Verwaltungsrecht

Anspruch auf Einrichtung eines personenbezogenen Behindertenparkplatzes

Aktenzeichen  11 ZB 19.1437

Datum:
13.12.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 34599
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
StVO § 45 Abs. 1b S. 1 Nr. 2, § 46 Abs. 1 S. 1 Nr. 11
VwGO § 98, § 124 Abs. 2 Nr. 1
ZPO § 371, § 372 Abs. 1

 

Leitsatz

1. Die Bestimmung des § 45 Abs. 1b S. 1 Nr. 2 StVO räumt dem Betroffenen einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie, am Zweck der Regelung orientierte Entscheidung über seinen Antrag auf Einrichtung eines personenbezogenen Schwerbehindertenparkplatzes ein (Anschluss an OVG Hamburg BeckRS 2012, 5086). (Rn. 13) (redaktioneller Leitsatz)
2. An der Erforderlichkeit der Einrichtung eines personenbezogenen Behindertenparkplatzes fehlt es, wenn in der näheren Umgebung der Wohnung des Betroffenen ausreichend freie Parkplätze vorhanden sind, daher trotz seiner Gehbehinderung keine Notwendigkeit für einen personengebundenen Behindertenparkplatz besteht und es dem Betroffenen auch unter Berücksichtigung seiner erheblichen gesundheitlichen Beeinträchtigungen, insbes. seiner anerkannten außergewöhnlichen Gehbehinderung, zumutbar ist, Parkplätze in einem Umkreis von ca. 100 Metern zu nutzen und den Weg dorthin ggf. mithilfe seines Elektrorollstuhls oder Rollators zurückzulegen. (Rn. 15 und 19) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

