Aktenzeichen 10 CS 16.485, 10 C 16.486
Leitsatz
1 Die Frage, ob die Fiktionswirkung des § 81 Abs. 4 Satz 1 AufenthG in der bis zum 05.09.2013 geltenden Fassung auch dann eingreift, wenn der Ausländer bei Antragstellung lediglich über ein Visum verfügt, ist als offen anzusehen. Der Gesetzgeber hat seiner Auffassung nach mit der Einfügung von § 81 Abs. 4 Satz 2 AufenthG n.F. lediglich eine Klarstellung des bisher geltenden Rechts beabsichtigt. (red. LS Clemens Kurzidem)
2 Die bei der Entscheidung über das Vorliegen eines zielstaatsbezogenen Abschiebungsverbots nach § 72 Abs. 2 AufenthG gebotene Beteiligung des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge führt nicht zu einer inhaltlichen Bindung der Ausländerbehörde an die Stellungnahme des Bundesamts. (red. LS Clemens Kurzidem)
3 Die Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG erfordert, dass sich die vorhandene Erkrankung eines Ausländers aufgrund zielstaatsbezogener Umstände in einer Weise verschlimmert, die zu einer erheblichen Gefahr für Leib und Leben führt, d.h., dass eine wesentliche Verschlimmerung der Erkrankung alsbald nach der Rückkehr des Ausländers droht (wie OVG Koblenz BeckRS 2016, 41190; BVerwG BeckRS 2012, 50233). (red. LS Clemens Kurzidem)
Verfahrensgang
M 9 S 16.102, M 9 K 15.5834 2016-02-15 Bes VGMUENCHEN VG München
Tenor
I.
Die Verfahren 10 CS 16.485 und 10 C 16.486 werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.
II.
Die Beschwerden werden zurückgewiesen.
III.
Die Antragstellerin trägt die Kosten der Verfahren.
IV.
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren 10 CS 16.485 wird abgelehnt.
V.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren 10 CS 16.485 wird auf 2.500 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Mit ihren Beschwerden verfolgt die Antragstellerin ihre in erster Instanz erfolglosen Anträge auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage (M 9 K 15.5834) auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis sowie auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Antragsverfahren (M 9 S 16.102) und das Klageverfahren weiter.
Die Antragstellerin, eine mongolische Staatsangehörige, reiste am 2. Mai 2013 mit einem bis 24. Oktober 2013 gültigen Schengen-Visum zum Zweck einer medizinischen Behandlung in das Bundesgebiet ein. Sie hatte sich wegen der Behandlung ihrer Augenerkrankung bereits vom 7. bis 22. Juni 2012 und vom 25. Oktober bis 2. November 2012 im Bundesgebiet aufgehalten.
Mit Schreiben bzw. Formblattantrag vom 21., 26. bzw. 30. Juli 2013 beantragte sie die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 AufenthG i. V. m. § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Eine adäquate Behandlung ihrer Augenerkrankung sei in ihrem Heimatland nicht gewährleistet. Für die weitere Behandlung und ständige Kontrolluntersuchungen sei die Anwesenheit im Bundesgebiet erforderlich.
Die Antragsgegnerin beteiligte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge gemäß § 72 Abs. 2 AufenthG im Verwaltungsverfahren. In der Stellungnahme vom 23. Juli 2015 kam das Bundesamt zu dem Ergebnis, dass ein zielstaatsbezogenes Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG hinsichtlich der Mongolei nicht vorliege. Eine konkrete Gefahr i. S. v. § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG läge nur vor, wenn sich die Krankheit der Antragstellerin im Zielstaat verschlimmern würde, d. h. eine wesentliche Verschlimmerung der Erkrankung alsbald nach der Rückkehr der Antragstellerin drohte, weil sie auf die dortigen unzureichenden Möglichkeiten der Behandlung ihres Leidens angewiesen wäre und auch anderswo wirksame Hilfe nicht in Anspruch nehmen könnte. Diese Voraussetzungen lägen bei der Antragstellerin nicht vor. In den Behandlungsberichten vom 18. Juni 2013, 6. Dezember 2013, 9. Januar 2014 und zuletzt 20. Juni 2014 sei nicht dargelegt, wann welche Verschlechterungen eintreten könnten und ob überhaupt jemals eine Operation nötig werden würde. Ausweislich des Behandlungsberichts vom 20. Juni 2014 sei lediglich eine medikamentöse Glucocortoidtherapie mit dem Immunsuppressivum Prednisolon, das auch in der Mongolei erhältlich sei, nötig. Die Bescheinigung der O.-Augenklinik vom 24. Juni 2013 sei überholt, weil nunmehr die diagnostischen Behandlungsberichte der Augenklinik in M. vorlägen. Ein konkreter Gefahreneintritt, der die rasche Erreichbarkeit eines spezialisierten Zentrums notwendig machen würde, sei nicht dargelegt.
