgeschlossen sein soll (Kopp/Schenke, VwGO, Kommentar, 21. Aufl. 2015, § 68 Rn. 16).
§ 34a Abs. 1 AsylG ist auch aus systematischen Erwägungen als Spezialvorschrift zu § 34 Abs. 1 AsylG anzusehen. Grundsätzlich kann, wenn ein Ausländer abgeschoben werden soll, dem im Ausland bereits internationaler Schutz zuerkannt wurde, nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen (§ 60 Abs. 10 AufenthG). Von dieser Vorschrift sind die Fälle erfasst, in denen der Ausländer über eine von einem Drittstaat zugesprochene Flüchtlingsanerkennung verfügt (§ 60 Abs. 1 Satz 3, 3. Alt. AufenthG) bzw. ihm subsidiärer Schutz zugesprochen wurde (§ 60 Abs. 2 Satz 2 AufenthG) und seine Abschiebung in den Drittstaat beabsichtigt ist. Durch die enge Verknüpfung von § 34a Abs. 1 AsylG mit § 26a AsylG hat der Gesetzgeber klargestellt, dass die Regelung im Sonderfall der Rückführung in den sicheren Drittstaat keine Geltung beanspruchen soll (vgl. VG Berlin, U.v. 4.6.2015 – 23 K 906.14 A – juris; VG Düsseldorf, U.v. 29.6.2015 – 13 K 3215/15.A – juris). Von entscheidender Bedeutung ist hierbei, dass § 34a AsylG von einer Abschiebungsandrohung absieht, weil eine Rückführung in den Drittstaat regelmäßig nur kurzfristig durchgeführt werden kann (vgl. BT-Drucks. 12/4450, S. 23 sowie OVG NRW, U.v. 30.9.1996 – 25 A 790/96 A – juris, Rn. 35). Der Gesetzgeber hat in § 34a AsylG – abweichend von der grundsätzlichen Aufgabenverteilung im Asylverfahrens- und im Ausländerrecht – das Bundesamt ausdrücklich dazu bestimmt, bereits bei Erlass einer Entscheidung nach den §§ 26a, 27a AsylG auch inländische Vollstreckungshindernisse zu prüfen, um den Ausländer rasch und ohne die Möglichkeit einer entgegenstehenden Entscheidung der Ausländerbehörde abschieben zu können (OVG Berlin-Brandenburg, B.v. 1.12.2012 – 2 S. 6.12 – juris; OVG Hamburg, B.v. 3.12.2010 – 4 Bs 223/10 – juris). Das Bundesamt entledigt sich hier dieser in § 34 a AsylG vorgesehenen ausdrücklichen Zuständigkeitsverteilung durch den Ausspruch einer Abschiebungsandrohung zu Lasten des Klägers, weil bei einer derartigen Konstellation erst die Ausländerbehörde und gerade nicht das Bundesamt für die Prüfung der inlandsbezogenen Abschiebungshindernisse zuständig wäre (vgl. hierzu VG Berlin, U.v. 24.6.2015 – 23 K 906.14 A – juris, Rn. 38). Für die Kläger besteht hierdurch eine erhebliche tatsächliche und rechtliche Unsicherheit, inwieweit etwaige inlandsbezogene Abschiebungshindernisse (wie zum Beispiel eine Reise- und Transportunfähigkeit) anerkannt werden oder eben nicht.
Diese der Kompetenzverteilung des Gesetzgebers widersprechende Verlagerung der weiteren Prüfung auf die Ausländerbehörde stellt zudem eine angesichts des Art. 19 Abs. 4 GG bedenkliche Verkürzung des Rechtsschutzes für den Kläger dar, so dass die Androhung gegenüber der Anordnung einer Abschiebung keinesfalls das mildere Mittel ist. Gegen eine Abschiebungsanordnung nach § 34a AsylG stünde dem Kläger aufgrund der mit Gesetz vom 28. August 2013 (BGBl. I S. 3474) vorgenommenen Änderung des § 34a Abs. 2 AsylVfG ein deutlich besserer Rechtsschutz gegenüber Abschiebungen auf dieser Grundlage zu. Wird innerhalb der Wochenfrist des § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylG ein Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO gegen die Abschiebungsanordnung gestellt, ist die Abschiebung vor der gerichtlichen Entscheidung nicht zulässig (§ 34a Abs. 2 Satz 2 AsylG). Nach dem bis dahin geltenden Abs. 2 des § 34a AsylVfG durfte demgegenüber die Abschiebung nach Abs. 1 gerade nicht nach § 80 VwGO oder § 123 VwGO ausgesetzt werden. Demgegenüber können Anträge im vorläufigen Rechtsschutz, mit denen im Rahmen von § 34 Abs. 1 AsylG zu berücksichtigende Abschiebungsverbote geltend gemacht werden, nur über § 123 Abs. 1 VwGO verfolgt werden, was den jeweiligen Antragsteller vor deutlich höhere Darlegungshürden stellt (VG Ansbach – U.v. 26.2.2016 – AN 14 K 15.50261 -, juris; VG Berlin, U. v. 24.6.2015 – 23 K 906.14 A -, juris, Rn. 39; VG Gelsenkirchen, U.v. 19.2.2016 – 2a K 2466/15.A -, juris).
