Verwaltungsrecht

Androhung der Ersatzvornahme zum Rückbau einer Halle

Aktenzeichen  1 ZB 17.1070

Datum:
27.11.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 30652
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwZVG Art. 32, Art. 38 Abs. 1 S. 3
VwGO § 114, § 124a Abs. 4 S. 4

 

Leitsatz

Einwendungen, die sich gegen die Rechtmäßigkeit des bestandskräftigen Grundverwaltungsaktes richten, können im Rahmen der Überprüfung der Zwangsmittelandrohung nicht mehr geltend gemacht werden. (Rn. 4) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

M 1 K 16.5310 2017-03-21 Urt VGMUENCHEN VG München

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III. Der Streitwert wird für das Klageverfahren – in Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts vom 21. März 2017 – und das Zulassungsverfahren auf jeweils 2.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

Dem Kläger wurde am 5. April 2012 eine Baugenehmigung für den Neubau einer landwirtschaftlichen Lagerhalle mit den Außenmaßen 28 m x 22 m erteilt. Er errichtete stattdessen eine Halle mit den Maßen 42 m x 22 m, die er bereits vor der Baugenehmigung bestellt hatte. Mit bestandskräftigem Bescheid vom 17. Oktober 2013 wurde er verpflichtet, die landwirtschaftlich genutzte Halle auf das genehmigte Maß zurückzubauen; sollte ein Teilrückbau technisch nicht möglich sein, sei die Lagerhalle vollständig zu beseitigen. Nachdem Zwangsgeldforderungen den Kläger nicht zu einem Rückbau veranlassten, drohte ihm der Beklagte mit Bescheid vom 19. Oktober 2016 die Ersatzvornahme an. Die erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 21. März 2017 abgewiesen. Die Androhung der Ersatzvornahme zum Rückbau der gesamten Halle sei ermessensgerecht und verhältnismäßig. Der errichteten Rundbogenhalle fehle eine statische Berechnung und ein Teilrückbau führe zu einer Teilzerstörung der Halle, während bei einem vollständigen Rückbau insbesondere die Dachplane unzerstört erhalten werden könne. Soweit der Kläger einwende, dass ihm der (Teil) Rückbau wegen der fehlenden Statik sowie der möglichen Gefahr eines Verlusts von Gewährleistungsrechten gegen den Verkäufer der Halle nicht möglich sei, handle es sich um Einwände, die bereits gegen die Beseitigungsanordnung hätten geltend gemacht werden müssen.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Der der Sache nach geltend gemachte Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) wird nicht dargelegt bzw. liegt nicht vor.
Zwar ist es für eine den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügende Darlegung eines oder mehrerer Berufungszulassungsgründe nicht notwendig, dass der Antragsteller ausdrücklich einen der in § 124 Abs. 2 VwGO normierten Zulassungsgründe oder die dort angeführten tatbestandlichen Voraussetzungen benennt (vgl. BVerfG, B.v. 20.12.2010 – 1 BvR 2011/10 – NVwZ 2011, 546); ein zulässiger Antrag wurde bereits bei der Einlegung des Rechtsmittels gestellt. Von dem Rechtsmittelführer kann aber ein Mindestmaß an Substantiierung verlangt werden. Er muss konkret darlegen, warum die angegriffene Entscheidung aus seiner Sicht im Ergebnis falsch ist. Dazu muss er sich mit den entscheidungstragenden Annahmen des Verwaltungsgerichts auseinandersetzen und dartun, in welcher Hinsicht und aus welchen Gründen diese Annahmen ernstlichen Zweifeln begegnen. Es genügt nicht, etwa unter Bezugnahme auf das bisherige Vorbringen und unter schlichter Wiederholung der eigenen Ansichten die erstinstanzliche Entscheidung in Frage zu stellen (vgl. BVerfG, B.v. 23.6.2000 – 1 BvR 830/00 – NVwZ 2000, 1163; BayVGH, B.v. 20.4.2016 – 15 ZB 14.2686 u.a. – juris Rn. 22).
