Verwaltungsrecht

Absehen von Kostenerhebung bei unverschuldeter Klageerhebung

Aktenzeichen  M 2 K 16.4596

Datum:
21.10.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GKG GKG § 21 Abs. 1 S. 3
VwGO VwGO § 92 Abs. 3 S. 2, § 155 Abs. 2, § 158 Abs. 2

 

Leitsatz

Bei Rücknahme eines Antrages kann von der Erhebung von Kosten bei unverschuldeter Unkenntnis der Sach- oder Rechtslage abgesehen werden (§ 21 Abs. 1 S. 3 GKG). Hebt die Behörde im  Widerspruchsbescheid einen belastenden Bescheid vollumfänglich auf und legt der Behörde die Kosten des Widerspruchsverfahrens auf, ist die Rechtsmittelbelehrung über die Klagemöglichkeit zum Verwaltungsgericht missverständlich und eine Klage des Betroffenen als unverschuldet anzusehen. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I.
Das Verfahren wird eingestellt.
II.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
III.
Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Der Kläger hat seine Klage mit der am 19. Oktober 2016 bei Gericht eingegangenen Erklärung zurückgenommen. Gemäß § 92 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) ist daher das Verfahren mit der Kostenfolge nach § 155 Abs. 2 VwGO einzustellen.
Gerichtskosten werden nach § 21 Abs. 1 Satz 3 des Gerichtskostengesetzes (GKG) nicht erhoben. Gemäß dieser Vorschrift kann u. a. bei Zurücknahme eines Antrags von der Erhebung von Kosten abgesehen werden, wenn der Antrag auf unverschuldeter Unkenntnis der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse beruht. Diese Voraussetzungen liegen hier vor:
Das Landratsamt … hat mit Widerspruchsbescheid vom 14. September 2016 den Bescheid der Beklagten über die Erhebung einer Vorausleistung auf den Erschließungsbeitrag für die erstmalige Herstellung der „…straße“ vom 6. Februar 2013 aufgehoben und der Beklagten die Kosten des Widerspruchsverfahrens auferlegt. In der Rechtsbehelfsbelehrung, die dem an den Kläger adressierten Widerspruchsbescheid angefügt war, heißt es, dass gegen den Bescheid der Beklagten vom 6. Februar 2013 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Widerspruchsbescheids Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München erhoben werden könne. Diese Rechtsbehelfsbelehrung wäre richtig gewesen, wenn das Landratsamt … den Widerspruch des Klägers gegen den Vorausleistungsbescheid (ganz oder zum Teil) zurückgewiesen hätte. Im vorliegenden Fall eines vollumfänglich stattgebenden Widerspruchsbescheids über den Widerspruch gegen einen Vorausleistungsbescheid, bei dem offenkundig niemand – weder der Kläger als Adressat des Widerspruchsbescheids, noch die Beklagte, noch ein Dritter – eine zulässige Klage gegen den Bescheid vom 6. Februar 2013 erheben kann, war diese Rechtsbehelfsbelehrung indes wenn nicht gar unrichtig, so doch zumindest gänzlich überflüssig und höchst missverständlich (vgl. dazu Linhart, Schreiben, Bescheide und Vorschriften in der Verwaltung, Stand Mai 2016, § 20 Rdnr. 401; vgl. auch Rennert in Eyermann, VwGO, 14. Auflage 2014, § 73 Rdnr. 21). So hat diese Rechtsbehelfsbelehrung beim Kläger offenbar den rechtlich unzutreffenden Eindruck erweckt, er müsse zur Wahrung seiner Rechte auch nach Aufhebung des Bescheids der Beklagten vom 6. Februar 2013 durch den Widerspruchsbescheid vom 14. September 2016 zusätzlich noch Klage gegen den Bescheid der Beklagten zum Verwaltungsgericht erheben. Die Unkenntnis des anwaltlich nicht vertretenen Klägers über die Rechtslage ist dabei als unverschuldet anzusehen, da sein Irrtum auf der Rechtsbehelfsbelehrung im Widerspruchsbescheid beruht.
Da mithin keine Gerichtskosten erhoben werden, bei dem anwaltlich nicht vertretenen Kläger keine erheblichen außergerichtlichen Kosten entstanden sein können und die Beklagte mit Schreiben vom 21. Oktober 2016 ausdrücklich erklärt hat, sie werde keine außergerichtlichen Kosten geltend machen, hat es das Gericht nicht für geboten erachtet, näher in Betracht zu ziehen, ob und inwieweit gemäß § 155 Abs. 4 VwGO der Beklagten die Kosten des Verfahrens auferlegt werden können. Der Kläger muss jedenfalls im Ergebnis weder Gerichtskosten noch außergerichtliche Kosten der Beklagten bezahlen.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 92 Abs. 3 Satz 2, § 158 Abs. 2 VwGO).

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