Rechtsgrundlage für die Abschiebungsandrohung kann vorliegend auch nicht § 34 Abs. 1 AsylG sein. Danach erlässt das Bundesamt nach den §§ 59 und 60 Abs. 10 AufenthG eine schriftliche Abschiebungsandrohung, wenn der Ausländer nicht als Asylberechtigter anerkannt wird, dem Ausländer nicht die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt wird, ihm kein subsidiärer Schutz gewährt wird, die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG nicht vorliegen oder die Abschiebung ungeachtet des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG ausnahmsweise zulässig ist und der Ausländer keinen Aufenthaltstitel besitzt. § 34 Abs. 1 AsylG kommt jedoch bei Entscheidungen (nur) nach §§ 26a, 27a AsylG nicht zur Anwendung. Lehnt das Bundesamt einen Asylantrag – wie hier – nur nach § 26a AsylG ab, ist nach § 31 Abs. 4 Satz 1 AsylG lediglich festzustellen, dass dem Ausländer auf Grund seiner Einreise aus einem sicheren Drittstaat kein Asylrecht zusteht. Diese Entscheidung ist nach § 31 Abs. 1 Satz 4 AsylG „zusammen“ – das heißt zeitgleich – mit „der Abschiebungsanordnung nach § 34a“ zu treffen und dann „dem Ausländer selbst zuzustellen“. Nach der Gesetzessystematik besteht ein untrennbarer Zusammenhang zwischen der Asylversagung wegen der Einreise aus einem sicheren Drittstaat (§ 26a AsylG) bzw. der Zuständigkeit eines anderen Staates (§ 27a AsylG) und der Anordnung der Abschiebung in diesen Staat nach § 34a AsylG (OVG NRW, B. v. 25.9.2000 – 18 B 1783/99 -, juris Rn. 11 und 21 und U.v. 30.9.1996 – 25 A 790/96 A – juris Rn. 9). In derartigen Konstellationen nimmt das Bundesamt keine sachliche Prüfung eines Asylantrags vor, sondern verweist den Asylbewerber lediglich auf die Zuständigkeit eines anderen bzw. eines sicheren Drittstaates. Hier soll allein Raum für eine Abschiebungsanordnung sein, was indiziert, dass § 34a AsylG bei einer Entscheidung (nur) nach den §§ 26a, 27a AsylG gegenüber § 34 Abs. 1 AsylG spezieller ist (VG Berlin, U.v. 24.6.2015 – 23 K 906.14 A – juris).
