Aktenzeichen B 6 S 18.208
Leitsatz
Tenor
1. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung von Rechtsanwältin … wird abgelehnt.
2. Der Antrag auf Herstellung bzw. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage vom 28.02.2018 (B 6 K 18.209) wird abgelehnt.
3. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
4. Der Streitwert wird auf 2.500 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Der Antragsteller begehrt die Herstellung bzw. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der von ihm erhobenen Klage gegen die Anordnungen des Antragsgegners, in der Ausreiseeinrichtung in … seinen Wohnsitz zu nehmen und sich nur im Stadtgebiet … aufzuhalten und die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes.
Der ledige Antragsteller, ein Perser, ist iranischer Staatsangehöriger. Er reiste am 28.01.2016 erstmals ohne Visum und Reisepass ins Bundesgebiet ein und führte dabei einen Führerschein und eine Wehrdienstkarte mit sich. Am 08.02.2016 stellte er einen Asylantrag. Am gleichen Tag erhielt er eine Aufenthaltsgestattung, die später bis 24.11.2016 verlängert wurde. Mit Bescheid vom 06.04.2016 wurde er ab 12.04.2016 dem Landkreis … zugewiesen und zunächst verpflichtet, seinen Wohnsitz in der Unterkunft der Kreisverwaltungsbehörde in … zu nehmen. Zuständige Ausländerbehörde ist die Regierung von …- Zentrale Ausländerbehörde, Dienststelle … (ZAB).
Nach vorheriger Anhörung am 02.06.2016 lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) mit Bescheid vom 16.06.2016 den Antrag auf Asylanerkennung ab (Ziff. 2), erkannte weder die Flüchtlingseigenschaft noch subsidiären Schutz zu (Ziff. 1 und 3) und stellte fest, dass keine nationalen Abschiebungsverbote vorliegen (Ziff. 4). Außerdem forderte die Behörde den Antragsteller auf, die Bundesrepublik Deutschland 30 Tage nach dem unanfechtbaren Abschluss des Asylverfahrens zu verlassen, andernfalls er in den Iran abgeschoben werde (Ziff. 5) und befristete das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung (Ziff.6). Die dagegen erhobene Klage wies das Verwaltungsgericht Bayreuth mit Urteil vom 15.09.2016 ab, das am 27.10.2016 rechtskräftig wurde (B 2 K 16.30873).
Bei einer Vorsprache am 28.12.2016 wies der Antragsgegner ihn auf seine Pflicht zur Mitwirkung bei der Beschaffung eines Passes oder Passersatzes hin. Dennoch weigerte er sich, dort eine Freiwilligkeitserklärung abzugeben. Nachdem ihm am 22.02.2017 erstmals eine Duldung ausgestellt worden war, erhielt er bereits am 28.02.2017 wieder eine Aufenthaltsgestattung, nachdem er am gleichen Tag einen weiteren Asylantrag gestellt hatte. Mit Bescheid vom 01.03.2017 wurde er verpflichtet, ab 03.03.2018 seinen Wohnsitz in der dezentralen Unterkunft der Kreisverwaltungsbehörde in … zu nehmen.
Mit Bescheid vom 07.04.2017 entschied das Bundesamt auf seinen Folgeantrag hin, dass sein Antrag auf Asylanerkennung abgelehnt wird (Ziff. 2), dass ihm weder die Flüchtlingseigenschaft noch der subsidiäre Schutzstatus zuerkannt wird (Ziff. 1 und 3) und dass keine Abschiebungsverbote vorliegen (Ziff. 4). Weiterhin forderte die Behörde ihn auf, die Bundesrepublik Deutschland 30 Tage nach dem unanfechtbaren Abschluss des Asylverfahrens zu verlassen, andernfalls er in den Iran abgeschoben werde (Ziff. 5). Dieser Bescheid wurde am 27.07.2017 bestandskräftig, die Abschiebungsandrohung am 12.08.2017 vollziehbar. Seinen neuen Aufenthaltsstatus regelte der Antragsgegner zunächst bis 31.01.2018 nicht.
Mit Schreiben vom 24.08.2017 forderte die ZAB den Antragsteller auf Deutsch und auf Persisch auf, bis 18.09.2017 einen gültigen Reisepass vorzulegen. Darauf teilte der Antragsteller am 06.09.2017 schriftlich mit, weil er aus dem Iran geflohen sei und allein dies ihn im Iran zum Verbrecher mache, könne er nicht so einfach in die Iranische Botschaft spazieren und einen Pass verlangen. Damit gefährde er seine Freiheit. Deshalb könne er nicht jetzt und auch nicht später einen Pass vorlegen.
Seit dem 01.11.2017 erhielt der Antragsteller, weil er seiner Mitwirkungspflicht nicht nachkam, nur noch gekürzte monatliche Geldleistungen in Höhe von 151,11 EUR.
