Verwaltungsrecht

Anforderungen an die erforderliche Eignung von Lehrkräften im Sinne des § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG

Aktenzeichen  9 C 17/16

Datum:
16.11.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
Dokumenttyp:
Urteil
ECLI:
ECLI:DE:BVerwG:2017:161117U9C17.16.0
Normen:
§ 4 Nr 21 Buchst a DBuchst bb UStG
Art 132 Abs 1 Buchst i EGRL 112/2006
Art 19 Abs 4 S 1 GG
§ 4 Nr 1 UStG
Spruchkörper:
9. Senat

Verfahrensgang

vorgehend OVG Lüneburg, 6. Oktober 2016, Az: 2 LC 82/15, Urteilvorgehend VG Hannover, 16. Dezember 2015, Az: 6 A 3094/13, Urteil

Tatbestand

1
Die Klägerin begehrt die Erteilung von Bescheinigungen nach § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG.
2
Sie betreibt in Sulingen und Diepholz jeweils als Einzelunternehmerin (Franchisenehmerin) die Sprachenschule “Mortimer English Club”. Außerdem bot sie im hier relevanten Zeitraum Französisch-Unterricht unter dem Namen “Welt der Sprachen” an.
3
Für diese Einrichtungen beantragte sie mit Schreiben vom 11. Januar 2013 jeweils eine Bescheinigung nach § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG für die Zeit vom 1. Januar 2013 bis zum 31. Dezember 2015. Hinsichtlich des “Mortimer English Club” bezog sich der Antrag auf das “Erteilen von Englisch-Unterricht für Schulkinder und Erwachsene sowie Nachhilfe und Business-Englisch-Kurse”, hinsichtlich der “Welt der Sprachen” auf das “Erteilen von Französisch- und Spanischunterricht für Schulkinder und Erwachsene”.
4
Mit Bescheid vom 5. April 2013 lehnte die Beklagte diese Anträge ab und setzte dafür mit Kostenfestsetzungsbescheid vom selben Tag eine Gebühr von 150 € fest.
5
Auf die dagegen gerichtete Klage hin hob das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 16. Dezember 2014 beide Bescheide auf und verpflichtete die Beklagte dem Hilfsantrag der Klägerin entsprechend, über deren Anträge unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden. Bezüglich des auf Erteilung der Bescheinigungen gerichteten Hauptantrags wies es die Klage ab.
6
Gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts legte allein die Beklagte Berufung ein. Im Berufungsverfahren präzisierte die Klägerin, dass sie die Bescheinigungen hinsichtlich der “Welt der Sprachen” für den Französischnachhilfeunterricht für Schulkinder in der Zeit vom 1. Januar 2013 bis zum 30. Juni 2013 und hinsichtlich des “Mortimer English Club” für die Kurse “English for Children” und “Fit for English” im Zeitraum vom 1. Januar 2013 bis zum 31. Dezember 2015 begehre. Nicht Gegenstand der Klage sei der Englischunterricht für Kleinstkinder und Erwachsene. Hinsichtlich des Französischunterrichts für die Zeit ab 1. Juli 2013 erklärten die Beteiligten das Verfahren übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt.
7
Mit Urteil vom 6. Oktober 2016 wies das Oberverwaltungsgericht die Klage, soweit noch anhängig, ab. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus, der der Beklagten eingeräumte Beurteilungsspielraum sei dahin eingeschränkt, dass die Erteilung der Bescheinigungen ausgeschlossen sei. Die eingesetzten Lehrkräfte besäßen nicht die erforderliche Eignung. Voraussetzung dafür sei mindestens, dass 25 % der vorgehaltenen Nachhilfelehrkräfte die Befähigung für ein Lehramt an öffentlichen Schulen besäßen und die übrigen Lehrkräfte jedenfalls fachlich und pädagogisch geeignet seien. Diese Quote erfüllten die Einrichtungen der Klägerin nicht.
8
Zur Begründung ihrer vom Oberverwaltungsgericht zugelassenen Revision macht die Klägerin geltend: Eine Reduzierung des Beurteilungsspielraums auf Null liege nicht vor. Das Oberverwaltungsgericht lege § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG zu Unrecht dahingehend aus, dass mindestens 25 % der vorgehaltenen Nachhilfelehrkräfte die Befähigung zum Lehramt an öffentlichen Schulen besitzen und die übrigen Lehrkräfte jedenfalls fachlich und pädagogisch geeignet sein müssten. Es bedürfe vielmehr einer Prüfung im Einzelfall, ob die von der Einrichtung eingesetzten Lehrkräfte die erforderliche Eignung aufwiesen, um die Ziele der im Bereich der schulischen Ausbildung tätigen öffentlich-rechtlichen Träger in vergleichbarer Weise zu erfüllen. Bei unionsrechtskonformer Auslegung von § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG reiche es für eine ordnungsgemäße Prüfungs- oder Berufsvorbereitung aus, dass die Unterrichtenden fachlich und pädagogisch in der Lage seien, den Kursteilnehmern die Lehreinheiten zu vermitteln, ohne dass die von Lehrkräften an öffentlichen Schulen geforderte Qualifikation verlangt werden könne.
9
In der mündlichen Verhandlung vom 16. November 2017 hat die Beklagte erklärt, für den Fall, dass die Klägerin obsiegen sollte, werde der Kostenfestsetzungsbescheid aufgehoben. Daraufhin haben die Beteiligten insoweit das Klageverfahren übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt.
10
Außerdem hat die Beklagte in der mündlichen Verhandlung zu Protokoll gegeben, falls in der Beschränkung des Klagebegehrens auf den Unterricht für Schulkinder in den beiden Einrichtungen eine teilweise Klagerücknahme gesehen werde, erkläre sie insoweit nachträglich ihre Zustimmung.
11
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 6. Oktober 2016, berichtigt durch Beschluss vom 9. November 2016, zu ändern und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover vom 16. Dezember 2014 insoweit zurückzuweisen, als die Beklagte darin verpflichtet worden ist, über die Anträge der Klägerin auf Erteilung von Bescheinigungen nach § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG hinsichtlich des Nachhilfeunterrichts für Schulkinder in der Einrichtung “Mortimer English Club” im Fach Englisch für den Zeitraum vom 1. Januar 2013 bis zum 31. Dezember 2015 und in der Einrichtung “Welt der Sprachen” im Fach Französisch für den Zeitraum vom 1. Januar 2013 bis zum 30. Juni 2013 neu zu entscheiden.
12
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
13
Sie verteidigt das angefochtene Urteil. Im Übrigen meint sie, das Oberverwaltungsgericht habe die Eignung der eingesetzten Lehrkräfte auch unabhängig von der Lehramtsquote verneinen wollen.

Jetzt teilen:

Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen