Aktenzeichen 1 ZB 17.2371
VwGO § 152a Abs. 1 S. 1
Leitsatz
Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs liegt nicht vor‚ wenn das Gericht dem zur Kenntnis genommenen und in Erwägung gezogenen Vorbringen nicht folgt‚ sondern das Vorbringen aus Gründen des formellen oder materiellen Rechts unberücksichtigt lässt oder zu einem anderen Ergebnis gelangt, als der Beteiligte es für richtig hält. Das Gericht ist auch nicht verpflichtet‚ sich mit jedem Vorbringen in den Entscheidungsgründen ausdrücklich zu befassen (hier bezüglich Antrag auf bauaufsichtsrechtliches Einschreiten). (Rn. 3) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I. Die Anhörungsrüge wird zurückgewiesen.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Gründe
Die Anhörungsrüge hat keinen Erfolg.
Nach § 152a Abs. 1 Satz 1 VwGO ist auf Rüge eines durch die Entscheidung beschwerten Beteiligten das Verfahren fortzuführen‚ wenn ein Rechtsmittel oder anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist und das Gericht den Anspruch des Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat. Die Rüge ist innerhalb von zwei Wochen nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs zu erheben (§ 152a Abs. 2 Satz 1 VwGO). Die Anhörungsrüge gegen den Beschluss vom 7. November 2017‚ mit dem das Gericht den Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung abgelehnt hat‚ ist statthaft und fristgerecht erhoben. Entgegen den Ausführungen der Beigeladenen ist die Zweiwochenfrist eingehalten‚ da der Schriftsatz des Klägers vorab mit Telefax vom 29. November 2017 eingegangen ist. Eine Verletzung des Anspruchs des Klägers auf rechtliches Gehör liegt aber nicht vor oder ist nicht dargelegt.
Der in Art. 103 Abs. 1 GG verbürgte Anspruch auf rechtliches Gehör verpflichtet das Gericht‚ die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs liegt nicht vor‚ wenn das Gericht dem zur Kenntnis genommenen und in Erwägung gezogenen Vorbringen nicht folgt‚ sondern das Vorbringen aus Gründen des formellen oder materiellen Rechts unberücksichtigt lässt oder zu einem anderen Ergebnis gelangt, als der Beteiligte es für richtig hält. Das Gericht ist auch nicht verpflichtet‚ sich mit jedem Vorbringen in den Entscheidungsgründen ausdrücklich zu befassen (vgl. BVerfG‚ B.v. 24.2.2009 – 1 BvR 188/09 – NVwZ 2009‚ 580; B.v. 12.11.2008 – 1 BvR 2788/08 – NJW 2009‚ 907; BVerwG‚ B.v. 17.6.2011 – 8 C 3.11 u.a. – juris Rn. 3).
Der Kläger macht geltend‚ dass im Zulassungsverfahren auch vorgetragen worden sei‚ dass die im Jahr 1998 errichtete Betonpalisade als Sockel und Fundament der Grenzgarage in deren Höhe einzurechnen sei und damit keine Geländeoberfläche im Sinn des Art. 6 Abs. 4 Satz 2 BayBO bilden könne. Dieses Vorbringen sei vom Gericht übergangen worden‚ es fehle jegliche Erwägung. Mit diesen Ausführungen wird ein Gehörsverstoß nicht dargetan. Das Gericht hat im Einzelnen begründet‚ dass unterer Bezugspunkt für die Wandhöhe die Oberkante der an der Nachbargrenze errichteten Betonpalisaden ist. Es hat weiter ausgeführt, dass die vom Kläger zur Begründung der genannten Argumentation zitierte Rechtsprechung (VGH BW‚ U.v. 24.3.2014 – 8 S 1938/12 – juris) nicht einschlägig ist. Das Gericht musste daher nicht noch ausdrücklicher erwähnen‚ dass es die Rechtsauffassung des Klägers (Nr. 1c der Zulassungsbegründung) nicht teilt. Art. 103 Abs. 1 GG gewährt keinen Schutz davor‚ dass ein Gericht den Vortrag eines Verfahrensbeteiligten aus Rechtsgründen unberücksichtigt lässt (vgl. BVerfG‚ B.v. 28.8.2014 – 2 BvR 2639/09 – NVwZ 2015‚ 52).
Weiter führt der Kläger aus‚ dass die vom Verwaltungsgericht offengelassene Frage‚ ab welchem Zeitpunkt Geländeaufschüttungen in die Höhenermittlung nach Art. 6 Abs. 4 Satz 2 BayBO einzubeziehen seien‚ grundsätzliche Bedeutung habe. Die grundsätzliche Bedeutung sei im Zulassungsverfahren auch dargelegt worden. Die zeitliche Spanne für den Rückgriff auf das Urgelände, die bisher nach genannten Entscheidungen des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs bei 25 bis 30 Jahren gelegen habe‚ werde durch den Beschluss des Senats relativiert und unter die „Umstände des Einzelfalls“ gestellt. Die Folge seien unüberschaubare Rechtsanwendungsspielräume‚ eine unheitliche Rechtsprechung und Rechtsunsicherheit. Damit legt der Kläger entgegen § 152a Abs. 2 Satz 6 VwGO nicht dar‚ dass das Gericht seinen Anspruch auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat. Er beanstandet vielmehr‚ dass das Gericht seinem Vorbringen nicht gefolgt sei und daher eine entscheidungserheblich aufgeworfene Rechtsfrage unberücksichtigt gelassen habe. Es handelt sich hierbei um Kritik an dem rechtlichen Ergebnis‚ die der Anhörungsrüge nicht zum Erfolg verhelfen kann (vgl. BVerwG‚ B.v. 30.9.2009 – 7 C 15.09 u.a. – juris Rn. 2). Soweit sich der weitere Vortrag‚ dass die Umstände des Einzelfalls, zu denen erstinstanzlich eingehend vorgetragen worden sei‚ unzureichend gewürdigt worden seien‚ auch darauf beziehen sollte‚ dass dies bei der Prüfung des Zulassungsgrundes des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nicht berücksichtigt worden sei‚ kann mit der Anhörungsrüge nur geltend gemacht werden‚ dass ein konkretes Vorbringen im Zulassungsverfahren nicht beachtet worden sei.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen‚ die die Zurückweisung der Anhörungsrüge beantragt hat‚ sind billigerweise dem Kläger aufzuerlegen (§ 162 Abs. 3 VwGO). Eine Streitwertfestsetzung ist entbehrlich‚ weil für das Verfahren über die Anhörungsrüge eine Festgebühr nach Nr. 5400 des Kostenverzeichnisses (Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG) in Höhe von 60‚- Euro anfällt.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152a Abs. 4 Satz 3 VwGO).