Eine Vorladung zur Sicherheitsbefragung auf den 19.10.2017 scheiterte daran, dass dem Antragsteller die per PZU versandte Aufforderung nicht zugestellt werden konnte. Einen Vorsprachetermin am 13.11.2017 bei der ZAB nahm er dagegen wahr. Dabei räumte er ein, er schlafe hier und dort, und weigerte sich, eine Adresse oder Telefonnummer zu nennen unter der er erreichbar sei. Eine Abmeldung in … erfolgte zunächst nicht, weil er sich nach Angaben des Hausmeisters einmal wöchentlich in der Unterkunft aufhielt.
Mit Bescheid vom 16.11.2017 verpflichtete der Antragsgegner ihn, bis zum 20.01.2017 (richtig: 2018) ein zur Einreise in den Iran berechtigendes Dokument (Heimreiseschein, Reisepass) bei der ZAB vorzulegen (Ziff. 1). Weiter ordnete er die sofortige Vollziehung dieser Anordnung an (Ziff. 3) und drohte ein Zwangsgeld in Höhe von 75,00 EUR an (Ziff. 2). Auf die Begründung des Bescheides wird verwiesen. Binnen der gesetzten Frist legte der Antragsteller die verlangten Unterlagen nicht vor.
Den Antrag auf Erteilung einer Duldung der Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers vom 10.01.2018 lehnte der Antragsgegner nach vorheriger Anhörung mit Bescheid vom 31.01.2018 ab. Die ZAB begründete ihre Entscheidung damit, die Abschiebung des Antragstellers sei nicht tatsächlich unmöglich, weil das Abschiebungshindernis dadurch beseitigt werden könne, dass er bei der Passbeschaffung mitwirke.
Mit Telefax vom 15.02.2018 erhob der Antragsteller beim Bayerischen Verwaltungsgericht Bayreuth Verpflichtungsklage auf Erteilung einer Duldung (B 6 K 18.163) und begehrte zugleich, gemäß § 123 VwGO den Antragsgegner zu verpflichten, dem Antragsteller bis zur endgültigen Entscheidung im Klageverfahren eine Duldung auszustellen (B 6 E 18.162). Der Antragsgegner verfügte am 07.02.2018 eine Duldung und erstellte am 22.02.2018 eine Duldungsbescheinigung und benachrichtigte den Antragsteller und seien Prozessbevollmächtigte davon. Schließlich nahm er am 08.05.2018 den Bescheid vom 31.01.2018 zurück. Daraufhin erklärten die Beteiligten die Hauptsache jeweils für erledigt und das Gericht stellte die Verfahren mit Beschlüssen vom 29.05.2018 ein.
Mit Bescheid vom 19.02.2018, der seinen Verfahrensbevollmächtigten mit Postzustellungsurkunde am 21.02.2018 bekanntgegeben wurde, verpflichtete die ZAB nach vorheriger Anhörung den Antragsteller, mit Bekanntgabe des Bescheides, spätestens aber bis zum 01.03.2018 seinen Wohnsitz in der Ausreiseeinrichtung, …, … zu nehmen (Ziff. 1) und drohte ihm, wenn er dieser Verpflichtung nicht fristgerecht nachkomme, unmittelbaren Zwang an (Ziff. 2). Außerdem beschränkte die Behörde seinen Aufenthalt räumlich auf das Gebiet der Stadt … (Ziff. 3) und ordnete den Sofortvollzug von Ziffer 3 des Bescheides an (Ziff. 4).
Die Ermessensentscheidung, den vollziehbar ausreisepflichtigen Antragsteller im Wege einer Auflage zu verpflichten, in der Ausreiseeinrichtung seinen Wohnsitz zu nehmen, begründete die Behörde damit, das öffentliche Interesse daran, die vollziehbare Ausreiseverpflichtung durch engere ausländerbehördliche Betreuung in der dafür geschaffenen Ausreiseinrichtung durchzusetzen, überwiege das Interesse des Antragstellers, in seiner bisherigen Unterkunft wohnen zu bleiben. Die Maßnahme sei verhältnismäßig, weil für eine intensivere Betreuung die persönliche kurzfristige Erreichbarkeit des Antragstellers, der eine Verweigerungshaltung an den Tag lege, vonnöten sei. Die Erreichbarkeit einmal in der Woche in der Unterkunft in … bzw. über die Post oder über seine Verfahrensbevollmächtigten genüge nicht. Der Anordnung stehe auch nicht entgegen, dass schon deshalb mit einer zeitnahen Ausreise des Antragstellers nicht zu rechnen sei, weil er sich, allerdings zu Unrecht, weigere, gegenüber der iranischen Auslandsvertretung eine Freiwilligkeitserklärung abzugeben. Er sei verpflichtet, als Ausdruck seiner Ausreisebemühungen diese Erklärung abzugeben. Unmittelbarer Zwang sei anzudrohen, weil eine Zwangsgeldandrohung keinen Erfolg erwarten ließe und die Wohnsitznahme als unvertretbare Handlung nicht mittels Ersatzvornahme durchzusetzen sei.