W 6 K 17.1027 2019-06-19 Urt VGWUERZBURG VG Würzburg

Tenor

I. Die Anträge auf Zulassung der Berufung, auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und auf Anwaltsbeiordnung für das Zulassungsverfahren werden abgelehnt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Der Kläger begehrt die Einrichtung eines personenbezogenen Behindertenparkplatzes.
Der Kläger ist seit dem 1. April 2015 Inhaber eines Schwerbehindertenausweises (Grad der Behinderung 100) mit dem Merkzeichen aG (außergewöhnliche Gehbehinderung). Am 9. Juni 2016 bewilligte ihm die Beklagte im Wege einer Ausnahmegenehmigung gemäß § 46 Abs. 1 Satz 1 Nr. 11 StVO Parkerleichterungen für ein Kraftfahrzeug.
Am 14. Dezember 2016 beantragte der Kläger, der im zweiten Obergeschoss eines Mehrparteienhauses wohnt, die Einrichtung eines personengebundenen Behindertenparkplatzes in der Nähe seiner Wohnung. Er könne nur kürzere Wegstrecken unter 100 m zu Fuß zurücklegen und benutze dafür einen Rollstuhl/Gehwagen. Ein Garagenstellplatz oder ein Parkplatz für sein Fahrzeug auf dem Grundstück stehe nicht zur Verfügung.
Mit Schreiben vom 28. Dezember 2016 teilte die Beklagte dem Kläger mit, bei einer gemeinsamen Ortsbesichtigung und mehreren Kontrollfahrten an verschiedenen Tagen sei festgestellt worden, dass an der beantragten Stelle ebenso wie in angrenzenden Straßen und auf einem öffentlichen Parkplatz stets ausreichender Parkraum vorhanden gewesen sei und kein Parkraummangel bestehe. Außerdem sei wegen der notwendigen Breite eines Behindertenparkplatzes von mindestens 3,5 m die erforderliche Restfahrbahnbreite von gut 3 m nicht mehr gewährleistet. Der Antrag werde daher abgelehnt.
Nach einem weiteren Ortstermin am 19. April 2017 teilte die Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 1. Juni 2017 nochmals mit, in der näheren Umgebung der Wohnung sei kein Parkraummangel erkennbar. Dies habe sich bei zahlreichen Kontrollfahrten über einen Zeitraum von drei Wochen bestätigt. Zu unterschiedlichsten Zeiten seien stets wenigstens zehn Parkmöglichkeiten im Umkreis von weniger als 100 m Entfernung und stets wenigstens fünf Parkmöglichkeiten im Umkreis von weniger als 50 m frei gewesen. Meist seien es jedoch mehr gewesen. Davon sei in mindestens 50% ein Zuparken des Fahrzeughecks nicht möglich gewesen. Insbesondere wegen ausreichend vorhandener Abstellmöglichkeiten werde ein personenbezogener Schwerbehindertenparkplatz nicht ausgewiesen. Ein rechtsmittelfähiger Bescheid sei nicht veranlasst.
Mit Schriftsatz vom 6. September 2017 ließ der Kläger durch seine Prozessbevollmächtigten beim Verwaltungsgericht Würzburg Klage erheben mit dem Antrag, die Beklagte zu verpflichten, ihm einen personengebundenen Behindertenparkplatz in unmittelbarer Nähe seiner Wohnung einzurichten. Er sei zur Fortbewegung auf einen elektrischen Rollstuhl und einen Rollator angewiesen. Ohne Hilfsmittel könne er nur noch kürzeste Strecken zu Fuß zurücklegen und selbst dies nur unsicher. Entgegen der Auffassung der Beklagten stehe anderer Parkraum ausweislich der von ihm gefertigten Fotos nicht jederzeit ausreichend und durchgehend zur Verfügung. Außerdem könne er aufgrund seiner Behinderung und des Behindertenausweises mit dem Merkzeichen „aG“ eine besondere Privilegierung zum Nachteilsausgleich für sich beanspruchen. Die Ablehnung des Antrags sei ermessensfehlerhaft. Die von der Beklagten angegebenen Kontrollfahrten seien nur Momentaufnahmen und lägen außerhalb der Hol- und Bringzeiten des in der Nähe befindlichen Kindergartens. Es könne dem Kläger nicht zugemutet werden, sich darauf zu verlassen, dass schon ein passender Parkplatz frei sein werde.
Mit Urteil vom 19. Juni 2019 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Einrichtung eines personengebundenen Behindertenparkplatzes in unmittelbarer Nähe seiner Wohnung und auch keinen Anspruch auf Neubescheidung. Die Entscheidung über die Einräumung eines Parksonderrechts und Einrichtung eines personenbezogenen Schwerbehindertenparkplatzes stehe im Ermessen der Straßenverkehrsbehörde. Der Kläger habe ein Recht auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über seinen Antrag. Die Ablehnung durch die Beklagte leide nicht an Ermessensfehlern. Zwar sei der Kläger unzweifelhaft Schwerbehinderter mit einer außergewöhnlichen Gehbehinderung. Allerdings sei die Einrichtung eines personenbezogenen