Verwaltungsrecht

Änderung des Familiennamens

Aktenzeichen  5 ZB 16.1873

Datum:
13.10.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
FamRZ – 2017, 671
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
NamÄndG § 3 Abs. 1
BGB § 1617a Abs. 1

 

Leitsatz

Das eigenmächtige Benutzen eines anderen Namens stellt keinen wichtigen Grund für eine Namensänderung dar. (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

AN 14 K 15.1745 2016-07-22 Urt VGANSBACH VG Ansbach

Tenor

I.
Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II.
Der Kläger hat die Kosten des Antragsverfahrens zu tragen.
III.
Der Streitwert wird für das Antragsverfahren auf 5.000,– Euro festgesetzt.

Gründe

I. Die Parteien streiten um die Frage, ob der Kläger gegen den Beklagten einen Anspruch darauf hat, dass dieser seinen Familiennamen „G.“ in „K.“ abändert.
Die Ehe der Mutter des Klägers wurde vor dessen Geburt geschieden, die Mutter behielt den in der Ehe geführten Familiennamen „G.“, der nicht ihr Geburtsname war, auch nach der Ehescheidung bei. Im Februar 1997 wurde der Kläger als nichteheliches Kind geboren. Der Name der Mutter wurde der Geburtsname des Klägers. Der nichteheliche Vater erkannte die Vaterschaft an, seit Mitte 2000 lebte der Kläger zusammen mit seinen Eltern. Nach Eintritt seiner Volljährigkeit beantragte der Kläger beim zuständigen Landratsamt, seinen Familiennamen „G.“ in „K.“ zu ändern. Er begründete dies damit, der Name „K.“ sei der Name seines leiblichen Vaters, er habe keine Verbindung mit dem Namen „G.“, dieser sei auch nicht der Geburtsname seiner Mutter.
Mit Bescheid vom 7. September 2015 lehnte das Landratsamt den Antrag des Klägers auf Namensänderung ab. In der Begründung seiner Klage hiergegen wies der Kläger darauf hin, dass „G.“ der Name des geschiedenen Ehepartners seiner Mutter sei. Er selber habe eine intensive Beziehung zu seinem leiblichen Vater. Er habe mit dem Namen „G.“ keine Verbindung, da kein Kontakt zu dem früheren Partner der Mutter bestehe. Er könne sich mit diesem Namen nicht identifizieren. Seine Eltern hätten, als er 12 oder 13 Jahre alt gewesen sei, beim zuständigen Landratsamt nachgefragt. Dort sei ihnen erklärt worden, dass mit einer Namensänderung bis nach dem 18. Lebensjahr abgewartet werden solle. Diese Auskunft sei offensichtlich falsch gewesen und habe jetzt dazu geführt, dass der Kläger nach zivilrechtlichen Vorschriften seinen Namen nicht mehr ändern könne. Das Namensband zu seinem Vater sei dem Kläger sehr wichtig.
Zur Frage nach der Auskunft des Landratsamtes erklärten die Vertreter des Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht, dass die zuständigen Mitarbeiter für das Namensrecht keine solche Erklärung gegenüber dem Kläger abgegeben hätten. Auf Nachfrage habe man aber herausgefunden, dass wohl seinerzeit eine entsprechende Äußerung vom Jugendamt abgegeben worden sei. Mehr sei nicht mehr zu ermitteln gewesen. Das Jugendamt sei für solche Angelegenheiten nicht zuständig.
Das Verwaltungsgericht Ansbach wies die Klage mit Urteil vom 22. Juli 2016, der Klägerbevollmächtigten zugestellt am 11. August 2016, ab. § 3 Abs. 1 NamÄndG setze einen wichtigen Grund für die Änderung des Familiennamens voraus. Die öffentlich-rechtliche Namensänderung habe Ausnahmecharakter, die Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) zum Namensführungsrecht seien grundsätzlich abschließend. Eine Bestimmung des Namens des leiblichen Vaters des Klägers als Familienname des Klägers selbst wäre gemäß § 1617a Abs. 2 BGB (nur) bis zu dessen 18. Lebensjahr möglich gewesen. Der Kläger führe seinen Familiennamen seit seiner Geburt in Namensidentität mit seiner leiblichen Mutter. Der bloße Vortrag, er habe zu diesem Namen keine Beziehung, genüge als Vorbringen zum Beleg eines wichtigen Grundes nicht. Auch eine etwaige frühere Falschberatung durch das Landratsamt (Jugendamt) stelle keinen wichtigen Grund im Sinne des Namensänderungsgesetzes dar. Bei bereits Volljährigen habe die Identifizierungsfunktion und die soziale Ordnungsfunktion des schon lange geführten Familiennamens hohes Gewicht. Demgegenüber seien im Rahmen der erforderlichen Abwägung keine gewichtigen persönlichen Interessen des Klägers ersichtlich.