Dies zeigt sich auch daran, dass der Erlass einer Abschiebungsandrohung – anders als der einer Abschiebungsanordnung – nur möglich ist, wenn die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG nicht vorliegen (§ 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AsylG), was vom Bundesamt festzustellen ist. Demgegenüber darf das Bundesamt bei Entscheidungen nach §§ 26a, 27a AsylG die in § 34 Abs. 1 Satz 1 AsylG genannten tatbestandlichen Voraussetzungen jedoch gerade nicht prüfen (vgl. § 31 Abs. 4 Satz 1 AsylG), weil es allein die Zulässigkeit des Asylantrags zu überprüfen hat. So hat das Bundesamt auch im vorliegenden Fall lediglich eine Entscheidung hinsichtlich der Zulässigkeit des Asylantrags getroffen. Dies ergibt sich eindeutig aus dem streitgegenständlichen Bescheid. Insofern passt das Prüfprogramm des § 34 Abs. 1 AsylG von vornherein nicht zu der hier gegebenen Konstellation des § 26a AsylG (VG Berlin, U. 24.6.2015 – 23 K 906.14 A – juris). Nur wenn die Durchführung der Abschiebung im Sinne des § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG nicht möglich ist, ist § 31 Abs. 4 AsylG nicht einschlägig mit der Folge, dass nicht nach dem reduzierten, sondern gemäß § 31 Abs. 2 und 3 AsylG nach dem „gewöhnlichen Entscheidungsprogramm“ über den Asylantrag zu befinden ist. Ein solcher Fall ist hier aber nicht gegeben (VG Berlin, U.v. 24.6.2015 – 23 K 906.14 A -, juris).“
Das erkennende Gericht schließt sich diesen Ausführungen, die auch gelten obwohl anders als im Fall des VG Ansbach die bei einer Ablehnung nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG zutreffende Ausreisefrist von einer Woche (§ 36 Abs. 1 AsylG) gesetzt wurde, ausdrücklich an. Da hinsichtlich des Antragstellers zu 2) der Asylantrag nicht nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG als unzulässig abgelehnt werden durfte, stellt § 35 für diesen Fall keine Rechtsgrundlage dar, da er gerade für den Fall des § 29 Abs. 1 Nr. 1 a) AsylG nach dem insoweit klaren Wortlaut nicht gilt. Es wäre vielmehr der Erlass einer Abschiebungsanordnung nach § 34a AsylG im Rahmen eines Dublin-Verfahrens erforderlich gewesen. Durch die rechtswidrige Abschiebungsandrohung in Nummer 3 des Bescheides der Beklagten vom 3. März 2017 wird der Antragsteller auch in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO), weil – wie bereits festgestellt – seine Rechtsschutzmöglichkeiten hinsichtlich der Prüfung inländischer Vollstreckungshindernisse hierdurch erheblich eingeschränkt werden (vgl. VG Berlin, U.v. 30.3.2016 – 23 K 323.14 A – juris; U.v. 4.6.2015 – 23 K 906.14 A -, juris; VG Ansbach, U.v. 12.4.2016 – AN 3 K 16.50013 -, juris; U.v. 14.3.2016 – AN 14 K 15.50509 -, juris; U.v. 5.2.2016 – AN 14 K 15.50478 – juris; VG Regensburg, U.v. 19.4.2016 – Aktenzeichen RO 4 K 15.32008 -, juris; VG Gelsenkirchen, U.v. 19.2.2016 – 2a K 2466/15.A – juris; VG Stade, U.v. 15.12.2015 – 4 A 980/15 -, juris; VG Düsseldorf, U.v. 3.7.2015 – 8 K 2181/15.A – juris; U.v. 29.6.2015 – 13 K 3215/15.A -, juris). Das Bundesamt entzieht sich durch den Erlass einer Abschiebungsandrohung seinem ihm gesetzlich zugewiesenen Prüfungsauftrag hinsichtlich des Bestehens inländischer Abschiebungshindernisse. Während derartige Vollstreckungshindernisse beim Erlass einer Abschiebungsanordnung unmittelbar von dieser Behörde geprüft werden müssen, nimmt das Bundesamt in der hiesigen Konstellation diese Prüfung nicht vor. Liegen solche Hindernisse aber vor, kann der betroffene Asylsuchende diese – wie bereits ausgeführt – nur gegenüber der Ausländerbehörde geltend machen und vorläufigen Rechtsschutz im Streitfall nur nach § 123 Abs. 1 VwGO erreichen.
Da die Abschiebungsandrohung bereits aus den genannten Gründen rechtswidrig sein dürfte, kann vorliegend dahinstehen, ob das Fehlen von Abschiebungsverboten in Nr. 2 des Bescheids hinsichtlich des Antragstellers zu 2) zurecht angenommen worden ist.
2. Der zulässige, insbesondere fristgerecht (§ 36 Abs. 3 Satz 1 AsylG) gestellte Antrag der Antragstellerin zu 1) ist dagegen unbegründet, da insoweit keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Bescheids (§ 36 Abs. 4 Satz 1 AsylG) bestehen.
