Verwaltungsrecht

Anfechtung einer dienstlichen Beurteilung

Aktenzeichen  M 5 K 14.5710

Datum:
19.7.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayLlbg Art. 54, Art. 58

 

Leitsatz

Nach dem erkennbaren Sinn der Regelung über die dienstliche Beurteilung soll nur der Dienstherr oder der für ihn handelnde Beurteiler ein persönliches Werturteil darüber abgeben, ob und inwiefern der Beamte den vom Dienstherrn zu bestimmenden, zahlreichen fachlichen und persönlichen Anforderungen des konkreten Amtes entspricht. Bei einem derartigen, dem Dienstherrn vorbehaltenen Akt wertender Erkenntnis steht diesem eine der gesetzlichen Regelung immanente Beurteilungsermächtigung zu. (redaktioneller Leitsatz)
Soweit der Dienstherr Richtlinien für die Erstellung dienstlicher Beurteilungen erlassen hat, ist vom Gericht auch zu prüfen, ob die Richtlinien eingehalten sind und ob sie den gesetzlichen Regelungen über die dienstliche Beurteilung und auch sonst mit gesetzlichen Vorschriften in Einklang stehen (s.a. BVerwG NVwZ-RR 2000, 366). Die verwaltungsgerichtliche Kontrolle kann dagegen nicht dazu führen, dass das Gericht die fachliche oder persönliche Beurteilung des Beamten durch den Dienstherrn im vollen Umfang nachvollzieht oder diese gar durch eine eigene Beurteilung ersetzt (vgl. BVerwGE 60, 245). (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Aufhebung seiner periodischen Beurteilung vom 2. Juni 2014 für den Beurteilungszeitraum 1. Juni 2011 bis 31. Mai 2014 und Erstellung einer neuen periodischen Beurteilung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts. Die angefochtene Beurteilung ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 der Verwaltungsgerichtsordnung/VwGO analog, da eine dienstliche Beurteilung keinen Verwaltungsakt darstellt).
1. Dienstliche Beurteilungen sind ihrem Wesen nach persönlichkeitsbedingte Werturteile, die verwaltungsgerichtlich nur beschränkt überprüfbar sind (BVerwG, U. v. 13.5.1965 – IIC146.62 – BVerwGE 21, 127/129; U. v. 26.6.1980 – IIC8/78 – BVerwGE 60, 245 st.Rspr.). Nach dem erkennbaren Sinn der Regelung über die dienstliche Beurteilung soll nur der Dienstherr oder der für ihn handelnde Beurteiler ein persönliches Werturteil darüber abgeben, ob und inwiefern der Beamte den vom Dienstherrn zu bestimmenden, zahlreichen fachlichen und persönlichen Anforderungen des konkreten Amtes entspricht. Bei einem derartigen, dem Dienstherrn vorbehaltenen Akt wertender Erkenntnis steht diesem eine der gesetzlichen Regelung immanente Beurteilungsermächtigung zu. Demgegenüber hat sich die verwaltungsgerichtliche Rechtmäßigkeitskontrolle darauf zu beschränken, ob der Beurteiler den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen, in dem er sich frei bewegen kann, verkannt hat, oder ob er von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, allgemeingültige Wertmaßstäbe nicht beachtet, sachfremde Erwägungen angestellt oder gegen Verfahrensvorschriften verstoßen hat. Soweit der Dienstherr Richtlinien für die Erstellung dienstlicher Beurteilungen erlassen hat, ist vom Gericht auch zu prüfen, ob die Richtlinien eingehalten sind und ob sie den gesetzlichen Regelungen über die dienstliche Beurteilung und auch sonst mit gesetzlichen Vorschriften in Einklang stehen (BVerwG, U. v. 11.1.1999 – 2 A 6/98 – ZBR 2000, 269). Die verwaltungsgerichtliche Kontrolle kann dagegen nicht dazu führen, dass das Gericht die fachliche oder persönliche Beurteilung des Beamten durch den Dienstherrn im vollen Umfang nachvollzieht oder diese gar durch eine eigene Beurteilung ersetzt (BVerwG, U. v. 26.6.1980, a. a. O.).