Die Aufenthaltsbeschränkung werde verfügt, weil der Antragsteller, obwohl es ihm zumutbar ist, an der Beschaffung eines Reisepasses oder eines Heimreisedokuments nicht mitgewirkt habe und kein atypischer Fall vorliege, der verlange, dass insbesondere aus Gründen der Verhältnismäßigkeit von der für den Normalfall vorgesehenen Maßnahme abgesehen werde.
Der Sofortvollzug werde angeordnet, weil der Aufenthalt vollziehbar ausreisepflichtiger Ausländer zeitnah zu beenden sei und deshalb nicht hingenommen werden könne, dass der Antragsteller bis zur Entscheidung in der Hauptsache statt für aufenthaltsbeendende Maßnahmen der Ausländerbehörde zur Verfügung zu stehen, frei wählen könne, wo er sich im Bundesgebiet aufhält.
Auf die ausführliche Begründung des Bescheides wird vollinhaltlich verwiesen.
Mit Telefax vom 28.02.2018 haben die Prozessbevollmächtigten des Antragstellers Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht Bayreuth erhoben und beantragt, den Bescheid vom 19.02.2018 aufzuheben sowie dem Antragsteller Prozesskostenhilfe zu bewilligen. Dieses Verfahren wird unter dem Az. B 6 K 18.209 geführt.
Mit gleichem Telefax vom 28.02.2018 haben sie weiter gemäß § 80 Abs. 5 VwGO beantragt,
die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.
Außerdem haben sie ebenfalls im Telefax vom 28.02.2018 beantragt,
dem Antragsteller Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin …, …, zu bewilligen.
Zur Begründung führen die Prozessbevollmächtigten aus, der Antrag sei zulässig, insbesondere bestehe ein Rechtsschutzbedürfnis. Der Antragsteller sei seit Dezember 2017 immer über Rechtsanwältin … erreichbar gewesen, die zudem brieflich und per E-Mail jederzeit in Kontakt zur Mutter seiner Freundin treten könne. Auch zuvor sei er für die Behörden nicht unbekannten Aufenthalts gewesen, auch wenn er sich nicht 24 Stunden in der Unterkunft in …aufgehalten habe. Nach seiner Abmeldung von Amts wegen Ende Februar habe er sich inzwischen wieder in …ordnungsgemäß angemeldet.
Der Antrag sei aber auch begründet. Bei der Anordnung, den Wohnsitz im Ausreisezentrum zu nehmen, sei der Antragsgegner fälschlicherweise davon ausgegangen, dass der Antragsteller zuvor für die Behörden häufig nicht erreichbar gewesen sei. Außerdem habe er im erforderlichen Umfang mitgewirkt, indem er seinen Führerschein und seine Wehrdienstkarte als Identitätspapiere vorgelegt habe. Zur Beschaffung eines Reisepasses könne er als iranischer Staatsangehöriger nicht gezwungen werden. Er lehne es ab, in den Iran zurückzukehren, weil er davor Angst habe und weigere sich deshalb zu Recht, gegenüber der iranischen Auslandsvertretung zu erklären, er wolle freiwillig in sein Heimatland zurückzukehren. Da darum nicht abzusehen sei, dass ihm die Republik Iran in absehbarer Zeit einen Reisepass oder ein Heimreisedokument ausstellen werde, könne er nicht bereits jetzt gezwungen zu werden, sich in der Ausreiseeinrichtung niederzulassen.
Die Aufenthaltsbeschränkung auf das Stadtgebiet … sei ebenfalls rechtswidrig. Die Argumentation, auf diese Weise sei es möglich, den Antragsteller intensiver und engmaschiger zu betreuen und doch noch dazu zu bringen, mit Erfolg einen Reisepass zu beantragen oder den Antragsgegner in die Lage zu versetzen, ein Passersatzpapier zu erhalten, gehe in die Leere. Kontakt mit dem Antragsteller könne weiterhin nur über seine Rechtsanwältin aufgenommen werden. Außerdem werde er sich weiterhin standhaft weigern, die zwingend erforderliche Freiwilligkeitserklärung abzugeben.
Die für den Prozesskostenhilfeantrag erforderlichen Unterlagen wurden, anders als am 28.02.2018 angekündigt, nicht vorgelegt.
Der Antragsgegner hat beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Zur Begründung wird am 08.05.2018 zur Zulässigkeit des Antrages ausgeführt, der Antragsteller, der Ende Februar von Amts wegen abgemeldet worden sei, habe sich inzwischen wieder in … angemeldet.
Der Antrag sei aber unbegründet. Er habe nicht ausreichend mitgewirkt, weil er sich zu Unrecht geweigert habe, die erforderliche Freiwilligkeitserklärung abzugeben. Jetzt könne er nicht (mehr) entgegenhalten, er könne aus begründeter Furcht nicht in sein Heimatland zurückkehren, weil das Bundesamt insbesondere auch geprüft, habe, ob ein Abschiebungsverbot festzustellen sei. An seine ablehnende Entscheidung sei der Antragsgegner gebunden.
