Aktenzeichen 13a ZB 17.30369
Leitsatz
An der Nennung eines in 78 Abs. 3 AsylG genannten Zulassungsgrundes fehlt es, wenn mit dem Antrag auf Zulassung der Berufung im Stil einer Klage lediglich Gesichtspunkte aufgezeigt werden, die nach Auffassung des Klägers für die Zuerkennung von asylrechtlichen Schutz sprechen. (Rn. 4) (redaktioneller Leitsatz)
Verfahrensgang
W 5 K 16.30340 2017-02-09 Urt VGWUERZBURG VG Würzburg
Tenor
I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Kläger hat die Kosten des Antragsverfahrens zu tragen.
Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Gründe
Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 9. Februar 2017 bleibt ohne Erfolg.
Mit am 31. März 2017 beim Verwaltungsgericht eingegangenen Schreiben vom gleichen Tag beantragte der Kläger die Zulassung der Berufung gegen das am 14. März 2017 zugestellte Urteil des Verwaltungsgerichts. Die Begründung werde mit gesondertem Schriftsatz erfolgen. Mit der gerichtlichen Antragseingangsmitteilung vom 7. April 2017 wurde der Kläger darauf hingewiesen, dass nach § 78 Abs. 4 AsylG die Zulassungsgründe innerhalb der Antragsfrist beim Verwaltungsgericht einzureichen sind. Mit am gleichen Tag beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingegangenen und an diesen adressierten Schreiben vom 12. April 2017 begründete der Kläger seinen Zulassungsantrag. Hier sei die Frage nach der Glaubhaftigkeit seines Vortrags relevant. Es bestehe ein Problem mit der Tatsachengrundlage, auf deren Basis das Urteil gefällt worden sei. Die Diskrepanzen in seinen Zeitangaben ließen sich erklären. Aufgrund seiner persönlichen Situation müssten hier mindestens Abschiebungshindernisse nach § 60 Abs. 5 AufenthG zuerkannt werden. Unzutreffend sei auch der Vorwurf prozesstaktischen Verhaltens hinsichtlich seines Gesundheitszustands. Dieser habe sich mittlerweile massiv verschlechtert. Auch sei er hier familiär integriert.
Nach § 78 Abs. 4 AsylG ist die Zulassung der Berufung innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils unter Darlegung der Gründe, aus denen die Berufung zuzulassen ist, zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Zwar können Antrag und Darlegung der Zulassungsgründe in zwei getrennten Schriftsätzen erfolgen. Allerdings ist die Begründung – anders als im allgemeinen Verwaltungsprozessrecht (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) – ebenfalls beim Verwaltungsgericht einzureichen (Müller in Hofmann, Ausländerrecht, 2. Aufl. 2016, § 78 AsylG Rn. 14). Dies war hier trotz richterlichen Hinweises nicht der Fall.
Selbst wenn man die Adressierung der Antragsbegründung zum Verwaltungsgerichtshof ausreichen lassen würde (so offensichtlich BayVGH, B.v. 28.4.2015 – 11 ZB 15.50065 – juris), fehlt es an einer Nennung eines der in 78 Abs. 3 AsylG genannten Zulassungsgrundes. Im Stil einer Klage werden lediglich Gesichtspunkte aufgezeigt, die nach Auffassung des Klägers für die Zuerkennung von asylrechtlichen Schutz sprechen. Zwar wäre eine falsche Zuordnung der Darlegungen zu einem bestimmten Zulassungsgrund oder eine Vermischung verschiedener Gesichtspunkte unschädlich, es muss sich jedoch durch Auslegung ermitteln lassen, auf welchen Zulassungsgrund der Antrag gestützt wird (Müller in Hofmann, a.a.O. Rn. 15). Für eine grundsätzliche Bedeutung nach § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG müsste im Zulassungsantrag eine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage, die für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von Bedeutung war, deren Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zur Weiterentwicklung des Rechts geboten ist und der eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt, dargelegt werden (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124 Rn. 36). Zur Darlegung einer Divergenz nach § 78 Abs. 3 Nr. 2 AsylG müsste ein vom Verwaltungsgericht aufgestellter Grundsatz, der im Widerspruch zu einem Grundsatz eines Divergenzgerichts steht, genannt werden. Ein Verfahrensmangel nach § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG müsste bezeichnet werden. Diesen Anforderungen genügt der Zulassungsantrag nicht.
Selbst wenn man die Ausführungen im Zulassungsantrag, die „Glaubhaftigkeit des klägerischen Vortrags“ sei nicht ausreichend gewürdigt worden, als eine Rüge der Versagung des rechtlichen Gehörs auslegen wollte, wäre kein Zulassungsgrund nach § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylVfG i.V.m. § 138 Nr. 3 VwGO gegeben. Denn der Grundsatz des rechtlichen Gehörs stellt nur sicher, dass das Gericht die Ausführungen der Beteiligten würdigt. Art. 103 Abs. 1 GG gibt den am Prozess Beteiligten jedoch keinen Anspruch darauf, dass das Gericht Tatsachen erst beschafft oder von sich aus Beweis erhebt (BVerfG, B.v. 2.12.1969 – 2 BvR 320/69 – BVerfGE 27, 248/251; BayVerfGH, E.v. 13.3.1981 – Vf. 93-VI-78 – VerfGH 34, 47 = BayVBl 1981, 529). Ebenso wenig gibt er einen Anspruch darauf, dass sich das Gericht der Bewertung des Klägers, der Tatsachenvortrag sei schlüssig, anschließt (BayVerfGH, E.v. 2.10.2013 – Vf. 7-VI-12 – VerfGH 66, 179 = BayVBl 2014, 171).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 83b AsylG.