Aktenzeichen 6 ZB 16.798
BayKAG Art. 5 Abs. 1 S. 1, S. 3
BauBG § 129 Abs. 1
Leitsatz
1 Bei der Beurteilung der Angemessenheit angefallener Kosten für den Straßenausbau steht der Gemeinde – wie im Erschließungsbeitragsrecht – ein weiter Beurteilungsspielraum zu. (redaktioneller Leitsatz)
2 Verbindet die Gemeinde Kanalbaumaßnahmen mit dem Straßenausbau, werden dadurch Kosten erspart; es ist sachgerecht, die im jeweiligen Verlegebereich liegenden Asphaltflächen anteilig den beiden Sparten zuzuordnen. (redaktioneller Leitsatz)
3 Dient der Regenwasserkanal sowohl der Straßenentwässerung als auch der Entwässerung der anliegenden Grundstücke, ist es sachgerecht, die Hälfte der Kosten der Straßenentwässerug, die andere Hälfte der Grundstücksentwässerung zuzurechnen. (redaktioneller Leitsatz)
Verfahrensgang
AN 3 K 14.1562 2016-03-03 Urt VGANSBACH VG Ansbach
Tenor
I.
Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 3. März 2016 – AN 3 K 14.1562 und AN 3 K 14.1557 – wird abgelehnt.
II.
Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.
III.
Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 11.741,27 € festgesetzt.
Gründe
Der Antrag des Klägers, die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zuzulassen, bleibt ohne Erfolg. Denn die vom Kläger innerhalb der Begründungsfrist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO geltend gemachten Zulassungsgründe, auf deren Prüfung der Senat beschränkt ist, liegen nicht vor (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO).
1. An der Richtigkeit des angegriffenen Urteils bestehen keine ernstlichen Zweifel im Sinn von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Dieser Zulassungsgrund wäre gegeben, wenn vom Rechtsmittelführer ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung des Verwaltungsgerichts mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt würde (vgl. BVerfG, B.v. 23.6.2000 – 1 BvR 830/00 – NVwZ 2000, 1163/1164; B.v. 23.3.2007 – 1 BvR 2228/02 – BayVBl 2007, 624). Das ist nicht der Fall.
Die beklagte Gemeinde hat mit Bescheiden vom 23. November 2012 gegenüber dem Kläger als Eigentümer der Grundstücke FlNr. 867 und FlNr. 869 für die Erneuerung der Ortsstraße Schulanger Straßenausbaubeiträge in Höhe von 11.114,35 € und 626,92 € festgesetzt. Den Bescheiden liegt ein Beitragssatz von jeweils 6,1463 €/m² zugrunde. Mit Widerspruchsbescheid vom 25. August 2014 wies das Landratsamt Nürnberger Land die vom Kläger erhobenen Widersprüche zurück. Das Verwaltungsgericht hat mit Urteil vom 3. März 2016 die Klagen gegen beide Bescheide abgewiesen.
Die mit dem Zulassungsantrag erhobenen Rügen des Klägers gegen die Höhe des beitragsfähigen Aufwands begründen keine Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils, denen in einem Berufungsverfahren weiter nachzugehen wäre.
Der Einwand des Klägers, dass die „Abrechnung und Verteilung der Kosten nicht zutreffend sein“ könne und „nicht nachvollziehbar und fehlerhaft“ sei, ist als neuer Sachvortrag innerhalb der Antragsbegründungsfrist zwar zulässig, bleibt aber in der Sache ohne Erfolg.
Bei der Beurteilung der Frage, ob angefallene Kosten für die Erneuerung einer Straße angemessen sind, steht der Gemeinde – wie im Erschließungsbeitragsrecht, vgl. Art. 5a Abs. 9 KAG i. V. m. § 129 Abs. 1 Satz 1 BauGB – ein weiter Beurteilungsspielraum zu. Die Gemeinde ist weder gehalten, die kostengünstigste Ausbaumöglichkeit zu wählen noch alle – etwa vergleichbaren – Ortsstraßen in gleicher Weise auszubauen. Die Angemessenheit entstandener Kosten kann angesichts dessen nur dann ausnahmsweise verneint werden, wenn sich die Gemeinde bei der Vergabe der Aufträge oder der Durchführung einer Baumaßnahme offensichtlich nicht an das Gebot der Wirtschaftlichkeit gehalten hat und dadurch augenfällige Mehrkosten entstanden sind, d. h., wenn die Kosten in für die Gemeinde erkennbarer Weise eine grob unangemessene Höhe erreichen, also sachlich schlechthin unvertretbar sind (ständige Rechtsprechung, vgl. BVerwG, U.v. 30.1.2013 – 9 C 11.11 – juris Rn. 24; BayVGH, U.v. 11.12.2003 – 6 B 99.1270 – juris Rn. 34, 35; Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 9. Aufl. 2012, § 33 Rn. 46).
Gemessen an diesem Maßstab hat der Kläger die für den Ausbau der Ortsstraße Schulanger angefallenen Kosten nicht mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt.
a) Ohne Erfolg bleibt der Einwand des Klägers, dass die Kosten für den Straßenbau nicht vollständig in der Position Straßenbau enthalten, sondern auch anteilig auf die Positionen Schmutzwasserkanal, Regenwasserkanal und Wasserleitung aufgeteilt seien. So seien zum Beispiel in der Position Regenwasserkanal reine Straßenbaukosten in Höhe von 1.911,98 €, in der Position Schmutzwasserkanal in Höhe von 6.827,89 € und in der Position Wasserleitung in Höhe von 8.908,00 € enthalten, hinzu kämen jeweils anteilige Kosten für die Baustelleneinrichtung, Arbeiten im Rohrgraben und allgemeine Arbeiten.