Wohnsitzauflage und Aufenthaltsbeschränkung ermöglichten es insbesondere, dass der Antragsteller, nach Kontaktaufnahme zu seiner Bevollmächtigten, kurzfristig beim Antragsgegner vorspreche.
Für die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichts- und die vorgelegte Behördenakte verwiesen.
II.
1. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung von Rechtsanwältin … wird abgelehnt.
Das Gericht kann offenlassen, ob der Antrag schon deshalb keinen Erfolg hat, weil der Antragsteller die dem Antrag gemäß § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO, § 117 Abs. 2 Satz 1 ZPO zwingend beizufügende Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse trotz Erinnerung des Gerichts am 23.04.2018 nicht vorgelegt hat oder ob im Hinblick auf die sich aus der Behördenakte ergebenden wirtschaftlichen Verhältnisse und die im Klageverfahren B 6 K 18.163 vorgelegte Erklärung, die vom 07.02.2018 datiert, zugunsten des Antragstellers davon auszugehen ist, dass er gemäß § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO nicht in der Lage ist, die Kosten der Prozessführung aufzubringen. Der Antrag hat nämlich schon deshalb keinen Erfolg, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung, wie sich aus den folgenden Ausführungen ergibt, keine Aussicht auf Erfolg bietet (§ 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO, § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
2. Der Antrag ist zulässig, aber unbegründet.
a) Der Antrag ist zulässig.
Gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO in Verbindung mit § 84 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AufenthG ist der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Anfechtungsklage gegen die kraft Gesetzes sofort vollziehbare Auflage, in der Ausreiseeinrichtung in … Wohnung zu nehmen (Ziffer 1 des Bescheides vom 19.02.2018), statthaft .
Zum Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts ist der Antrag auch ordnungsgemäß erhoben.
Nachdem nach seiner amtlichen Abmeldung in … Ende Februar Zweifel bestanden, ob der Antragsteller mit der Angabe der dortigen Unterkunft i.S.v. § 82 Abs. 1 Satz 1 VwGO ausreichend bezeichnet ist, wurde auf Betreiben des Gerichts dargelegt, dass der Antragsteller sich dort wieder ordnungsgemäß angemeldet hat und sich jedenfalls zeitweise dort aufhält.
Der Antragsteller hat auch ein Rechtsschutzinteresse, weil er glaubhaft gemacht hat, dass er das Antragsverfahren weiterverfolgt und mit seiner Prozessbevollmächtigten, ggf. über die Mutter seiner Freundin, in regelmäßigem Kontakt steht (vgl. dazu BayVGH, B. v. 29.07.2014 – 10 CE 14.1523 – juris Rn.17).
b) Der Antrag ist aber unbegründet.
aa) Das Interesse des Antragstellers daran, vorläufig nicht in der Ausreiseeinrichtung in … Wohnung nehmen zu müssen, überwiegt nicht ausnahmsweise das kraft Gesetzes (§ 84 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AufenthG) im Regelfall bestehende öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der Auflage, in einer Ausreiseeinrichtung Wohnung zu nehmen, weil nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes lediglich gebotenen summarischen Überprüfung der Sach- und Rechtslage die dagegen erhobene Anfechtungsklage mit überwiegender Wahrscheinlichkeit keinen Erfolg haben wird. Mit einer Aufhebung der angeordneten Wohnsitzauflage ist gemäß § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO nicht ernsthaft zu rechnen, weil sie aller Voraussicht nach rechtmäßig und der Antragsteller dadurch nicht in seinen Rechten verletzt ist.
Gemäß § 61 Abs. 1e AufenthG können gegenüber einem vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländer weitere Auflagen, d.h. andere als die in § 61 Abs. 1c – 1d AufenthG vorgesehenen, angeordnet werden. Dazu gehört auch die Auflage, in einer Ausreiseeinrichtung Wohnung zu nehmen. Dies lässt sich aus § 84 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AufenthG ableiten. Denn dort ist geregelt, dass eine Klage gegen die Auflage nach § 61 Absatz 1e AufenthG, in einer Ausreiseeinrichtung Wohnung zu nehmen, keine aufschiebende Wirkung hat. Das setzt voraus, dass eine entsprechende Auflage auf § 61 Absatz 1e AufenthG gestützt werden kann.
aaa) Der Antragsteller ist zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung vollziehbar ausreisepflichtig, weil sein Asylverfahren rechtskräftig abgeschlossen ist (§ 58 Abs. 2 Satz 2 AufenthG in Verbindung mit § 67 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 AsylG).
bbb) Damit war die Ausländerbehörde befugt, nach ihrem Ermessen zu entscheiden, ob sie die Auflage, in einer Ausreiseeinrichtung Wohnung zu nehmen, anordnet oder nicht. Das Gericht prüft gemäß § 114 Satz 1 VwGO nur, ob die Anordnung rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Beides ist vorliegend nach summarischer Prüfung mit überwiegender Wahrscheinlichkeit nicht der Fall.
