Aktenzeichen Au 3 K 15.830
APO § 8 Abs. 3 S. 2
RaPO RaPO § 7 Abs. 2, Abs. 3 S. 1
Leitsatz
1. Prüfern steht bei prüfungsspezifischen Entscheidungen ein Bewertungsspielraum zu, der gerichtlich nur begrenzt überprüfbar ist. (redaktioneller Leitsatz)
2. Gerichte haben zu prüfen, ob die Prüfer anzuwendendes Recht, einschließlich der Verfahrensvorschriften, verkannt haben, gegen allgemein gültige Bewertungsgrundsätze verstoßen haben, von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen sind oder den Antwortspielraum des Prüflings missachtet haben, da eine richtige oder zumindest vertretbare und mit gewichtigen Argumenten folgerichtig begründete fachliche Ansicht des Prüflings nicht als falsch bewertet werden darf, nur weil der Prüfer anderer Auffassung ist (wie BVerwG,NVwZ 1993, 677); ansonsten ist es den Gerichten verwehrt, ihre Bewertung an die Stelle der Prüfer zu setzen. (redaktioneller Leitsatz)
3. Leidet das Verfahren zur Leistungserhebung unter Mängeln, so ist die Prüfung oder der betroffene Prüfungsteil zu wiederholen, da eine unter irregulären Bedingungen erbrachte Leistung nicht bewertbar ist. Ergibt sich, dass die Bewertung einer regulär erbrachten (schriftlichen) Leistung fehlerhaft ist, ist grundsätzlich eine Neubewertung der Prüfungsleistung geboten. (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.
III.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Gründe
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Fortsetzung des Prüfungsverfahrens (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Der Bescheid der Beklagten vom 8. August 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 6. Mai 2015 ist rechtens.
Die Bewertung der klägerischen Leistung in der Modulprüfung im Fach „Management und Marketing von Reiseveranstaltern und Reisemittlern“ ist rechtlich nicht zu beanstanden.
1. Die gerichtliche Kontrolle der Bewertung einer Prüfung ist nicht umfassend möglich. Den Prüfern steht bei prüfungsspezifischen Entscheidungen ein Bewertungsspielraum zu, der gerichtlich nur begrenzt überprüfbar ist (grundlegend BVerfG, B. v. 17.4.1991 – 1 BvR 419/81, 1 BvR 213/83 – BVerfGE 84, 34; B. v. 17.4.1991 – 1 BvR 1529/84, 1 BvR 138/87 – BVerfGE 84, 59). Jedoch haben die Gerichte, insbesondere auf substanzielle Rügen des Prüflings hin, zu prüfen, ob die Prüfer anzuwendendes Recht, einschließlich der Verfahrensvorschriften, verkannten, gegen allgemein gültige Bewertungsgrundsätze verstoßen haben, von einem unrichtigen Sachverhalt ausgingen oder den Antwortspielraum des Prüflings missachteten, da eine richtige oder zumindest vertretbare und mit gewichtigen Argumenten folgerichtig begründete fachliche Ansicht des Prüflings nicht als falsch bewertet werden darf, nur weil der Prüfer anderer Auffassung ist (vgl. BVerwG, U. v. 9.12.1992 – 6 C 3/92 – BVerwGE 91, 262). Ansonsten ist es den Gerichten verwehrt, ihre Bewertung an die Stelle der Prüfer zu setzen.
Leidet das Verfahren zur Leistungserhebung unter Mängeln, so ist die Prüfung oder der betroffene Prüfungsteil zu wiederholen, da eine unter irregulären Bedingungen erbrachte Leistung nicht bewertbar ist (vgl. Niehues/Fischer/Jeremias, Prüfungsrecht, 6. Aufl. 2014, Rn. 500). Ergibt sich, dass die Bewertung einer regulär erbrachten (schriftlichen) Leistung fehlerhaft ist, ist grundsätzlich eine Neubewertung der Prüfungsleistung geboten.