Es ist schon im Ansatz nicht erkennbar, inwieweit der Kläger, der sich mit dem vorliegenden Zulassungsantrag gegen die Festsetzung eines Straßenausbaubeitrags wendet, dadurch beschwert sein soll, dass gewisse Rechnungspositionen nicht im Rahmen des Straßenausbaubeitrags umgelegt worden sind. Abgesehen davon ist zu berücksichtigen, dass die Beklagte nicht nur die Straße Schulanger erneuert, sondern gleichzeitig einen Anschluss der Anwesen an die öffentliche Entwässerungsanlage (Regenwasser- und Schmutzwasserkanal) vorgenommen sowie die Wasserleitung erneuert hat. Verbindet eine Gemeinde – wie hier – eine (über das Anschlussbeitragsrecht abzurechnende) Kanalbaumaßnahme wie die erstmalige Anlage eines Kanals oder dessen Erneuerung derart mit einer Straßenausbaumaßnahme, dass sie nicht nach der Verlegung des (neuen) Kanals die Fahrbahn zunächst in ihrem früheren Zustand wiederherstellt, sondern unter Ausnutzung der für den Kanal erforderlichen Arbeiten zugleich den Neuausbau der Fahrbahn vornimmt, werden dadurch Kosten erspart. Es ist deshalb sachgerecht, die im jeweiligen Verlegebereich der Rohrgräben für Wasserleitung, Regenwasser- und Schmutzwasserkanal liegenden Asphaltflächen anteilig den jeweiligen Sparten zuzuordnen (vgl. im einzelnen Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, § 33 Rn. 26 ff.). Auch ist nicht zu beanstanden, dass von den Kosten des Regenwasserkanals, der sowohl der Straßenentwässerung als auch der Entwässerung der anliegenden Grundstücke dient (Trennkanalisation), die Hälfte in den beitragsfähigen Aufwand für die Straßenentwässerung aufgenommen und die andere Hälfte der Grundstücksentwässerung zugerechnet wurde (Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 9. Aufl. 2012, § 33 Rn. 23).
b) Die Vermessungskosten betrugen nach der Rechnung des Vermessungsamts 3.082,83 €. Hinzu kamen die Gebühren der Feldgeschworenen in Höhe von 133,60 €, insgesamt also 3.216,43 €. Das ist genau der Betrag, den die Beklagte nach den Ausführungen des Klägers der Abrechnung zugrunde gelegt hat.
c) Die seitens des Klägers erhobenen Rügen zu den Positionen „Schmutzwasser“ und „Wasserleitung“ gehen schon deshalb fehl, weil sie für den Straßenausbaubeitrag nicht von Bedeutung sind, sondern allenfalls für das hier nicht inmitten stehende Anschlussbeitragsrecht relevant sein können.
d) Nicht überzeugen kann schließlich der Einwand des Klägers, aus der Rechnung für den Straßenbau ergäben sich Ungereimtheiten unter anderem hinsichtlich der verrechneten Flächen für die Positionen „Boden lösen“, „Untergrund verdichten“, „Frostschutz“, „Bitu-Bindemittel“ und „Granitplatten“, woraus sich eine „eindeutige Verschiebung der Kosten zulasten der Position Straßenbau“ ablesen lasse.
Aus dem gesamten Vortrag des Klägers hierzu ergeben sich jedenfalls keinerlei greifbare Anhaltspunkte, dass die Kostenrechnung nach dem anzulegenden Maßstab „in für die Gemeinde erkennbarer Weise eine grob unangemessene Höhe erreichen“ würde, die „sachlich schlechthin unvertretbar“ wäre. Die von ihm genannten „Ungereimtheiten“ resultieren unter anderem daraus, dass der Kläger reine Flächenangaben (in m²) mit Masseangaben (in m³) vergleicht (zum Beispiel bei den Positionen „Boden lösen“ und „Frostschutz“ (Nr. 6.01 und 6.03 der Schlussrechnung vom 21.1.2009). Die Ingenieurgesellschaft mbH für Wasserwirtschaft, Straßenbau und Tiefbau R. führt zu den Rügen des Klägers in ihrer Stellungnahme vom 29. Juni 2016 in schlüssiger und nachvollziehbarer Weise aus, dass die vom Kläger vorgenommene pauschale Massenermittlung nach dem Ansatz aus Fläche mal Regeltiefe grundlegend falsch sei und die genaue Massenermittlung nur, wie geschehen, über die jeweiligen Aufmaßblätter nachvollzogen werden könne. Zudem resultierten die unterschiedlichen Flächengrößen von Asphaltdeckschicht, bituminöser Tragschicht und den zugehörigen Kubaturen für Boden lösen, Verdichten, Frostschutzmaterial etc. im Wesentlichen daraus, dass der Kläger die im Einmündungsbereich Hersbruckerstraße/Gartenstraße ausgeführten Arbeiten für die notwendige Einbindung der neu erstellten Abwasserdruckleitungen in den neu erstellten Schacht und für die Einbindung der neu erstellten Wasserleitung an das dortige Schieberkreuz außer Acht lasse. Dem setzt der Kläger nichts entgegen. Wie dem Senat aus einer Vielzahl beitragsrechtlicher Verfahren bekannt ist, liegt der den angefochtenen Beitragsbescheiden vom 23. November 2012 zugrundeliegende Beitragssatz von 6,1463 € pro m² Grundstücksfläche im Übrigen im unteren Kostenbereich.
2. Die Rechtssache weist aus den unter 1. genannten Gründen keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten auf (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO).
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47, § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit ihm wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).