Der Kläger trägt vor, dass der Rückbau der Halle bisher allein daran gescheitert sei, dass ihm keine geprüfte Statik für die Halle vorliege; diesen Umstand habe er nicht zu vertreten. Es sei deshalb rechtswidrig und unverhältnismäßig, eine Ersatzvornahme anzuordnen. Mit diesem Vorbringen wiederholt der Kläger letztlich sein Klagevorbringen, ohne sich mit der tragenden Begründung des Gerichts auseinanderzusetzen, dass es sich hierbei um einen Einwand handelt, der bereits gegen die Rückbauanordnung hätte geltend gemacht werden können und müssen (vgl. Art. 38 Abs. 1 Satz 3 VwZVG). Bereits zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides vom 17. Oktober 2013 war ihm nämlich bekannt, dass er von der ausführenden Firma keine ordnungsgemäße Statik erhalten hatte. Einwendungen, die sich gegen die Rechtmäßigkeit des bestandskräftigen Grundverwaltungsaktes richten, können im Rahmen der Überprüfung der Zwangsmittelandrohung nicht mehr geltend gemacht werden (vgl. BayVerfGH, E.v. 24.1.2007 – Vf. 50-VI-05 – BayVBl 2007, 306). Im Übrigen hat der Senat in dem Beschluss vom 4. November 2015 (1 ZB 15.2153) ausgeführt, dass sich der Kläger auf das Nichtvorliegen der Hallenstatik nicht mit Erfolg berufen könne, weil er zur vollständigen Beseitigung verpflichtet sei, falls ein Rückbau nicht möglich sein sollte. Aus der umfangreichen Behördenakte ergibt sich, dass das Verhalten des Klägers entgegen seiner Behauptung im Zulassungsverfahren nicht darauf gerichtet war, den rechtswidrigen Zustand zu beseitigen, sondern die bestehende Halle zu erhalten oder jedenfalls den Rückbau solange wie möglich hinauszuzögern.
Soweit der Kläger sich gegen die Ausführungen des Verwaltungsgerichts wendet, dass die Baugenehmigung vom 5. April 2012 bereits erloschen sei, kommt es hierauf nicht entscheidungserheblich an. Die Frage, ob die Baugenehmigung für eine kleinere Halle mittlerweile erloschen ist, hat bei den Ermessenserwägungen des Beklagten für die Androhung des Komplettabbaus der Halle keine Rolle gespielt, da der Beklagte bei seiner Entscheidung davon ausgegangen ist, dass die Baugenehmigung noch wirksam ist (vgl. die irrtümliche Falschangabe des Bescheiddatums auf S. 3 des Bescheides und den Vermerk auf dem Entwurf, Bl. 264 der Behördenakte). Gemäß § 114 VwGO überprüft das Gericht nur die Ermessenserwägungen der Behörde und trifft keine eigene Ermessensentscheidung (vgl. UA S. 6 2. Absatz). Die Ausführungen des Gerichts sind daher nur als Hinweis zu werten. Es kann somit dahingestellt bleiben, ob der vom Kläger bereits am 3. Februar 2014 gestellte Verlängerungsantrag mit dem Schreiben vom 7. Februar 2014 förmlich abgelehnt wurde oder es sich bei dem Schreiben um eine Anhörung handelte. Die aus der Akte ersichtliche Würdigung des Beklagten ist hier widersprüchlich (vgl. Besprechungsvermerk vom 7.9.2016, Bl. 239 der Behördenakte, und Schreiben vom 22.11.2016, Bl. 288 der Behördenakte). Im Übrigen hätte ein Erlöschen der Baugenehmigung keine Auswirkungen auf die Rückbauverpflichtung aus dem Bescheid vom 17. Oktober 2013, solange diese Bestand hat.
Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen, weil sein Rechtsmittel erfolglos geblieben ist (§ 154 Abs. 2 VwGO). Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 1.7.1 Satz 2 der Empfehlungen des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit. Die Abänderungsbefugnis des Verwaltungsgerichtshofs für die Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts ergibt sich aus § 63 Abs. 3 GKG.
Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

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