2. Ausgehend von diesen Maßgaben und den Bestimmungen der
Rahmenprüfungsordnung für die Fachhochschulen (RaPO) vom 17. Oktober 2001 in der seit 1. Oktober 2010 gültigen Fassung, der
Allgemeinen Prüfungsordnung der Hochschule für angewandte Wissenschaften … (APO) vom 4. Oktober 2013 und der
Studien- und Prüfungsordnung für den Bachelorstudiengang Tourismus-Management an der Hochschule für angewandte Wissenschaften … (SPO BA TO) vom 26. Juli 2013 i. d. F.d. Änderungssatzung vom 19. Februar 2014
ist das Verwaltungsgericht aufgrund des gesamten Ergebnisses des Verfahrens (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO), insbesondere der informatorischen Anhörung des Erstprüfers in der mündlichen Verhandlung, zur Überzeugung gelangt, dass die klägerischen Einwendungen die Rechtmäßigkeit der Prüfungsentscheidung, d. h. der Bewertung der streitgegenständlichen Prüfungsarbeit mit der Note 5 „nicht ausreichend“ (§ 7 Abs. 2 Satz 1 RaPO), nicht in Frage stellen.
2.1 Unerheblich ist, wie die Leistungen der Klägerin in anderen Modulprüfungen, ihr Praxis- und Researchprojekt sowie ihre Bachelorarbeit bewertet wurden. Maßgeblich ist allein, ob ihre Prüfungsarbeit im Fach „Management und Marketing von Reiseveranstaltern und Reisemittlern“, die sie am 22. Juli 2014 (im vierten Versuch) geschrieben hat, zu Recht als nicht ausreichend bewertet wurde, wobei ausschließlich diese Arbeit in den Focus zu nehmen ist.
Auch soweit die Klägerin moniert, dass der Ersteller der Aufgabe und Erstkorrektor (Prof. Dr. …) ihr keine zusätzliche Literaturempfehlung zur Vorbereitung auf die Prüfung gegeben habe, kann ihr das nicht weiterhelfen. Der Klägerin standen die gleichen Möglichkeiten zur Prüfungsvorbereitung zur Verfügung wie allen anderen Teilnehmern an der Modulprüfung. Wie die Beklagte zutreffend ausführt, hatte die Klägerin keinen Anspruch auf weitergehende Empfehlungen. Hätte der Prüfer eine solche (nur gegenüber der Klägerin) ausgesprochen, wäre dadurch möglicherweise der Gleichbehandlungsgrundsatz nach Art. 3 Abs. 1 GG in Bezug auf andere Prüfungsteilnehmer (Recht auf Chancengleichheit) verletzt worden. Das Verhalten des Prüfers im Vorfeld der Modulprüfung kann deshalb auch nicht als unangemessen und verunsichernd gewertet werden; ein Verstoß gegen das Fairness-Gebot (vgl. dazu z. B. BVerwG, U. v. 17.7.1987 – 7 C 118.86 – BVerwGE 78, 55) liegt somit ebenfalls nicht vor.
2.2 Der Ersteller der Aufgabe war auch nicht gehalten, bereits im Aufgabentext anzugeben, wieviel Punkte bei den einzelnen Teilaufgaben erzielt werden konnten. Eine solche Verpflichtung ergibt sich weder aus den o.g. prüfungsrechtlichen Bestimmungen noch aus allgemeinen (Bewertungs-)Grundsätzen. Es ist bereits nicht zwingend geboten, sondern in das Ermessen des Prüfers gestellt, die Bewertung einer Prüfungsarbeit anhand eines Punkteschemas vorzunehmen. Entscheidet sich ein Prüfer für die Anwendung eines Punktesystems, was gerade bei aus einer Mehrzahl von Einzelfragen bestehenden Prüfung als zweckmäßig erscheinen mag, so hat er die Punktevergabe zwar spätestens bei der Einsichtnahme in die bewertete Arbeit offenzulegen (vgl. Niehues/Fischer/Jeremias, a. a. O. Rn. 710), eine Verpflichtung zur Angabe der maximal möglichen Punktezahl bei den einzelnen Aufgaben im Aufgabentext besteht jedoch nicht.
2.3 Soweit die Klägerin eine Korrektur und Bewertung ihrer Prüfungsarbeit (auch) durch den Zweitprüfer in Zweifel gezogen hat, kann ihr nicht gefolgt werden.