Ein Überschreiten der gesetzlichen Grenzen des Ermessens ist nicht ersichtlich. Insbesondere ist die Ausreiseeinrichtung in …, in der der Antragsteller Wohnung nehmen soll, unstreitig eine Ausreiseeinrichtung im Sinne des § 84 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AufenthG i. V. m. § 61 Abs. 1e und Abs. 2 AufenthG.
Ferner hat im Rahmen der summarischen Prüfung die ZAB von ihrem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung entsprechenden Weise unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes Gebrauch gemacht.
Die Ermessenserwägungen knüpfen zutreffend an die Funktionen an, die die Ausreiseeinrichtungen, die die Länder gemäß § 61 Abs. 2 Satz 1 AufenthG für vollziehbar ausreisepflichtige Ausländer schaffen können, gemäß § 61 Abs. 2 Satz 2 AufenthG und nach der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 15/420, Seite 92) erfüllen sollen. Gemäß § 61 Abs. 2 Satz 2 AufenthG soll in den Ausreiseeinrichtungen durch Betreuung und Beratung die Bereitschaft zur freiwilligen Ausreise gefördert und die Erreichbarkeit für Behörden und Gerichte sowie die Durchführung der Ausreise gesichert werden. Nach der Gesetzesbegründung „dienen Ausreiseeinrichtungen als offene Einrichtungen der Unterbringung von Personen, die keine oder unzutreffende Angaben zu ihrer Identität und Staatsangehörigkeit machen und/oder die Mitwirkung bei der Beschaffung von Heimreisedokumenten verweigern.“
Dass die ZAB den Antragsteller diesem Personenkreis zuordnet, ist allem Anschein nach sachgerecht.
Der Antragsteller erfüllt seine Mitwirkungspflicht bei der Beschaffung eines Passes oder Passersatzes, auf die die Behörde ihn wiederholt ausdrücklich hingewiesen hatte, nicht in ausreichendem Umfang. Er weigert sich bis heute zu Unrecht, die geforderte Freiwilligkeitserklärung abzugeben, ohne die die iranische Auslandsvertretung weder einen Reisepass noch ein Passersatzdokument ausstellt.
Gemäß § 49 Abs. 2 Halbs. 2 AufenthG ist jeder Ausländer verpflichtet, die von der Vertretung des Staates, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt, geforderten und mit dem deutschen Recht in Einklang stehenden Erklärungen im Rahmen der Beschaffung von Heimreisedokumenten abzugeben.
Eine solche zumutbare Erklärung, mit der der Antragsteller bekundet, dass er bereit ist, seiner gesetzlichen Ausreisepflicht gemäß § 50 Abs. 2 AufenthG nachzukommen, ist die „Freiwilligkeitserklärung“, die keine Loyalitätsbekundung gegenüber dem iranischen Staat beinhaltet, selbst wenn eine Ausreise nicht seinem inneren Willen entspricht (BVerwG, U. v. 10.11.2009 – 1 C 19.08 – BVerwGE 135, 219/223 = NVwZ 2010, 918/918f. jew. Rn.14f.). Mit diesem von ihm geforderten Verhalten wird nicht in den unantastbaren Kernbereich seines Persönlichkeitsrechts aus Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG eingegriffen, weil von ihm eine Handlung verlangt wird, die seinem Willen widerspricht (so BSG, U. v. 30.10.2013 – B 7 AY 7/12 R – BSGE 114, 302/309 = InfAuslR 2015, 26/29 jew. Rn. 26-28). Denn vom Antragsteller wird lediglich verlangt als Ausdruck seiner Ausreisebemühungen eine Erklärung abzugeben. Dagegen wird er nicht gezwungen, einen entsprechenden Willen im Sinne eines „Heimreisewunsches“ zu bilden (OVG Berlin-Bbg, U.v.15.02.2017 – OVG 3 B 9.16 – juris Rn. 30).
Ist dem Antragsteller damit die Abgabe der Erklärung zuzumuten, steht der Anordnung auch nicht entgegen, dass sie nicht erzwungen werden kann. Zwar kann die Pflicht zur Abgabe der Freiwilligkeitserklärung im Rahmen der aufenthaltsrechtlichen Mitwirkungspflichten weder rechtlich erzwungen noch gegen den Willen des Ausländers durchgesetzt und deshalb strafrechtlich nicht sanktioniert werden (BVerwG, U. v. 10.11.2009 – 1 C 19.08 – BVerwGE 135, 219/223f. = NVwZ 2010, 918/919 jew. Rn. 17 m. w. N.)
Doch wenn sich der Antragsteller weigert, die Freiwilligkeitserklärung abzugeben, hat dieses Verhalten aufenthaltsrechtliche Konsequenzen: Dem Antragsteller ist zwar wegen der tatsächlichen Unmöglichkeit seiner Abschiebung weiterhin gemäß § 60 a Abs. 2 Satz 1 AufenthG eine Duldung zu erteilen. Es darf ihm aber weder die Ausübung einer Erwerbstätigkeit erlaubt (§ 60 a Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 und Satz 2 AufenthG) noch eine Ausbildungsduldung erteilt werden (§ 60 a Abs. 2 Satz 4 AufenthG). Der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG steht dann entgegen, dass er nicht unverschuldet an der Ausreise gehindert ist (§ 25 Abs. 5 Satz 3 AufenthG).