Behindertenparkplatzes nicht erforderlich, da in unmittelbarer Umgebung der Wohnung des Klägers ausreichend Parkmöglichkeiten vorhanden seien, deren Nutzung dem Kläger zumutbar sei. Davon könne aufgrund der von der Beklagten vorgelegten Lichtbilddokumentation, die an 18 Tagen an verschiedenen Orten und zu verschiedenen Zeiten angefertigt worden sei, ausgegangen werden. Die vorgelegte Dokumentation liefere aufgrund ihres zeitlichen und räumlichen Umfangs ein aussagekräftiges Bild über die Parksituation. Ein Augenschein sei daher nicht veranlasst. Die vom Kläger vorgelegten Fotos könnten diese Einschätzung nicht in Frage stellen. Sie würden nicht alle für ihn in Betracht kommenden Parkmöglichkeiten umfassen und es sei auch nicht feststellbar, wann die Fotos aufgenommen worden seien. Es sei auch nicht davon auszugehen, dass die Hol- und Bringzeiten des Kindergartens zu einer Verschärfung der Parksituation führen würden. Den vom Kläger vorgelegten ärztlichen Unterlagen könne auch nicht entnommen werden, dass es ihm nicht zumutbar sei, die beschriebenen Parkplätze mithilfe seines Elektrorollstuhls und seines Rollators zu nutzen. Es stünden in unmittelbarer Umgebung der Wohnung ausreichend Parkmöglichkeiten zur Verfügung, die ein für die Nutzung der Hilfsmittel benötigtes freies Fahrzeugheck gewährleisten würden.
Mit seinem hiergegen eingereichten Antrag auf Zulassung der Berufung macht der Kläger unter Vorlage einer am 2. August 2019 aufgezeichneten Videodokumentation zur Parkraumsituation im Umfeld seiner Wohnung ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils geltend. Zur Antragsbegründung lässt er vortragen, die nach Auffassung des Verwaltungsgerichts verfügbaren 25 Parkplätze würden von weit mehr als 25 Personen genutzt, unter anderem von den Gästen eines benachbarten Hotels. Die von der Beklagten angedachten Parkplätze in der B.-Straße und im H.weg seien wegen der nicht ausreichenden Restbreite ungeeignet. Der Kläger könne nicht auf rechtswidriges Verhalten verwiesen werden. Er könne nur sehr kurze Wegstrecken zu Fuß zurücklegen, bis die „schmerzhafte Belastungsgrenze“ erreicht sei. Aufgrund der Parkplatzsituation verlasse er oft tagelang nicht die Wohnung, da er sonst befürchten müsse, keinen Parkplatz zu finden, von dem aus er den Fußweg nach Hause in zumutbarer Weise zurücklegen könne. Hierdurch sei seine Lebensqualität behinderungsbedingt erheblich eingeschränkt. Die Videoaufnahme vom 2. August 2019 zeige eine Situation, die sehr häufig vorkomme. Parkplätze für Schwerbehinderte mit dem Merkzeichen „aG“ müssten ausreichend breit bzw. lang und barrierefrei erreichbar sein, um mit einem Rollstuhl genutzt werden zu können. Nur wenn dem Kläger einer der potentiell in Frage kommenden Parkplätze konkret zugewiesen werde, sei eine gesicherte wohnungsnahe Parkmöglichkeit dauerhaft gewährleistet. Darauf habe er aufgrund seiner Schwerbehinderung einen Anspruch. Ein Termin vor Ort, ggf. mit einem Gutachter, sei dringend erforderlich.
Die Beklagte tritt dem Antrag unter Vorlage einer Video- und Fotodokumentation entgegen. Die vom Kläger vorgelegte Videoaufnahme erfasse nicht alle in Frage kommenden Parkmöglichkeiten. Außerdem sei sie nicht repräsentativ. Der Kläger habe die Situation am Vortag des Altstadt-Weinfestes aufgezeichnet. Bereits an diesem Tag werde die Altstadt zur Vorbereitung der Veranstaltung großräumig gesperrt. Deshalb würden viele Anwohner ihre Fahrzeuge außerhalb der Altstadt in den angrenzenden Straßen parken. Eine Videoaufnahme, die Mitarbeiter der Beklagten am 27. September 2019 gefertigt hätten, zeige ebenso wie eine Fotodokumentation vom 24. September 2019, dass zahlreiche freie Parkplätze vorhanden gewesen seien. Es sei in allen betreffenden Straßen möglich, ordnungsgemäß zu parken. Die verbleibende Restbreite für den fließenden Verkehr sei hierfür ausreichend. Wenn – wie hier – kein Parkraummangel bestehe, habe der Betreffende keinen Anspruch auf Einrichtung eines personengebundenen Behindertenparkplatzes.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und auf die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.
II.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