Nach § 7 Abs. 3 Satz 1 RaPO, § 8 Abs. 3 Satz 2 APO müssen (entsprechend Art. 61 Abs. 3 Satz 2 Nr. 10 BayHSchG) Prüfungsleistungen, die als nicht bestanden bewertet werden sollen, von zwei Prüfern bewertet werden. Ein Verstoß gegen das „Zwei-Prüfer-Gebot“ kann vorliegend jedoch nicht festgestellt werden. Vielmehr hat der Zweitprüfer auf der Prüfungsarbeit sein Handzeichen „ax“ angebracht und damit zum Ausdruck gebracht, dass er sich der Bewertung durch den Erstprüfer anschließt. Zwar sind Bewertungen schriftlicher Prüfungsarbeiten, insbesondere wenn sie den beruflichen Werdegang beeinflussen können, im Hinblick auf Art. 12 Abs. 1 GG schriftlich zu begründen (vgl. z. B. BVerwG, B. v. 9.12.1992 – 6 C 3.92 – BVerwGE 91, 262), was grundsätzlich auch für die Zweitbewertung gilt, doch genügt ein Handzeichen (eventuell mit der Anmerkung „einverstanden“), wenn sich der Zweitprüfer der Bewertung des Erstprüfers anschließt. Allerdings setzt diese Verfahrensweise voraus, dass die Begründung des Erstprüfers nicht unzureichend und nicht widersprüchlich ist. Vorliegend hat der Erstprüfer zwar keine zusammenfassende Schlussbemerkung beigefügt bzw. auf der Arbeit angebracht, doch hat er bei jeder Frage jeweils die zu erreichende Punktezahl sowie die tatsächlich von ihm jeweils vergebene Zahl an Punkten angegeben. Dies entspricht bei einer aus einer Mehrzahl von Einzelfragen bestehenden Aufgabe auch dem Begründungserfordernis, denn der Prüfling kann anhand der Korrektur erkennen, ob und inwieweit er den Erwartungen des Prüfers ganz, teilweise oder gar nicht entsprochen hat und daran anknüpfend ggf. Einwendungen erheben (vgl. Niehues/Fischer/Jeremias, a. a. O. Rn. 710). Darüber hinaus haben beide Prüfer sowohl vor der Geltendmachung konkreter Rügen (Schreiben der Bevollmächtigten der Klägerin vom 27.11.2014) als auch danach schriftlich zur Bewertung Stellung genommen. Dass die Stellungnahme des Zweitprüfers zu den konkret erhobenen Rügen der Klägerin erst im Klageverfahren „nachgeschoben“ wurde, ist unschädlich, denn jedenfalls wird aus der Äußerung deutlich, dass der Zweitprüfer seine Bewertung, ausgehend von den erhobenen Einwendungen, nochmals „überdacht“ hat (zum Anspruch des Prüflings auf ein „Überdenken“ der Bewertung seiner Leistungen durch die ursprünglichen Prüfer: z. B. BVerfG, B. v. 17.4.1991 – 1 BvR 419/81, 1 BvR 213/83 – BVerfGE 84, 34).
2.4 Gegen die Bewertung der klägerischen Bearbeitung bestehen auch insoweit keine Bedenken, als die Prüfer das Bestehen der Prüfung, d. h. die Vergabe der Note „ausreichend“ (§ 7 Abs. 2 RAPO, § 10 Abs. 1 APO), davon abhängig gemacht haben, dass mindestens 50% der maximal erreichbaren Punkte (hier 18,5 von 37 möglichen Punkten) erzielt wurden. Eine sachwidrige Überspannung der Anforderungen kann darin nicht gesehen werden; vielmehr lässt es die Rechtsprechung zu, dass der „Schwellenwert“ für das Bestehen einer Prüfung, d. h. die Grenze zu einer ausreichenden Leistung, nach fachbezogenem Prüferermessen bei (mehr als) 50% der erreichbaren Punktezahl gezogen wird (vgl. VGH BW, U. v. 11.4.1989 – 9 S 2047/88 – juris). Auch aus dem Gesamtdurchschnitt der in dieser Prüfung vergebenen Noten, der 3,25 beträgt, werden keine unangemessenen Anforderungen erkennbar.