Die Abgabe der Erklärung, die auch im Rahmen einer Vorsprache bei der Ausländerbehörde möglich ist und nicht zwingend einer Vorsprache bei der Auslandsvertretung bedarf, ist auch im Hinblick darauf zumutbar, dass der Antragsteller davon ausgeht, wenn er die Erklärung abgibt, werde es dem Antragsgegner ermöglicht, seine Abschiebung in den Iran voranzutreiben, obwohl er bei einer erzwungenen Rückkehr in Iran um sein Leben fürchtet. Diesen Einwand hat das Bundesamt im Asylerst- und im Asylfolgeverfahren geprüft und ist nicht zu dem Schluss gekommen, dass dem Asylantrag stattzugeben ist bzw. Abschiebverbote festzustellen sind. Darin ist die Ausländerbehörde gemäß § 42 Satz 1 AsylG gebunden.
Weigert sich der Antragsteller damit seiner Mitwirkungspflicht nachzukommen, so handelt der Antragsgegner dem Zweck der Ermächtigung entsprechend, wenn er die Wohnsitznahme in der Aufnahmeeinrichtung in … angeordnet hat. Insbesondere hat er das Übermaßverbot beachtet.
Die getroffene Maßnahme ist geeignet, weil der angestrebte Erfolg zwar nicht in jedem Fall eintreten wird, aber immerhin gefördert werden kann (Sachs in Sachs, Grundgesetz, 8. Aufl. 2018, Art. 20 GG Rn.150 m. w. N.).
Es besteht die Aussicht, dass im Wege einer engeren ausländerbehördlichen Betreuung die gesetzliche Ausreisepflicht durchgesetzt werden kann. Für die Zentrale Ausländerbehörde wird es dadurch wesentlich leichter, den Antragsteller vorzuladen, wenn er in der Ausreiseeinrichtung wohnt, wo die Dienststelle … ihren Sitz hat. Darüber hinaus kann sich die Ausländerbehörde vor einer begleiteten Vorführung vor die Botschaft und vor einer Abschiebung wesentlich leichter Kenntnis davon verschaffen, ob der Antragsteller für sie greifbar ist. Auch ein Untertauchen, das beim Antragsteller, dessen persönlicher Aufenthalt der Behörde jedenfalls von seiner Abmeldung in … Ende Februar bis zu seiner erneuten Anmeldung wochenlang nicht bekannt war, ist bei einer Wohnsitznahme in der Ausreiseeinrichtung zwar nicht unmöglich, aber wesentlich erschwert. Der Antragsteller hat durch sein Verhalten in der Vergangenheit bereits hinreichend gezeigt, dass er für die Behörden (und letztlich auch für seine Rechtsanwälte) nicht im gesetzlich geforderten Maß erreichbar sein will. Dazu genügt eine mehr „indirekte“ Erreichbarkeit über die Mutter seiner Freundin nicht. Sein Verhalten ist damit gerade der Anwendungsfall, für den die gesetzliche Regelung gedacht ist. Dem kann der Antragsteller nicht mit Erfolg entgegenhalten, die Maßnahme sei von vornherein ungeeignet, weil er sich trotz allen Drängens des Antragsgegners, weiterhin beharrlich weigern werde, die unverzichtbare Freiwilligkeitserklärung abzugeben. Ansonsten hätte er es in der Hand, die Maßnahme dadurch ungeeignet und damit unverhältnismäßig zu machen, dass er ankündigt, sie nicht zu befolgen, weil er rechtsirrig und beharrlich die Auffassung vertritt, sie dürfe nicht von ihm verlangt werden. Im Gegenteil spricht seine Verweigerungshaltung gerade dafür, ihm gegenüber entsprechende Maßnahmen durchzuführen.
Die zur Erreichung des damit verfolgten Zwecks geeignete Maßnahme ist auch erforderlich. Der Antragsgegner hat weniger einschneidende Mittel bereits ohne Erfolg angewandt: Er hat den Antragsteller wiederholt aufgefordert, einen Pass oder Passersatzpapiere zu beantragen, einen mit einer konkreten Fristsetzung versehenen, zwangsgeldbewehrten Bescheid zur Vorlage eines Heimreisedokument erlassen und dafür gesorgt, dass ihm die Sozialleistungen gekürzt werden. Nachdem diese Maßnahmen nichts gefruchtet haben, ist es nunmehr erforderlich (geworden), ihn zu verpflichten, seinen Wohnsitz in der zur Vorbereitung und Durchsetzung der Ausreisepflicht geschaffenen Ausreiseeinrichtung zu nehmen.
Die Maßnahme ist auch verhältnismäßig im engeren Sinne. Die Beeinträchtigungen, die mit der Maßnahme verbunden sind, stehen nicht außer Verhältnis zum verfolgten Zweck und sind deshalb bei einer Gesamtbewertung angemessen und dem Antragsteller zumutbar (Sachs a.a.O. Rn. 154).