Zugrunde zu legen sind die Art. 54 ff. des Gesetzes über die Leistungslaufbahn und die Fachlaufbahnen der bayerischen Beamten und Beamtinnen (Leistungslaufbahngesetz/LlbG), die Verwaltungsvorschriften zum Beamtenrecht (Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen vom 18.11.2010 – VV-BeamtR, FMBl. S. 264, Abschnitt 3: Dienstliche Beurteilung – Materielle Beurteilungsrichtlinien), sowie die Richtlinien für die dienstliche Beurteilung, Leistungsfeststellungen nach Art. 30 und 66 des Bayerischen Besoldungsgesetzes/BayBesG – i. V. m. Art. 62 LlbG für die Beamtinnen und Beamten der Bayerischen Polizei und Bayerischen Landesamtes für Verfassungsschutz vom 8. April 2011 (Beurteilungsrichtlinien der Bayerischen Polizei, AllmBl S. 129). Maßgebend ist, welches Beurteilungssystem und welche Regelungen zum Beurteilungsstichtag (hier: 31.5.2014) gegolten haben (vgl. BVerwG, U. v. 2.3.2000 – 2 C 7/99 – NVwZ-RR 2000, 621 unter Hinweis auf BVerwG, B. v. 14.2.1990 – 1 WB 181/88 – BVerwGE 86, 240).
2. Gemessen an diesen Grundsätzen ist die angefochtene dienstliche Beurteilung vom 2. Juni 2014 rechtlich nicht zu beanstanden.
a) Der Beurteiler – an dessen Glaubhaftigkeit das Gericht keinen Anlass zu Zweifeln sieht – hat in der mündlichen Verhandlung zunächst das Tätigkeitsfeld eines Unfallfluchtfahnders erläutert. Er hat ausgeführt, dass hierbei in der Summe eine außerordentliche hohe Fallzahl (ca. 13.000 Fälle pro Jahr im Zuständigkeitsbereich) zu bearbeiten ist und wie zu diesem Zweck in arbeitsorganisatorischer Hinsicht die Fallzuweisung erfolgt. Er hat weiter die – gerichtsbekannte – Reihung bei der Bayerischen Polizei „von unten nach oben“ erläutert. Hierbei wurde der Kläger im Rahmen einer Leistungsreihung mit anderen Beamten im Statusamt A9+Z verglichen. Der für den Kläger ermittelte Rangplatz … von … auf Dienststellenebene bzw. … von … auf Sprengelebene, der von den jeweiligen Ermittlungsgruppenleitern ohne kontroverse Diskussion einvernehmlich gefunden wurde, wurde aus den jährlichen Leistungsreihungen zum Jahresende herausentwickelt. Weiter hat der Beurteiler erläutert, in welcher Weise die jeweiligen Leistungsreihungen der einzelnen Polizeiinspektionen auf der Ebene eines Beurteilungssprengels im Rahmen von Inspektionsleiterbesprechungen miteinander verzahnt wurden und wie auf die so gefundene Sprengelreihung die vorgegebene Quote angewandt wurde. Der Beurteiler hat abschließend angegeben, dass er das für den Kläger ermittelte Prädikat von 8 Punkten im Einklang mit dem für zutreffend erachteten maßgeblichen Ranglistenplatz (… von …) sehe.
Diese Angaben plausibilisieren das für die Beurteilung des Klägers ermittelte Gesamtprädikat von 8 Punkten. Die Bewertung in den Einzelmerkmalen geht zurück auf den vom unmittelbaren Vorgesetzten erstellten Entwurf. Diese wurde in der mündlichen Verhandlung nicht gerügt, auf die Einvernahme des anwesenden unmittelbaren Vorgesetzten wurde verzichtet.