2.5 Soweit die Klägerin Einwendungen gegen die Bewertung der Teilaufgaben 2, 4, 9, 16 und 18 erhoben hat, kann sie auch damit nicht durchdringen:
2.5.1 Teilaufgabe 2 lautete:
„Bitte unterstreichen Sie folgenden Kennzahlen, die sich im FVW-Dossier Deutscher Veranstalter finden (unklar oder falsch gekennzeichnete Kennzahlen ergeben Punktabzug nur innerhalb dieser Frage):
Gesamtumsatz-Veranstaltermarkt /Gesamtteilnehmer-Veranstaltermarkt /Jahresumsätze RV /Umsatzrenditen RV /RV-Durchschnittsumsätze pro Teilnehmer /Gewinne RV /Mitarbeiteranzahl RV /Anzahl der Reiseteilnehmer pro RV /Umsätze pro Vertriebsstellen /Anzahl Reiseteilnehmer pro Vertriebsstellen /RV-Umsatzverteilung nach Vertriebsarten“
Vom Aufgabenersteller wurde die Kennzeichnung von sieben (richtigen) Kennzahlen erwartet; für jede zutreffende Kennzeichnung wurde ein halber Punkt, somit insgesamt maximal 3,5 Punkte vergeben. Die Klägerin hat zwei Kennzahlen unterstrichen und dafür einen Punkt erhalten.
Hinsichtlich dieser Teilaufgabe wendet die Klägerin ein, dass die Aufgaben- bzw. Fragestellung bereits zu allgemein und zu kurz gehalten sei. Der Aufgabenersteller habe beispielsweise keine Angaben dazu gemacht, ob Fragen aus der gesamten Fachzeitschrift „FVW“ in der Prüfung abfragt würden, noch dazu eine solche wie in der streitgegenständlichen Prüfung, in der korrekt aufgeführte Statistiken/Überschriften der FVW unterstrichen werden sollten. Er habe lediglich das FVW-Dossier für prüfungsrelevant erklärt, wobei dieses für die Beantwortung dieser Frage nicht hilfreich gewesen sei. Die Antwort auf diese Frage befinde sich weder im Skript noch im FVW-Dossier des Vorlesungsstoffes des Aufgabenerstellers. Es sei insbesondere mehr als ungewöhnlich, dass die FVW mit ihren Überschriften von Statistiken auswendig gelernt werden sollte. lm übrigen sei ein Punktabzug mehr als unüblich.
Die Einwendungen der Klägerin greifen nicht durch:
– Zunächst kann rechtlich nicht beanstandet werden, wenn innerhalb der Teilaufgabe nicht nur – bei richtigen Antworten – die (positive) Vergabe von Bewertungspunkten, sondern – bei falschen Antworten – auch ein Punkteabzug vorgesehen ist. Wie der Prüfer sein (Punkte-) Bewertungssystem sachgerecht gestaltet, steht in seinem prüfungsspezifischen Ermessen. Gerade bei (Teil-) Aufgaben, bei denen mehrere Antwortoptionen vorgegeben sind, von denen aber nur eine oder mehrere, aber nicht alle richtig sind (Multiple-Select-Aufgabe), könnte ansonsten durch die Wahl sämtlicher Antwortmöglichkeiten immer die höchstmögliche Punktezahl erzielt werden. Die Gesamtpunktzahl innerhalb einer Teilaufgabe kann allerdings nicht negativ („kleiner als Null“) werden. Darüber hinaus ist der Einwand der Klägerin, dass ein Punktabzug „mehr als unüblich“ sei, für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Bewertung der Leistung der Klägerin unerheblich, denn die Frage des Punktabzugs stellte sich angesichts der Kennzeichnung von zwei zutreffenden Antworten nicht.
– Es kann auch keine Rede davon sein, dass die Aufgaben- bzw. Fragestellung „zu allgemein und zu kurz gehalten“ gewesen sei. Im Aufgabentext wird ausschließlich auf das jährlich als Beilage erscheinende „FVW-Dossier“ und nicht auf die gesamte alle zwei Wochen erscheinende Fachzeitschrift „FVW“ abgestellt. Wie die Klägerin selbst einräumt, wurde vom Aufgabenersteller im Rahmen seiner Lehrveranstaltungen das „FVW-Dossier“ auch für prüfungsrelevant erklärt. Das Dossier stand im Übrigen auch in der Hochschulbibliothek allen Studierenden zur Einsichtnahme zur Verfügung.
