Verwaltungsrecht

Anspruch auf Aufenthaltserlaubnis, Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis, Räumliche Beschränkung, Untätigkeitsklage, Aufenthaltsbeschränkung, Antrag auf Aufhebung, Klage auf Aufhebung, Verwaltungsgerichte, Ausreisehindernis, Vorläufige Vollstreckbarkeit, Aufenthaltsrechtliche Wirkung, Vollziehbar Ausreisepflichtige, Kostenentscheidung, Abschiebungshindernis, Unerlaubter Aufenthalt, Rechtsmittelbelehrung, Prozeßbevollmächtigter, Untersuchungshaft, Aufenthaltstitel, Anfechtungsklage gegen

Aktenzeichen  M 9 K 19.4616

Datum:
4.3.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 38369
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AufenthG § 25 Abs. 3
AufenthG § 25 Abs. 5
AufenthG § 61 Abs. 1c S. 1 Nr. 1

 

Leitsatz

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen. 
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet. 

Gründe

Die Klage hat keinen Erfolg. Die Untätigkeitsklage auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis ist aufgrund der Rücknahme des Antrags bei der Behörde bereits unzulässig (§ 75 Satz 1 VwGO). Die Klage auf Aufhebung der räumlichen Beschränkung der Duldung ist unbegründet, da die Anordnung rechtmäßig ist und den Kläger nicht dadurch in seinen Rechten verletzt ist (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
1. Die Untätigkeitsklage auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis ist unzulässig. Nach § 75 Satz 1 VwGO ist eine Untätigkeitsklage zulässig, wenn über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden. Die Klage kann nicht vor Ablauf von drei Monaten seit dem Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts erhoben werden, außer wegen besondere Umstände des Falles ist eine kürzere Frist geboten (§ 75 Satz 2 VwGO).
Das Stellen eines Antrags bei der Behörde ist Zulässigkeitsvoraussetzung für eine Untätigkeitsklage. Aufgrund der Gewaltenteilung ist es zunächst Aufgabe der Verwaltung sich mit dem Antrag auseinander zu setzen. Dies gilt unabhängig davon, ob der Verwaltungsakt nur auf Antrag oder auch von Amts wegen erteilt werden kann. Der Antrag kann weder in der Untätigkeitsklage selbst liegen, noch während des Prozesses nachgeholt werden (Rennert in: Eyermann, 15. Aufl. 2019, VwGO § 75 Rn. 5).
Vorliegend fehlt ein vorheriger Antrag bei der Behörde, da der Kläger seinen Antrag am 15. Mai 2019 persönlich zurückgenommen hat. Der Vortrag des Klägers in der mündlichen Verhandlung, dass er seinen Antrag nicht zurückgenommen habe, ist nach dem glaubhaften Aktenvermerk vom 15. Mai 2019 nichtzutreffend. Mit der Wiederholung durch seinen bevollmächtigten Rechtsanwalt meint der Kläger offensichtlich das Schreiben des bevollmächtigten Rechtsanwalts vom 11. April 2019. Dieses Schreiben erfolgte noch vor seiner mündlichen Antragsrücknahme. Nach der mündlichen Antragsrücknahme sind keine weiteren Schreiben von Bevollmächtigten des Klägers eingegangen.
Einer schriftlichen Rücknahme seines Antrags auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis bedurfte es nicht. Für die Rücknahme ist keine besondere Form vorgeschrieben, da auch für den Antrag selbst keine bestimmte Form vorgeschrieben ist (Kluth in: BeckOK AuslR, 24. Ed. 1.11.2019, AufenthG § 81 Rn. 6). Der Antrag auf Aufenthaltserlaubnis kann auch konkludent zurückgenommen werden. Durch eine spätere Klageerhebung „lebt der Antrag auch nicht wieder auf“ (BVerwG, B.v. 3.12.1997 – 1 B 228/97 – juris Rn. 5). Das Verlangen des Beklagten, die Rücknahme noch schriftlich zu bestätigen, diente nur der Beweissicherung.