Der Kläger beantragte mit Schriftsatz vom 9. September 2016, die Berufung gegen dieses Urteil zuzulassen, und legte die Gründe dar, aus denen die Berufung zuzulassen sei. Der Beklagte ist diesem Antrag entgegengetreten. Am 11. Oktober 2016 bat die Bevollmächtigte des Klägers mit abends bei Gericht eingegangenem Telefax um Fristverlängerung für „jegliche laufende Fristen“.
II.Die einzige am 11. Oktober 2016 abends noch laufende Frist war die Frist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO. Diese ist eine gesetzliche Frist, die gemäß § 57 Abs. 2 VwGO i. V. m. § 224 Abs. 2 ZPO nicht verlängerbar ist. Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 22. Juli 2016 bleibt ohne Erfolg. Die innerhalb der Darlegungsfrist geltend gemachten Zulassungsgründe greifen nicht durch (vgl. § 124a Abs. 5 Satz 2, § 124 Abs. 2 VwGO).
1. An der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils bestehen keine ernstlichen Zweifel im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Das Verwaltungsgericht ist mit ausführlichen und zutreffenden Erwägungen zu dem Ergebnis gelangt, dass ein wichtiger Grund für die vom Kläger beantragte Namensänderung nicht vorliegt.
Der Kläger trägt hierzu vor, dass er im Kindergarten, in der Schule und auch bei seinen Bekannten unter dem von ihm angestrebten Familiennamen bekannt sei. Dies resultiere daraus, dass die Eltern des Klägers früher eine Auskunft vom Jugendamt erhalten hätten, dass eine Namensänderung erst nach Vollendung des 18. Lebensjahres möglich sein solle. Die Fortführung seines bisherigen Familiennamens sei für den Kläger insoweit unerträglich, als er sich annähernd zeit seines Lebens auf den von ihm angestrebten Nachnamen eingestellt habe und diesen letztlich auch schon geführt habe. Der wichtige Grund für die Namensänderung ergebe sich daraus, dass sich der Kläger nun tatsächlich umstellen müsse, obgleich er immer von seinem angestrebten Nachnamen und seiner entsprechenden Identifizierung mit diesem Namen ausgegangen sei. Es sei genau die Situation eingetreten, die eigentlich mit der Vollendung des 18. Lebensjahres nicht mehr entstehen solle, nämlich dass sich ein Kind, welches sich über den langen Zeitraum mit dem Nachnamen identifiziert habe, diesen nicht mehr solle ändern können. Ein Wiedereinsetzungsantrag in den vorigen Stand für die Versäumung der Frist des § 1617a BGB sei nicht erfolgreich gewesen. Das zuständige Standesamt habe mündlich mitgeteilt, dass einem Wiedereinsetzungsantrag nicht stattgegeben werde. Die Rechtsschutzversicherung habe Deckung für den vorliegenden Rechtsstreit erteilt.
a) Aus diesem Vortrag ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils. Das Verwaltungsgericht hat sich mit der Frage, ob ein wichtiger Grund für die Namensänderung vorliegt, ausführlich und zutreffend auseinandergesetzt. Auf diese Ausführungen wird verwiesen. Der Kläger hat mit seiner Geburt gemäß § 1617a Abs. 1 BGB den Familiennamen „G.“ ausgehend von seiner Mutter erhalten, die diesen Namen noch führt. Es ist daher schon nicht nachvollziehbar, dass der Kläger „keine Beziehung“ zu diesem Namen haben will, der von seiner eigenen leiblichen Mutter geführt wird.