b) Auch aus dem Umstand, dass die Funktion eines Unfallfluchtfahnders innerhalb der Verkehrspolizeiinspektion Verkehrsunfallaufnahme von Beamten im Statusamt A9 bis A11 ausgeübt wird, ergibt sich nicht die Rechtswidrigkeit der streitgegenständlichen Beurteilung.
Dabei bedarf es keiner abschließenden Klärung, ob die dem zugrunde liegende Dienstpostenbündelung als solche wegen Vorliegens eines sachlichen Grundes zulässig ist (BVerwG, U. v. 30.6.2011 – 2 C 19/10 – BVerwGE 140, 83, 92, juris Rn. 29 ff.; BVerfG, B. v. 16.12.2015 – 2 BvR 1958/13 – juris Rn. 54). Auch eine rechtswidrige Dienstpostenbündelung führt nicht zur Rechtswidrigkeit der dienstlichen Beurteilung eines auf einen solchen Dienstposten eingesetzten Beamten (VG München, U. v. 13.7.2016 – M 5 K 14.4385).
Der Beurteilungsmaßstab ist normativ in Art. 58 Abs. 2, 3 LlbG sowie in Nr. 3 der materiellen Beurteilungsrichtlinien ausdrücklich und allgemein festgelegt. Auch wenn hinsichtlich der Anforderungen an einen Unfallfluchtfahnder in einem bestimmten Statusamt keine gesonderten Dienstpostenbeschreibungen oder schriftliche Tätigkeitszuweisungen vorliegen, sondern nur Stellenbeschreibungen für die Tätigkeit eines Unfallfluchtfahnders als solche, so hat der Beurteiler doch klar angeben können, wie bei der Tätigkeitszuweisung der zu bearbeitenden Unfallfluchtfälle und bei der Bewertung der hierbei gezeigten Leistungen differenziert wird. Als maßgebliche Kriterien wurde genannt die Qualität in der Fallbearbeitung im Hinblick auf Eigenständigkeit, auf die Planungstiefe und auf die Arbeitsorganisation. Anhand dieser Kriterien wird im Hinblick auf den für die einzelne Besoldungsgruppe anzulegenden Maßstab differenziert. Konkret ergibt sich daraus, dass Beamte der Besoldungsgruppe A8 nicht als Unfallfluchtfahnder eingesetzt werden, was ebenfalls vom Beurteiler nachvollziehbar dargelegt wurde. Weiter werden Fälle, die in ihrer Bedeutung herausgehoben sind, primär Beamten der 3. Qualifizierungsebene oder einem Beamten der Besoldungsgruppe A11 übertragen. Nur im Einzelfall und ausnahmsweise werden solche herausgehobenen Fälle einem Beamten der Besoldungsgruppe A10 übertragen. Diese Vorgehensweise stellt innerhalb des als Massenverfahren anzusprechenden Tätigkeitsfeldes eines Unfallfluchtfahnders eine deutliche Differenzierung zwischen den Dienstposten verschiedener Statusämter dar. Der Beurteiler hat auch angegeben, dass derjenige, der gemäß den genannten Anforderungen Leistungen entsprechender Arbeitsgüte vorzuweisen hat, einen entsprechend guten Rangplatz in der Leistungsreihung erhält. Damit ist eine unmittelbare Korrelation zwischen den Anforderungen eines Unfallfluchtfahnders im jeweiligen Statusamt und dem System der für die Gewinnung des Gesamtprädikats einer dienstlichen Beurteilung maßgeblichen Reihung (ebenfalls im jeweiligen Statusamt) gewährleistet.
Der Beurteiler hat damit erkennen lassen, dass er sich über die Zugehörigkeit der zu beurteilenden Unfallfluchtfahnder zu einem bestimmten Statusamt im Klaren war und er die Beurteilung an den Anforderungen des Statusamts ausgerichtet hat. Dieses ist aufgrund seiner Angaben in der mündlichen Verhandlung auch hinreichend transparent dargelegt und somit plausibilisiert worden.
3. Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung/ZPO.

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