Darüber hinaus ist die Klage auch unbegründet, da der Kläger keinen Anspruch auf eine Aufenthaltserlaubnis hat (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Nach den allein in Betracht kommenden § 25 Abs. 5 AufenthG und § 25 Abs. 3 AufenthG, auf welche auch der Kläger und sein früherer Bevollmächtigter den Antrag gestützt haben, hat der Kläger keinen Anspruch auf eine Aufenthaltserlaubnis.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf eine Aufenthaltserlaubnis aus § 25 Abs. 5 AufenthG i.V. m. Art. 8 EMRK bzw. Art. 6 GG. Nach § 25 Abs. 5 AufenthG kann einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist.
Die Ausreise des Klägers ist aber weder aus tatsächlichen noch aus rechtlichen Gründen unmöglich. Als Lebenssachverhalt hierzu trägt der Kläger lediglich die rechtlich noch bestehende Ehe zur deutschen Staatsangehörigen Frau K. S. vor.
Es liegt kein unverhältnismäßiger Eingriff in das von Art. 8 EMRK bzw. Art. 6 GG geschützte Familien- und Privatleben vor. Art. 8 EMRK beinhaltet grundsätzlich kein Recht auf Einreise und Aufenthalt in einem bestimmten Staat (Hailbronner, Kommentar Ausländerrecht, Stand: 112. Aktualisierung Dezember 2019, AufenthG, § 25 Rn. 189). Von einem in den Schutzbereich des Art. 8 EMRK fallenden „Privatleben“, dem über die Annahme eines rechtlichen Ausreisehindernisses im Rahmen des § 25 Abs. 5 AufenthG Rechnung zu tragen wäre, kann selbst bei einem in Deutschland geborenen und hier aufgewachsenen Ausländer allenfalls ausgegangen werden, wenn im Einzelfall eine abgeschlossene „gelungene“ Integration in die Lebensverhältnisse in Deutschland, die nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) Grundvoraussetzung für die Annahme eines rechtlichen Ausreisehindernisses auf dieser Grundlage ist, festgestellt wird. Ein konventionswidriger Eingriff in das „Privatleben“ kann nur vorliegen, wenn der Ausländer aufgrund seines (längeren) Aufenthalts über so „starke persönliche, soziale und wirtschaftliche Kontakte“ zum „Aufnahmestaat“ verfügt, dass er aufgrund der Gesamtentwicklung „faktisch zu einem Inländer“ geworden ist, dem ein Leben in dem Staat seiner Herkunft, zu dem er keinen Bezug (mehr) hat, schlechterdings nicht zugemutet werden kann (OVG Saarl, B.v. 24.7.2019 – 2 B 222/19 – juris Rn. 15)
Dabei ist davon auszugehen, dass ein Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels durch einen faktischen langjährigen Aufenthalt ohne Aufenthaltstitel grundsätzlich nicht begründet wird. Die Berufung auf den Schutz eines Privat- und Familienlebens i.S.v. Art. 8 EMRK setzt vielmehr eine aufenthaltsrechtliche Situation voraus, die im Falle eines rechtwidrigen oder lediglich geduldeten Aufenthalts im Allgemeinen nicht gegeben ist (Hailbronner, a.a.O., § 25 Rn. 198 m.w.N.). Ein Anspruch auf Legalisierung eines faktischen langjährigen Aufenthalts unter dem Gesichtspunkt der Achtung des Privatlebens erfordert daher ganz besondere Umstände, die zusätzlich zur Integration (Arbeitsplatz, Sprachkenntnisse, Abwesenheit strafrechtlicher Verurteilung, hinreichende Mittel zum Lebensunterhalt) bzw. Unmöglichkeit der Reintegration in den Staat der Staatsangehörigkeit eine dem Aufenthaltsstaat zurechenbare legitime Erwartung des faktischen Inländers auf den Fortbestand seines Aufenthaltsrechts rechtfertigen (Hailbronner, a.a.O., § 25 Rn. 198 m.w.N.).