Mit Bescheid vom 24. November 2015 lehnte die Antragsgegnerin die Anträge der Antragstellerin auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis ab und verpflichtete sie, das Bundesgebiet bis 16. Januar 2016 zu verlassen. Sie drohte die Abschiebung in die Mongolei an und wies auf die Möglichkeit, ein Einreise- und Aufenthaltsverbot anzuordnen, hin. Am 26. November 2015 erließ die Antragsgegnerin einen Ergänzungsbescheid.
Am 23. Dezember 2015 erhob die Antragstellerin Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München und beantragte, die Antragsgegnerin unter Aufhebung des Bescheids vom 24. November 2015 und des Ergänzungsbescheids vom 26. November 2015 zu verpflichten, ihr eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, hilfsweise unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts über den Antrag zu entscheiden und ihr für das Klageverfahren Prozesskostenhilfe zu bewilligen (M 9 K 15.5834).
Mit Schriftsatz vom 9. Januar 2016 beantragte sie, die aufschiebende Wirkung der Klage vom 23. Dezember 2015 anzuordnen und ihr auch für dieses Verfahren Prozesskostenhilfe zu bewilligen (M 9 S 16.102). Sie legte im Verfahren einen weiteren augenärztlichen Befundbericht vom 15. Januar 2016 vor.
Die Antragsgegnerin sicherte mit Schreiben vom 10. Februar 2016 zu, dass sie den Aufenthalt der Antragstellerin wegen einer bestehenden Schwangerschaft bis zu drei Monaten nach der Geburt dulden werde.
Mit Beschluss vom 15. Februar 2016 lehnte das Bayerische Verwaltungsgericht München sowohl den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage als auch den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes und das Hauptsachverfahren ab. Die Antragsgegnerin habe sich der Stellungnahme des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 23. Juli 2015 anschließen dürfen. Sie habe darüber hinaus eine eigene Prüfung anhand des Sach- und Streitstandes vorgenommen. Auch im gerichtlichen Verfahren habe die Antragstellerin nichts Substantielles vorgetragen, um die Einschätzung des Bundesamtes und die Bewertung durch die Antragsgegnerin zu erschüttern. Aus den von der Antragstellerin vorgelegten Befundberichten ergebe sich die Notwendigkeit eines weiteren Aufenthalts im Bundesgebiet nicht. Es sei weitgehend ein „stabiler Befund“ attestiert worden. Allenfalls werde eine Therapie mit Prednisolon empfohlen. Dieses Medikament sei in der Hauptstadt der Mongolei erhältlich. Weder dem Vortrag der Antragstellerin noch den vorgelegten Befundberichten lasse sich daher entnehmen, wieso, auch bei einer Rückkehr in die Mongolei, überhaupt noch eine Verschlechterungsgefahr bestehen solle, geschweige denn eine konkrete Gesundheits- bzw. Erblindungsgefahr i. S. v. § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Das Äußern von Befürchtungen, dass eine Verschlechterung eintreten könne, reiche für eine hinreichende Substantiierung dieses Tatbestandsmerkmals nicht aus.