b) Der jetzt abweichend zum bisherigen Vorbringen im Klageverfahren gemachte unsubstantiierte neue Vortrag, dass der Kläger im Kindergarten, in der Schule und bei Bekannten schon unter seinem von ihm angestrebten Familiennamen „bekannt sei“, lässt ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts nicht aufkommen. Nach seinem eigenen Vortrag ist ihm seinerzeit beim Jugendamt lediglich mitgeteilt worden, dass mit einer Namensänderung noch bis zum 18. Lebensjahr gewartet werden solle. Es ist daher kein Grund dafür ersichtlich, dass und warum sich der Kläger bereits abweichend von dieser Auskunft und abweichend von den maßgebenden Personenstandsurkunden selbst anders bezeichnet haben soll. Das schlichte eigenmächtige Benutzen eines anderen Namens kann keinen wichtigen Grund im Sinne des Namensänderungsgesetzes darstellen, weil sonst jeder Namensträger es selbst in der Hand hätte, durch eigenmächtiges Verändern seiner Namensbestandteile Fakten zu schaffen und damit den Ausnahmecharakter des öffentlich-rechtlichen Namensänderungsrechts auch gerade vor dem Hintergrund des § 1617a BGB (hierzu BayVGH, B.v. 29.12.2000 – 5 ZB 00.3462 – juris Rn. 3; B.v. 16.6.2010 – 5 ZB 09.1633 – juris Rn. 8) auszuhebeln. Aus einer rechtswidrigen Namensführung kann grundsätzlich kein Anspruch auf Namensänderung abgeleitet werden. Wenn der Kläger nach seinem Vortrag in der Begründung des Zulassungsantrags nunmehr tatsächlich wieder auf den (richtigen und bisher gerade nicht geänderten) Familiennamen umstellen müsste, so läge darin lediglich die Korrektur einer von ihm selbstherrlich faktisch vollzogenen eigenen Umbenennung, nicht jedoch ein anerkennenswerter wichtiger Grund im Sinne des öffentlich-rechtlichen Namensänderungsrechts.
c) Dass der Kläger seinerzeit eine (mündliche) Auskunft des Jugendamtes bezüglich einer Namensänderung erhalten hat, kann ebenfalls keinen wichtigen Grund im Sinne von § 3 Abs. 1 NamÄndG darstellen. Eine Äußerung der für die öffentlich-rechtliche Namensänderung zuständigen Stelle liegt nicht vor. Selbst wenn der Kläger die Äußerung der unzuständigen Stelle innerhalb des Landratsamtes als Zusicherung im Hinblick auf eine zukünftige Namensänderung aufgefasst haben sollte, hätte diese zu ihrer Wirksamkeit gemäß Art. 38 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG der schriftlichen Form bedurft. Auch wurde klägerseits offensichtlich versäumt, beim für zivilrechtliche Namensänderungen zuständigen Standesamt nachzufragen oder auch Rechtsrat bei einem kundigen Rechtsanwalt einzuholen. Durch möglicherweise falsche Auskünfte von Stellen, die für öffentlich-rechtliche Namensänderungen keine Zuständigkeit innehaben, und die auch juristisch für Auskünfte zu zivilrechtlichen Namensänderungsmöglichkeiten weder zuständig noch qualifiziert sind, kann jedenfalls ein wichtiger Grund für eine Namensänderung im Sinne des Namensänderungsgesetzes nicht erzeugt werden.
d) Dass die Rechtsschutzversicherung des Klägers für den vorliegenden Rechtsstreit Deckung erteilt hat, ist kein Grund für eine Zulassung der Berufung.
2. Besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten, § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO, sind nach dem Vortrag im Zulassungsantrag nicht ersichtlich. Der Sachverhalt ist übersichtlich, die entscheidungserheblichen Rechtsfragen lassen sich ohne weiteres anhand der anzuwendenden Rechtsvorschriften klären. Der Vortrag in der Begründung des Zulassungsantrags, dass dieser Fall eine besondere tatsächliche, aber auch rechtliche Schwierigkeit dahin rechtfertige, dass im Rahmen der vorzunehmenden Gewichtung ein überwiegendes schutzwürdiges Interesse des Antragstellers an der Änderung des Familiennamens vorliege und auch ein wichtiger Grund für die Namensänderung bestehe, ist keine Begründung für das Vorliegen dieses Zulassungsgrundes. Eine tatsächliche Schwierigkeit muss sich aus den tatsächlichen Umständen des Falles ergeben, die rechtliche Schwierigkeit aus der Schwierigkeit der Rechtsanwendung im Einzelfall. Dass der Kläger ein anderes Ergebnis der rechtlichen Prüfung für richtig hält, ist kein Beleg für rechtliche Schwierigkeiten.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 i. V. m. § 52 Abs. 2 GKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit ihm wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

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