1. Die Berufung ist nicht wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zuzulassen. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils liegen (nur) vor, wenn der Rechtsmittelführer einen tragenden Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage stellt (stRspr, vgl. BVerfG, B.v. 9.6.2016 – 1 BvR 2453.12 – NVwZ 2016, 1243 Rn. 16; zuletzt B.v. 18.6.2019 – 1 BvR 587.17 – DVBl 2019, 1400 Rn. 32 m.w.N.). Solche Zweifel ergeben sich aus der Antragsbegründung jedoch nicht.
a) Nach § 45 Abs. 1b Satz 1 Nr. 2 der Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) vom 6. März 2013 (BGBl I S. 367), zuletzt geändert durch Verordnung vom 6. Juni 2019 (BGBl I S. 756), treffen die Straßenverkehrsbehörden die notwendigen Anordnungen im Zusammenhang mit der Kennzeichnung von Parkmöglichkeiten für schwerbehinderte Menschen mit außergewöhnlicher Gehbehinderung. Zwar besteht grundsätzlich kein Rechtsanspruch auf Einrichtung eines personenbezogenen Schwerbehindertenparkplatzes. Der Betroffene hat jedoch Anspruch auf ermessensfehlerfreie, am Zweck der Regelung orientierte Entscheidung über seinen Antrag (vgl. OVG Hamburg, U.v. 19.4.2012 – 4 Bf 56/11 – DVBl 2012, 991 = juris Rn. 24). Nach Nr. IX 2. a) der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zu § 45 der Straßenverkehrs-Ordnung (VwV-StVO) vom 26. Januar 2001 (BAnz S. 1419, ber. S. 5206) in der Fassung vom 22. Mai 2017 (BAnz AT 29.5.2017 B8) ist bei einem Antrag auf Einrichtung eines Parkplatzes für schwerbehinderte Menschen des begünstigten Personenkreises, z.B. vor der Wohnung oder in der Nähe der Arbeitsstätte, u.a. zu prüfen, ob ein Parksonderrecht erforderlich ist. Das ist z.B. nicht der Fall, wenn kein Parkraummangel besteht.
b) Gemessen daran begegnet die Auffassung des Verwaltungsgerichts, die Ablehnung der Einrichtung eines personengebundenen Behindertenparkplatzes durch die Beklagte sei nicht zu beanstanden und insbesondere nicht ermessensfehlerhaft, keinen ernstlichen Zweifeln. Zwar gehört der Kläger – wovon auch das Verwaltungsgericht ausgegangen ist – aufgrund des Merkzeichens aG in seinem Schwerbehindertenausweis unstreitig zu dem von § 45 Abs. 1b Satz 1 Nr. 2 StVO begünstigten Personenkreis. Im Hinblick auf die von der Beklagten vorgelegten umfangreichen Lichtbild- und Videodokumentationen hat das Verwaltungsgericht jedoch einen Parkraummangel und damit die Erforderlichkeit eines Parksonderrechts in der Nähe der Wohnung des Klägers zutreffend verneint. Gegenteiliges ergibt sich auch nicht aus dem vom Kläger vorgelegten Foto- und Videomaterial.
aa) Die von der Beklagten bei Überprüfungen an insgesamt 18 Tagen zwischen dem 8. Mai 2017 und dem 2. November 2017 sowie am 24. und 27. September 2019 erstellten Foto- und Videoaufnahmen zeigen, dass in der näheren Umgebung der klägerischen Wohnung ausreichend freie Parkplätze vorhanden sind und daher trotz der Gehbehinderung des Klägers keine Notwendigkeit für einen personengebundenen Behindertenparkplatz besteht. Dies gilt insbesondere auch für die Parkstände zur Senkrechtaufstellung in der K. Straße (ca. 10 Parkplätze, davon einer durch Zeichen 314 mit Zusatzzeichen 1044-10 als Behindertenparkplatz gekennzeichnet) und im Verbindungsweg zwischen der K. Straße und dem H.weg (ca. 15 Parkplätze). Auf sämtlichen Aufnahmen der Beklagten ist zu sehen, dass auf diesen Parkständen zur Senkrechtaufstellung, bei denen das Heck des abgestellten Fahrzeugs nicht zugeparkt werden und daher ein Rollstuhl oder eine Gehhilfe be- und entladen werden kann, Parkplätze frei sind. Auch außerhalb dieser Parkstände sind am Fahrbahnrand der K. Straße auf den Foto- und Videoaufnahmen stets mehrere freie Parkplätze zu sehen. Diese liegen in ausreichend geringer Entfernung zur Wohnung des Klägers, so dass er sich auf diese Parkmöglichkeiten verweisen lassen muss.
Die vom Kläger am Nachmittag des 2. August 2019 gefertigten und im Zulassungsverfahren vorgelegten Aufnahmen erweisen sich hingegen als nicht repräsentativ. Hierzu hat die Beklagte unwidersprochen vorgetragen, dass zu diesem Zeitpunkt die Stadtmitte zur Vorbereitung des Altstadt-Weinfestes gesperrt war und die Bewohner der Altstadt deswegen mit ihren Fahrzeugen auf die umliegenden Parkmöglichkeiten ausgewichen waren. Hierbei handelt es sich jedoch um eine Ausnahmesituation, aus der sich kein häufiger vorkommender Parkraummangel ableiten lässt und der die Ablehnung eines Parksonderrechts für den Kläger nicht ermessensfehlerhaft erscheinen lässt.