Im Beschwerdeverfahren beantragt die Antragstellerin,
den Beschluss des Verwaltungsgerichts München vom 15. Februar 2016 abzuändern und die aufschiebende Wirkung der Klage vom 23. Dezember 2015 gegen die Bescheide der Antragsgegnerin vom 24. November 2015 und 26. November 2015 anzuordnen und der Antragstellerin für die Verfahren vor dem Verwaltungsgericht sowie für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe unter Beiordnung des Unterfertigten zu bewilligen.
Die Antragsgegnerin gehe in ihrem Bescheid bereits zu Unrecht davon aus, dass die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gemäß § 25 Abs. 3 Satz 3 AufenthG stets eine positive Entscheidung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge für das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzung des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG voraussetze. Dies widerspreche der Gesetzeslage und der allgemein herrschenden Meinung zum Wesen der vorgeschriebenen Beteiligung des Bundesamtes. Es sei nicht nachvollziehbar, dass sich sowohl das Bundesamt als auch die Antragsgegnerin und das Verwaltungsgericht über die vorgelegten Nachweise, über die Bestätigung der medizinischen Stellen der Mongolei und über die Ausführungen des behandelnden Professors der Augenklinik hinwegsetzten. Die zwischendurch eingetretenen ruhigen Phasen seien durch neue Verschlechterungen, die wiederholten Behandlungsbedarf ausgelöst hätten, unterbrochen worden. Aufgrund des bisherigen Verlaufs sei von der drohenden Gefahr einer plötzlichen Verschlechterung auszugehen, was durch die aktuelle Risikoschwangerschaft verstärkt werde. Es werde der aktuelle ärztliche Befundbericht vom 26. Februar 2016 mitübersandt. Die sich daraus ergebende gesicherte Diagnose unterscheide sich auch von den Erkrankungen, bezüglich derer der Mitarbeiter des Bundesamtes seine Internetsuche durchgeführt habe. Erst Recht spreche gegen die angeblichen Erkenntnisse des Bundesamtes hinsichtlich der möglichen Weiterbehandelbarkeit der Erkrankung der Antragstellerin in der Mongolei, dass sich seinerzeit die dortigen Institutionen zur Behandlung nicht im Stande gesehen hätten. Jedenfalls sei zu Unrecht das Überwiegen des öffentlichen Interesses am Sofortvollzug bejaht worden. Insbesondere ergebe sich hierdurch die Möglichkeit, im Hauptsacheverfahren durch die Einholung von fachärztlichen Gutachten eine endgültige Klärung herbeizuführen.
II. Über die Streitsachen 10 CS 16.485 und 10 C 16.486 wird nach ihrer Verbindung gemäß § 93 Satz 1 VwGO gemeinsam entschieden.
Die Beschwerden, mit denen die Antragstellerin ihre in erster Instanz erfolglosen Anträge, die aufschiebende Wirkung ihrer Klage auf Verpflichtung der Antragsgegnerin zu Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis (1.) und auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Eilverfahren und das Klageverfahren unter Beiordnung ihres Rechtsanwalts (2.) weiter verfolgt, sind unbegründet. Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren 10 CS 16.485 wird nicht bewilligt (3.)
1. Die in der Beschwerdebegründung dargelegten Gründe, die der Verwaltungsgerichtshof nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO allein zu prüfen hat, rechtfertigen nicht die Abänderung oder Aufhebung des Beschlusses, mit dem das Verwaltungsgericht den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage der Antragstellerin abgelehnt hat. Die nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 VwGO zu treffende Abwägungsentscheidung führt nicht zu dem Ergebnis, dass die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen wäre. Denn die Ansicht des Verwaltungsgerichts, die gebotene Interessenabwägung falle zu Ungunsten der Antragstellerin aus, weil die Klage der Antragstellerin auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 i. V. m. § 60 Abs. 7 AufenthG im Hauptsacheverfahren voraussichtlich erfolglos bleiben werde und ein überwiegendes Interesse der Antragstellerin, sich bis zu einer Klärung im Hauptsacheverfahren weiter im Bundesgebiet aufhalten zu können, nicht erkennbar sei, wird durch die Beschwerdebegründung nicht in Frage gestellt.