– Schließlich trifft es auch nicht zu, dass das „FVW-Dossier“ für die Beantwortung der Frage „nicht hilfreich“ gewesen wäre. Wie von Prof. Dr. … in der mündlichen Verhandlung überzeugend dargelegt wurde, finden sich im „FVW-Dossier“ jeweils die Statistiken über Reiseveranstalter, aus denen die nachgefragten Kennzahlen entnommen werden können. Dem ist die Klägerin auch nicht mehr substantiiert entgegen getreten. Vielmehr hat sie angegeben, aus Angst vor einem Punktabzug die Kennzahlen, bei denen sie sich nicht ganz sicher war, nicht unterstrichen zu haben.
2.5.2 Teilaufgabe 4 lautete:
„Ordnen Sie alle konkurrenzorientierten Strategien in einer Reihenfolge von der höchsten bis zur geringsten für diese jeweils am wirksamsten Preiselastizität der Nachfrage und begründen Sie Ihre Zuordnung, auch mit zutreffenden touristischen Beispielen.“
Nach dem Wortlaut der Aufgabe und seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung erwartete der Aufgabenersteller, dass die (sechs) konkurrenzorientierten Strategien in der richtigen Reihenfolge, wie im Aufgabentext gefordert, aufgelistet werden. Der Fachbegriff der Preiselastizität sei im Sinne von „Preissensibilität“ seitens der potenziellen Kundschaft zu verstehen. In Abhängigkeit zur Preiselastizität der Nachfrage, beginnend mit der höchsten, mussten die konkurrenzorientierten Strategien in folgender Reihenfolge dargestellt werden:
Niedrigpreisstrategie Kostenführerschaft Me Too-Strategie Qualitätsführerschaft Nischenstrategie Kooperationsstrategie
Bei dieser Aufgabe konnten, wenn zusätzlich entsprechende Begründungen und Beispiele angeführt wurden, insgesamt 6 Punkte erzielt werden.
Die Klägerin hat die Strategien in folgender Reihenfolge aufgeführt:
Qualitätsführerschaft Nischenstrategie Kostenführerschaft Niedrigpreisstrategie Me Too-Strategie Kooperationsstrategie
Zu den beiden erstgenannten Konkurrenzstrategien vermerkte sie jeweils „preisunelastisch“ im Übrigen jeweils „preiselastisch“. Außerdem benannte sie zu den Strategien folgende Beispiele:
TUI, Orgelreisen, Aldi und Alltours, Ryanair, TUI, RTK
Hinsichtlich dieser Teilaufgabe macht die Klägerin, deren Leistung insoweit mit 0 Punkten bewertet wurde, geltend, dass nicht verständlich sei, warum sie keinen Punkt erhalten habe. Die sechs von ihr aufgelisteten Konkurrenz-Strategien sowie die genannten Beispiele seien richtig. Der Prüfer habe lediglich die vorgegebene Reihenfolge als falsch „angestrichen“. Sie habe keine belegbare Quelle finden können, nach der die Konkurrenzstrategien nach der Preiselastizität zu sortieren seien. Hierfür hätte es eines entsprechenden Quellenhinweises bedurft.
Der Aufgabenersteller und Erstprüfer hat in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, dass bei der Bewertung der Prüfungsleistungen zu dieser Teilaufgabe die Reihenfolge der Strategien besonders wichtig gewesen sei. Dies habe zur Konsequenz gehabt, dass jemand, der die Reihenfolge gänzlich verfehlte, bei dieser Teilaufgabe keine Punkte mehr bekommen können und zwar auch dann nicht, wenn ein zutreffendes Beispiel für die jeweilige Strategie genannt worden sei. Die Beispiele seien nur sinnvoll bzw. zeugten nur dann vom richtigen Verständnis der Aufgabe, wenn die Reihenfolge zutreffend dargestellt sei. Dies treffe auf die Bearbeitung der Klägerin nicht zu. Zwar habe sie die Kooperationsstrategie (als einzige der genannten Strategien) zutreffend (an letzter Stelle) platziert, doch lasse sich hieraus keine richtige „Reihenfolge“ erkennen. Denn bei nur einer richtigen Platzierung könne noch nicht von einer „Reihe“ gesprochen werden. Weil keine Reihenfolge vorhanden sei, habe er diese Antwort als „Zufallstreffer“ bewertet und dafür keinen (Teil-) Punkt vergeben.