Es sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, dass der Kläger in Deutschland verwurzelt ist und eine Abschiebung unzumutbar ist. Der Kläger hält sich zwar seit 2002 wieder in Bundesrepublik auf, allerdings seit 2008 illegal. Er hat lediglich 2003 einzelne Tage in Deutschland gearbeitet. Des Weiteren ist er obdachlos. Er ist diverse Male in Deutschland straffällig geworden. Der Kläger ist in der Türkei geboren und aufgewachsen. Er hat dort mehr als 30 Jahre gelebt. Er spricht die Landessprache. Gründe für eine Unzumutbarkeit des Lebens in der Türkei für den Kläger sind nicht ersichtlich. Es fehlt damit an einer ausreichenden Integration in Deutschland und einer Unzumutbarkeit des Lebens in der Türkei für den Kläger. Außerdem besteht aufgrund des jahrelangen illegalen Aufenthalts kein schützenswertes Vertrauen auf den Fortbestand des Aufenthalts.
Die bloß noch rechtlich bestehende Ehe mit Frau K. S. ist weder von Art. 8 EMRK noch Art. 6 GG geschützt. Auch zukünftig kann nicht mit einem Wiederaufleben der ehelichen Gemeinschaft gerechnet werden, da die Ehefrau keinen Kontakt mehr zum Kläger haben will und außerdem Angst vor dem Kläger hat. Allein das formale Band der Ehe reicht für aufenthaltsrechtliche Ansprüche nicht aus. Erst der bei beiden Eheleuten bestehende Wille, die eheliche Lebensgemeinschaft im Bundesgebiet tatsächlich herzustellen oder aufrechtzuerhalten, löst den Schutz des Art. 6 Abs. 1 GG aus und hat aufenthaltsrechtliche Wirkungen; die Beweislast für das Bestehen dieses Herstellungswillens als einer inneren Tatsache trägt der Ausländer (BVerwG, B.v. 22.5.2013 – 1 B 25.12 – juris m.w.N.).
Aufgrund von § 25 Abs. 3 Satz 2 AufenthG ergibt sich ebenfalls kein Anspruch auf eine Aufenthaltserlaubnis. Danach soll die Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist. § 25 Abs. 5 Satz 2 AufenthG ist nach Wortlaut und Systematik keine eigene Anspruchsgrundlage, sondern eine Modifizierung von Satz 1. Es müssen deswegen die Voraussetzungen des Satzes 1 der Vorschrift zusätzlich erfüllt sein (Maaßen/Kluth in: BeckOK, AuslR, 24. Ed. 1.11.2019, AufenthG § 25 Rn. 152). Da die Tatbestandsvoraussetzungen für Satz 1 (tatsächlich oder rechtliche Unmöglichkeit) bereits nicht erfüllt sind, kommt es nicht darauf an, ob bei Vorliegen der Voraussetzungen ein gebundener Anspruch bestehen würde.
Zuletzt könnte die Anwendung des § 25 Abs. 5 AufenthG bereits deswegen ausgeschlossen sein, da § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG den Aufenthaltszweck Ehe mit einem Deutschen bereits abschließend regelt und deswegen ein Rückgriff auf die Auffangvorschrift ausgeschlossen ist (offen gelassen vom BayVGH, B.v. 30.10.2018 – 10 C 18.1782 – juris Rn. 7). Außer der rein formal bestehenden Ehe hat der Kläger nichts vorgetragen, woraus sich ein Anspruch auf eine Aufenthaltserlaubnis ergeben könnte.
Ein Anspruch auf Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 AufenthG i.V. m. § 60 Abs. 5, Abs. 7 AufenthG besteht nicht.