Der Senat lässt dabei ausdrücklich offen, ob der Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis vom 21. Juli 2013 die Fiktionswirkung des § 81 Abs. 4 Satz 1 AufenthG ausgelöst hat und der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung überhaupt der statthafte Rechtsbehelf für den vorläufigen Rechtsschutz der Antragstellerin ist. Die Vorschrift des § 81 Abs. 4 Satz 2 AufenthG, die das Eintreten der Erlaubnisfiktion bei einem Visum nach § 6 Abs. 1 AufenthG ausdrücklich ausschließt, ist zwar erst zum 29. August 2013 durch das Gesetz zur Verbesserung der Rechte von international Schutzberechtigten und ausländischen Arbeitnehmern in das Aufenthaltsgesetz eingefügt worden, der Gesetzgeber ist jedoch der Auffassung, dass es sich nur um eine Klarstellung des bisher geltenden Rechts handelt (vgl. Hailbronner, Ausländerrecht, Stand: Februar 2016, AufenthG, § 81 Rn. 33).
Das Verwaltungsgericht stützt seine Rechtsauffassung, die Antragstellerin werde mit ihrer Klage auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis im Hauptsacheverfahren voraussichtlich erfolglos bleiben, auf zwei Gesichtspunkte. Bei der Beurteilung, ob bei einer Rückkehr der Antragstellerin in ihren Heimatstaat eine individuelle, konkrete Gefahr bestehe, weil sich ihr Gesundheitszustand aufgrund des rückführungsbedingten Abbruchs einer notwendigen oder auch in Anspruch genommenen medizinischen Behandlung wegen einer unzureichenden oder nicht zugänglichen Behandlungsmöglichkeit im Heimatland wesentlich oder gar lebensbedrohlich verschlechtern würde, habe die Antragsgegnerin auf die Stellungnahme des Bundesamts vom 23. Juli 2015 abstellen dürfen. Zudem habe die Antragstellerin nichts Wesentliches vorgetragen, um die Einschätzung des Bundesamtes und die Bewertung durch die Antragsgegnerin zu erschüttern bzw. ihrerseits ein Abschiebungsverbot darzulegen. Aus den vorgelegten Befundberichten ergebe sich die Notwendigkeit eines weiteren Aufenthalts nicht.
Die Entscheidung der Antragsgegnerin, bei der Beurteilung, ob ein Abschiebungsverbot i. S. d. § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegt, der Stellungnahme des Bundesamtes zu folgen, ist auch unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens nicht zu beanstanden. Es ist zwar zutreffend, dass eine Beteiligung des Bundesamtes nach § 72 Abs. 2 AufenthG die Ausländerbehörde nicht verpflichtet, der Meinung des Bundesamtes zu folgen. Nach § 72 Abs. 2 AufenthG hat die Ausländerbehörde bei der Entscheidung über das Vorliegen von zielstaatsbezogenen Abschiebungsverboten eine Stellungnahme des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge einzuholen, die vom Bundesamt erteilte Auskunft entfaltet jedoch keine Bindungswirkung (Gutmann in Gemeinschaftskommentar AufenthG, Stand Oktober 2015, § 72 Rn. 12; Hofmann in Hofmann, AuslR, 2. Aufl. 2016 Rn. 17). Der Zweck der Beteiligungsregelung in § 72 Abs. 2 AufenthG liegt darin, vor einer Entscheidung über ein zielstaatsbezogenes Abschiebungsverbot durch die Ausländerbehörde die Sachkunde des Bundesamtes hinsichtlich der Verhältnisse in dem betreffenden Zielstaat einfließen zu lassen (Samel in Bergmann/Dienelt, AuslR, 11. Aufl. 2016, § 72 Rn. 10; Gutmann, a. a. O., Rn. 10). Das Bundesamt ist die zentrale sachverständige Stelle des Bundes. Daher wird sich die Ausländerbehörde, die das Bundesamt beteiligt hat, in der Regel bei Fehlen substantiierter gegenteiliger Anhaltspunkte an die Auskunft des Bundesamtes halten. Dies hat die Antragsgegnerin vorliegend auch getan.