Die Antragstellerin zu 1) hat, wie sie selber im Rahmen der Zweitbefragung am 14. Februar 2017 eingeräumt hat, in Italien bereits internationalen Schutz erhalten. Aus dem Schreiben der italienischen Dublin-Behörde an die finnische Dublin-Behörde vom 4. Juni 2014 (Bl. 86 der Behördenakte) geht eindeutig hervor, dass die Antragstellerin zu 1) subsidiären Schutz erhalten hat. Trotz der insoweit widersprüchlichen Angaben hinsichtlich des Geburtsdatums, auch im Rahmen ihres Asylantrags in Deutschland, hat das Gericht, nicht zuletzt aufgrund der Ausführungen der Antragstellerin zu 1) im Rahmen der persönlichen Befragungen, keine Zweifel, dass es sich bei der in besagtem Schreiben genannten Person um sie handelt.
Ihr am 23. Mai 2016 gestellter Asylantrag ist somit gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG unzulässig. Etwas anderes folgt für den vorliegenden Fall auch nicht daraus, dass vor dem 20. Juli 2015 gestellte Asylanträge auf Grund der Übergangsregelung in Art. 51 Unterabsatz 1 der Richtlinie 2013/32/EU nicht allein deshalb als unzulässig behandelt werden dürfen, weil dem Antragsteller in einem anderen Mitgliedsstaat bereits subsidiärer Schutz gewährt worden ist (vgl. BVerwG, B. v. 23.10.20105 – 1 B 41/15 – juris Rn. 11). Diese Entscheidung beruht ausdrücklich auf der Erwägung, dass auf Asylanträge, die vor dem 20. Juli 2015 gestellt worden sind, die Asylverfahrensrichtlinie noch in ihrer alten Fassung (Richtlinie 2005/85/EG) anzuwenden ist. Anders als in Art. 33 der Richtlinie 2013/32/EU (Asylverfahrensrichtlinie n.F.) war nach Art. 25 der Richtlinie 2005/85/EG die Behandlung eines Asylantrags als unzulässig nur in den Fällen möglich, in denen dem Antragsteller der Flüchtlingsstatus in einem anderen Mitgliedsstaat zuerkannt worden ist. Im Gegensatz hierzu ist für Anträge, die – wie vorliegend – nach dem 20. Juli 2015 gestellt wurden, aufgrund von Art. 33 Asylverfahrensrichtlinie n.F. eine Behandlung als unzulässig auch dann möglich, wenn dem Antragsteller nur subsidiärer Schutz in einem anderen Mitgliedsstaat zuerkannt wurde. Von dieser Möglichkeit hat Deutschland mit der am 6. August 2016 in Kraft getretenen Neuregelung in § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG Gebrauch gemacht.
Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Nr. 2 des streitgegenständlichen Bescheids bestehen ebenfalls nicht. Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG sind nicht ersichtlich. Der Antragstellerin zu 1) droht in Italien weder eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne von Art. 3 EMRK noch eine sonstige konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit im Sinne des § 60 Absatz 7 Satz 1 AufenthG.
Das OVG Nordrhein-Westfalen führt hierzu in seinem Urteil vom 24. August 2016 (Az.:13 A 63/16.A – juris) zutreffend Folgendes aus:
„Nach der Rechtsprechung des Senats stellen sich die Lebensverhältnisse anerkannter Flüchtlinge in Italien nicht allgemein als unmenschlich oder erniedrigend im Sinne von Art. 3 EMRK dar. Vielmehr ist davon auszugehen, dass anerkannte Flüchtlinge in Italien grundsätzlich italienischen Staatsbürgern gleichgestellt sind und erforderlichenfalls staatliche Hilfen in Anspruch nehmen können, um jedenfalls ihre Grundbedürfnisse zu decken. Gelingt dies nicht sogleich bzw. vollständig, können sie die Hilfe caritativer Organisationen erhalten. Vgl. OVG NRW, Urteil vom 19. Mai 2016 – Az.: 13 A 1490/13.A -, juris. Nach den dem Senat vorliegenden Erkenntnissen sind in Italien Ausländer, die dort als