Der Antragsteller hat seinen Wohnsitz aus dem nur einige Kilometer entfernten … in das Ausreisezentrum zu verlegen und wird damit nicht aus seiner bisherigen näheren Umgebung herausgerissen. Die Antragsgegnerin hat zugesichert, dass sie, bevor Maßnahmen durchgeführt werden, die Prozessbevollmächtigte des Antragsstellers kontaktieren wird. Außerdem wird er in der Einrichtung nicht inhaftiert oder in Gewahrsam genommen, sondern kann das Gelände, sofern er keine Termine bei den Behörden wahrzunehmen hat, jederzeit bei Kontrolle des Ein- und Ausgangs verlassen, um sich in der Stadt … aufzuhalten, und er kann dort tagsüber Besuch empfangen. Diese Einschränkungen erscheinen im Hinblick darauf, dass er seit über 1 ½ Jahren vollziehbar ausreisepflichtig ist und keinerlei Anstalten unternommen hat, diese Pflicht zu erfüllen, in jedem Fall zumutbar.
bb) Der gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO in Verbindung mit Art. 21a Sätze 1 und 2 VwZVG zulässige Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Anfechtungsklage gegen die Androhung unmittelbaren Zwanges für den Fall der Nichterfüllung der Wohnsitzauflage (Ziffer 2 des Bescheides vom 19. 02 .2018) ist nicht begründet.
Das Interesse des Antragstellers daran, vorläufig von der Anwendung unmittelbaren Zwanges verschont zu bleiben, überwiegt nicht ausnahmsweise das kraft Gesetzes (Art. 21a Satz 1 VwZVG) im Regelfall bestehende öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der Zwangsmittelandrohung, weil nach summarischer Überprüfung der Sach- und Rechtslage die dagegen erhobene Anfechtungsklage mit überwiegender Wahrscheinlichkeit keinen Erfolg haben wird. Mit einer Aufhebung der Androhung unmittelbaren Zwanges ist gemäß § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO nicht ernsthaft zu rechnen, weil sie aller Voraussicht nach rechtmäßig und der Antragsteller dadurch nicht in seinen Rechten verletzt ist. Das Gericht folgt den Ausführungen in den Gründen des Bescheides vom 19.02.2018 und sieht insoweit von einer weiteren Darstellung der Gründe ab. Insbesondere hat die ZAB zutreffend begründet, warum die Anwendung der sonstigen zulässigen Zwangsmittel Zwangsgeld, Ersatzvornahme oder Ersatzzwangshaft (§ 29 Abs. 2 VwZVG) keinen zweckentsprechenden und rechtzeitigen Erfolg erwarten lässt (§ 34 Satz 1 VwZVG).
cc) Der gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO in Verbindung mit Ziffer 4 des Bescheides vom 27.12.2017 zulässige Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die räumliche Beschränkung des Aufenthalts des Antragstellers auf das Gebiet der Stadt … (Ziffer 3 des Bescheides vom 19.02.2018) ist unbegründet, weil die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Aufenthaltsbeschränkung formell und materiell rechtmäßig ist.
aaa) Die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Ziffer 3 des Bescheides vom 19.02.2018 (Ziff. 4) ist formell rechtmäßig. Insbesondere wurde das besondere Interesse am Sofortvollzug ausreichend begründet.
Gemäß § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO ist in den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO das besondere (öffentliche; vgl. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO) Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen.
Zu Recht hat der Antragsgegner dazu einzelfallbezogen ausgeführt, es könne nicht hingenommen werden, dass der Antragsteller bis zur Entscheidung in der Hauptsache seinen Aufenthalt in der Bundesrepublik frei wähle. Denn um seinen Aufenthalt zeitnah zu beenden, sei es erforderlich, dass er sich im räumlichen Zuständigkeitsbereich der ZAB, Dienststelle …, aufhalte, damit er für Maßnahmen der Ausländerbehörde im Zusammenhang mit der Beendigung jederzeit greifbar sei.
bbb) Die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Aufenthaltsbeschränkung ist auch materiell rechtmäßig.
Gemäß § 61 Abs. 1c Satz 2 AufenthG soll eine räumliche Beschränkung auf den Bezirk der Ausländerbehörde angeordnet werden, wenn der Ausländer die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe durch vorsätzlich falsche Angaben oder durch eigene Täuschung über seine Identität selbst herbeigeführt oder zumutbare Anforderungen an die Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen nicht erfüllt.
Damit sollen gerade Ausländer, die über ihre Identität täuschen oder die bei der Beschaffung von Heimreisedokumenten nicht ausreichend mitwirken, enger an den Bezirk der Ausländerbehörde gebunden werden, um ggf. sicherzustellen, dass sie für etwaige erforderliche Mitwirkungshandlungen leichter erreichbar sind und um ein mögliches Untertauchen zu erschweren (BT-Drs. 18/11546 S.22).
Liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen vor, wird im Normalfall eine Aufenthaltsbeschränkung angeordnet. Denn wenn ein Gesetz das Wort „soll“ verwendet, kann die Behörde von der für den Normalfall vorgesehenen Rechtsfolge (nur) aus wichtigem Grund oder in atypischen Fällen abweichen. Ein atypischer Fall liegt vor, wenn die Besonderheiten des Einzelfalls ein Abweichen nahelegen. Ob die Voraussetzungen dafür vorliegen, unterliegt voller gerichtlicher Überprüfung (Sachs in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018 § 40 VwVfG Rn. 26, 27 m. w. N.).
Die freiwillige Ausreise und die Abschiebung des seit über 1 ½ Jahren ausreisepflichtigen Antragstellers scheitern daran, dass für ihn weder ein Reisepass noch iranische Ersatzpapiere („Laissez-Passer“) zur Verfügung stehen und ihm deshalb die Einreise verweigert werden wird (Lagebericht des Auswärtigen Amtes, Stand Dezember 2017, S. 24.).
Der Antragsteller hat sich nicht im zumutbaren Umfang darum bemüht, dass ihm ein Reisepass ausgestellt wird, weil er keine Freiwilligkeitserklärung abgegeben.
Der Antragsteller hat auch nicht alles ihm Zumutbare dazu beigetragen, damit der Iran für ihn ein Heimreisedokument ausstellt. Zwar hat er Identitätspapiere in Gestalt eines Führerscheins und einer Wehrdienstkarte vorgelegt. Diese Dokumente reichen jedoch für sich genommen nicht aus. Vielmehr ist es auch für ein iranisches Laissezpasser, das für die Einreise erforderlich ist, weil der Iran EU-Heimreisedokumente nicht anerkannt, unverzichtbar erforderlich, dass eine eigenhändig auf Persisch ausgefüllte, unterschriebene Freiwilligkeitserklärung vorliegt und anschließend gegenüber dem iranischen Konsul im Generalkonsulat in Anwesenheit eines Vertreters der ZAB geäußert wird, dass die Ausreise freiwillig geschieht. Dies hat der Antragsteller bisher verweigert.
bbb) Liegen damit die tatbestandlichen Voraussetzungen vor, war die Antragsgegnerin gehalten, die Aufenthaltsbeschränkung anzuordnen, sofern kein atypischer Fall vorliegt.
Besondere Umstände, die es nahelegen, vom Normalfall abzuweichen, liegen jedoch nicht vor. Insbesondere ist die Anordnung der Aufenthaltsbeschränkung verhältnismäßig.
Die Verpflichtung, den ständigen Aufenthalt im Stadtgebiet … zu nehmen, erscheint nicht ungeeignet, die seit Jahren bestehende Ausreisepflicht durchzusetzen, weil sie dafür sorgt, dass der Antragsteller, will er nicht gegen geltende Rechtsvorschriften verstoßen, laufend im Stadtgebiet … aufhält und damit für die Ausländerbehörde leichter greifbar ist.
Die Anordnung ist auch erforderlich. Alle bisher ergriffenen milderen Mittel – insbesondere die wiederholten Aufforderungen, auch in Gestalt eines Bescheides zur Vorlage eines Reisedokumentes, und die Kürzung der Sozialleistungen – haben keinen Erfolg gebracht. Die weniger weitgehende Verpflichtung, nur den Wohnsitz in der Ausreiseinrichtung in … zu nehmen reicht nicht aus. Die Wohnsitznahmeverpflichtung beinhaltet nur, den gewöhnlichen Aufenthalt dort zu nehmen (vgl. § 61 Abs. 1d Satz 1 AufenthG), während eine Aufenthaltsbeschränkung vorschreibt, sich dauernd dort aufzuhalten, und wiederholte Verstöße dagegen strafrechtlich sanktioniert (§ 95 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 AufenthG).
Die Maßnahme ist schließlich auch verhältnismäßig im engeren Sinne. Zwar greift das Verbot, das Stadtgebiet … ohne vorherige Erlaubnis der Antragsgegnerin zu verlassen, in die über Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG grundrechtlich geschützte körperliche Bewegungsfreiheit des Antragstellers ein. Der auf § 61 Abs. 1c Satz 2 AufenthG gestützte Eingriff in die Bewegungsfreiheit des seit über 1 ½ Jahren ausreisepflichtigen Ausländers ist jedoch insbesondere auch deshalb nicht zu beanstanden, weil der Antragsteller auf Antrag in begründeten Fällen mit Erlaubnis der Ausländerbehörde das Stadtgebiet kurzfristig für einen begrenzten Zeitraum verlassen darf. Im Übrigen hat der Antragsteller auch keine konkreten Einwände gegen die Aufenthaltsbeschränkung geltend gemacht.
3. Der Antragsteller trägt gemäß § 154 Abs. 1 VwGO als unterliegender Teil die Kosten des Verfahrens. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1 in Verbindung mit § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 und 2 GKG (halber Auffangstreitwert).