Das Verwaltungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die von der Antragstellerin vorgelegten ärztlichen Bescheinigungen die Auffassung des Bundesamtes, die sich die Antragsgegnerin zu eigen gemacht hat, wonach bei einer Rückkehr der Antragstellerin eine konkrete Gefahr i. S. v. § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliege, nicht erschüttern. Auch der im Beschwerdeverfahren nachgereichte augenärztliche Befundbericht vom 26. Februar 2016 führt zu keiner anderen Beurteilung. Die Antragstellerin leidet an einer Augenerkrankung, bei der sich stabile Phasen und Phasen, bei denen es aufgrund von Entzündungen zu einer Verschlechterung der Sehleistung kommen kann, bislang abwechselten. In den rezidiven Phasen erfolgte eine Therapie mit Corticosteroiden. Ob und wann es wieder zu einer Verschlechterung kommt, ist nicht vorhersehbar. Für die weitere Behandlung sind daher engmaschige und regelmäßige Kontrollen unerlässlich. Falls es zu einem Rezidiv kommen sollte, müsste ein Zentrum, das diese Augenerkrankung behandeln kann, erreichbar sein, um irreversible Schädigungen zu vermeiden. Die letzte aktive Erkrankungsphase der Antragstellerin datiert vom Oktober 2015. Eine Beruhigung des Befundes konnte jedoch innerhalb weniger Tage durch die Medikamentation mit Prednisolon erreicht werden. Bei der klinischen Untersuchung am 16. Januar 2016 war keine Entzündung festzustellen. Eine abschließende Prognose, Verlaufseinschätzung und Therapieempfehlung konnte nicht abgegeben werden. Der augenärztliche Befundbericht vom 26. Februar 2016 bescheinigt ebenfalls einen stabilen Befund. Die Prognose lautet, dass langfristig weitere Therapien erforderlich sein werden, da sonst eine Bedrohung des Sehvermögens bis hin zur Erblindung wahrscheinlich sein werde.
Für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG ist jedoch erforderlich, dass sich die vorhandene Erkrankung des Ausländers aufgrund zielstaatsbezogener Umstände in einer Weise verschlimmert, die zu einer erheblichen und konkreten Gefahr für Leib oder Leben führt, d. h., dass eine wesentliche Verschlimmerung der Erkrankung alsbald nach Rückkehr des Ausländers droht (OVG Rheinland-Pfalz, U. v. 16.12.2015 – 10 A 10689/15 – juris Rn. 54; BVerwG, U. v. 22.3.2012 – 1 C 3.11 – juris Rn. 34). Eine solche konkrete gravierende Verschlechterung des Gesundheitszustandes ist jedoch durch die vorgelegten augenärztlichen Befunde nicht hinreichend belegt, worauf sowohl das Bundesamt als auch das Verwaltungsgericht hingewiesen haben. Zum einen steht nicht fest, dass es überhaupt zu einer erneuten Verschlechterung des Sehvermögens durch eine Entzündung kommt. Zum anderen hat die Antragstellerin auch nicht belegt, dass entgegen der Auskunft des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge eine Behandlung der Erkrankung in ihrem Heimatland nicht möglich ist. Das Bundesamt hat in seiner Stellungnahme ausgeführt, dass in der Hauptstadt der Mongolei eine Privatklinik für spezielle Augenbehandlungen bekannt und das bisher eingesetzte Immunsuppressivum Prednisolon dort verfügbar ist. Demgegenüber stammen die von der Antragstellerin vorgelegten Bescheinigungen, wonach die Behandlung der Erkrankung der Antragstellerin in der Mongolei völlig unbekannt sei, aus dem Jahr 2013 von anderen Kliniken. Die Bescheinigung der O.-Augenklinik vom 24. Juni 2013 sagt nichts über die Behandlungsmöglichkeit der Erkrankung in dieser Klinik aus. Es wird lediglich bestätigt, dass die Antragstellerin momentan auf eigenen Wunsch am Klinikum der Universität M. behandelt werde und diese Behandlung in der Mongolei nicht durchgeführt werden könne. Zum Zeitpunkt der Ausstellung dieser Bescheinigung am 24. Juni 2013 befand sich die Antragstellerin aber bereits im Bundesgebiet. Sie war am 2. Mai 2013 mit einem vom 25. April 2013 bis zum 24. Oktober 2013 gültigen Schengen-Visum eingereist und hatte sich laut des Schreibens der Klinik der Universität M. vom 18. Juni 2013 am 14. Juni 2013 dort in Behandlung befunden. Der O.-Augenklinik war offensichtlich bei Ausstellung der Bescheinigung am 24. Juni 2013 die Diagnose der Augenklinik in M. nicht bekannt. Sie ist jedenfalls im Gegensatz zu den von den anderen Kliniken in der Mongolei und in China angegebenen Diagnosen in der Bescheinigung nicht erwähnt. Die Aussagen zur Behandelbarkeit der Erkrankung der Antragstellerin in dieser Klinik sind daher nicht hinreichend belastbar.