Flüchtlinge anerkannt worden sind, italienischen Staatsangehörigen gleichgestellt, d. h., es wird grundsätzlich von ihnen erwartet, dass sie selbst für ihre Unterbringung und ihren Lebensunterhalt sorgen. Vgl. Schweizer Flüchtlingshilfe (SFH), Italien: Aufnahmebedingungen, Oktober 2013, 5.4.1; SFH, Auskunft an OVG NRW, OVGMUENSTER 7. April 2016, S. 4 ff. Dies ist nicht menschenrechtswidrig. Art. 3 EMRK verpflichtet die Vertragsstaaten nicht, jedermann in ihrem Hoheitsgebiet mit einer Wohnung zu versorgen. Auch begründet Art. 3 EMRK keine allgemeine Verpflichtung, Flüchtlingen finanzielle Unterstützung zu gewähren oder ihnen einen bestimmten Lebensstandard zu ermöglichen. Vgl. EGMR, Urteil vom 21. Januar 2011 – EGMR Az.: 30696/09 (M.S.S.) -, EUGRZ 2011, Seite 243, Rn. 249, m. w. N., und Beschluss vom 2. April 2013 – EGMR Az.: 27725/10 (Mohammed Hussein) -, ZAR 2013, Seite 336 f., Rn. 70; OVG NRW, Urteil vom 7. März 2014 – Az.: 1 A 21/12.A -, juris, Rn. 119. Die drohende Zurückweisung in ein Land, in dem die eigene wirtschaftliche Situation schlechter sein wird als in dem ausweisenden Vertragsstaat, reicht ebenfalls nicht aus, die Schwelle der unmenschlichen Behandlung, wie sie von Art. 3 EMRK verboten wird, zu überschreiten. Dies entspricht im Übrigen auch den Vorgaben der Richtlinie 2011/95/EU (Qualifikationsrichtlinie), die die Mitgliedstaaten dazu verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, dass international Schutzberechtigte im Hinblick auf den Zugang zu Sozialhilfeleistungen (Art. 29), medizinischer Versorgung (Art. 30) und Wohnung (Art. 32) nicht anders als die Staatsangehörigen dieses Mitgliedstaats behandelt werden. Dies gilt ungeachtet des Umstands, dass anerkannte Flüchtlinge – anders als die Staatsangehörigen des Mitgliedstaats – regelmäßig weder über die erforderlichen Sprachkenntnisse verfügen noch auf die Unterstützung von Familienangehörigen zurückgreifen können. Italien hat inzwischen die Qualifikationsrichtlinie 2011/95/EU in nationales Recht umgesetzt. Vgl. Consiglio Italiano per i Rifugiati (CIR), Asylum Information Database (AIDA), Dezember 2015, S. 9. Es ist deshalb davon auszugehen, dass anerkannte Flüchtlinge in Italien in den Genuss der in den Art. 20 bis Art. 35 der Qualifikationsrichtlinie genannten Rechte kommen. Die zurückkehrenden Flüchtlinge sind zudem nicht gänzlich sich selbst überlassen. Kehren anerkannte Flüchtlinge aus dem Ausland zurück, können sie sich etwa am Flughafen in Rom von Nichtregierungsorganisationen (NGOs) beraten lassen. Vgl. Auswärtiges Amt (AA), Auskunft an OVG NRW, 23. Februar 2016, S. 5; SFH, Auskunft an OVG NRW, 7. April 2016, S. 5; zurückhaltender noch SFH, Italien: Aufnahmebedingungen, Oktober 2013, 5.1. Dort erfahren sie auch, welche Questura für sie zuständig ist. Diese wird informiert und der Flüchtling erhält ein Bahnticket, um dorthin zu gelangen. Vgl. SFH, Auskunft an OVG NRW, 7. April 2016, S. 5; AA, Auskunft an OVG NRW, 23. Februar 2016, S. 5. Für anerkannte Flüchtlinge ist die Behörde der Gemeinde zuständig, in der sie ihren Asylantrag gestellt haben. Vgl. SFH, Asylverfahren und Aufnahmebedingungen in Italien, Mai 2011, S. 32, 35; SFH, Bewegungsfreiheit in Italien für mittellose Personen mit Schutzstatus, 4. August 2014, S. 3. Anerkannte Flüchtlinge erhalten eine Aufenthaltsbewilligung, die fünf Jahre gültig ist und bei Ablauf verlängerbar bzw. erneuerbar ist. Vgl. SFH/Juss-Buss, Asylverfahren und Aufnahmebedingungen in Italien, Mai 2011, S. 31; AA, Auskunft an OVG NRW, 23. Februar 