Die erkennende Kammer hat keinen Zweifel an der wissenschaftlich-fachlichen Richtigkeit der vom Aufgabensteller erwarteten Reihenfolge der konkurrenzorientierten Strategien in Relation zur Preiselastizität. Diese wird letztlich auch nicht von der Klägerin angezweifelt; die Aussage, dass sie keine belegbare Quelle dafür habe finden können, dass Konkurrenzstrategien nach der Preiselastizität „sortiert“ werden könnten, sagt insoweit nichts aus. Nicht zutreffend ist auch der Hinweis, dass es eines entsprechenden Quellenhinweises bedurft hätte.
Soweit die Klägerin die von den Prüfern gepflogene Punktevergabe rügt, verkennt sie, dass diese prüfungsspezifische (Be-) Wertung ausschließlich der Letztentscheidungskompetenz der Prüfer überlassen ist. Dem Gericht ist es insbesondere verwehrt, sich selbst an die Stelle der Prüfer zu setzen und eine eigene Bewertung der Prüfungsleistungen vorzunehmen.
2.5.3 Teilaufgabe 9 lautete:
„Wie bezeichnet man in der Fachsprache ein Warenmerkmal, z. B. den Duft eines Hotels, das als Signal auf andere Eigenschaften (Sauberkeit, Exotik) schließen lassen soll?“
Auf diese Frage konnte (richtig und vollständig) nur mit dem Fachbegriff „Produktgestaltungsindikator“ geantwortet werden, um einen Punkt zu erhalten.
Hinsichtlich dieser Aufgabe macht die Klägerin geltend, dass sie mit der Angabe des Fachbegriffs „Indikator“ die Frage richtig beantwortet habe; es sei deshalb nicht gerechtfertigt, dass sie für ihre Antwort keinen Punkt bekommen habe. Ihr sei bekannt gewesen, dass der Begriff Indikator noch weiter untergliedert werden könne in Preisindikator, Werbeindikator, Produktgestaltungsindikator und Distributionsindikator. Sie habe während der Prüfung den Aufgabensteller und Erstprüfer gefragt, wie spezifisch hier zu antworten sei, darauf aber keine Antwort erhalten. Jedenfalls sei die Formulierung der Frage zu wenig konkret.
Die Auffassung der Klägerin kann nicht geteilt werden. Wie sie selbst ausführt, kann der (Ober-) Begriff Indikator noch weiter differenziert werden. Die bloße Angabe des (Ober-) Begriffs war daher schon deshalb nicht sachgerecht, weil darin auch unzutreffende (Unter-) Begriffe (z. B. Preisindikator oder Distributionsindikator) enthalten sind. Im Übrigen stellt sich durchaus die Frage, warum die Klägerin nicht den präzisen (Unter-) Begriff benannt hat, wenn er ihr doch bekannt war.
Weiter ist auch insoweit darauf hinzuweisen, dass die Punktevergabe der gerichtlichen Kontrolle entzogen ist (siehe oben).
2.5.4 Teilaufgabe 16 lautete:
„Ordnen Sie den unterschiedlichen Last-Minute-Typen die entsprechenden Preiselastizitäten der Nachfrage zu.“
Nach der „Musterlösung“ bestand die richtige Antwort aus folgenden Angaben:
Spar-Last-Minute sehr hohe Preiselastizität
Schnäppchen-Last-Minute Scheinpreiselastizität
Abschöpfungs-Last-Minute geringe Preiselastizität
Bei entsprechend richtiger Beantwortung konnten insgesamt 1,5 Punkte erzielt werden.
Die Antwort der Klägerin lautete:
Spar-Last-Minute sehr hohe Preiselastizität
Schnäpfchen-Last-Minute schein-preiselastisch
Ausschöpfungs-Last-Minute sehr preisunelastisch
Die Wort „Schnäpfchen“ (statt Schnäppchen) sowie „Ausschöpfung“ (statt Abschöpfung) wurden vom Prüfer „eingekreist“ und mit einem Fragezeichen (?) versehen.
Nach dem handschriftlichen Vermerk wurde 1 Punkt von 1,5 möglichen Punkten vergeben („0,5 + 0,25 + 0,25“).
Die Klägerin rügt hier, dass bei ansonsten fehlerfreier Lösung wegen zweier Rechtschreibfehler insgesamt ein halber Punkt zu wenig vergeben worden sei.