Der Kläger hat insoweit lediglich eine Erkrankung an Diabetes mellitus Typ II vorgetragen. Er hat nicht erläutert, weshalb sich hieraus ein Abschiebungshindernis ergeben sollte. Nach § 60a Abs. 2c Satz 1 AufenthG wird aber vermutet, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen. Nach § 60a Abs. 2c Satz 2 AufenthG muss der Ausländer eine Erkrankung durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen, an die bestimmte Anforderungen zu stellen sind. Das zweizeilige Attest erfüllt die Voraussetzung nicht. Die ärztliche Bescheinigung soll insbesondere die tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, die Methode der Tatsachenerhebung, die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose), den Schweregrad der Erkrankung, den lateinischen Namen oder die Klassifizierung der Erkrankung nach ICD 10 sowie die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben, enthalten. Zur Behandlung der Erkrankung erforderliche Medikamente müssen mit der Angabe ihrer Wirkstoffe und diese mit ihrer international gebräuchlichen Bezeichnung aufgeführt sein.
Des Weiteren begründet eine Diabetes mellitus Typ II Erkrankung auch kein Abschiebungshindernis, da die Erkrankung nach der Mitteilung des Auswärtigen Amtes vom 18. Dezember 2019 in der Türkei grundsätzlich behandelbar ist (Bl. 29 d. Gerichtsakte).
Andere Anspruchsgrundlagen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis, deren Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt wären, sind nicht ersichtlich.
2. Auch die Klage auf Aufhebung der räumlichen Beschränkung hat keinen Erfolg. Die zulässige Anfechtungsklage ist unbegründet.
a) Statthafte Klageart ist eine Anfechtungsklage gegen die Anordnung der räumlichen Beschränkung in der Duldung vom 11. April 2019.
Nach einer dreimonatigen unterunterbrochenen Duldung gilt nach § 61 Abs. 1b Satz 1 AufenthG die räumliche Beschränkung des Aufenthalts auf das Gebiet eines Landes nicht mehr kraft Gesetzes. Vielmehr muss die Beschränkung durch einen Verwaltungsakt nach § 61 Abs. 1c AufenthG angeordnet werden; nämlich als selbständige belastende Auflage zum begünstigenden Verwaltungsakt der Aussetzung der Abschiebung (vgl. BayVGH, B.v. 3.6.2014 – 10 C 13.696 – juris Rn. 5 zu § 61 Abs. 1 Satz 2 AufenthG damaliger Fassung; VG Cottbus, U.v. 18.5.2018 – 3 K 1888/15 – juris; VG Stuttgart, U.v. 20.8.2019 – 2 K 8316/18 – juris Rn. 23, juris). Daher kann die Anordnung mit der Anfechtungsklage nach § 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO angegriffen werden.
Der Kläger wurde seit dem 9. Oktober 2018 geduldet. Damit ist die gesetzliche Beschränkung des Aufenthalts auf den Freistaat Bayern am 9. Januar 2019 abgelaufen. Die weiterbestehende Beschränkung auf den Freistaat Bayern bedurfte danach einer selbstständig anfechtbaren Anordnung.
Maßgebliche Anordnung ist dabei die Anordnung im Rahmen der Duldung vom 11. April 2019. Grundsätzlich ist nur die erste Anordnung einer räumlichen Beschränkung ein anfechtbarer Verwaltungsakt und bei nachgehenden Beschränkungen handelt es sich um bloße wiederholende Verfügungen ohne eigene Regelungswirkung (VG Stuttgart, U.v. 20.8.2019 – 2K 8316/18 – juris Rn. 44). Wird die erstmalige Anordnung bestandskräftig, kann der Betroffene nur eine Klage auf Aufhebung der bestandskräftigen Aufenthaltsbeschränkung erheben, die entweder auf eine Rücknahme der (bestandskräftigen) Auflage gerichtet ist oder auf eine Abänderung für die Zukunft (BayVGH, B.v. 3.6.2014 – 10 C 13.696 – juris Rn. 6 m.w.N.).
Vorliegend ist nicht auf die Anordnung in der Duldung vom 10. Januar 2019 abzustellen, sondern auf die Anordnung in der Duldung vom 11. April 2019.