2016, S. 4. In die Aufenthaltsbewilligung wird die Wohnadresse eingetragen. Vgl. SFH, Italien: Aufnahmebedingungen, Oktober 2013, 5.5.1; SFH, Bewegungsfreiheit in Italien für mittellose Personen mit Schutzstatus, 4. August 2014, S. 4. […] Die Versorgung von Flüchtlingen mit Wohnraum war und ist von Ort zu Ort unterschiedlich. Ein Teil kann auch nach der Anerkennung als Flüchtling in einer Einrichtung der SPRAR (Sistema di protezione per richiedenti asilo e refugati) für begrenzte Zeit Aufnahme finden. Auch caritative Einrichtungen stellen Unterkünfte zur Verfügung. Vgl. AA, Auskunft an OVG Sachsen-Anhalt, 21. August 2013, S. 3. In großen Städten konnten Flüchtlinge zwar vor Jahren teilweise nur in besetzten Häusern, mit zum Teil hunderten von Bewohnern, ohne ausreichende Versorgung mit Trinkwasser und Elektrizität unterkommen. Vgl. SFH/Juss-Buss, Asylverfahren und Aufnahmebedingungen in Italien, Mai 2011, S. 33, 34 f.; SFH, Italien: Aufnahmebedingungen, Oktober 2013, 5.2. Inzwischen hat sich die Situation aber verbessert. Das Auswärtige Amt hat schon im August 2013 und gegenüber dem erkennenden Gericht unter dem 23. Februar 2016 mitgeteilt, im Ergebnis könne davon ausgegangen werden, dass für die anerkannten Flüchtlinge in Italien landesweit ausreichend staatliche bzw. öffentliche oder caritative Unterkunftsmöglichkeiten (bei teilweiser lokaler Überbelegung) zur Verfügung stehen. Vgl. AA, Auskunft an OVG Sachsen-Anhalt, 21. August 2013, S. 3; AA, Auskunft an OVG NRW, 23. Februar 2016, S. 5. In Italien gibt es kein allgemeines System der Sozialhilfe. Etwaige gemeindliche Unterstützungsleistungen sind an den offiziellen Wohnsitz in der Gemeinde geknüpft. Vgl. SFH/Juss-Buss, Asylverfahren und Aufnahmebedingungen in Italien, Mai 2011, S. 35. Es gibt aber öffentliche Fürsorgeleistungen für gemeldete Flüchtlinge, wenn sie bereit sind, an Maßnahmen zur Verbesserung ihrer wirtschaftlichen Lage, z. B. speziellen beruflichen Lehrgängen, teilzunehmen. Vgl. Deutsche Botschaft Rom, Sozialpolitische Informationen Italien, Januar 2012, 4.6. Lokale Behörden, Stiftungen, Gewerkschaften, Hilfsorganisationen oder NGOs unterhalten Integrationsprogramme und arbeiten dabei teilweise zusammen. Vgl. AA, Auskunft an OVG Sachsen-Anhalt, 21. Januar 2013, 7.3. Soweit solche Leistungen nicht greifen oder ausreichen, können Flüchtlinge, wenn sie – wie viele Italiener auch – arbeitslos sind, auf Spenden caritativer Organisationen zurückgreifen. Vgl. borderline europe e.V., Gutachten zum Beweisbeschluss des VG Braunschweig vom 28. September 2012, Dezember 2012, 9.2, 10.4.; AA, Auskunft an das OVG NRW vom 23. Februar 2016, S. 5, und an das VG Potsdam vom 26. Februar 2015. Der Arbeitsmarkt ist zwar schwierig. Viele Flüchtlinge, insbesondere junge Männer, die mit gleichaltrigen italienischen Arbeitslosen auf dem Arbeitsmarkt konkurrieren, kommen häufig nur als Saisonarbeiter in der Landwirtschaft unter. Vgl. SFH, Asylverfahren und Aufnahmebedingungen in Italien, Mai 2011, S. 33; SFH, Italien: Aufnahmebedingungen, Oktober 2013, 5.3; SFH, Bewegungsfreiheit in Italien für mittellose Personen mit Schutzstatus, 4. August 2014, S. 5. Daraus kann allerdings nicht auf eine Verletzung des Art. 3 EMRK geschlossen werden. Bei der Gesundheitsversorgung werden Flüchtlinge in Italien wie italienische Bürger behandelt. Der kostenlose Zugang zur Notfallversorgung steht ihnen immer zur Verfügung. Vgl. SFH, Auskunft an OVG NRW, 18. Mai 2016, S. 4; AA, Auskunft an OVG NRW vom 23. Februar 2016, S. 6, und