Ob darüber hinaus für den Kläger noch weitere Parkmöglichkeiten im H.weg und in der B.-Straße bestehen, kann somit offen bleiben. Wenn der Kläger allerdings der Auffassung ist, die dortigen Parkmöglichkeiten kämen wegen der nicht ausreichenden verbleibenden Restfahrbahnbreite nicht in Betracht, kann er dort ohnehin nicht die Einrichtung eines personengebundenen Behindertenparkplatzes verlangen.
bb) Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils ergeben sich auch nicht daraus, dass das Verwaltungsgericht keine Beweisaufnahme durch einen Augenschein vor Ort unter Zuziehung eines Sachverständigen (§ 98 VwGO i.V.m. §§ 371, 372 Abs. 1 ZPO) durchgeführt, sondern das vorliegende umfangreiche Bildmaterial als ausreichend angesehen hat. In der mündlichen Verhandlung hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers ausweislich der Niederschrift keinen Ortstermin beantragt. Da die Aufklärungsrüge aber nach ständiger Rechtsprechung (vgl. zuletzt BVerwG, B.v. 24.10.2019 – 3 B 26.19 – juris Rn. 39) kein zulässiges Mittel dafür darstellt, eigene Versäumnisse in der Vorinstanz nachzuholen, liegt ein rügefähiger Mangel der Sachverhaltsaufklärung grundsätzlich nur vor, wenn sich die weitere Beweiserhebung dem Ausgangsgericht auch ohne förmlichen Antrag der Beteiligten hätte aufdrängen müssen. Hiervon ist jedoch angesichts der aussagekräftigen Fotodokumentation zu den örtlichen Verhältnissen nicht auszugehen.
cc) Ebenfalls zutreffend hat das Verwaltungsgericht angenommen, dass es dem Kläger auch unter Berücksichtigung seiner erheblichen gesundheitlichen Beeinträchtigungen, insbesondere seiner anerkannten außergewöhnlichen Gehbehinderung, zumutbar ist, Parkplätze in dem von der Beklagten zugrunde gelegten Umkreis von ca. 100 m zu nutzen und den Weg dorthin ggf. mithilfe seines Elektrorollstuhls oder Rollators zurückzulegen. Gegenteiliges lässt sich auch den vom Kläger vorgelegten ärztlichen Unterlagen nicht entnehmen. Es kommt hinzu, dass die Wohnung des Klägers, in der er gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin wohnt, unstreitig im zweiten Obergeschoss des Anwesens gelegen und nur über die Treppe, nicht aber mit einem Aufzug erreichbar ist (so auch das vom Kläger vorgelegte ärztliche Gutachten vom 4.1.2017 [S. 12], das für das Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung keinen Hilfebedarf feststellt [S. 17, 19], ohne dass in absehbarer Zeit mit einer wesentlichen Änderung zu rechnen wäre [S. 20]). Wenn der Kläger demnach in der Lage ist, seine Wohnung über die Treppe zu verlassen und wieder zu erreichen, ist nicht ersichtlich, aus welchem Grund es ihm nicht möglich sein sollte, unter Nutzung seines Elektrorollstuhls oder Rollators eine Entfernung von bis zu 100 m zurückzulegen.
2. Ebenfalls erfolglos bleibt der Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und auf Anwaltsbeiordnung für das Zulassungsverfahren. Voraussetzung für die Bewilligung ist, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg hat (§ 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. §§ 114 Abs. 1 Satz 1, 121 Abs. 1 ZPO). Auch wenn die Anforderungen an das Vorliegen der Erfolgsaussichten im Hinblick auf das Recht auf effektiven und gleichen Rechtsschutz (Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 19 Abs. 4 GG) nicht überspannt werden dürfen (vgl. BVerfG, B.v. 5.12.2018 – 2 BvR 2257/17 – juris Rn. 12 ff.), ergeben sich aus der Antragsbegründung des Klägerbevollmächtigten aus den dargelegten Gründen keine ausreichend ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Ausgangsurteils. Insbesondere hat er die Annahme der Beklagten, der Kläger müsse sich auf die vorhandenen Parkmöglichkeiten verweisen lassen, nicht mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt.
3. Als unterlegener Rechtsmittelführer hat der Kläger die Kosten des Verfahrens zu tragen (§ 154 Abs. 2 VwGO).
4. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3, § 52 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes und der Empfehlung in Nr. 46.15 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (abgedruckt in Kopp/Schenke, VwGO, 25. Auflage 2019, Anhang zu § 164 Rn. 14).
5. Dieser Beschluss, mit dem die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig wird (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO), ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

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