Mit diesem Einwand kann die Klägerin allerdings keinen Erfolg haben. Ziel einer (Hochschul-) Ausbildung ist es auch, die entsprechende „Fachsprache“ zu vermitteln bzw. zu erwerben. Die von der Klägerin verwendeten Begriffe entsprechen, so wie sie geschrieben wurden, offensichtlich nicht der Fachsprache. Dem Prüfer ist es daher grundsätzlich nicht verwehrt, die Verwendung unrichtiger Begriffe, auch wenn lediglich ein auf Flüchtigkeit oder Versehen beruhender Schreibfehler vorliegt, bei der Bewertung nach Ermessen, etwa durch Nichtvergabe von (Teil-) Punkten, zu berücksichtigen. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Fachbegriff, so wie er geschrieben wurde, einen anderen Sinngehalt aufweisen kann, wie der erwartete (richtige) Begriff. Letzteres gilt vorliegend für die Begriffe „Abschöpfung“ bzw. „Ausschöpfung“. Aber selbst dann, wenn man zugunsten der Klägerin hinsichtlich des Begriffs „Schnäpfchen“ anstelle von „Schnäppchen“ von einem zu vernachlässigenden Flüchtigkeitsfehler ausginge, hätte sich jedenfalls am Gesamtergebnis offensichtlich nichts geändert. Denn mit einem viertel oder gar halben Punkt mehr wäre vorliegend die Bestehensgrenze auch nicht annähernd erreicht.
2.5.6 Teilaufgabe 18 lautete:
„Zu wem (Unternehmen) gehören die Marken „Smartline“ sowie SunConnect“ und was ist ihre jeweilige USP?“
Die „erwartete“ Antwort war:
Thomas Cook
Smartline – Budget – preiswert
SunConnect – Vernetzung (WLan)
Insgesamt konnten 1,5 Punkte (3 x 0,5) erzielt werden.
Die Klägerin hat die Frage nach der Unternehmenszugehörigkeit der Marke „Smartline“ nicht beantworten können. Ansonsten hat sie Folgendes angegeben:
Thomas Cook
Gemeinschafts-USP
Die Antwort wurde mit 0,5 von 1,5 möglichen Punkten bewertet.
Die Klägerin beruft sich darauf, dass hier vier Antworten zu geben gewesen seien. Es sei deshalb nicht nachvollziehbar, warum insgesamt nur 1,5 Punkte und nicht 2,0 Punkte erreicht werden konnten. Die Klägerin verkennt allerdings, dass bei dieser Aufgabe die sachgerechte Antwort nicht aus vier, sondern im Wesentlichen nur aus drei Antwortteilen bestand, da die Marken „Smartline“ und „SunConnect“ beide zu Thomas Cook gehören. Im Übrigen ist es ausschließlich Sache des Prüfers für einzelne Aufgabenteile ein entsprechendes Punkteverteilungsschema zu entwickeln und zu verwenden. Die Bewertung ist daher nicht zu beanstanden.
2.6 Zusammenfassend ist somit festzuhalten, dass gegen die Bewertung der klägerischen Modulprüfungsarbeit im Fach „Management und Marketing von Reiseveranstaltern und Reisemittlern“ keine durchgreifenden rechtlichen Bedenken bestehen. Damit erweist sich der Bescheid der Beklagten vom 8. August 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 6. Mai 2015 als rechtmäßig. Ein Anspruch auf Fortsetzung des Prüfungsverfahrens besteht nicht.
3. Die Klage ist daher mit der Kostenfolge nach § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
Vorläufige Vollstreckbarkeit: § 167 VwGO, §§ 708 ff. ZPO.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zugelassen wird. Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg,
Hausanschrift: Kornhausgasse 4, 86152 Augsburg, oder
Postfachanschrift: Postfach 11 23 43, 86048 Augsburg,
schriftlich zu beantragen.
Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,
Hausanschrift in München: Ludwigstr. 23, 80539 München, oder
Postfachanschrift in München: Postfach 34 01 48, München,
Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach
einzureichen. Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn
1. ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2. die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4. das Urteil von einer Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind die in § 67 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch die in § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO genannten Personen vertreten lassen.
Der Antragsschrift sollen 4 Abschriften beigefügt werden.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf 5.000,- € festgesetzt (§ 52 Abs. 2 GKG).