vom 26. Februar 2015 an VG Potsdam; vgl. Deutsche Botschaft Rom, Januar 2012, S. 25 ff.; AA, Auskunft an VG Freiburg, 11. Juli 2012, S. 2; AA, Auskunft an VG Gießen, 15. November 2012, S. 2; borderline, a. a. O., 9.2, 10.4. […] Wie ausgeführt, ist in Italien anerkannten Flüchtlingen der Zugang zum staatlichen Gesundheitssystem eröffnet. Insbesondere sind eine kostenfreie Notversorgung sowie die Versorgung sonstiger ernsthafter, auch chronischer Erkrankungen mit den erforderlichen Medikamenten und der notwendigen ärztlichen Behandlung gesichert. Dem steht der geforderte Selbstbehalt (sog. „Ticket“) nicht entgegen. Um eine Befreiung zu erhalten, muss sich der Flüchtling lediglich offiziell arbeitslos melden. Abgesehen davon besteht über eine sog. STP-Karte, die bei einer öffentlichen lokalen Gesundheitsorganisation oder in einem großen Krankenhaus zu beantragen ist, ein Zugang zur kostenlosen medizinischen Behandlung, wenn diese wegen schwerer Erkrankungen dringend erforderlich ist. Vgl. OVG NRW, Urteil vom 7. Juli 2016 – Az.: 13 A 2132/15.A -; zur Erkenntnislage siehe SFH, Auskünfte an das OVG NRW vom 7. April 2016, S. 8 f., und vom 18. Mai 2015, S. 4; AA, Auskünfte an das OVG NRW vom 23. Februar 2016, 3.1, an das VG Schwerin vom 25. März 2015, sowie an das OVG S.-A. vom 21. Januar 2013, 5. und 6.; CIR, aida: County Report: Italy, Dezember 2015, S. 64, 82 f.; EASO, Special Support Plan to Italy, 11. März 2015, S. 5.“
Das Gericht schließt sich den o.g. Ausführungen, die ebenso für subsidiär Schutzberechtigte gelten, an. Individuelle, in der Person der Antragstellerin zu 1) liegende besondere Gründe, die auf eine beachtliche Wahrscheinlichkeit einer Verletzung des Art. 3 EMRK bzw. auf eine konkrete Gefahr im Sinne von Art. 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG schließen lassen, sind nicht ersichtlich.
Schließlich bestehen hinsichtlich der Antragstellerin zu 1) auch keine ernstlichen Zweifel an der Nr. 3 des streitgegenständlichen Bescheids. Gemäß §§ 35, 36 Abs. 1 AsylG war eine Abschiebungsandrohung unter Setzung einer Ausreisefrist von einer Woche zu erlassen. Sie ist auch nicht deshalb rechtswidrig, da die italienische Aufenthaltsgestattung der Antragstellerin zu 1) zwischenzeitlich abgelaufen ist. Die Antragsgegnerin war nicht verpflichtet, sich bei den italienischen Behörden zu erkundigen, ob die entsprechende Aufenthaltsgestattung verlängert wird. Dies folgt bereits daraus, dass es für die Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung unerheblich ist, ob die Antragstellerin zu 1) tatsächlich einreisen darf, da das Bundesamt auch einen Zielstaat für die Abschiebung benennen darf, für den aus tatsächlichen Gründen wenig oder keine Aussicht besteht, den bzw. die Ausländer auf absehbare Zeit abzuschieben (vgl. BayVGH, U. v. 13.12.2016 – 20 B 15.30049 – juris Rn. 40).
Auch dass die Abschiebungsandrohung hinsichtlich des Antragstellers zu 2) rechtswidrig ist, lässt die Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung hinsichtlich der Antragstellerin zu 1) unberührt. Die Frage, ob die Antragstellerin trotz Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage des Antragstellers zu 2) gegen die Abschiebungsandrohung abgeschoben werden darf, stellt als inlandsbezogenes Abschiebungshindernis eine im Rahmen einer Abschiebungsandrohung vor konkreter Durchführung der Abschiebung von der Ausländerbehörde zu prüfende Frage dar.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).

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