Da die Antragsgegnerin der Antragstellerin zugesichert hat, ihren Aufenthalt bis drei Monate nach der Geburt zu dulden, ist es der Antragstellerin auch noch möglich, die im Befundbericht vom 26. Februar 2016 angesprochene Wiedervorstellung in der Augenklinik nach Beendigung der Schwangerschaft durchzuführen.
2. Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Klageverfahren auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis (M 9 K 15.5834) und des diesbezüglichen Antrags nach § 80 Abs. 5 VwGO (M 9 S 16.102) hat das Verwaltungsgericht zu Recht abgelehnt, weil die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nach § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO und die Beiordnung eines Rechtsanwalts nach § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. § 121 Abs. 2 ZPO nicht erfüllt sind.
Nach diesen Vorschriften erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht aufbringen kann, Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Die Rechtsverfolgung der Antragstellerin bietet aber in dem für die Entscheidung über den Prozesskostenhilfeantrag maßgeblichen Zeitpunkt der Bewilligungsreife (vgl. BayVGH, B. v. 11.2.2014 -10 C 13.2241 – juris Rn. 2 m. w. N.) keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.
Das Verwaltungsgericht hat den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage der Antragstellerin zu Recht abgelehnt, weil die Klage auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis voraussichtlich ohne Erfolg bleiben wird (siehe 1.), so dass auch der diesbezügliche Prozesskostenhilfeantrag abzulehnen war. Entgegen dem Vorbringen im Beschwerdeverfahren sind die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens M 9 K 15.5834 auch im Zeitpunkt der Bewilligungsreife des Prozesskostenhilfeantrags nicht offen. Die nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG für die Bejahung eines Abschiebungshindernisses erforderliche konkrete Gefahr einer gravierenden Verschlechterung der Krankheit alsbald nach der Rückkehr ist durch die vorgelegten augenärztlichen Befundberichte nicht belegt. Einer weiteren Sachaufklärung bedarf es folglich nicht. Daher bestehen auch keine hinreichenden Erfolgsaussichten für die Hauptsacheklage.
3. Da die Beschwerde der Antragstellerin gegen die Ablehnung ihres Antrags nach § 80 Abs. 5 VwGO in Nr. I. des Beschlusses des Verwaltungsgerichts vom 15. Februar 2016 ohne Erfolg bleibt (siehe 1.), kann auch für das Beschwerdeverfahren 10 CS 16.485 Prozesskostenhilfe nicht bewilligt werden.
Aus diesen Gründen sind die Beschwerden mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen. Einer Kostenentscheidung hinsichtlich des Prozesskostenhilfeverfahrens bedarf es nicht. Weder fallen Gerichtskosten an, noch können Kosten erstattet werden (§ 166 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 118 Satz 4 ZPO).
Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren 10 CS 16.485 beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1 und § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 2 GKG. Da im Verfahren 10 C 16.486 Gerichtskosten nicht erhoben werden, ist insoweit eine Streitwertfestsetzung entbehrlich.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).