Bei der Anordnung im Rahmen der Duldung vom 11. April 2019 handelt es sich nicht um eine bloße Wiederholung der ersten Anordnung, da insoweit der Beklagte erstmalig erkennbar eine Ermessenausübung zur Anordnung nach § 61 Abs. 1c Nr. 1 AufenthG im gleichzeitig an den Kläger persönlich übergebenen Schreiben ausgeübt hat. Der Duldung bzw. dem Schreiben war keine Rechtsbehelfsbelehrung:beigefügt, sodass nach § 58 Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 VwGO die Erhebung der Klage innerhalb eines Jahres zulässig ist. Bei Klageerhebung am 10. September 2019 war die Jahresfrist noch nicht abgelaufen.
Die erste räumliche Beschränkung auf den Freistaat Bayern in der Duldung vom 10. Januar hat sich durch Anordnung vom 11. April 2019 in sonstiger Weiße nach Art. 43 Abs. 2 Alt. 5 BayVwVfG erledigt. Auf die Rechtmäßigkeit dieser Anordnung kommt es nicht mehr an. Einer diesbezüglich erhobenen Fortsetzungsfeststellungsklage würde das Feststellungsinteresse fehlen.
Nach klägergünstiger Auslegung des Klageantrages will der bei Klageerhebung und in der mündlichen Verhandlung nicht vertretene Kläger die Aufhebung der Anordnung vom 11. April 2019. Eine Verpflichtungsklage wäre wegen des fehlenden vorherigen Antrags bei der Behörde (der Antrag wurde mündlich zurückgenommen) unzulässig.
b) Die Anfechtungsklage ist unbegründet, da die Anordnung der räumlichen Beschränkung rechtmäßig ist und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Rechtsgrundlage für die Anordnung ist § 61 Abs. 1c Nr. 1 AufenthG. Danach kann eine räumliche Beschränkung des Aufenthalts eines vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländers angeordnet werden, wenn der Ausländer wegen einer Straftat, mit Ausnahme solcher Straftaten, deren Tatbestand nur von Ausländern verwirklicht werden kann, rechtskräftig verurteilt worden ist.
Der Tatbestand ist erfüllt. Der vollziehbare ausreisepflichtige Kläger wurde zuletzt mit rechtskräftigen Strafurteilen vom 23. August 2017 wegen Diebstahl in einem besonders schweren Fall in Tateinheit mit versuchtem Diebstahl in einem besonders schweren Fall in Tateinheit mit zwei tatmehrheitlichen Fällen von Sachbeschädigung verurteilt.
Die Anordnung ist ermessensfehlerfrei und verhältnismäßig. Das Schreiben vom 11. April 2019 an den Kläger zeigt, dass die Beklagte erkannt hat, dass die Anordnung im Ermessen steht. Auch die Ausübung des Ermessens ist nicht zu beanstanden. Der Kläger war vorher zehn Jahre untergetaucht. Er ist bereits wiederholt straffällig geworden. Ein Kontaktversuch mit der Ehefrau muss dem Kläger nicht ermöglicht werden, da diese keinen Kontakt mehr haben will und bereits ein Hausverbot für das Alters- und Pflegeheim angekündigt wurde. Gleichzeitig hat der Kläger auch nichts vortragen, weshalb das klärende Gespräch mit seiner Ehefrau nicht auch telefonisch möglich seien sollte.
Dass sich die Ermessenserwägungen des Beklagten aus dem Anhörungsschreiben an den Kläger ergeben, ist unbeachtlich. Von der Ausübung des Ermessens, ist die Begründung des Ermessens zu unterscheiden. Bei ausreichender Dokumentation der Ermessensausübung ist die Begründung auch nachholbar (Rennert in: Eyermann, 15. Aufl. 2019, VwGO § 114 Rn. 23). In Anhörungsschreiben vom 11. April 2019 sind die Ermessenserwägungen des Beklagten ausreichend dokumentiert.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit fußt auf § 167 VwGO i.V. m. §§ 708 ff. ZPO.

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