Verwaltungsrecht

Anforderungen an eine Zulassung der Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung

Aktenzeichen  9 ZB 20.30142

Datum:
20.1.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 1161
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG § 78 Abs. 3 Nr. 1
EMRK Art. 3
AufenthG § 60 Abs. 7 S. 1

 

Leitsatz

Tritt das Zulassungsvorbringen den Gründen des erstinstanzlichen Urteils nicht substantiiert entgegen, setzt es sich nicht mit den eingeführten Erkenntnismitteln auseinander und legt es auch nicht anhand überprüfbarer Hinweise auf vom Verwaltungsgericht nicht berücksichtigte Tatsachen- und Erkenntnisquellen dar, warum die aufgeworfene Frage im Berufungsverfahren zu einer vom angefochtenen Urteil abweichenden Entscheidung führen könnte, fehlt es an der Darlegung der grundsätzlichen Klärungsbedürftigkeit (Rn. 3). (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

RN 14 K 18.31595 2019-11-12 Urt VGREGENSBURG VG Regensburg

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.
Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Die Berufung ist nicht wegen der geltend gemachten grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zuzulassen (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG).
Die Zulassung der Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache setzt voraus, dass eine konkrete noch nicht geklärte Rechts- oder Tatsachenfrage aufgeworfen wird, deren Beantwortung sowohl für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von Bedeutung war als auch für die Entscheidung im Berufungsverfahren erheblich sein wird und die über den konkreten Fall hinaus wesentliche Bedeutung für die einheitliche Anwendung oder für die Weiterentwicklung des Rechts hat. Zur Darlegung dieses Zulassungsgrundes ist eine Frage auszuformulieren und substantiiert anzuführen, warum sie für klärungsbedürftig und entscheidungserheblich (klärungsfähig) gehalten und aus welchen Gründen ihr Bedeutung über den Einzelfall hinaus zugemessen wird (BayVGH, B.v. 18.11.2019 – 9 ZB 19.33872 – juris Rn. 2 m.w.N.). Dem wird das Zulassungsvorbringen nicht gerecht.
Hinsichtlich der aufgeworfenen Frage, ob aufgrund der schlechten humanitären Bedingungen in Sierra Leone die Rahmenbedingungen eine Gefahrenlage begründen, die zu einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK führen kann, fehlt es an der Darlegung der grundsätzlichen Klärungsbedürftigkeit. Das Verwaltungsgericht hat auf die schwierigen wirtschaftlichen Bedingungen in Sierra Leone abgestellt und ist davon ausgegangen, dass der Kläger als junger, gesunder und arbeitsfähiger Mann, der über Schulbildung verfügt und als Mofataxifahrer gearbeitet habe, in der Lage sein wird, bei Rückkehr nach Sierra Leone seinen Lebensunterhalt sicherzustellen. Abgesehen davon, dass das Zulassungsvorbringen dem nicht substantiiert entgegentritt, setzt es sich nicht mit den eingeführten Erkenntnismitteln auseinander und legt auch nicht anhand überprüfbarer Hinweise auf vom Verwaltungsgericht nicht berücksichtigte Tatsachen- und Erkenntnisquellen (z.B. Gutachten, Auskünfte, Presseberichte, andere Gerichtsentscheidungen) dar, warum die aufgeworfene Frage im Berufungsverfahren zu einer vom angefochtenen Urteil abweichenden Entscheidung führen könnte (vgl. BayVGH, B.v. 31.10.2018 – 9 ZB 18.32733 – juris Rn. 13 m.w.N.).
Dies gilt auch in Bezug auf das umfangreiche Zulassungsvorbringen dazu, dass es an der erforderlichen Auseinandersetzung mit den in Sierra Leone verbreiteten Geheimbünden und deren Gefährlichkeit fehle. Der Hinweis auf einen im Jahr 2012 herausgegebenen Reiseführer und mehrere noch ältere Quellen genügt nicht, um eine gewisse Wahrscheinlichkeit aufzuzeigen, dass sich hieraus ein Abschiebungsverbot für den Kläger ergibt. Darüber hinaus bleibt trotz des umfangreichen Zulassungsvorbringens unbeantwortet, wieso die Existenz von Geheimbünden in Sierra Leone im Zusammenhang mit der Beurteilung der dortigen humanitären Bedingungen eine Rolle spielen soll und überhaupt entscheidungserheblich sein kann. Solcher Angaben hätte es jedoch bedurft, nachdem der Kläger eine Gefährdung durch einen Geheimbund im Asylverfahren nicht vorgetragen hat. Nur entscheidungserhebliche Fragen können eine grundsätzliche Bedeutung begründen (vgl. BayVGH, B.v. 26.2.2019 – 9 ZB 19.30057 – juris Rn. 4).
Soweit der Kläger im Rahmen seines Zulassungsvorbringens die medizinische Versorgungslage in Sierra Leone anführt, ist ebenfalls nicht nachvollziehbar dargetan, wie diese die Entscheidungserheblichkeit der als grundsätzlich klärungsbedürftig aufgeworfenen Frage begründen könnte. Das Verwaltungsgericht hat für den Kläger gerade keine Erkrankungen festgestellt hat, die zu einem Abschiebungshindernis nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG führen könnten.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden nicht erhoben (§ 83b AsylG).
Mit der gemäß § 80 AsylG unanfechtbaren Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG).

Jetzt teilen:

Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen